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Die Revolutionare Gewerkschafts Opposition RGO war 1928 29 zunachst eine organisierte kommunistische Stromung in den freien Gewerkschaften Ab Ende 1929 trat die RGO als KPD nahe Gewerkschaft auf die 1930 31 einzelne Industrieverbande grundete Teile der RGO waren im Widerstand gegen den Nationalsozialismus aktiv Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 2 Entwicklung und Ausrichtung 3 Die RGO im Widerstand gegen den Nationalsozialismus 4 Auflosung 5 Funktionare des RGO Reichskomitees Auswahl 6 Versuche der Wiederbelebung der RGO Politik in den 1970er Jahren 7 LiteraturEntstehung BearbeitenGrunde fur die Entstehung der RGO werden in der neueren Fachliteratur einerseits in der ab 1927 28 veranderten KPD und Komintern Politik gesehen andererseits in spezifischen Entwicklungen der deutschen kommunistischen Bewegung In dieser Bewegung gab es einen Teil der zunehmend auf Distanz zu den sozialdemokratisch dominierten Gewerkschaften des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes ADGB ging Die Grundung basierte damit nicht allein auf taktischen Entscheidungen der KPD der Komintern und der Roten Gewerkschafts Internationale RGI sondern stutzte sich ebenso auf Bedurfnisse und Forderungen einer radikalen Minderheit der deutschen Arbeiterbewegung die ihre Interessen im Rahmen der traditionellen freigewerkschaftlichen Politik nicht mehr vertreten sah Diese Entwicklung wird auch auf Veranderungen in der SPD Politik zuruckgefuhrt die Auswirkungen auf die freigewerkschaftliche Politik hatte und einen defensiveren Kurs der Gewerkschaften gegenuber den Unternehmern zur Folge gehabt haben soll In der KPD blieb die RGO Politik trotzdem sehr umstritten KPD Mitglieder die die RGO Politik grundsatzlich ablehnten traten aus der Partei aus oder wurden ausgeschlossen Zunachst wurde ab 1927 28 vonseiten der RGO versucht eigene Streikkomitees und Wahllisten rote Listen mit eigenen Kandidaten bei Betriebsratewahlen und mit Unterstutzung von Unorganisierten aufzustellen Dieser Schritt wurde von den freien Gewerkschaften als Kampfansage begriffen Die sozialdemokratisch gefuhrten Organisationen schlossen von nun an zahlreiche Kommunisten aus RGO Anhanger versuchten daraufhin haufiger wilde Streiks zu initiieren Die Kommunisten beschimpften die Sozialdemokraten im Sinne der damaligen KPD Programmatik als Sozialfaschisten Nach dem Ausschluss ganzer kommunistisch dominierter Branchen und Ortsverbande im Jahr 1929 gingen die Kommunisten in den freien Gewerkschaften zu einer nochmals gesteigerten Oppositionsarbeit uber Sie grundeten vermehrt eigenstandige Zusammenschlusse fur Ausgeschlossene z B die sogenannte Rohrlegervereinigung unter Leitung von Michael Niederkirchner In diesen kleinen Vereinigungen die vor allem in Berlin und im Ruhrgebiet entstanden wurde oft auch eine gewisse Zahl bisher ganzlich Unorganisierter aufgenommen wodurch die Herauslosung der RGO aus den freien ADGB Gewerkschaften weiter verstarkt wurde Die kunftigen Aufgaben der RGO bestanden in Versuchen unzufriedene Arbeiter und Streiks zur Abwehr von Lohnkurzungen oder fur bessere Arbeitsbedingungen aber vor allem fur revolutionare Forderungen zu organisieren Letztes und wichtigstes Ziel der RGO Strategie umzusetzen war ab Mitte 1930 im Rahmen der ADGB Gewerkschaften prinzipiell nicht mehr moglich Entwicklung und Ausrichtung BearbeitenSeit 1930 wurde die RGO als rote Klassengewerkschaft propagiert Ab November 1930 entstanden mehrere rote Verbande wie der Einheitsverband der Metallarbeiter Berlins EVMB und es wurden mehrfach Ubertrittskampagnen eingeleitet die jedoch bis auf lokale Ausnahmen insbesondere in Berlin Ruhrgebiet Hamburg nie grossere Erfolge erzielten Die maximale Mitgliederzahl der gesamten RGO wurde im Jahr 1932 mit 322 000 Personen angegeben wobei diese Zahl in der neueren Literatur als uberhoht eingeschatzt wird Realistischer sind Zahlen zwischen 235 000 und 270 000 Teile des traditionellen Gewerkschaftsflugels verliessen zwar die KPD und gingen zur KPO Allerdings wurde die KPD in der Endphase der Weimarer Republik zur Massenpartei Insgesamt jedoch war die kommunistische Gewerkschaftspolitik immer weniger erfolgreich als die damalige Parteipolitik In einigen Organisierungsbereichen der RGO war zeitweise mehr als die Halfte der RGO Mitglieder arbeitslos Dies hing jedoch auch mit der schwierigen Situation auf dem Arbeitsmarkt wahrend der Weltwirtschaftskrise und Massnahmen aus den Reihen der Unternehmer gegen Kommunisten zusammen Die RGO wurde als staatsfeindliche Organisation von den Behorden eingestuft Ihre Aktivitaten wurden von der Polizei uberwacht Eine offizielle Anerkennung als Tarifpartner blieb ihr verwehrt Aus propagandistischen Grunden wurden in Teilen der RGO zeitweise nur Ein und keine Austritte gezahlt Da die Kommunisten im Zuge der Anwendung der offensiven RGO Streikpolitik ihren Einfluss in den freien Gewerkschaften sowohl durch freiwillige Austritte als auch durch Ausschlusse zunehmend verloren hatten aber auch die RGO nicht zur Massenorganisation wurde anderte die KPD ihre Strategie erneut Ab Mitte 1931 hatten Kommunisten Oppositionsarbeit im ADGB bzw in allen freigewerkschaftlichen Verbanden zu leisten und zugleich fur eine Starkung der roten Verbande zu sorgen Diese Beschlusslage war Ausdruck einer innerparteilichen Situation in der aufgebrochene Widerspruche hinsichtlich der RGO zu uberdecken versucht wurden Doch damit wurde die RGO aus Sicht einiger KPD und RGO Funktionare zu sehr in die Rolle einer reinen Vorfeldorganisation der KPD gedrangt die ihren Anspruch auf eine eigenstandige kommunistische Gewerkschaftsbewegung auch aufgrund widerspruchlicher Anforderungen nicht einlosen konnte Zwischen der KPD Fuhrung und Teilen der RGO gab es erhebliche Konflikte um gewerkschaftliche und politische Fragen Besonders die roten Verbande sahen sich in ihrer Existenz bedroht da die Partei immer mehr auf Distanz zu ihnen ging Die drei grossten roten Verbande organisierten in den Bereichen Metall Einheitsverband der Metallarbeiter Berlins Bergbau Einheitsverband der Bergarbeiter Deutschlands und Bau Einheitsverband fur das Baugewerbe im Vergleich zu den ADGB Gewerkschaften nur einen kleinen Teil der Beschaftigten Dennoch erreichten sie Achtungserfolge in einigen Betrieben und Regionen Deutschlands Gerade in den Bereichen Metall und Bergbau war die RGO in Berlin und im Ruhrgebiet vergleichsweise erfolgreich Ende des Jahres 1932 erregte die RGO in ganz Deutschland Aufmerksamkeit da sie gemeinsam mit der Nationalsozialistischen Betriebszellenorganisation NSBO einen Streik bei der Berliner Verkehrsgesellschaft gegen einen Lohnabbau unterstutzte Hier handelte es sich um einen von den freien Gewerkschaften abgelehnten wilden Streik gegen Lohnkurzungen der von einem Grossteil der BVG Beschaftigten getragen wurde Durch einen Anschluss an den Streik der vorrangig von Unorganisierten und der RGO durchgefuhrt wurde versuchten die in der Berliner Arbeiterbewegung auch 1932 noch wenig verankerten Nationalsozialisten Propagandaerfolge fur den Nationalen Sozialismus zu verbuchen Im Streikkomitee vertreten waren neben RGO und NSBO jedoch auch Mitglieder der SPD die die Lohnkurzungen ablehnten und damit den Forderungen der Belegschaft folgten Die RGO im Widerstand gegen den Nationalsozialismus BearbeitenNach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 versuchten Teile der RGO die Organisation aufrechtzuerhalten Die RGO ging zu Beginn des NS Regimes nach dem Reichstagsbrand in die Illegalitat und baute in verschiedenen Organisierungsbereichen Widerstandsgruppen auf Insbesondere in den Bereichen Metall Seefahrt und Bau waren Aktivitaten zu verzeichnen Der Einheitsverband der Metallarbeiter Berlins EVMB gehorte zu den bedeutendsten gewerkschaftlichen Widerstandsgruppen in der Fruhphase des Nationalsozialismus Teile der RGO konzentrierten sich auf die Propagandaarbeit fur den revolutionaren Sturz des NS Regimes und die Verteilung von Zeitschriften auf die Kassierung von Mitgliedsbeitragen sowie die Sammlung von Informationen uber die Verhaltnisse in den Betrieben und Stempelstellen Von Teilen der RGO insbesondere aus den Reihen der roten Verbande wurden weiterhin Versuche unternommen Streiks zu initiieren Diese sollten dazu dienen den NS Staat zu destabilisieren oder Lohnkurzungen abzuwehren Die Beteiligung an solchen Aktionen beinhaltete ein grosses Risiko Zahlreiche Mitglieder und Sympathisanten der illegalen RGO Strukturen wurden von der Gestapo festgenommen und zu jahrelanger Haft verurteilt Auflosung BearbeitenDie KPD gab ab Mitte 1934 schrittweise in Ubereinstimmung mit der Komintern und der RGI die RGO Politik auf weil die Partei sich wieder starker an die Sozialdemokraten annahern wollte und fur parteipolitisch stromungsubergreifende freigewerkschaftliche Widerstandsgruppen eintrat Teile der RGO hielten jedoch an der alten Linie fest Die kleiner werdenden Gruppen der RGO losten sich zwischen 1934 und 1936 selbstandig auf oder wurden von den NS Verfolgern zerschlagen Funktionare des RGO Reichskomitees Auswahl BearbeitenWilli Agatz 1904 1957 RGO Reichsleiter von Ende 1933 bis Anfang 1934 Erich Auer 1902 1978 Artur Becker 1905 1938 Rudolf Bergtel 1897 1981 Paul Bertz 1886 1950 Roman Chwalek 1898 1974 Franz Dahlem 1892 1981 RGO Reichsleiter von November 1930 bis Juni 1932 und zeitweise in der Illegalitat 1934 35 aus dem Exil Fritz Emrich 1894 1947 RGO Reichsleiter von Juli 1930 bis Oktober 1930 Ottomar Geschke 1882 1957 Albert Funk 1894 1933 Max Maddalena 1895 1943 Paul Merker 1894 1969 RGO Reichsleiter von Dezember 1929 bis Mai 1930 war zeitweise wichtigstes Mitglied der Inlandsleitung der illegalen RGO 1934 35 Robert Neddermeyer 1887 1965 Michael Niederkirchner 1882 1949 Paul Peschke 1890 1983 Emil Pietzuch 1899 1943 1944 Hilde Radusch 1903 1994 RGO Reichsleitung AgitProp Konrad Skrentny 1894 1955 Gustav Sobottka 1886 1953 Fritz Schulte 1890 1943 RGO Reichsleiter von Juli 1932 bis Ende 1933 sowie zeitweise in der Illegalitat 1934 35 aus dem Exil Walter Ulbricht 1893 1973 Paul Walter 1891 1978 Versuche der Wiederbelebung der RGO Politik in den 1970er Jahren BearbeitenIn der Gewerkschaftsbewegung wurde nach 1945 die RGO Politik in der Regel als Fehler angesehen der die Spaltung der Arbeiterschaft verstarkt habe Versuche der KPD AO und der KPD ML in den 1970er Jahren die RGO Politik wiederzubeleben blieben in der Bundesrepublik Deutschland ohne grosse Wirkung Bestrebungen fur eine neue RGO wurden zu einem erheblichen Teil von linksradikalen Studenten getragen Diese versuchten in den Betrieben eine linksradikale Gewerkschaftspolitik in Abgrenzung zum Deutschen Gewerkschaftsbund durchzusetzen Auch in der DDR wurde die RGO Politik meist als Fehler angesehen der zu Sektierertum unter den Kommunisten gefuhrt und damit Einheitsfrontbestrebungen behindert habe Literatur BearbeitenLore Heer Kleinert Die Gewerkschaftspolitik der KPD in der Weimarer Republik Campus Frankfurt am Main u a 1983 ISBN 3 593 33090 3 Stefan Heinz Moskaus Soldner Der Einheitsverband der Metallarbeiter Berlins Entwicklung und Scheitern einer kommunistischen Gewerkschaft VSA Verlag Hamburg 2010 ISBN 978 3 89965 406 6 Zugleich Berlin Universitat Dissertation 2009 Stefan Heinz Siegfried Mielke Hrsg Funktionare des Einheitsverbandes der Metallarbeiter Berlins im NS Staat Widerstand und Verfolgung Gewerkschafter im Nationalsozialismus Verfolgung Widerstand Emigration 2 Metropol Verlag Berlin 2012 ISBN 978 3 86331 062 2 Steffen Lehndorff Wie kam es zur RGO Probleme der Gewerkschaftsentwicklung in der Weimarer Republik von 1927 bis 1929 Marxistische Paperbacks 54 Verlag Marxistische Blatter Frankfurt am Main 1975 ISBN 3 88012 350 0 Werner Muller Lohnkampf Massenstreik Sowjetmacht Ziele und Grenzen der Revolutionare Gewerkschafts Opposition RGO in Deutschland 1928 bis 1933 Bund Verlag Koln 1988 ISBN 3 7663 3063 2 Zugleich Mannheim Universitat Habilitationsschrift 1986 Eva Cornelia Schock Arbeitslosigkeit und Rationalisierung Die Lage der Arbeiter und die kommunistische Gewerkschaftspolitik 1920 1928 Campus Studium Sozialgeschichte 537 Campus Frankfurt am Main u a 1977 ISBN 3 593 32537 3 Zugleich Bremen Universitat Dissertation 1976 Hermann Weber Klaus Schonhoven Klaus Tenfelde Hrsg Quellen zur Geschichte der deutschen Gewerkschaftsbewegung im 20 Jahrhundert Band 4 Peter Jahn Detlev Brunner Die Gewerkschaften in der Endphase der Republik 1930 1933 Begrundet von Erich Matthias Bund Verlag Koln 1988 ISBN 3 7663 0904 8 Hermann Weber Klaus Schonhoven Klaus Tenfelde Hrsg Quellen zur Geschichte der deutschen Gewerkschaftsbewegung im 20 Jahrhundert Band 5 Siegfried Mielke Matthias Frese Gewerkschaften im Widerstand und in der Emigration 1933 1945 Bund Verlag Frankfurt am Main 1999 ISBN 3 7663 0905 6 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Revolutionare Gewerkschafts Opposition amp oldid 237648857