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Astronomische Refraktion ist die Richtungsanderung eines von aussen auf die Erde fallenden Lichtstrahls durch Brechung in der geschichteten Atmosphare Ursache ist der Anstieg des Brechungsindex von n 1 im Vakuum des Weltalls auf etwa n 1 00029 am Erdboden Die astronomische Refraktion ist ein Spezialfall der terrestrischen Refraktion Astronomische Refraktion Der Lichtstrahl gelb erscheint gehoben gegenuber dem Vakuum wird der Zenitwinkel um r verkleinert z z r Bei Satelliten macht die Refraktion wegen des kurzeren Strahls weniger aus Terrestrische Refraktion Sonnenuntergang uber der Agais etwa 10 fach vergrossert Ohne Refraktion stunde die Sonne schon um 120 ihres Durchmessers tiefer Der linke Sonnenrand zeigt eine kleine Refraktionsanomalie Die Krummung der Lichtstrahlen erfolgt nach unten im selben Sinn wie die Erdkrummung aber wesentlich weniger Die starkste Krummung tritt in Bodennahe auf und macht bei sehr flachen Visuren maximal 10 15 der Erdkrummung aus Auf Meereshohe und ausgedruckt im Winkelmass betragt die astronomische Refraktion je nach Temperatur etwa 0 6 Grad 34 bis 39 fur horizontal einfallende Lichtstrahlen also beim Auf oder Untergang eines Gestirns etwa 29 bei einem halben Grad uber dem Horizont etwa 5 bei einem Hohenwinkel von 10 etwa 1 55 bis 65 in einem Hohenwinkel von 45 und Null bei senkrechtem Einfallswinkel also im Zenit Sie folgt einer komplizierten Formel mit mehreren atmospharischen Parametern und Winkelfunktionen der Zenitdistanz z 90 minus Hohenwinkel Fur Zenitdistanzen z lt 70 kann man fur die Refraktion r auf Meeresniveau bei durchschnittlichem Luftdruck naherungsweise schreiben r 60 tan z 0 06 tan 3 z displaystyle r 60 prime prime tan z 0 06 prime prime tan 3 z dd Inhaltsverzeichnis 1 Sterne erscheinen angehoben 2 Terrestrische und Satelliten Refraktion 3 Differentielle Refraktion 4 Atmospharische Dispersion 5 Wirkung auf Entfernungsmessungen 6 Zufallige Brechungseffekte in der Atmosphare 7 Siehe auch 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseSterne erscheinen angehoben BearbeitenDie Erdatmosphare ist nahe der Erdoberflache dichter als in grosseren Hohen Deshalb werden vom Weltraum her schrag einfallende Lichtstrahlen durch die astronomische Refraktion zunehmend nach unten gebogen Einem Beobachter auf der Erde erscheinen demnach Gestirne wenn sie nicht ungefahr im Zenit stehen hoher als es ohne die irdische Lufthulle der Fall ware Der Betrag der Refraktion hangt vom Tangens der Zenitdistanz sowie von Temperatur und Luftdruck am Ort des Beobachters ab In 5 km Hohe wird etwa die Halfte des Wertes auf Meeresniveau erreicht Ursache der astronomischen Refraktion ist die Brechung die jeder Lichtstrahl beim Ubertritt aus einem optisch dunneren in ein dichteres Medium erfahrt Die Anderung der Ausbreitungsrichtung tritt in differentiell kleinen Schritten zwischen benachbarten Luftschichten auf Snelliussches Brechungsgesetz und muss uber den gesamten Lichtweg integriert werden Hierfur ist ein geeigneter Ansatz des Temperatur und Druckverlaufs nach der Hohe notwendig eine sogenannte Norm oder Standardatmosphare bodennah 15 C Temperatur und 1013 25 hPa Luftdruck vertikaler Temperaturgradient 6 bis 7 K km Genahert kann man sie berechnen indem man die Atmosphare als 8 km dicke planparallele Platte aus Luft ansetzt Hohe der homogenen Atmosphare Tatsachlich weicht die astronomische Refraktion von diesem Standardwert ab wenn die Luftschichten nicht regular gelagert sind Liegen sie geringfugig schrag was uber jedem Gebirgszug wegen der Sonnen und Schattenseite der Fall ist tritt im Zenit statt des Wertes 0 die sogenannte Zenitrefraktion auf 1 Solche Refraktionsanomalien konnen 0 2 1 und mehr erreichen und sind der Grund warum in der Astronomie und Geodasie ausgeklugelte Messverfahren erforderlich sind wenn eine Messgenauigkeit von besser als 1 gewunscht wird Sie sind auch ein wesentlicher Grund warum sich durch Astrometriesatelliten wie Hipparcos die Genauigkeit der Astrometrie von 0 01 bis 0 1 auf 0 001 steigern lasst Kleine Temperatur Anderungen innerhalb des optischen Systems von Fernrohr Kuppel der Sternwarte oder Kamera bzw Sensor oder durch Abkuhlung wahrend der Nacht bewirken ebenfalls kleine Anomalien Um sie unter der Messgenauigkeit zu halten muss man die Instrumente vor Gebrauch an die Umgebungstemperatur angleichen bzw die Saalrefraktion der Kuppel oder der Fernrohroffnung modellieren Dies ist besser moglich wenn die Einstrahlung verringert wird etwa durch einen weissen Anstrich der Kuppel oder durch Temperaturregelung im Innern von Fernrohr oder Satellit Terrestrische und Satelliten Refraktion Bearbeiten nbsp Satellitenrefraktion Der Winkel r zwischen scheinbarer und wahrer Richtung ist deutlich kleiner als im Fall von Sternen siehe oben Verlauft ein Lichtstrahl zur Ganze innerhalb der Atmosphare so spricht man von terrestrischer Refraktion Sie tritt bei jeder geodatischen Messung an der Erdoberflache auf und wirkt der Erdkrummung um etwa ein Siebentel entgegen Dieser Faktor heisst Refraktionskoeffizient ubliches Formelzeichen k und wurde bereits um 1800 von Carl Friedrich Gauss genau bestimmt Bei der Hannover schen Landesvermessung erhielt Gauss als Durchschnittswert 13 der Erdkrummung k 0 13 Man kann die terrestrische Refraktion auf ahnliche Art modellieren bzw berechnen wie die astronomische Refraktion doch spielen lokale Temperaturanderungen der Luft eine grossere Rolle Nimmt die Lufttemperatur nach oben nicht wie bei der Normalatmosphare mit 0 6 C pro 100 Meter ab krummt sich ein Lichtstrahl starker oder schwacher als normal Bekannt ist der Spiegeleffekt uber heissem Asphalt wenn man etwa auf der Autobahn in flachem Winkel daraufblickt Hier ist der Refraktionskoeffizient der bodennahen Luftschichten sogar negativ Refraktionskoeffizient bis 2 0 Verlaufen die Messstrahlen in grosserer Hohe uber dem Gelande kann k immer noch zwischen 0 10 und 0 15 variieren Diese Anomalien Abweichungen der Luftschichten von der Kugelform begrenzen die Genauigkeit mit der die Hohe von Vermessungspunkten bestimmt werden kann auf einige Millimeter bis Zentimeter Bei der Messung zu Satelliten wiederum beginnt bzw endet der Lichtstrahl nicht in volligem Vakuum und das Ziel ist auch nicht unendlich weit entfernt wie ein Gestirn Dadurch tritt ein parallaktischer Effekt auf der einige Prozent der astronomischen Refraktion ausmachen kann kleiner Winkel s im obigen Bild bei Satelliten in sehr tiefen Umlaufbahnen englisch Low Earth Orbit LEO jedoch auch mehr Differentielle Refraktion BearbeitenAstronomische Objekte bewegen sich bedingt durch die Erdrotation scheinbar auf Kreisbogen uber den Himmel Mit Ausnahme der Himmelspole andert sich die Hohe bzw der Zenitabstand eines Objektes dabei standig Da die astronomische Refraktion stark nicht linear mit dem Zenitabstand zunimmt wird sich ein Objekt nahe am Horizont fur den Beobachter scheinbar etwas langsamer auf seinem durch die Refraktion leicht verbogenen Kreisbogen bewegen als ein Objekt mit kleinerem Zenitabstand Auf Langzeitbelichtungen des Sternhimmels kann das Bildfeld immer nur fur einen Stern mittels eines sog Leitsterns durch entsprechende Korrekturen des Fernrohr Antriebs punktformig abgebildet werden Alle anderen Sterne werden durch die unterschiedlichen Zenitabstande die sie wahrend der Belichtung durchlaufen zu Strichen auseinandergezogen Dieser Effekt ist fur die horizontnahen Sterne uberproportional ausgepragt und fuhrt bei Weitwinkel Aufnahmen zu tropfenformigen Sternabbildungen in Horizontnahe Dieser Effekt kann mit Bildbearbeitungsprogrammen nur ungenugend korrigiert werden Atmospharische Dispersion BearbeitenAls atmospharische Dispersion wird die unterschiedlich starke Brechung von Licht verschiedener Wellenlangen bezeichnet Blaues Licht wird starker gebrochen als rotes sodass der obere Rand beobachteter Himmelsobjekte blau gesaumt ist der untere hingegen rot siehe Korrektor Teleskop nbsp Atmospharische Dispersion fur blau grun und rot in Abhangigkeit vom Zenitabstand ZSie macht sich bei Hohenwinkeln unter etwa 20 uberdeutlich bemerkbar Bereits bei 45 Hohe betragt die Dispersion zwischen blauem und rotem Licht grosser als 1 und begrenzt damit das Auflosungsvermogen von Teleskopen bereits ab ca 100 mm Offnung Dieser Effekt lasst sich sehr deutlich an Venus Merkur oder anderen hellen und tief stehenden Objekten schon bei relativ geringer Vergrosserung beobachten Solange man nur in einem schmalbandigen Spektralbereich beobachtet spielt die Atmospharische Dispersion nur eine untergeordnete Rolle Sie lasst sich bei elektronischen Farbkameras mit einem RGB Farbsensor ebenso wie bei Einzelaufnahmen mit RGB Filtern teilweise korrigieren indem mit einer geeigneten Software die 3 Farbauszuge fur Rot Grun und Blau entsprechend der atmospharischen Dispersion leicht verschoben wieder zu einem Farbbild uberlagert werden Bei professionellen Gross Teleskopen wird schon seit langerem ein variabel einstellbarer Korrektor in den Strahlengang gebracht mit dem die Auswirkungen der atmospharischen Dispersion in Abhangigkeit von der Hohe korrigiert werden konnen und das Auflosungsvermogen des Teleskops auch bei Aufnahmen im gesamten zuganglichen Spektralbereich erhalten bleiben kann Fur Amateurteleskope gibt es seit einiger Zeit ebenfalls mehr oder weniger komplexe Korrektoren sog Atmospharische Dispersions Kompensatoren oder englisch Atmospheric Dispersion Compensator abgekurzt ADC 2 Wirkung auf Entfernungsmessungen BearbeitenManchmal wird der Begriff Refraktion auch fur die atmospharischen Effekte in der Entfernungsmessung verwendet wo nicht die Anderung des Winkels sondern der Wellenlange entscheidend ist Auch hier sind fur eine prazise Reduktion von Messwerten relativ komplizierte Formeln notig von denen jene des finnischen Geodaten Juhani Saastamoinen 3 1972 fur Anderung einer EDM Messstrecke durch die Atmosphare die bekannteste ist D s 0 002 277 cos z 1 0 002 6 cos 2 f 0 000 28 H p 1255 T 0 005 e B tan 2 z d displaystyle Delta s frac 0 002277 cos z prime left 1 0 0026 cos 2 varphi 0 00028 H right left p left frac 1255 T 0 005 right e B tan 2 z prime right delta nbsp Darin ist z displaystyle z nbsp die Zenitdistanz f displaystyle varphi nbsp die geografische Breite H displaystyle H nbsp die mittlere Hohe der Punkte p displaystyle p nbsp der mittlere Luftdruck T displaystyle T nbsp die integrale Lufttemperatur in Kelvin und e displaystyle e nbsp der Dampfdruck sowie den weiteren Parametern B displaystyle B nbsp und d displaystyle delta nbsp Zufallige Brechungseffekte in der Atmosphare Bearbeiten nbsp Wirkung von starker Luftunruhe auf die Wahrnehmung der Mondoberflache Krater Clavius 220 km Turbulenzen in der Erdatmosphare vergrossern und verkleinern das Bild eines Sternes so dass er mehrmals in der Sekunde heller und blasser erscheint Dieses vom Auge wahrgenommene Blinken wird Szintillation genannt Zudem treten Bildunscharfe und Bildbewegungen auf Alle drei Effekte werden unter dem Begriff Seeing zusammengefasst Dazu kommt noch der Einfluss der Saalrefraktion eine geringfugige Lichtablenkung am Spalt der Sternwartekuppel wenn zwischen Innen und Aussentemperatur noch ein kleiner Unterschied besteht Siehe auch BearbeitenKosmischer Aufgang Optik Mappingfunktion GeoidbestimmungLiteratur BearbeitenKarl Ramsayer Geodatische Astronomie Band IIa des Handbuchs der Vermessungskunde J B Metzler Verlag Stuttgart 1969 Refraktionstafeln in Lehr oder Jahrbuchern der Astronomie oder Meteorologie Astro geodatische Refraktionstafeln des Berliner Astronomischen Jahrbuches bis 1960 oder in Internationale Astronomische Union IAU Institutionen ARI Heidelberg etc Christian Hirt Monitoring and analysis of anomalous refraction using a digital zenith camera system In Astronomy and Astrophysics 459 Jahrgang Nr 1 2006 S 283 290 doi 10 1051 0004 6361 20065485 Weblinks BearbeitenJuergen Weiprecht Kugelschalenmodell der Atmosphare allgemeine Theorie der Refraktion Memento vom 18 Mai 2008 imInternet Archive Astrophysikalisches Institut und Universitats Sternwarte Friedrich Schiller Universitat Jena Aufbau der Atmosphare Vergleich von Refraktionsmodellen Anomalie der Refraktion an untergehender Mondsichel Java Applet als Rechenhilfe zur atmospharischen RefraktionEinzelnachweise Bearbeiten a b Christian Hirt Monitoring and analysis of anomalous refraction using a digital zenith camera system In Astronomy and Astrophysics 459 Jahrgang Nr 1 2006 S 283 290 doi 10 1051 0004 6361 20065485 Peter Oden Was ist eigentlich ein Atmospheric Dispersion Corrector ADC In Abenteuer Astronomie 12 Juni 2017 abgerufen am 18 Oktober 2020 deutsch J Saastamoinen Contributions to the theory of atmospheric refraction In Bulletin Geodesique Band 105 Nr 1 1972 S 279 298 doi 10 1007 BF02521844 Normdaten Sachbegriff GND 4143250 2 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Astronomische Refraktion amp oldid 237488155