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Werner Essen 25 November 1901 in Gunthersdorf Landkreis Grunberg i Schles 23 September 1989 in Bonn war ein deutscher Bevolkerungswissenschaftler und Baltikumspezialist Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Erste Jahre Studium und Berufseinstieg 1 2 Referent im Reichsinnenministerium 1 3 Zweiter Weltkrieg Reichskommissariat Ostland 2 Nachkriegszeit 3 Literatur 4 EinzelnachweiseLeben BearbeitenErste Jahre Studium und Berufseinstieg Bearbeiten Werner Essen war der Sohn des zeitweise in Elberfeld tatigen Pfarrers Adolf Essen und ein Bruder des Pfarrers Kurt Essen eines Mitglieds der Bekennenden Kirche Er beendete seine Schullaufbahn mit der Reifeprufung in Elberfeld 1 Er sympathisierte fruh mit der Volkischen Bewegung Nach dem Ersten Weltkrieg schloss er sich 1919 Freikorps an 2 Essen gab spater an dass er an der Niederschlagung des Spartakusaufstandes in Berlin und der damit in Zusammenhang stehenden Unruhen in Hamburg teilgenommen hatte sowie am Kapp Putsch beteiligt gewesen zu sein 3 In diesem Zusammenhang fuhrte er aus als Angehoriger des Freikorps Hacketau 1920 in die bewaffneten Auseinandersetzungen mit der Roten Ruhrarmee eingetreten zu sein 2 Als Freiwilliger der Sturmkompanie von Killinger soll er im Zuge der Kampfe am St Annaberg an der Niederschlagung des Dritten Polnischen Aufstandes 1921 beteiligt gewesen sein Nach eigenen Angaben war Essen auch Mitglied der Schwarzen Reichswehr 3 Danach wurde er demobilisiert und trat 1921 dem Studentenbataillon in Danzig Langfuhr bei Er war Mitglied der Danziger Gilde Ostland und plante in diesem Zusammenhang Baltikumexkursionen 2 An der Technischen Hochschule Danzig studierte er ab 1923 Maschinenbau Geographie und Philosophie Er wechselte 1925 an die Universitat Munchen wo er bis zum Abschluss seines Studiums 1928 die Facher Geographie Anthropologie und Volkerkunde belegte 1 Essen hielt sich nach eigenen Angaben zwischen 1926 und 1932 mit Unterbrechungen fur drei Jahre in Litauen auf wo er zu Bevolkerungsverhaltnissen und Siedlungsraumen der deutschen Volksgruppe forschte 3 In Munchen wurde er bei Erich von Drygalski 1929 mit der Dissertation Die landlichen Siedlungen in Litauen mit besonderer Berucksichtigung ihrer Bevolkerungsverhaltnisse 4 zum Dr phil promoviert 1 Ab 1931 war Essen im Forschungsinstitut fur Agrar und Siedlungswesen in Litauen beschaftigt 5 Im Marz 1931 rief er zum Einsatz in Preussen um mittels der jungen Generation die Wiederaufnahme des alten Stroms der Deutschen und ihrer deutschen Kulturwerte aus dem Suden und Westen nach dem preussischen Osten vorzubereiten 6 Essen hielt wahrend seines Aufenthalts in Litauen engen Kontakt zu den Nationalsozialisten Walther Darre Alfred Rosenberg und Erich Koch 3 Bei der NS Landpost und der Preussischen Zeitung wurde er korrespondierender Mitarbeiter Er trat zum 1 Dezember 1931 der NSDAP bei Mitgliedsnummer 714 507 7 Fur die Partei wurde ihm der kampferische Einsatz bescheinigt 8 Nachdem seine nationalsozialistische Betatigung in Litauen und der dortigen deutschen Gesandtschaft bekannt geworden war verliess er das Land 3 Referent im Reichsinnenministerium Bearbeiten Nach der Machtubergabe an die Nationalsozialisten war er ab 1934 Ost und Volkstumsreferent in der Abteilung fur Grenzziehung und Volkstum im Reichsministerium des Inneren RMI 9 Sein Vorgesetzter war ab 1936 der Ministerialdirektor Ernst Vollert Gemeinsam mit Hans Globke arbeitete Essen an den Nurnberger Rassegesetzen mit 1 Essen war Gebietsvertreter fur Litauen der Nord Ostdeutschen Forschungsgemeinschaft NOFG und gehorte zudem der Akademie fur Deutsches Recht an wo er bei der Arbeitsgemeinschaft fur Nationalitatenrecht fuhrend mitwirkte Mit weiteren Experten dieser Arbeitsgemeinschaft in Kooperation mit anderen NS Institutionen arbeitete er unter strenger Geheimhaltung Grundlagen einer neuen nationalsozialistischen Volksgruppenpolitik aus die Alternative zu der Minderheitenpolitik des Volkerbundes sein sollten 10 Nach dem Uberfall auf Polen zu Beginn des Zweiten Weltkrieges wurden durch den Arbeitskreis Plane der rechtlichen Neuregelung der ethnischen Neuordnung Europas verworfen Am 8 Dezember 1939 fand ein Treffen der Arbeitsgemeinschaft mit Werner Hasselblatt Rechtsberater der deutschen Minderheiten in Europa Hermann Behrends Fuhrer des BDO Stellvertretender Leiter der VoMi und Essen Rechte Hand von Wilhelm Stuckart im RMI statt Auf dieser Sitzung wurde festgestellt dass nicht die gesamte polnische Bevolkerung vernichtet werden konne sondern mit dem Generalgouvernement fur Polen ein Reservat geschaffen werden solle Volksdeutsche und Polen nordischen Charakters sollte die reichsdeutsche Staatsburgerschaft auf Widerruf angetragen werden Die Judenfrage wurde zwar angesprochen jedoch nicht abschliessend geklart Sie war fur die Minderheitenpolitiker nicht mehr existent 11 Zweiter Weltkrieg Reichskommissariat Ostland Bearbeiten Vom Reichsinnenministerium wechselte er 1941 zum Reichsministerium fur die besetzten Ostgebiete Nach dem Uberfall auf die Sowjetunion leitete er bis zum 2 Oktober 1941 die Abteilung Politik im Generalkommissariat Litauen 12 Von 1941 bis 1944 leitete er die Abteilung Raum HA II beim Reichskommissariat Ostland RKO in Riga 13 In seinen Zustandigkeitsbereich fielen Raumordnung Raumforschung Statistik Vermessungs und Archivwesen 14 Des Weiteren war er auch fur Rasse und Siedlungspolitik verantwortlich 13 Ab Mai 1942 wurden innerhalb Essens Abteilung durch den Raumplaner Gottfried Muller Siedlungsplane erarbeitet Die Mitte November 1942 fertiggestellte Raumordnungsskizze sah im RKO einen umfassenden Bevolkerungsaustausch zuungunsten der polnischen Bevolkerung vor Litauer sollten im Sudosten ihres Landes angesiedelt und das dadurch freiwerdende Gebiet zwischen Riga und Tilsit mit einer Volkstumsbrucke aus 500 000 Deutschen geschlossen besiedelt werden Von Riga bis Leningrad sollten deutsche Stutzpunkte mit insgesamt 300 000 deutschen Siedlern entstehen Die judische Bevolkerung kam in diesen Planungen nicht vor 15 Den zunehmend ungunstigen Kriegsverlauf im Deutsch Sowjetischen Krieg ignorierend regte Essen noch im Februar 1943 die Trockenlegung der Pripjetsumpfe durch Hollander an die laut Essen als Ersatz fur das beseitigte Judentum in den Stadten brauchbar seien 16 Infolge des Vorruckens der Roten Armee wechselte Essen 1944 an das Landratsamt Naugard Kriegsbedingt zog er im Februar 1945 von dort uber Hamburg nach Hessen 14 Nachkriegszeit BearbeitenIn Hessen wurde er im Fruhjahr 1945 durch Angehorige der US Armee festgenommen und fur 15 Monate interniert Im August 1947 nahm er Forschungstatigkeiten auf und wurde insbesondere fur den Gottinger Arbeitskreis und das Deutsche Buro fur Friedensfragen tatig Essen gehorte im April 1950 zu den Mitbegrundern des Johann Gottfried Herder Forschungsrats und wurde als geschaftsfuhrendes Vorstandsmitglied zudem im Mai 1950 erster Direktor des Herder Instituts in Marburg Nach Differenzen mit anderen Vorstandsmitgliedern insbesondere aufgrund unzureichender Forschungstatigkeit wurde Essen als Institutsdirektor im Mai 1951 durch Erich Keyser abgelost In den Vorstand des Herder Forschungsrats wurde fur Essen Theodor Schieder berufen 14 Ab 1950 war er als Ministerialrat zunachst im Institut fur Raumforschung tatig und gehorte der Akademie fur Raumforschung und Landesplanung als korrespondierendes Mitglied an Von 1951 bis zu seinem Ruhestand 1966 war er Ministerialrat im Bundesministerium fur Vertriebene Fluchtlinge und Kriegsgeschadigte Bis 1967 war er Mitglied des Verbandes Deutscher Berufsgeographen 17 Wahrend der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen den ehemaligen Gebietskommissar in Schaulen Hans Gewecke wurde 1957 auch Essen vernommen Essen schob in seinen Aussagen dem Reichsfuhrer SS Heinrich Himmler die alleinige Verantwortung fur die Judenmorde in Litauen zu und gab an dass die dortige Zivilverwaltung dies mit Abscheu betrachtet habe Wahrheitswidrig behauptete Essen die Liquidierung der Juden in Litauen ging im Wesentlichen bereits in der kurzen Zeit zwischen Einmarsch und Beginn der Zivilverwaltung 22 7 vor sich z T mit Hilfe litauischer Krafte 18 Der Historiker Christoph Dieckmann fuhrt diesbezuglich aus dass die Judenmorde nach Ankunft der Zivilverwaltung zunahmen und von der Zivilverwaltung mitgetragen wurden 12 Essen ist im Braunbuch der DDR verzeichnet 19 Sein Nachlass befindet sich in der Dokumentesammlung des Herder Instituts 20 Literatur BearbeitenChristoph Dieckmann Uberlegungen zur deutschen Besatzungsherrschaft in Osteuropa 1941 1944 das Beispiel Litauen In Annaberger Annalen Nr 5 1997 Jahrbuch uber Litauen und deutsch litauische Beziehungen Nr 5 ISSN 0949 3484 Michael Fahlbusch Wissenschaft im Dienst der nationalsozialistischen Politik Die Volksdeutschen Forschungsgemeinschaften von 1931 1945 Nomos Baden Baden 1999 ISBN 3 7890 5770 3 Ingo Haar Historiker im Nationalsozialismus Deutsche Geschichtswissenschaft und der Volkstumskampf im Osten Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft Band 143 Vandenhoeck und Ruprecht Gottingen 2000 ISBN 3 525 35942 X Einzelnachweise Bearbeiten a b c d Michael Fahlbusch Wissenschaft im Dienst der nationalsozialistischen Politik Die Volksdeutschen Forschungsgemeinschaften von 1931 1945 Baden Baden 1999 S 88 a b c Ingo Haar Historiker im Nationalsozialismus Deutsche Geschichtswissenschaft und der Volkstumskampf im Osten Gottingen 2000 S 246 a b c d e Christoph Dieckmann Uberlegungen zur deutschen Besatzungsherrschaft in Osteuropa 1941 1944 das Beispiel Litauen In Annaberger Annalen Nr 5 1997 S 43 f Erschienen in den Veroffentlichungen des Staatlich Sachsischen Forschungsinstitutes fur Volkerkunde in Leipzig Zweite Reihe Volkskunde Band 1 R Voigtlanders Verlag Leipzig 1931 Michael Fahlbusch Wissenschaft im Dienst der nationalsozialistischen Politik Die Volksdeutschen Forschungsgemeinschaften von 1931 1945 Baden Baden 1999 S 228 Zitiert nach Ingo Haar Historiker im Nationalsozialismus Deutsche Geschichtswissenschaft und der Volkstumskampf im Osten Gottingen 2000 S 246 Bundesarchiv R 9361 IX KARTEI 8110722 Ingo Haar Historiker im Nationalsozialismus Deutsche Geschichtswissenschaft und der Volkstumskampf im Osten Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft Band 143 Vandenhoeck und Ruprecht Gottingen 2000 ISBN 3 525 35942 X S 246 Ernst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich Frankfurt am Main 2007 S 140 Ingo Haar Historiker im Nationalsozialismus Deutsche Geschichtswissenschaft und der Volkstumskampf im Osten Gottingen 2000 S 302 ff Ingo Haar Historiker im Nationalsozialismus Deutsche Geschichtswissenschaft und der Volkstumskampf im Osten Gottingen 2000 S 317 f a b Christoph Dieckmann Uberlegungen zur deutschen Besatzungsherrschaft in Osteuropa 1941 1944 das Beispiel Litauen In Annaberger Annalen Nr 5 1997 S 37 a b Michael Fahlbusch Wissenschaft im Dienst der nationalsozialistischen Politik Die Volksdeutschen Forschungsgemeinschaften von 1931 1945 Baden Baden 1999 S 587 a b c Eduard Muhle Fur Volk und deutschen Osten der Historiker Hermann Aubin und die deutsche Ostforschung Droste Dusseldorf 2005 S 422 Christoph Dieckmann Plan und Praxis Deutsche Siedlungspolitik im besetzten Litauen 1941 1944 In Wissenschaft Planung Vertreibung Neuordnungskonzepte und Umsiedlungspolitik im 20 Jahrhundert Reihe Beitrage zur Geschichte der Deutschen Forschungsgemeinschaft 1 Franz Steiner Stuttgart 2006 ISBN 3 515 08733 8 S 96 Christoph Dieckmann Plan und Praxis Deutsche Siedlungspolitik im besetzten Litauen 1941 1944 In Wissenschaft Planung Vertreibung Neuordnungskonzepte und Umsiedlungspolitik im 20 Jahrhundert Reihe Beitrage zur Geschichte der Deutschen Forschungsgemeinschaft 1 Franz Steiner Stuttgart 2006 ISBN 3 515 08733 8 S 108 Ute Wardenga Norman Henniges Heinz Peter Brogiato Bruno Schelhaas Der Verband deutscher Berufsgeographen 1950 1979 Eine sozialgeschichtliche Studie zur Fruhphase des DVAG Selbstverlag Leibniz Institut fur Landerkunde e V Leipzig 2011 ISBN 978 3 86082 078 0 S 72 In Forum Heft 16 online PDF Datei 4 3 MB 133 Seiten Zitiert bei Christoph Dieckmann Uberlegungen zur deutschen Besatzungsherrschaft in Osteuropa 1941 1944 das Beispiel Litauen In Annaberger Annalen Nr 5 1997 S 37 Kai Arne Linnemann Das Erbe der Ostforschung Zur Rolle Gottingens in der Geschichtswissenschaft der Nachkriegszeit Tectum Marburg 2002 ISBN 3 8288 8397 4 S 12 Herder Institut Baltische Geschichte im Archiv Bestandsubersicht des Nachlasses in der Archivdatenbank Normdaten Person GND 1073716643 lobid OGND AKS VIAF 34823374 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Essen WernerKURZBESCHREIBUNG deutscher Bevolkerungswissenschaftler und BaltikumspezialistGEBURTSDATUM 25 November 1901GEBURTSORT Gunthersdorf Landkreis Grunberg i Schles STERBEDATUM 23 September 1989STERBEORT Bonn Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Werner Essen amp oldid 231757593