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Die Salpeterer Unruhen waren mehrere Bauernaufstande die sich im Hotzenwald des 18 und 19 Jahrhunderts ereigneten Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Salpetererunruhen im 18 Jahrhundert 3 Salpeterer des neunzehnten Jahrhunderts 4 Gemeinsamkeiten 5 Rezeption 6 Literatur 7 Siehe auch 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseVorgeschichte BearbeitenIn der Grafschaft Hauenstein einem Verwaltungsbezirk des ehemaligen Vorderosterreich gab es Anfang des 18 Jahrhunderts eine Besonderheit in den absolutistisch regierten deutschen Staaten Hier hatte sich eine Schicht freier Bauern erhalten die sich direkt und ausschliesslich dem habsburgischen Kaiserhaus zugehorig wussten Ausserdem gab es seit dem Mittelalter eine bauerliche Selbstverwaltung auf dem Wald wie damals der sudliche Schwarzwald kurz genannt wurde In acht Einungen hatten zum Beispiel alle mannlichen Einwohner das Recht ihre Vertreter die Einungsmeister selbst zu wahlen und diese wiederum besassen eigene Rechte und Pflichten Ihr Redmann das war der jeweils gewahlte Sprecher der Einungsmeister sass sogar als Vertreter der Hauensteiner Einungen bzw der Landschaft neben den Stadten und dem Adel mit Sitz und Stimme bei den Breisgauer Standen in Freiburg Die direkte Unterstellung unter das Kaiserhaus das im Verwaltungsbezirk Grafschaft Hauenstein durch den in Waldshut ansassigen Waldvogt vor Ort vertreten war und die Einungsverfassung waren die zentralen Inhalte der Freiheit fur deren ungeschmalerten Erhalt sich die Bauern einsetzten Sowohl die Herausbildung dieser Freiheiten als auch deren Ausgestaltung hatte mit jenen Freiheiten die die Stedinger an der Unterweser im dreizehnten Jahrhundert die Friesen oder die Dithmarschen im sechzehnten Jahrhundert in harten Kampfen verteidigten und dabei ganz oder teilweise verloren wenig zu tun Dennoch sind die Freiheiten von niedersachsischen bayerischen und der schwabisch alemannischen Bauern im Sudschwarzwald und in den Alpenregionen vergleichbar wenn daran erinnert wird dass sie diese von den jeweiligen Landesherren fur besondere Leistungen erhielten fur Land das dem Meer oder dem Wald abgerungen wurde oder Freiheiten die sie sich bewahrten weil sie in den unwirtlichen Alpentalern siedelten und Alpenubergange ermoglichen halfen Auch fur die freien Bauern und die bauerliche Selbstverwaltung in der sudwestlichen Schwarzwaldregion sind die Freiheiten die sie sich bis ins achtzehnte Jahrhundert hinein bewahrten als Dank fur Rodungsleistungen aus dem zwolften und dreizehnten Jahrhundert zu betrachten Gorwihl war Hauptort der Einungen Hier fanden vor dem Gasthaus Adler die alljahrlichen Einungsmeisterwahlen statt Alle Einwohner waren auf diese Einungsverfassung stolz Parallel hierzu hatten im Verlaufe von Jahrhunderten in der Grafschaft die Monche des Klosters St Blasien in ihrem Zustandigkeitsbereich dem Zwing und Bann Bauern angesiedelt die als Leibeigene das Land urbar machten Das Kloster St Blasien war von Generation zu Generation ein immer machtigerer Grundherr geworden und hatte Leibeigenschaft und Horigkeit in die Regionen der freien Bauernschaft u a um Gorwihl Hochsal oder Birndorf ausgedehnt Klosterherrschaft einerseits und Einungswesen sowie freie Bauernschaft andererseits waren Konfliktpotenziale die immer wieder zu hitzigen Auseinandersetzungen fuhrten So nahm der Bauernkrieg in dieser Region seinen Ausgang und fand in Kunz Jehle von Niedermuhle einen seiner herausragenden Fuhrer Salpetererunruhen im 18 Jahrhundert BearbeitenAuch am Anfang des achtzehnten Jahrhunderts regte sich Widerstand Einer der Gefahren fur Freiheit und Verfassung heraufziehen sah war der Bauer und Salpetersieder Johann Albiez Salpeterer Hans genannt aus Buch Der damals schon uber Siebzigjahrige genoss grosses Ansehen im Wald Seine Agitation gegen das Kloster und fur die alten Rechte und Freiheiten fand Gehor Und als im Mai 1727 die Bewohner der Grafschaft einem neuen Abt Franz II Schachtelin ein Treuegelobnis ablegen sollten verweigerten sie die Huldigung Die Verweigerung der Huldigungsleistung gegenuber einer Obrigkeit aber galt als Aufstand Es wurde Militar auf den Wald geschickt und in die Bauernhofe einquartiert so dass der Widerstand gegen die Huldigungsleistung rasch zusammenbrach Der Salpeterer Hans sass wahrenddessen in Freiburg im Breisgau dem damaligen vorderosterreichischen Regierungssitz im Gasthaus Baren in Arrest Dort starb er im September 1727 Andere Bauern wie Johannes Thoma oder Josef Meyer ubernahmen die Fuhrung der Salpeterer wie sie nun genannt wurden und sorgten dafur dass das Misstrauen gegen das Kloster und seine Bestrebungen aber auch gegenuber den anderen Obrigkeiten nicht einschlief Unter der Bauernschaft selbst bildeten sich Gruppen fur und gegen die salpeterischen Bestrebungen und verscharften die Situation Die den Salpeterern gegenuberstehenden Bauern nannte man nach den Namen der Anfuhrer die Trondlinschen oder auch die Ruhigen Die Salpetererkriege wie sie hier und da auch genannt wurden fanden darum auch uberwiegend zwischen den gegnerischen Bauerngruppen statt also jenen die gegen den Ausverkauf alter Rechte und Freiheiten unuberhorbar Widerstand leisteten und den anderen die zwar dasselbe wollten aber andere ruhige Wege beschreiten wollten wie zum Beispiel sich frei zu kaufen Als aber das Kloster sich 1738 entschloss in den von den Einungen betriebenen Freikauf aller Bauern in den Einungsbezirken einzuwilligen und eine Volksabstimmung eine Mehrheit fur den Loskauf erbrachte wollten die salpeterisch gesinnten Einungsgenossen nicht zahlen als der Zahlungstermin heranruckte Es kam sogar zu einem Treffen zwischen einem Bauernaufgebot der Unruhigen auf der einen und Militar auf der anderen Seite im Mai 1739 bei Etzwihl Schusse trieben die Bauern in die Flucht Dieser zweite Salpetereraufstand endete mit Todesurteilen gegen einige Anfuhrer 1745 kam es zu zwei weiteren Unruheperioden Im Fruhling gab es sogar fur zwei Wochen eine Salpetererregierung in der Grafschaft und im Herbst versuchten die Salpeterer zweimal Waldshut zu sturmen um dort einige inhaftierte Gesinnungsgenossen zu befreien Diese Belagerung und versuchte Ersturmung von Waldshut und in diesem Zusammenhang stattfindende grosse nachtliche Schlagereien zwischen Unruhigen und Ruhigen oberhalb Schmitzingen bildeten einen vorlaufigen Schlusspunkt der Salpetererunruhen Es garte aber auf dem Wald noch einige Jahre weiter Erst mit der Deportation aller fuhrenden Salpetererfamilien ins Banat z B Freidorf Karansebesch Lugosch Neubeschenowa Neupetsch Rekasch Saderlach und Tschakowa 1 erloschen die Unruhen zunachst Sie fanden jedoch im neunzehnten Jahrhundert eine religios legitimierte und stark veranderte Neuauflage Salpeterer des neunzehnten Jahrhunderts BearbeitenAuch diese neue widerstandige Bewegung deren Vertreter sich durchaus in der Tradition der ursprunglichen Salpeterer sahen machte den Behorden zu schaffen Inzwischen war dieser sudliche Teil des Schwarzwaldes die ehemalige Grafschaft Hauenstein wie auch andere Teile Vorderosterreichs im Zuge des Wiener Kongresses 1815 an das neue Grossherzogtum Baden gefallen Die bis dahin katholischen Gebiete standen unter der Herrschaft eines evangelischen Grossherzogs und seiner Verwaltung Die Bewohner der Grafschaft die am althergebrachten Kaiserhaus Habsburg hingen und sich mit ihm identifizierten betrachteten die neue Regierung mit grossem Misstrauen Die vielen Veranderungen die der Wechsel der Zugehorigkeit mit sich brachte und die parallel liefen mit Veranderungen in Wirtschaft und Kultur schufen Unruhe und provozierten Widerstand Im neunzehnten Jahrhundert beschrankten sich die neuen Salpeterer auf passive Formen des Widerstandes wenn sie sich weigerten ihre Kinder in die Schulen zu unkatholischen Lehrern zu schicken oder nicht mehr in die Kirchen gingen in denen Priester eines Reformkatholizismus Wessenbergianismus predigten Unbeliebt war auch der Impfzwang Mit der Zeit brockelte dieser Widerstand Nur ein harter Kern blieb ubrig Das waren auch damals die Fundamentalisten Sie bildeten mit den Jahren eine Vereinigung heraus die erst im zwanzigsten Jahrhundert allmahlich erlosch Gemeinsamkeiten BearbeitenWenn man beide widerstandige Bewegungen auf ihre Gemeinsamkeiten pruft dann besteht die grosste Ubereinstimmung darin dass sich hier Personen beziehungsweise Personengruppen dagegen wehrten dass sie von einer Obrigkeit gezwungen wurden etwas zu tun oder zu lassen was sie nicht wollten weil es nach ihrer Uberzeugung gegen Brauch und Herkommen war Widerstands und Protestbewegungen die an uberkommenen Verfassungen nichts geandert sehen mochten ganz gleich ob es sich um politische wirtschaftliche kulturelle oder andere das Alltagsleben beruhrende Gegebenheiten handelt haben in Deutschland eine lange Tradition Aber auch revolutionare Bewegungen gab es also Bestrebungen die vorhandene politische und wirtschaftliche Machtverhaltnisse abschaffen und erneuern wollten Nur sehr selten fuhrten sie zum Siege Es unterlagen bis in die Gegenwart hinein meistens die Widerstandigen gegen die staatlichen Gewalten die das Militar zu ihrer Verfugung und die Gesetze auf ihrer Seite hatten und einsetzten Noch eine Anmerkung Die Salpetererunruhen waren keineswegs eine revolutionare Bewegung Sie lassen sich aber mit Fug und Recht einordnen in eine Geschichte der Widerstandsbewegungen Rezeption BearbeitenIn Gorwihl erinnert im Heimatmuseum Gorwihl eine Salpetersiederei an ein altes Handwerk und die widerstandigen Bauern Der Text des Buches Die Salpetererunruhen im Hotzenwald Dachsberg 1993 von Joachim Rumpf aus Gorwihl entstand aus einer wissenschaftlichen Hausarbeit die 1968 fur eine Lehramtsprufung bei Wolfgang Hug geschrieben wurde Vom selben Autor stammt eine ausfuhrliche Analyse der Rezeption der Salpetererunruhen in der Zeitschrift Vom Jura zum Schwarzwald der Fricktalisch Badischen Vereinigung fur Heimatkunde 83 Jg Laufenburg 2009 S 19 78 Eine grundliche Analyse der Verfassung der vorderosterreichischen Grafschaft Hauenstein und den Vergleich mit der Entwicklung der Verfassungen der Grundungsorte der Eidgenossenschaft und den Bestrebungen genossenschaftlicher Selbstverwaltung in Vorderosterreich erarbeitete Martin Andreas Kistler aus Dogern die 2005 als Dissertation von der Juristischen Fakultat der Universitat Basel angenommen wurde Im Jahre 2007 verfasste Stefan Baumgartner aus Freiburg eine Schrift Zwischen Tradition und Revolution Das Problem der Freiheit und Herrschaft in der Verfassungsgeschichte der Grafschaft Hauenstein im Kontext der Salpeterer Unruhen des 18 Jahrhunderts im Historischen Seminar Universitat Freiburg i Breisgau bei Herrn Prof Dr Neutatz Weiterhin forschten in fruheren Jahren David M Luebke an der University of Oregon in den USA und Tobias Kies an der Universitat Bielefeld uber die Salpeterer Dass sich aber nicht nur Wissenschaftler fur die Salpeterer interessieren das zeigen uns die Bemuhungen von Heimatkunde und Brauchtumspflege die aus gegebenen Anlassen Salpeterer in Szene setzen Auch Strassennamen Gedenksteine Gaststattennamen und Fastnachts und Musikvereine erinnern mit Namen und Aktivitaten an diese widerstandige Bauernbewegung im Hotzenwald Es sind ausserdem Romane und Schauspiele uber die Salpeterer geschrieben worden In den Jahren 2004 und 2005 zum Beispiel wurde auf der Freilichtbuhne am Klausenhof in Herrischried Der Salpetererhans von dem Mundartdichter Markus Manfred Jung mit grossem Erfolg aufgefuhrt Im Sommer 2005 kam ein Spiel um den Salpetererhans auch auf der Freilichtbuhne des Gasthauses Engel in Buch zur Urauffuhrung Dieses in mehreren Auffuhrungen stets ausverkaufte Schauspiel das von der Dichterin Christa Kapfer aus Steinen im Wiesental geschrieben und von einer grossen Zahl engagierter Burger aus Buch gespielt wurde trug nach Ansicht der ortlichen Presse viel zum Verstandnis der Salpeterergeschichte unter der Bevolkerung bei Auch 2006 wurde anlasslich der Waldshuter Chilbi in einem Heimatspiel der Salpeterer gedacht Bereits Ende des 19 Jahrhunderts hatte Arthur Achleitner die Unruhen des 19 Jahrhunderts in zwei Kurzgeschichten verarbeitet die in der Sammlung Im grunen Tann im Jahr 1897 erschienen 1910 erschien von Hermann Essig das Salpeterer Schauspiel Der Held vom Wald erst im Selbstverlag 1913 dann bei der Cotta sche Verlagsbuchhandlung Fur das Drama bekam er ebenfalls 1913 den Kleist Preis zugesprochen 1938 hatte Karl Leopold von Moller seinen historischen Roman Die Salpeterer Ein Freiheitskampf deutscher Bauern verfasst Darin beschrieb er die emotionalen Folgen der Salpeterer die wegen ihres Aufbegehrens gegen den St Blasier Furstbischof in das Banat verbannt wurden 2 Literatur BearbeitenEmil Muller Ettikon Die Salpeterer Geschichte eines Freiheitskampfes auf dem sudlichen Schwarzwald Schillinger Freiburg im Breisgau 1979 ISBN 3 921340 42 X Emil Muller Ettikon Der Schwarzmichel Aus dem Leben eines Salpeterers Rombach Verlag Freiburg i Breisgau 1980 Emil Muller Ettikon Johannes Marder Das Schicksal eines Salpeterers Eigenverlag o J Joachim Rumpf Die Salpetererunruhen im Hotzenwald 3 neu bearbeitete und erweiterte Auflage Schillinger Freiburg im Breisgau 2010 Joachim Rumpf Die Salpetererunruhen im Hotzenwald Geschichte ihrer Rezeption In Vom Jura zum Schwarzwald 83 Jahrgang 2009 S 19 78 e periodica Jakob Ebner Geschichte der Salpeterer des 18 Jahrhunderts Band I 1953 Jakob Ebner Geschichte der Salpeterer des 18 Jahrhunderts Band II 1954 Jakob Ebner Geschichte der Salpeterer des 19 Jahrhunderts Band III 1952 Jakob Ebner Geschichte der Ortschaften der Pfarrei Birndorf bei Waldshut am Hochrhein Roland Kroell Lieder der Salpetererbewegung S 97 102 Vom Hotzenwald bis Wyhl Heiko Haumann Hrsg Paul Rugenstein Verlag Koln 1977 Roland Kroell Salpetererlieder und Balladen LP Eigenverlag Emmendingen Maleck 1976 Roland Kroell Scho sit dousing Joohr Langspielplatte mit Textheft Werkstatt Edition Laufenburg 1983 Joseph Lukas Meyer Geschichte der Salpeterer auf dem Sud ostlichen Schwarzwalde 1857 Digitalisat der UB Freiburg Thomas Lehner Die Salpeterer Wie Schwarzwalder fur ihre Freiheit stritten und litten Schillinger Verlag Freiburg Thomas Lehner Die Salpeterer freie keiner Obrigkeit untertane Leut auf dem Hotzenwald Verlag Klaus Wagenbach Berlin 1979 ISBN 3 8031 2036 5 Heinrich Hansjakob Die Salpeterer eine politisch religiose Sekte auf dem sudostlichen Schwarzwald Waldshut 1867 Gunther Haselier Die Streitigkeiten der Hauensteiner mit ihren Obrigkeiten Ein Beitrag zur Geschichte Vorderosterreichs und des sudwestdeutschen Bauernstandes im 18 Jahrhundert Diss Karlsruhe 1940 41 Siehe auch BearbeitenGeschichte des HotzenwaldsWeblinks BearbeitenVerzeichnis der Schriften uber die Salpeterer und viele weitere Informationen Die Salpeterer Horspiele der Salpeterer Sudwestfunk Freiburg i Breisgau Horspiel 1 Keiner Obrigkeit Untertanen Leut auf dem Wald Teil 1 Thomas Lehner Sudwestfunk 1 1975 https www youtube com watch v oMwffGmWkPw amp t 3435s Horspiel 2 Die alten Rechte Thomas Lehner Sudwestfunk 1 1975https www youtube com watch v Hv4o10eXjdU amp t 733s Horspiel 3 Salpetererbewegung im 19 Jahrhundert Thomas Lehner Sudwestfunk 1 Horzeit 1979https www youtube com watch v LaBjx0nRgH8 amp t 3606s Horspiel 4 Interviews der Einwohner des Hotzenwaldes Thomas Lehner Sudwestfunk 1977https www youtube com watch v 5O6UFjTX0fo amp t 988sEinzelnachweise Bearbeiten Kunzig S 39 Moller Karl von In kulturportal west ost eu Abgerufen am 18 Juni 2017 Normdaten Sachbegriff GND 4291368 8 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Salpetererunruhen amp oldid 228425164