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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig Weitere Bedeutungen sind unter Spiess Begriffsklarung aufgefuhrt Ein Spiess auch Pike von franzosisch piquer stechen ist eine historische Stichwaffe zu Jagd und Kriegszwecken die im Unterschied zum Speer oder Wurfspiess nicht geworfen wird Synonym wird oft das Wort Lanze verwendet das jedoch eigentlich den Spiess des Reiters bezeichnet Landsknechte beim Kampf mit ihren Spiessen Radierung von Holbein Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Beschaffenheit 3 Ableitungen Rezeption 4 Museale Rezeption 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDer einfache Spiess ist eine der altesten bewusst hergestellten Waffen der Menschheit 1 Auch bei Schimpansen wurde die Fahigkeit der Herstellung und Gebrauchs eines Spiesses festgestellt Schimpansen spitzen Holzstocke mit den Zahnen an und stochern damit in Hohlen von kleinen Saugern 2 Es ist daher plausibel anzunehmen dass auch die fruhesten Menschen Werkzeuge und Waffen aus Holz nutzten Gegenuber Steingeraten sind Holzgerate in viel starkerem Masse der Verwitterung ausgesetzt so dass es kaum archaologische Funde aus der Urgeschichte gibt 3 Wahrend die altesten gefundenen Steingerate ein Alter von ungefahr 2 5 Millionen Jahren aufweisen sind die altesten gefundenen Holzgerate deutlich junger Der alteste holzerne Fund ist eine Spitze aus dem englischen Clacton on Sea welche als Teil eines Spiesses interpretiert wird Sie wurde 1911 ausgegraben und wird auf ein Alter von 450 000 Jahren geschatzt 4 5 Auch die mit etwa 400 000 Jahren etwas jungeren feuergeharteten Spitzen aus dem spanischen Torralba und Ambrona werden in diesem Sinne gedeutet 6 Im niedersachsischen Lehringen wurde im Brustkorb eines Waldelefantenskeletts ein 2 38 m langer Spiess Lanze von Lehringen aus Eibenholz gefunden der auf 128 000 bis 115 000 Jahren BP datiert und den mittelpalaolithischen Neandertalern zugeschrieben wird 7 Auf ein Alter von etwa 500 000 Jahren werden Steinspitzen aus dem sudafrikanischen Kathu Pan datiert Der Homo heidelbergensis hat sie mit einem Holzspiess verbunden und somit die ersten belegten geschafteten Werkzeuge geschaffen Diese Jagdwaffen waren eher fur den Stoss geeignet da sie nur uber eine kurze Distanz geworfen werden konnten 8 9 nbsp Gegen eine Formation aus Spiessgesellen war fur Berittene nur schwer anzukommenDer Mensch entwickelte den Spiess zum Wurfspiess Speer weiter Dieser kann geworfen aber auch im Nahkampf zum Stechen verwendet werden Der Einsatz des nicht werfbaren Spiesses ist als Langspiess wieder in der Antike belegt Die Sarissa war die Hauptwaffe der makedonischen Phalanx im 4 Jahrhundert v Chr Erst im Spatmittelalter nahm die Bedeutung wieder zu Wahrend des schottischen Unabhangigkeitskriegs entwickelten Schotten den Schiltron eine Gefechtsformation mit Langspiessen Die Schweizer entwickelten die Taktik des Gewalthaufens und die Pikeniere als schwere Infanterie mit Piken Andere europaische Nationen ubernahmen dieses darunter die Landsknechte im deutschen Reich Die Bedienung einer Pike war leicht zu erlernen und eine Formation Spiesstrager Spiessgesellen konnte sich sehr erfolgreich gegen eine Kavallerieattacke zur Wehr setzen Spanien perfektionierte das Zusammenwirken von Pikenieren und Arkebusieren in den Tercios tercio Drittel diese Gefechtsordnung wurde auf europaischen Kriegsschauplatzen noch bis zum Dreissigjahrigen Krieg angewandt Der Ubergang zu Feuerwaffen und insbesondere die Einfuhrung des Bajonetts brachten das Ende dieser Ara Beschaffenheit BearbeitenDer holzerne Schaft besass eine Lange von 5 bis 6 Metern Die Spitze bestand aus verschiedenen Materialien Am einfachsten war ein angespitztes Ende gegebenenfalls feuergehartet In der Fruhzeit wurden Naturmaterialien wie Knochen oder Stein verwendet spater Bronze oder Eisen Der obere Teil des Holzschaftes konnte durch metallene Bander verstarkt werden um ein Abbrechen der Spitze aus dem Holz zu verhindern Ableitungen Rezeption BearbeitenDavon abgeleitet ist der Begriff Spiesser oder Spiessburger fur einen Menschen mit konservativen burgerlichen ebenso engstirnigen Ansichten Dies kommt daher dass der Spiess wie der Kriegsflegel im Gegensatz zu den Waffen des Adels wie Lanze und Schwert im europaischen Mittelalter eine leicht herzustellende Waffe war deren Einzelteile aus billigen zur Genuge vorhandenen Materialien bestanden und die von Burgern und Bauern bei Aufstanden gegen die Obrigkeit verwendet wurde Beispiele sind die Hussiten 1419 1434 oder Bauernkriege 1525 Die Redensart etwas von der Pike auf lernen hat sich vom Pikenier entwickelt da ein Soldat der gerade erst angeworben wurde und selbst nicht in der Lage war eine Schusswaffe oder ein Pferd mit einzubringen mit einer Pike ausgerustet wurde Das Kriegshandwerk musste also fur Soldaten ohne Erfahrung von der Pike auf erlernt werden Den Spiess umdrehen fur einen plotzlichen Rollentausch in einem Konflikt kommt vom Entreissen und Verwenden des Spiesses gegen den ursprunglichen Besitzer nachdem er umgedreht wurde Jemand ist im ubertragenen Sinn pikiert wenn er sich durch einen verbalen Angriff beleidigt verletzt oder getroffen zeigt Deutsche Streitkrafte In Reichswehr Wehrmacht NVA und Bundeswehr war bzw ist Spiess die umgangssprachliche Bedeutung fur Kompaniefeldwebel auch Mutter der Kompanie Siehe auch Hauptartikel Hauptfeldwebel WehrmachtOsterreichische Streitkrafte In der kaiserlichen Armee der k u k Armee sowie im osterreichischen Bundesheer wurde und wird mit dem Begriff Spiess umgangssprachlich der dienstfuhrende Unteroffizier einer Kompanie bezeichnet Museale Rezeption BearbeitenIm Heeresgeschichtlichen Museum in Wien sind zahlreiche originale Piken aus dem 17 Jahrhundert ausgestellt Weiters sind mehrere Figurinen von kaiserlichen Pikenieren aus der Zeit des Dreissigjahrigen Krieges zu sehen die auch mit Stichdegen ausgerustet sind 10 Im Grazer Landeszeughaus der grossten noch erhaltenen Rustkammer der Welt ist ebenfalls eine grosse Anzahl Piken aus dem 16 und 17 Jahrhundert zu sehen Siehe auch BearbeitenHellebarde Hippe Waffe Rennspiess Saufeder SturmspiessLiteratur BearbeitenVolker Schmidtchen Kriegswesen im spaten Mittelalter Technik Taktik Theorie VCH Weinheim 1990 ISBN 3 527 17580 6 Zugleich Habilitationsschrift an der Universitat Bochum 1984 H W Koch Illustrierte Geschichte der Kriegszuge im Mittelalter Originaltitel Medieval Warfare Bison Books London Bechtermunz Augsburg 1998 ISBN 3 8289 0321 5 S 73 131 133 149 180 81 188 191 197 98 212 231 236 244 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Spiess Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten William Weir 50 Weapons That Changed Warfare Career Press 2005 ISBN 1 56414 756 8 Seite 10 Rick Weiss For First Time Chimps Seen Making Weapons for Hunting in Washington Post vom 23 Februar 2007 1 Paul R Ehrlich Anne H Ehrlich The Dominant Animal Human Evolution and the Environment Verlag Island Press 2009 ISBN 1 59726 460 1 Seite 72 2 Natural History Museum The Clacton Spear Archivlink Memento vom 28 Oktober 2014 im Internet Archive Travis Rayne Pickering Rough and Tumble Aggression Hunting and Human Evolution Verlag University of California Press 2013 ISBN 0 520 95512 9 Seite 91 3 Emil Hoffmann Lexikon der Steinzeit Verlag BoD Books on Demand 2012 ISBN 3 8448 8898 5 Seite 265 4 Almut Bick Die Steinzeit Theiss Verlag ISBN 978 3 8062 1996 8 S 65 Ker Than Stone Spear Tips Surprisingly Old in National Geographic Society vom 16 November 2012 5 Bruce Bower Oldest examples of hunting weapon uncovered in South Africa in Science News vom 15 November 2012 Bruce Bower Oldest examples of hunting weapon uncovered in South Africa 15 November 2012 Memento vom 21 Januar 2013 im Internet Archive Manfried Rauchensteiner Manfred Litscher Hrsg Das Heeresgeschichtliche Museum in Wien Graz Wien 2000 S 11 Normdaten Sachbegriff GND 4182298 5 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Spiess amp oldid 237239926