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Die Steirische Reimchronik des Ottokar aus der Gaal gilt als das erste umfassende Geschichtswerk in deutscher Sprache Die im fruhen 14 Jahrhundert verfasste Chronik umfasst etwas weniger als 100 000 Verse und erzahlt uberwiegend Reichsgeschichte vor allem jene der Steiermark und Osterreichs Inhaltsverzeichnis 1 Anspruch und historischer Wert 2 Umfang und Inhalt 3 Stil Form und Ausdruck 4 Uberlieferung und Nachwirkung 5 Person des Autors 6 Ausgaben 7 Literatur 8 WeblinksAnspruch und historischer Wert BearbeitenDie Absicht dieses Werkes war ausgesprochen geschichtskundlich Im Gegensatz zu den alteren Reimchroniken beruht sie auf grundlicher Benutzung mundlicher und schriftlicher Quellen Sie entstand als Fortsetzung des verlorengegangenen Kaiserbuchs das ebenfalls von Ottokar stammte Wahrend er in seinem alteren Werk noch relativ nahe bei den alten Weltchroniken stand und er eigenen Angaben nach auch Ereignisse behandelte fur die er keine Quellen hatte ist seine Herangehensweise in seinem Spatwerk der Reimchronik ein grosser Schritt hin zur modernen Geschichtsschreibung Dies deswegen weil er von wenigen humoristischen Einschuben abgesehen immer rein historisches Geschehen darstellen will und seinen Stoff in kritischer Betrachtung aller verfugbaren Quellen behandelt Umfang und Inhalt BearbeitenDie Reimchronik enthalt uber 98 000 Verse Der erhaltene Bestand weist mehrere Lucken auf Ottokar starb beim Verfassen des Werkes weswegen es unvollendet blieb Fertig hatte sie mit Sicherheit mehr als 100 000 Verse umfasst Der Inhalt umfasst die Darstellung der Geschichte des Heiligen Romischen Reiches einschliesslich des Kaisertums in Italien vom Tod des Staufers Friedrich II 1250 bis zur Kronung Heinrichs VII 1309 Zudem ist enthalten die Geschichte Osterreichs und Steiermarks seit 1246 dem Tod des letzten Babenbergers bis 1310 zum Aufstand des niederosterreichischen Adels und der Wiener Burger gegen Herzog Friedrich den Schonen Behandelt wird auch die Geschichte der angrenzenden Nachbarlander Salzburg Bohmen Ungarn und Polen in ihren Beziehungen zum Reich und ihre Furstengeschichte Weiterhin sind noch Ereignisse der franzosischen und flamischen Geschichte die Kampfe Venedigs mit Aquileia und Gorz 1289 und mit Ferrara 1308 1309 sowie die Belagerung und den Fall Akkons 1291 im Rahmen des 7 Kreuzzuges behandelt Gelegentlich finden sich auch Ruckblicke die vor dem behandelten Zeitraum liegen Neben der politischen Geschichte interessiert sich Ottokar aber auch fur die Sitten und Gebrauche der ritterlichen Gesellschaft seiner Zeit an die sein Werk auch gerichtet ist Er erzahlt aber auch von Naturkatastrophen und merkwurdigen Erscheinungen wie etwa der Heuschreckenplage 1309 in der Steiermark oder dem Erscheinen von Pelikanen an der Mur Auch wird uber Rechtsbrauche berichtet So etwa uber die Zeremonie der Inthronisierung des Karntner Herzogs auf dem Zollfeld Sehr vereinzelt bringt er auch Legendares Sagen oder Marchenhaftes sowie Anekdotisches wobei nicht klar wird ob es der Unterhaltung dienen soll oder ob es der Autor selbst glaubt Stil Form und Ausdruck BearbeitenDie Stilmittel derer sich Ottokar bedient sind teils der Spielmannsdichtung teils der hofischen Dichtung entnommen Die Beherrschung der dichterischen Sprache reicht aber nicht an die Meister seiner Zeit heran So ist der Aufbau oft nicht kunstlerisch gestaltet die Reime sind oft unrein und banal Ansonsten ist sein Stil sehr temperamentvoll oft ironisch und witzig Die metrische Form der Reimchronik ist angelehnt an die hofische Epik unterteilt in drei bis vierhebige Verse mit ungleich vielen Senkungen und haufig mehrsilbigem Auftakt die durch stumpfen oder klingenden Reim verbunden sind Die Sprache ist sehr bayerisch osterreichisch gefarbt und hat starken mundartlichen Einschlag vor allem in der Wortwahl Uberlieferung und Nachwirkung BearbeitenDie Originalhandschrift Ottokars ist verloren Das Werk ist in acht Handschriften des spaten 14 und des 15 Jahrhunderts erhalten die allesamt unvollstandig sind und sich teilweise erganzen Die Wirkung auf die weitere spatmittelalterliche Geschichtsschreibung bis zum Humanismus war sehr gross Ihre Zuverlassigkeit als Quelle wurde sehr verschieden beurteilt Wahrend man in der ersten Folgezeit noch bedenkenlos auf ihn zuruckgriff wurde man vorsichtiger nachdem man ihm einzelne Irrtumer nachweisen konnte Vor allem auch die Fulle und Detailtreue seiner Schilderungen warfen die Frage auf ob eine Person dies alles so erlebt haben konne Erst durch Erforschung der Person des Autors insbesondere seiner gehobenen Position und seines Beruhrungskreises stieg seine Glaubwurdigkeit zur Zeit des Humanismus wieder Die Humanisten allen voran Wolfgang Lazius und Reichard Streun von Schwarzenau benutzten Handschriften der Reimchronik Zum ersten Druck kam es 1745 durch den Melker Benediktiner Hieronymus Pez Durch diese Ausgabe lernte auch Grillparzer die Reimchronik kennen Der nachste Druck erschien erst 1890 durch Joseph Seemuller in einer zweibandigen Ausgabe in den Monumenta Germaniae Historica MGH Person des Autors BearbeitenDie politische Gesinnung Ottokars kommt haufig zum Ausdruck Er ist ausnehmend staufisch und antipapstlich was Ereignisse vor seiner Zeit anbelangt Fur seine Zeit ist er treuer Anhanger der Habsburger und absoluter Gegner des Bohmenkonigs Ottokar Ottokar aus der Gaal entstammte einem landesfurstlichen Ministerialengeschlecht und hatte sehr enge Beziehungen mit den steirischen Liechtensteinern Dadurch gehorte er dem Kreis der steirischen Ritterschaft an die zuerst auf Seiten der Babenbergerin Gertrud standen aber wahrend der zweiten Herrschaft des Bohmenkonigs in der Steiermark die Verschworung der Landherren zugunsten Konig Rudolf vorbereiten halfen Wahrend man lange annahm er hatte Sammler ausgeschickt um Quellen zu suchen geht man mittlerweile davon aus dass er die meisten Quellen selbst eingesehen hat Ottokar war ohne Zweifel sehr belesen und kannte alle wichtigen Werke seiner Zeit sehr gut Er kann daher als gelehrt gelten Ausgaben BearbeitenDeutsche Chroniken und andere Geschichtsbucher des Mittelalters 5 1 Ottokars Osterreichische Reimchronik Teil 1 Nach den Abschriften Franz Lichtensteins herausgegeben von Joseph Seemuller Hannover 1890 Monumenta Germaniae Historica Digitalisat Deutsche Chroniken und andere Geschichtsbucher des Mittelalters 5 2 Ottokars Osterreichische Reimchronik Teil 2 Nach den Abschriften Franz Lichtensteins herausgegeben von Joseph Seemuller Hannover 1890 Monumenta Germaniae Historica Digitalisat Literatur BearbeitenErnst Englisch Ottokars Steirische Reimchronik Versuch einer realienkundlichen Interpretation Die Funktion der schriftlichen Quelle in der Sachkulturforschung in Heinrich Apelt Hrsg Die Funktion der schriftlichen Quelle in der Sachkulturforschung Veroffentlichungen des Instituts fur Mittelalterliche Realienkunde Osterreichs Band 1 Wien 1976 S 7 54 Othmar Hageneder Uber das furstliche Gesetzgebungsrecht beim steirischen Reimchronisten in Festschrift Nikolaus Grass Zum 60 Geburtstag dargebracht von Fachgenossen Freunden und Schulern Band 1 Alpenlandische und deutsche Rechtsgeschichte Geschichte und Recht der Kirche Geschichte und Recht Osterreichs Innsbruck Munchen 1974 S 459 481 Bettina Hatheyer Das Buch von Akkon Das Thema Kreuzzug in der Steirischen Reimchronik des Ottokar aus der Gaal Untersuchungen Ubersetzung und Kommentar Goppinger Arbeiten zur Germanistik Band 709 Goppingen 2005 ISBN 3 87452 960 6 Karin Hofbauer Die Protagonisten der steirischen Politik an der Wende vom 13 zum 14 Jahrhundert In der Darstellung der Steirischen Reimchronik Ottokars von der Gaal In Zeitschrift des Historischen Vereines fur Steiermark Band 77 1986 S 67 89 Eberhard Kranzmayer Die Steirische Reimchronik Ottokars und ihre Sprache Sitzungsberichte der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften Band 226 4 Wien 1950 Maja Loehr Der steirische Reimchronist ein osterreichischer Geschichtsschreiber des Mittelalters Der Bindenschild Folge 1 Heft 2 Bindenschild Verlag Wien 1946 Annelies Redik Das Bild des Juden in der Steirischen Reimchronik in Walter Hoflechner Hrsg Domus Austriae Eine Festgabe Hermann Wiesflecker zum 70 Geburtstag Graz 1983 S 335 343 Julius Franz Schutz Die Herzogseinsetzung in Karnten Zur Stoffbibliographie der steirischen Reimchronik des Ottokar Synoptische Aufgliederung des Stoffes auf Grund der Reimchronik und nach der Conversio Bagoariorum dem Sermo ad Religiosos des Berthold von Regensburg dem Schwabenspiegel Einschub dem Liber certarum historiarum des Johannes Victoriensis und der Osterreichischen Chronik von den 95 Herrschaften Graz 1954 Gunter Seibert Wehrwesen und Stadt in der Steirischen Reimchronik In Blatter fur Heimatkunde Band 60 Graz 1986 S 82 86 historischerverein stmk at Weblinks BearbeitenVeroffentlichungen zur Steirischen Reimchronik im Opac der Regesta Imperii Steirische Reimchronik Repertorium Fontium 8 424 In Bayerische Akademie der Wissenschaften Hrsg Geschichtsquellen des deutschen Mittelalters Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Steirische Reimchronik amp oldid 214135883