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Als Sonnenrand bezeichnet man in der Astronomie und Geodasie den sichtbaren Rand der Sonnenscheibe Aus Sicht der Astronomen ist er die Obergrenze der Photosphare jener ausseren Schicht der Sonne die noch im integralen weissen Licht strahlt Aus Sicht des Vermessungsingenieurs stellt der Sonnenrand hingegen ein ideales Fernziel dar mit dem an etwa der Halfte der Tage ein Vermessungsnetz absolut orientiert werden kann Da die Sonne praktisch kreisrund erscheint erhalt man die Richtung zur Sonnenmitte einfach durch Messung zu ihrem rechten und linken Rand Die Sonne im Juni 1992 Deutlich sichtbar ist die Randverdunkelung Der Sonnenfleck links unten hat etwa 5 fache Erdgrosse Inhaltsverzeichnis 1 Visuelle Erscheinung 1 1 Sichere Methoden der Sonnenbeobachtung 2 Messung 2 1 Astronomische Messung 2 2 Geodatische Messung 3 Geschichtliches 4 Literatur 5 WeblinksVisuelle Erscheinung BearbeitenWenn man die Sonne in einem Fernrohr mit dunklem Filter oder mit der Projektionsmethode betrachtet erkennt man meist einige Sonnenflecken die zum Rand hin oval werden und etwas vertieft aussehen eine am Sonnenrand merkliche Abdunklung der Helligkeit rasch wechselnde Welligkeit des Randes durch die Luftunruhe bei tiefem Sonnenstand ein ovales Sonnenbild statt eines Kreises Wahrend die erstgenannte Erscheinung vornehmlich die Berufs und Hobbyastronomen interessiert spricht die letzte speziell die Fotografen an Sie geht auf die zum Horizont hin sehr stark zunehmende Astronomische Refraktion zuruck Das zweite Phanomen hangt mit der Strahlung eines gasformigen Korpers zusammen und gibt jedem Foto der Sonne einen plastischen Eindruck Ein Festkorper in Kugelform zeigt eine solche Randverdunkelung kaum Das dritte Phanomen ist eine Folge der atmospharischen Turbulenzen und hangt direkt mit der Qualitat der astronomischen Sicht zusammen Die Luftunruhe ist tagsuber meist starker als nachts und naturgemass bei Sonnenschein besonders intensiv Denn wenn der Himmel nicht oder nur wenig bewolkt ist und viel Energie auf die Erdoberflache trifft bewirken die entstehenden Temperaturdifferenzen mehr Luftturbulenz als bei bedecktem Himmel Je starker die Sonnenrander wallen desto starker sind z B auch die Auf und Abwinde beim Segelflug oder im Gebirge Sichere Methoden der Sonnenbeobachtung Bearbeiten Die einfachste Methode der Sonnenbeobachtung ist die Projektion durch das Okular auf ein Blatt weisses Papier Die Scharfstellung erfolgt am Okular oder durch Andern des Abstandes Einziger Nachteil ist die Maserung des Papiers die aber durch leichtes Kreisen unschadlich wird Aufwendiger und teurer ist die Verwendung von Sonnenfiltern beschichtete Glaser oder Folien Sie sollen aber nicht hinter dem Okular angebracht werden weil sie in der dort herrschenden Hitze schmelzen oder zerspringen konnten Die Filter sind daher vor dem Objektiv zu montieren was aber grossere Dimensionen erfordert Spezielle Okulare fur bequemere Beobachtung sind das Herschel bzw Pentaprisma und das geodatische Roelofsprisma Sollen neben den Sonnenflecken und Sonnenrandern auch Flares oder Protuberanzen beobachtet werden braucht es spezielle Farbfilter z B ein H alpha Filter bzw abschattende Teile im Strahlengang des Teleskops Das Protuberanzenfernrohr erzeugt einen kunstlichen Sonnenrand der etwas grosser als die Sonnenscheibe ist und so die meiste Sonnenstrahlung abschirmt In letzter Zeit werden kleine H alpha Teleskope am Markt angeboten die fur Amateurastronomen durchaus erschwinglich sind Messung BearbeitenAstronomische Messung Bearbeiten Die Winkelmessung der gegenuberliegenden Sonnenrander ist die alteste und bis heute genaueste Methode zur Bestimmung des Sonnendurchmessers Kennt man die Entfernung r displaystyle r nbsp zur Sonne die jahreszeitlich von 147 bis 152 Millionen km variiert und hat die scheinbare Grosse der Sonnenscheibe Winkel a displaystyle alpha nbsp gemessen so folgt der Durchmesser D displaystyle D nbsp der Sonne zu D r 2 tan a 2 displaystyle D r cdot 2 tan alpha 2 nbsp Der Winkel a displaystyle alpha nbsp betragt etwa 0 53 31 28 bis 32 32 und die Sonnendistanz D displaystyle D nbsp kann z B aus den Kepler Gesetzen berechnet werden wenn die Astronomische Einheit AE 149 598 Mill km als bekannt gelten kann Vor einem Jahrhundert kannte man sie allerdings erst auf drei bis vier Stellen genau sodass der Massstab des gesamten Sonnensystems um einige Promille fehlerhaft war Dies war einer der Grunde warum die Astronomen die Distanzen zu Planeten und Monden lieber in AE als in km angeben Eine zweite durch Winkelmessung der Sonnenrander losbare Aufgabe ist die Untersuchung ob die Sonne genaue Kugelform besitzt Da sie langsam rotiert je nach Breitengrad in 25 30 Tagen musste sie eine geringe Abplattung aufweisen Man hat sie allerdings lange nicht nachweisen konnen weil die Luftturbulenzen siehe obgenannte Phanomene 3 und 4 die Genauigkeit vermindern Auch die oft vermuteten geringen Variationen der Sonnengrosse lassen sich nur schwer nachweisen sodass z B die Messung des fast gleich gross erscheinenden Erdmondes genauer moglich ist als die des grossten Himmelskorpers unseres Planetensystems Der Sonnenrand wird noch fur weitere Methoden der Astronomie herangezogen zu denen unter anderem gehoren Die Messung der Kontaktzeiten 1 bis 4 Kontakt bei einem Merkur und Venusdurchgang Die Analyse von Sonnenfinsternissen und zugehorige Bestimmung des Mondrand Profils Einmessung der Orter und Aufstiegsgeschwindigkeit von Protuberanzen Messung des Dopplereffekts durch Spektralanalyse an gegenuberliegenden Sonnenrandern woraus man die genaue Rotationsgeschwindigkeit ableiten kannGeodatische Messung Bearbeiten In der Geodasie ist die Richtungsmessung zur Sonne ein einfaches Mittel um ein Vermessungsnetz absolut d h genau nach astronomisch Nord zu orientieren Man misst die beiden Sonnenrander mit einem Theodolit indem man ihre Durchgangszeiten am Vertikalfaden des Instruments stoppt Zeiten und Richtungen werden gemittelt was einer fiktiven Messung der Sonnenmitte entspricht und dann deren Azimut gerechnet Die spharische Trigonometrie gibt dazu Formeln an in die neben dem Zeitpunkt der Beobachtung auch die geographische Breite und Lange sowie vom Datum abhangige Grossen eingehen Ahnliche Berechnungen sind ubrigens auch zu machen wenn eine Sonnenuhr zu entwerfen ist oder wenn ein Architekt die genaherte Sonnenscheindauer fur die Planung einer Siedlung oder eines Hochhauses benotigt Die Genauigkeit eines geodatischen Azimuts zur Sonne liegt bei etwa 0 001 wenn die Messungen sorgfaltig durchgefuhrt und einige Male wiederholt werden Sie reicht fur die Ausrichtung eines kleinen Messnetzes oder der Vermessung eines Grundstuckes vollig aus doch verwendet der Geodat dafur normalerweise 2 3 Vermessungspunkte der Umgebung Manchmal sind diese jedoch unauffindbar oder zerstort oder die Sicht ist durch Bewuchs Wald oder hohe Gebaude behindert Dann ist die Sonnenmethode ein okonomischer Ersatz und von ahnlicher Gute wie eine GPS Vermessung die wesentlich hohere Investitionen erfordert Die Richtungsmessung der Sonnenrander kennt noch andere nutzliche Anwendungsfalle die allerdings seltener auftreten Absteckung oder Einmessung von isolierten Linienstrukturen z B Leitungen in Waldgebieten oder in Entwicklungslandern Kontrolle langsamer Bewegungen und Drehungen z B in der Glaziologie rasche Bestimmung von Gebauderichtungen etwa in der Archaologie Ortsbestimmung auf Expeditionen hier wird neben der Richtung auch der Hohenwinkel zur Sonne gemessen bei einigen Raumsonden das Scannen der Sonnenscheibe um aus ihrer Richtung und der zu hellen Sternen die Flugbahn zu bestimmen Geschichtliches BearbeitenBereits in vorgeschichtlicher Zeit durften vereinzelt Messungen so hoher Prazision gelungen sein dass der scheinbare Winkel der Sonnenscheibe bereits eine Rolle spielte So ist die Genauigkeit mit der die Menhire von Stonehenge eingerichtet wurden teilweise so hoch dass entweder die Schattenrichtung der Sonnenrander oder zumindest die Mitte der etwas unscharfen Schatten berucksichtigt wurde Sie erlauben dadurch sogar eine Ruckrechnung der Ekliptikschiefe Auch die Tatsache dass viele kunstlerische Darstellungen der Sonne eine Scheibe zeigen deutet auf tiefere astronomische Kenntnisse hin Das bekannteste Beispiel dafur ist die Himmelsscheibe von Nebra aus der Bronzezeit Im alten Agypten und in Mesopotamien war die genaue Beobachtung der scheinbaren Sonnenbahn Aquinoktium Sonnenwenden usw eine Voraussetzung fur die Erstellung genauer Kalendersysteme Auch die Absteckung der Pyramiden die teilweise nur wenige Bogenminuten von der Sudrichtung abweicht deutet auf einen hohen Stand der Messtechnik In diesem Zusammenhang ist auch die Hypothese des Xenophanes zu erwahnen der die Sonne als eine feurige Wolke bezeichnete im Gegensatz zu seinen Zeitgenossen die in ihr eine ubernaturliche Erscheinung sahen Hinter seiner damals stark angefeindeten Erkenntnis durfte eine Beobachtungsmethode der Sonnenscheibe und oder ein Experiment zur Wirkung der Sonnenstrahlung stehen Die Sicht der Sonne als Objekt der Physik wurde u a von Anaxagoras weiterentwickelt der sie als gluhenden Stein bezeichnete Spater setzten sich allerdings wieder mythische Erklarungen durch Thales von Milet gelang um 600 v Chr eine genaue Vorausberechnung einer Sonnenfinsternis Der zugrundeliegende Meton Zyklus konnte von den Astronomen Babylons nur durch sorgfaltige Beobachtung des Verlaufes zahlreicher Finsternisse so verlasslich abgeleitet werden Aristarchos von Samos versuchte um 200 v Chr aus speziellen Winkelmessungen zur Zeit der Halbmond Phasen die Entfernung der Sonne zu berechnen Dabei muss er sich nicht nur mit der Mittelung der Mondrander sondern auch der Sonne befasst haben Seine Gedanken dass sie das eigentliche Weltzentrum darstelle wurde aber erst 1500 Jahre spater von Nikolaus von Kues Regiomontanus und Nicolaus Copernicus aufgegriffen Interessant ware eine Recherche wann die bei Sonnenfinsternissen zu sehende Korona das erste Mal in Beziehung zum Sonnendurchmesser gesetzt wurde Da solche Beobachtungen auch freiaugig moglich sind kann dies schon lange vor der Erfindung des Fernrohrs gewesen sein Auch mit Lochkameras konnte die Sonnenscheibe schon vor vielen Jahrhunderten abgebildet werden Die fruhesten aus China uberlieferten Beobachtungen grosser Sonnenflecken setzen sie allerdings noch nicht in Beziehung zum Sonnenrand wie es z B Galileis Zeichnungen ab dem Jahr 1610 taten Die Prioritat solcher Messungen beanspruchten auch Thomas Harriot und Johann Fabricius letzterer deutete die Wanderung der Sonnenflecken vom Ost zum Westrand erstmals als Sonnenrotation Literatur BearbeitenAlfred Berroth Walter Hofmann Kosmische Geodasie Braun Karlsruhe 1960 Rudolf Kippenhahn Der Stern von dem wir leben Den Geheimnissen der Sonne auf der Spur Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1990 ISBN 3 421 02755 2 Rudolf Sigl Geodatische Astronomie 4 Auflage Wichmann Karlsruhe 1991 ISBN 3 87907 190 X Wolfgang Mattig Die Sonne Beck Munchen 1995 ISBN 3 406 39001 3 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Sonne Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Sonnenfotos der NASA Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sonnenrand amp oldid 231545740