www.wikidata.de-de.nina.az
Die Pikeniere stellten vom 15 bis zum 17 Jahrhundert die schwere Infanterie in grossen Teilen Europas dar und waren nach ihrer Hauptwaffe der Pike Spiess benannt Die Bezeichnung wurde zu Beginn des 16 Jahrhunderts von dem franzosischen Wort pique entlehnt das sich von dem Verb piquer stechen ableitet Auf dem Schlossplatz in Wolfenbuttel exerzierende Pikeniere 1654 1658 Pikeniere aus der Zeit des Dreissigjahrigen Krieges Reenactment Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Ausrustung der Pikeniere 3 Redensart 4 Museale Rezeption 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDer Spiess erwies sich als effektive Waffe im Kampf gegen Kavallerieeinheiten Dazu brauchten die in tief gestaffelten Formationen kampfenden Pikeniere eine weniger intensive Ausbildung als Ritter bzw Kurassiere und waren zudem ausserst billig auszurusten nbsp Musketiere und Pikeniere aus der Zeit des Dreissigjahrigen Krieges Heeresgeschichtliches Museum Wien Als Abwehrwaffe gegen Reiterei sollte ihre Reichweite die Lange der ritterlichen Lanzen ubertreffen In der Technik der Riposte am Boden aufgestutzt eingesetzt diente sie dazu den angreifenden Gegner auflaufen zu lassen und ansturmende Kavallerie zu stoppen nbsp Schweizer Gewalthaufen in der Schlacht bei DornachVorlaufer der Pikeniereinheiten finden sich bereits im spaten 13 Jahrhundert in Schottland wo die aufstandischen Schotten dichte Formationen aus Speertragern bildeten die so genannten Schiltrons Perfektioniert wurde diese Taktik in der Schweiz wo zunachst mit Hellebarden und spater vor allem mit Spiessen bewaffnete Schweizer den habsburgischen Rittern in mehreren Schlachten schwere Niederlagen zufugten Das Auftreten der Pikeniere auf den Schlachtfeldern Europas beschleunigte den im 14 Jahrhundert begonnenen Niedergang des Rittertums und machte den Weg frei fur die Soldnerhaufen des 15 bis 17 Jahrhunderts Die Schweizer kampften in ausserst grossen tiefgestaffelten Formationen den so genannten Gewalthaufen Ein einziger Gewalthaufen konnte mehrere tausend Pikeniere umfassen Setzte man in anderen Regionen Europas zunachst auf schweizerische Soldner formierten sich bis zum 16 Jahrhundert auch ausserhalb der Schweiz zahlreiche Pikeniereinheiten nbsp Musketiere und Pikeniere Reenactment source source source source source source Exerzieren von Pikenieren und Musketieren in der Festung BourtangeDie Taktik des massiven Einsatzes von Pikentragern wurde ausserhalb der Schweiz durch die Landsknechte verbessert indem man durch eine tiefere Staffelung die Beweglichkeit der Formationen erhohte Zudem wurden die Pikeniereinheiten im Laufe des 16 Jahrhunderts immer starker durch Feuerwaffen Arkebusen und dann auch durch Musketenschutzen erganzt In Spanien ging man dazu uber die Musketenschutzen an den Ecken des Gewalthaufens zu postieren Die spanischen Pikenierformationen waren in der Regel 50 Mann breit und 30 Mann tief Diese Formation wurde auch in anderen Teilen Europas ubernommen und war als Tercio oder Spanisches Viereck bekannt nbsp Dieser Artikel oder nachfolgende Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen beispielsweise Einzelnachweisen ausgestattet Angaben ohne ausreichenden Beleg konnten demnachst entfernt werden Bitte hilf Wikipedia indem du die Angaben recherchierst und gute Belege einfugst Wahrend des 16 Jahrhunderts kampften die Pikeniere oft noch im Nahkampf gegeneinander Bis zur zweiten Halfte des 17 Jahrhunderts waren viele Pikeniere durch einen Brust und Ruckenpanzer und einen offenen Helm geschutzt 1 Zudem waren die meisten Pikeniere mit einer Nahkampfwaffe wie zum Beispiel einem Schwert einem Degen oder einem Dolch bewaffnet Gelang es einer Pikenierformation in eine gegnerische Einheit eine Bresche zu schlagen ruckten sofort mit Hellebarden oder manchmal auch Zweihandschwertern bewaffnete Soldner vor um einen Einbruch in die gegnerischen Linien zu erzielen Fiel ein Pikentrager im Gefecht ruckte sofort sein Hintermann auf In einem Gefecht zwischen zwei Pikenierformationen verkeilten sich diese meist weshalb die Erganzung der Gewalthaufen durch Arkebusenschutzen unentbehrlich war Moglicherweise setzte man auch mit Zweihandschwertern bewaffnete Soldner ein die in einer festgefahrenen Gefechtssituation einen Einbruch ermoglichen sollten Im spanischen Tercio gab es schon keine Hellebardiere mehr die Pikeniere stellten jetzt die einzigen Nahkampfer der Infanterie dar Das Manovrieren der grossen Pikenierformationen war ausserst schwierig und erforderte einen intensiven militarischen Drill Zudem wurden seit dem spaten 15 Jahrhundert Trommler eingesetzt die das Marschtempo vorgaben An den Randern der Formation wurden Feldwebel postiert die eine ordnende Funktion ubernahmen Die Feldwebel waren mit einer Hellebarde bewaffnet die nicht nur als Rangsymbol diente sondern auch als Werkzeug zum Zusammenhalten der Formation Marschierte ein Pikenier nicht im Gleichschritt mit den anderen musste er damit rechnen dass ihn ein Feldwebel zur Strafe mit der flachen Seite der Hellebarde schlug Im Gefecht wurde eine Pikeniereinheit zusatzlich durch lautstarke Befehle manovriert nbsp BajonettDas zahlenmassige Verhaltnis von Pikentragern zu Musketenschutzen verschob sich im Laufe des Dreissigjahrigen Krieges zugunsten letzterer Auch der Vorteil der Pikeniere gegenuber der Reiterei wurde ausgeglichen da diese Gegentaktiken wie die Caracolla entwickelte In der Mitte des 17 Jahrhunderts machten die Pikeniere in den meisten europaischen Heeren weniger als ein Drittel der Infanterie aus Trotzdem schienen sie zu dieser Zeit immer noch fur die Abwehr der Kavallerie unentbehrlich Erst die Perfektionierung der Salven Taktiken bei den Handfeuerschutzen insbesondere die Verbreitung des Steinschlossgewehrs und des Bajonetts in der zweiten Halfte des 17 Jahrhunderts machten die Pikeniere allmahlich uberflussig 2 Pikeniere waren zunachst recht angesehen da ihre Aufgabe eine hohe Disziplin erforderte und sie selbst schwere Kavallerieeinheiten erfolgreich bekampfen konnten Im Laufe der Zeit sank ihr Ansehen aber deutlich da sie spatestens zu Zeiten des Dreissigjahrigen Krieges den Musketenschutzen beigeordnet waren und sich mit einer Reiterei konfrontiert sahen die den Frontalangriff mied Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen liess den Protagonisten seines Werkes Der seltzame Springinsfeld im 13 Kapitel uber die Pikeniere hohnen Und dannenhero glaube ich dass der jenige der einen Piquenirer nidermacht den er sonst verschonen kondte einen unschuldigen ermordet und solchen Todtschlag nimmermehr verantworten kan dann ob dise arme Schiebochsen mit disem Spottischen Namen werden sie genennet gleich creirt seyn ihre Brigaden vor dem Einhauen der Reutter im freyen Feld zubeschutzen so thun sie doch vor sich selbst niemand kein Leid und geschicht dem allererst recht der einem oder dem anderen in seinen langen Spies rennet Jn Summa ich habe mein Tage viel scharpffe Occasionen gesehen aber selten wahrgenommen dass ein Piquenirer jemand umgebracht hette Die franzosische Armee loste 1703 ihre letzten Pikeniereinheiten auf 1704 folgte England und 1708 verzichtete auch die niederlandische Armee auf die Verwendung der Piken Lediglich in Russland und in Schweden das u a in der Schlacht bei Poltawa viele Pikeniere einsetzte kamen neben Berdishi tragenden Schutzen bis in die 1720er Jahre Pikeniere zum Einsatz die sich als effektiv gegen die turkische Reiterei erwiesen Das Bajonett kann als Nachfolger der Pike gelten und es gab noch bis zum Anfang des 20 Jahrhunderts Generale die Bajonettangriffe fur eine sinnvolle Taktik hielten oft mit schrecklichen Resultaten fur die eigenen Manner Ausrustung der Pikeniere BearbeitenIm Wandel der Zeit wurden von Pikenieren diverse Ausrustungsgegenstande wie die Schwere Pikenierrustung oder der Schwertstab genutzt Redensart BearbeitenDie Redensart etwas von der Pike auf lernen hat sich vom Pikenier entwickelt da ein Soldat der gerade erst angeworben wurde und selbst nicht in der Lage war eine Schusswaffe oder ein Pferd mit einzubringen mit einer Pike ausgerustet wurde Das Kriegshandwerk musste also fur Soldaten ohne Erfahrung von der Pike auf erlernt werden Spiessburger waren Stadtbewohner die zur Verteidigung mit Piken bewaffnet waren Heute wird dieser Begriff abwertend verwendet Auch diese Abwertung heute bezeichnet man allzu burgerliche Meinungen als spiessig kommt von diesen Stadtwachtern da sie auch die Aufgabe hatten Leute die nicht in der Stadt lebten und dort kein Wohnrecht hatten abends vor Toresschluss hinauszutreiben nicht zuletzt durch Drohen und Anwendung ihrer Pike Museale Rezeption BearbeitenIm Heeresgeschichtlichen Museum in Wien sind zahlreiche originale Piken aus dem 17 Jahrhundert ausgestellt Weiters sind mehrere Figurinen von kaiserlichen Pikenieren aus der Zeit des Dreissigjahrigen Krieges zu sehen die auch mit Stichdegen ausgerustet sind 3 Im Grazer Landeszeughaus der grossten noch erhaltenen Rustkammer der Welt ist ebenfalls eine grosse Anzahl Piken aus dem 16 und 17 Jahrhundert zu sehen Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Pikenier Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wiktionary Pikenier Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Ausschnitt aus einer Dokumentation uber Pikeniere in dem schweizerische Soldaten die Piken Formationen nachstellen engl YouTube Video Einzelnachweise Bearbeiten Beispiel fur einen Pikenierharnisch Deutschland um 1600 Leonhard Horowski Das Europa der Konige Macht und Spiel an den Hofen des 17 und 18 Jahrhunderts Rowohlt Reinbek bei Hamburg 2017 ISBN 3 550 07360 7 S 289 f Manfried Rauchensteiner Manfred Litscher Hrsg Das Heeresgeschichtliche Museum in Wien Styria Graz Wien Koln 2000 S 11 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Pikeniere amp oldid 237309806