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Als terrestrische Refraktion auch Strahlenbrechung oder atmospharische Refraktion genannt wird die Brechung eines Lichtstrahls in der untersten Erdatmosphare bezeichnet Diese entsteht durch die Anderung des Brechungsindexes der Luft entlang des Strahlverlaufs infolge der mit der Hohe abnehmenden Luftdichte und bewirkt eine bogenformige Krummung des Strahls die bei genaueren Vermessungen oder im physikalischen Labor als Korrektion Reduktion an jedem gemessenen Vertikalwinkel angebracht werden muss Diese Strahlkrummung betragt durchschnittlich 13 der Erdkrummung und erhoht die horizontale Sichtweite geringfugig Die astronomische Refraktion ist ein Spezialfall der terrestrischen Refraktion Inhaltsverzeichnis 1 Sichtbare Wirkung der Strahlenbrechung 2 Regulare Refraktion 3 Auswirkungen auf Hohen Messungen 4 Abgrenzung 5 In Bodennahe 6 Terrestrische Refraktion in der astronomischen Navigation 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseSichtbare Wirkung der Strahlenbrechung Bearbeiten nbsp Ovale Sonnenscheibe beim Untergang Simulation Rechts fehlt ein schmales Band da der Vertikalgradient der Luft siehe Mappingfunktion unstetig ist nbsp Infolge der Ablenkung der von der Sonne ausgehenden Lichtstrahlen durch die Lichtbrechung kommt es zu einer tauschenden Lokalisierung bei der Raumwahrnehmung 1 Da die Lichtstrahlen meist zur Erdoberflache hin gekrummt sind lassen sie entfernte Gegenstande hoher erscheinen als bei einem geraden Strahlverlauf Die den Meereshorizont genau beruhrende auf oder untergehende Sonne steht rein geometrisch noch bzw schon zur Ganze darunter Ihre flach ovale Form entsteht dadurch dass ihr unterer Rand starker als ihr oberer nach oben abgelenkt ist denn der Gradient der Luftdichte nimmt normalerweise mit der Dichte nach oben ab Bodennahe warme Luftschichten konnen den Gradienten jedoch verringern im Extremfall sogar umkehren Dann sind die Lichtstrahlen nach oben gekrummt was bei flachem Einfallswinkel als eine Luftspiegelung erscheint Umgekehrt ist in einer Inversionsschicht der Gradient erhoht Regulare Refraktion BearbeitenDer Radius der Strahlkrummung r variiert bei grossem Bodenabstand zwischen 40 000 bis 50 000 km Der Refraktionskoeffizienten k ist das Verhaltnis des Krummungsradius der Lichtbahn r zum mittleren Erdradius R 6371 km k R r displaystyle k frac R r nbsp Der mittlere Refraktionskoeffizienten ist k 0 13 Die mittlere Krummung der Lichtstrahlen betragt rund 13 Prozent der Erdkrummung Dieser Wert passt gut zum Dichtegradienten und dem vertikalen Temperaturgradienten der Normatmosphare und wurde seit 200 Jahren fur die Reduktion der meisten geodatischen Hohenmessungen verwendet Mit dem Zentriwinkel w vom Erdmittelpunkt zu den Standpunkten also dem Quotienten aus der Strecke S zwischen den Standpunkten und mittlerem Erdradius R ist der Refraktionswinkel r 2 w S R displaystyle omega frac S R nbsp d k w 2 1 2 R r S R 1 2 S r displaystyle delta frac k cdot omega 2 frac 1 2 frac R r frac S R frac 1 2 frac S r nbsp Die Refraktion variiert sehr stark sie hangt von der aktuellen Dichteschichtung der Atmosphare ab genauer vom Gradienten der Feuchtigkeit der Temperatur und des Druckes der Luft sodass sie mittels meteorologischer Messungen entlang des Strahlweges berechnet werden kann Fur hochprazise Vermessungsprojekte ist es notwendig den Strahlverlauf genauer zu untersuchen was auf mehrere Arten erfolgen kann mittels detaillierter Messung der Strahlungsbilanz durch den Aufbau eines 3D Messfeldes fur die Lufttemperatur oder mit Zweifarbenlaser Messgeraten Auswirkungen auf Hohen Messungen BearbeitenBei konstanter Krummung der Lichtstrahlen nimmt der Refraktionswinkel r linear und der Hohenfehler quadratisch mit der Entfernung zu Uber einige hundert Meter liegt er im Bereich von einem Millimeter uber 10 Kilometer betragt er etwa einen Meter Die relativ stabilen Verhaltnisse der Strahlenbrechung hat schon Carl Friedrich Gauss untersucht als er um 1800 den Auftrag zur Hannoverschen Landesvermessung erhielt Die Refraktion wirkt sich namlich besonders auf Hohenmessungen uber grosse Entfernungen aus Das Gauss sche grosse Dreieck hat Kantenlangen von 68 84 und 106 Kilometern nbsp Lichtstrahlkrummung bei verschiedenen LufttemperaturenTageszeitliche Temperaturschwankungen ergeben bei gemessenen Hohen Variationen bis zu 7 mm bei S 100 m 3 Beim Nivellement fallt der Hohenfehler unter der Voraussetzung heraus dass beim Vor und Ruckblick gleiche Zielweiten eingehalten werden und der Refraktionseinfluss symmetrisch uber beide Visuren ist Wegen der durch die terrestrische Refraktion beschrankten Genauigkeit insbesondere bei grossen Zielweiten trigonometrisches Nivellement spielt in der modernen Landesvermessung die Satellitengeodasie eine wichtige Rolle Auch hier wirkt jedoch die terrestrische Refraktion in der unteren Atmosphare und auch hier wird versucht durch Differenzverfahren gleichartige Anteile zu eliminieren Abgrenzung BearbeitenDie astronomische Refraktion ist ein Spezialfall der terrestrischen Refraktion in dem Sinne dass das angepeilte Objekt sich ausserhalb der Atmosphare befindet und meist praktisch unendlich weit entfernt ist In Bodennahe Bearbeiten nbsp Zeitlicher Verlauf des Refraktionskoeffizienten in Bodennahe an einem sonnigen schwarze Kurve und bewolkten Tag rote Kurve In Bodennahe bis zu wenigen Metern uber der Oberflache weicht der Refraktionskoeffizient haufig von 0 13 ab Bei Bewolkung ist die Variation der Refraktion gering bei starker Sonneneinstrahlung nimmt sie zu auch Bodenbeschaffenheit und Beobachtungshohe haben einen wesentlichen Einfluss Der Refraktionskoeffizient nimmt Werte von 4 bis 15 an Negative Werte werden insbesondere uber heissen spiegelnden Asphaltflachen erreicht Terrestrische Refraktion in der astronomischen Navigation BearbeitenIn der astronomischen Navigation wird mit einem Sextanten die Hohe eines Gestirns uber dem Horizont gemessen Auf Grund der Strahlenbrechung ist die wahre Hohe des Gestirns immer geringer als die mit dem Sextant gemessene Hohe wobei der Effekt fur kleine Hohen markanter ist Die gemessene Hohe muss korrigiert werden Unten stehende Tabelle 4 zeigt fur 10 C und den Normdruck 1013 2 hPa die Zahl der Bogenminuten die von der mit dem Sextanten gemessenen Hohe abgezogen werden muss Vor allem bei geringen Hohen ist die Korrektur massgebend weil jede Bogenminute der Hohenmessung in der Ortsbestimmung zu einer Verschiebung der Position von einer Seemeile fuhrt Die hier beschriebene Korrektur der Strahlenbrechung ist eine der vier Beschickungen die bei der Messung der Hohe des Gestirns durchgefuhrt werden mussen Scheinbare Hohe 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Brechung 35 4 24 6 18 3 14 4 11 8 9 9 8 5 7 4 6 6 5 9 5 3 Scheinbare Hohe 12 14 16 20 30 40 50 60 70 80 90 Brechung 4 4 3 8 3 3 2 6 1 7 1 2 0 8 0 6 0 3 0 2 0 0 Literatur BearbeitenHeribert Kahmen Angewandte Geodasie Vermessungskunde De Gruyter Lehrbuch 20 vollig neu bearbeitete Auflage de Gruyter Berlin New York 2005 ISBN 3 11 018464 8 Karl Ramsayer Geodatische Astronomie Handbuchs der Vermessungskunde JEK Band IIa Metzler Stuttgart 1969 siehe Refraktion Kapitel 6 S 107 140 und Anhang II S 832 ff Gottfried Gerstbach M Schrefl W Rossler Bestimmung des Integralen Brechungsindex durch Befliegung des Messstrahls In Osterreichische Zeitschrift fur Vermessungswesen und Photogrammetrie Baden 1981 und 1982 Maria Hennes Zum Refraktionseinfluss auf terrestrische geodatische Messungen im Kontext der Messtechnik und der Instrumentenentwicklung In FuB 2002 Heft 2 S 73 86 Volltext als PDF 758 kB Christian Hirt Sebastian Guillaume Annemarie Wisbar Beat Burki Harald Sternberg Monitoring of the refraction coefficient of the lower atmosphere using a controlled set up of simultaneous reciprocal vertical angle measurements In Journal of Geophysical Research 2010 Band 115 doi 10 1029 2010JD014067 Volltext bei Researchgate Weblinks BearbeitenEinfluss der terrestrischen Refraktion am Beispiel zweier Fernsichten auf die Alpen Winfried Lang Die Alpensicht von der Kalmit in alter und neuer Bewertung PDF 166 kB Fernsichtberechnungen unter Einbezug singular hoher Refraktionskoeffizienten Einzelnachweise Bearbeiten Lew Wassiljewitsch Tarassow und Albina Nikolajewna Tarassowa Zu welchen optischen Tauschungen fuhrt die Lichtbrechung in der Erdatmosphare In Der gebrochene Lichtstrahl Kleine Naturwissenschaftliche Bibliothek Band 63 Viehweg amp Teubner Verlag Wiesbaden 1988 ISBN 978 3 322 00391 1 Brunner F K Wieser A 2009 Skriptum Ingenieurgeodasie Institut fur Ingenieurgeodasie und Messsysteme IGMS Technische Universitat Graz Folie 7 14 Alexander Kukuvec Vertikaler Refraktionseffekt Messung und Anwendung Auszug aus Otto Fulst Nautische Tafeln 24 erweiterte Auflage Geist Bremen 1972 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Terrestrische Refraktion amp oldid 225042869