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Der Einheitsverband der Metallarbeiter Berlins EVMB war eine im November 1930 gegrundete kommunistische Industriegewerkschaft die in der Endphase der Weimarer Republik auf regionaler Ebene aktiv war Der EVMB war die erste Einzelgewerkschaft der Revolutionaren Gewerkschafts Opposition RGO Zugleich gilt der rote Verband EVMB als eine der bedeutendsten gewerkschaftlichen Widerstandsgruppierungen in der Fruhphase des NS Regimes Der kommunistische Verband stand in Feindschaft zur Sozialdemokratie und zum Nationalsozialismus grenzte sich aber ebenfalls vom parteipolitischen Widerstand der KPD gegen das NS Regime ab Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 2 Entwicklung und Ausrichtung 3 Der EVMB im Widerstand gegen den Nationalsozialismus 4 Auseinandersetzungen mit der KPD und Auflosung 5 Funktionare 6 Literatur 7 WeblinksEntstehung BearbeitenDer Einheitsverband der Metallarbeiter Berlins wurde am Abend des 4 November 1930 bei einer Konferenz von circa 1400 KPD nahen Metallarbeitern als erster roter Verband der Revolutionaren Gewerkschafts Opposition RGO in Berlin Wedding gegrundet Ein Grund fur die Grundung des Verbandes ist einerseits in der veranderten KPD Gewerkschaftspolitik zu finden Die KPD ging bereits ab 1927 28 im Rahmen der beginnenden RGO Strategie auf Distanz zu den sozialdemokratisch dominierten Gewerkschaften des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes ADGB Zudem geht die Grundung des EVMB auf den Berliner Metallarbeiterstreik im Oktober 1930 zuruck bei dem es im Zusammenhang mit den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise und der beginnenden Notverordnungspolitik unter Heinrich Bruning eine grosse Unzufriedenheit mit der Streikfuhrung der Berliner Ortsverwaltung des Deutschen Metallarbeiter Verbandes DMV gab Trotz des Streiks an dem sich bis zu 130 000 Metallarbeiter beteiligt haben sollen konnte ein erheblicher Lohnabbau nicht abgewehrt werden Die Grundung des EVMB resultierte nicht nur aus taktischen Entscheidungen der KPD und der Komintern in Moskau sondern stutzte sich ebenso auf den traditionellen lokalen Arbeiterradikalismus in Berlin Dieser war besonders in den freigewerkschaftlichen Berliner DMV Branchen der Dreher und Former zu beobachten in denen Metallarbeiter die Spaltung des DMV forcierten und die Grundung des EVMB vorbereiteten Als RGO Verband kam dem EVMB die Rolle zu Streiks zur Abwehr von Lohnkurzungen oder fur bessere Arbeitsbedingungen unter den Bedingungen der Krise aber vor allem fur revolutionare politische Forderungen gegen den Willen der SPD nahen Fuhrungen der ADGB Gewerkschaften zu organisieren Entwicklung und Ausrichtung BearbeitenAls radikal linker Verband stand der EVMB in Konkurrenz zum freigewerkschaftlichen DMV Der kommunistische EVMB versuchte die Mitglieder des sozialdemokratisch dominierten Berliner DMV fur politische Streiks zu gewinnen Letztlich ging es dem Verband um die revolutionare Uberwindung der Weimarer Republik Der EVMB forderte die Anhanger des DMV zum Ubertritt in den roten Verband auf Daraus entstand eine erbitterte Feindschaft zwischen beiden Organisationen Dabei zutage tretende Konflikte waren auch ein Ergebnis jahrelanger spezifischer Konflikte zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten innerhalb des Berliner DMV Dem EVMB gelang es jedoch zwischen Ende 1930 und Anfang 1933 nur in begrenztem Umfang DMV Mitglieder abzuwerben Dennoch wurde der Berliner DMV in einigen Branchen insbesondere die der Dreher der Former und der Rohrleger erheblich geschwacht Die vom EVMB initiierten Streiks zur Abwehr von Lohnkurzungen oder Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen waren selten erfolgreich wenngleich der Verband wegen einer gewissen Verankerung in kleineren Betrieben im Vergleich zu anderen Organisierungsbereichen der RGO eine der erfolgreicheren kommunistischen Gewerkschaften war Obwohl der EVMB Vorstand aus propagandistischen Grunden von wesentlich mehr Mitgliedern sprach bis zu 20 000 arbeiteten die meisten der maximal 13 000 EVMB Mitglieder in kleineren Betrieben oder in einzelnen Abteilungen von Grossbetrieben wie den Siemens oder AEG Werken Dort wo der Verband erstaunlich stark war sollen vorrangig qualifizierte Facharbeiter oder angelernte Frauen beschaftigt gewesen sein Der Frauenanteil war in dieser Metallgewerkschaft aussergewohnlich hoch zeitweise uber 40 Prozent worin eine Besonderheit des EVMB gegenuber anderen historischen Metallgewerkschaften besteht Bei den Betriebsratewahlen 1931 errang der RGO Verband in einigen Betrieben der Berliner Metallindustrie in denen erkennbar viele qualifizierte Facharbeiter vor allem Dreher und Former oder besonders viele Frauen beschaftigt waren Achtungserfolge Unter den Berliner Drehern und Formern hatte der Verband eine erhebliche Anhangerschaft Dreher und Former gaben auch im EVMB den Ton an und attackierten den sozialdemokratisch dominierten DMV In manchen kleineren Betrieben drangte der EVMB den DMV in eine Aussenseiterposition weshalb sich das Verhaltnis zwischen den verfeindeten Organisationen 1931 32 zusatzlich verscharfte Nicht wenige Mitglieder des EVMB verloren wegen ihrer radikalen Positionierung im betrieblichen Alltag und aufgrund ihrer Beteiligung an Streiks ihren Arbeitsplatz Auch wegen der schwierigen Arbeitsmarktsituation wahrend der Weltwirtschaftskrise stieg die Erwerbslosenquote unter den Mitgliedern des EVMB von ca 30 1930 auf uber 60 Prozent 1932 Der EVMB sah auch Arbeitslose als Zielgruppe seiner revolutionaren Gewerkschaftspolitik an und versuchte diese mit Hilfe von speziellen Sektionen in die Aktivitaten der Organisation und die von ihr gefuhrten Arbeitskampfe einzubeziehen Entsprechend der selbstgesteckten hohen Zielsetzungen war der EVMB dabei nur zum Teil erfolgreich Durch die steigende Erwerbslosenquote in der Mitgliedschaft sanken die ohnehin vergleichsweise geringen Einnahmen des EVMB Der Verband verfugte nur uber wenig finanzielle Mittel um Unterstutzungsgelder bei Streiks zu zahlen Dies forderte eine hohe Fluktuation unter den Mitgliedern Der EVMB im Widerstand gegen den Nationalsozialismus BearbeitenDie lokale Verankerung innerhalb des radikalen Milieus der Berliner Arbeiterschaft half dem EVMB nach dem Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft einen Teil der Organisation in die Illegalitat zu uberfuhren Der Verband ging nach dem Reichstagsbrand Ende Februar 1933 in den Untergrund und baute eine mehrere Hundert Mitglieder umfassende Widerstandsgruppe auf Diese betrieb zeitweise eine von der KPD Fuhrung unabhangige Gewerkschaftspolitik Die Gruppe grenzte sich von ehemaligen DMV Mitgliedern sowie Anhangern anderer freier Gewerkschaften ab Die Gestapo sprach sogar davon dass sich Ende 1933 um die 1000 Mitglieder in illegalen Strukturen des EVMB betatigten Die Sicherheitsbehorden erkannten in den Aktivitaten der Gruppen des Verbandes eine erhebliche Gefahr fur den Aufbau des NS Staates Nach Angaben in neueren Forschungsarbeiten fur die unterschiedlichste Quellen ausgewertet wurden muss der illegale Verband als eine der bedeutendsten gewerkschaftlichen Widerstandsgruppen in der Fruhphase des NS Regimes angesehen werden Der illegale EVMB stellt zugleich eine Besonderheit kommunistischer Gewerkschaftspolitik wahrend des NS Regimes dar da sich der Verband in spezifischer Weise gegen Versuche der KPD wehrte ihn parteipolitisch zu dominieren In der Illegalitat konzentrierte sich der EVMB auf die Propagandaarbeit fur den revolutionaren Sturz des NS Regimes und die Verteilung von mit Wachsmatrizen gefertigten Zeitschriften auf die Kassierung von Mitgliedsbeitragen sowie die Sammlung von Informationen uber die Verhaltnisse in den Betrieben und Stempelstellen Vom EVMB der Ende 1933 in allen Berliner Stadtteilen und im Umland aktiv war wurden wie auch schon vor 1933 Versuche unternommen Streiks zu initiieren Diese sollten dazu dienen den NS Staat zu destabilisieren oder Lohnkurzungen abzuwehren In manchen Fallen gelang es auf betrieblicher Ebene eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen zu verhindern Die Beteiligung an solchen Aktionen beinhaltete jedoch ein grosses Risiko Zahlreiche Mitglieder und Sympathisanten des EVMB wurden 1933 34 von der Gestapo festgenommen und zu jahrelangen Haftstrafen verurteilt Auseinandersetzungen mit der KPD und Auflosung BearbeitenAb Mitte 1934 geriet der illegale EVMB wegen seiner sektiererischen Gewerkschaftspolitik und der konsequenten Abgrenzung von Sozialdemokraten in immer deutlicheren Konflikt mit der Fuhrung der KPD Die Partei verfolgte inzwischen eine andere Gewerkschaftspolitik als der EVMB Die KPD gab die RGO Politik nun schrittweise auf und wollte die illegalen EVMB Gruppen nach und nach auflosen Der EVMB hielt jedoch an der alten Linie fest die sich gegen Nationalsozialisten und Sozialdemokraten gleichermassen richtete Zudem stellte sich der illegale EVMB klar gegen eine parteipolitische Beeinflussung seiner Politik Bereits vor 1933 hatte es erhebliche Meinungsverschiedenheiten um gewerkschaftliche und politische Fragen mit der ursprunglich nahe stehenden Partei gegeben Ende 1934 verweigerte der EVMB sogar jede Zusammenarbeit mit Teilen der KPD Deren Fuhrung bezeichnete die Mitglieder des Verbandes als Parteischadlinge die es zu beseitigen gelte Ab 1935 war der EVMB kaum noch in der Lage weiterhin seinen eigenstandigen Kurs der sich nun auch immer mehr gegen die aus der Illegalitat agierende KPD Fuhrung richtete zu verfolgen Die kleiner werdenden Gruppen des Verbandes losten sich 1935 36 auf oder wurden von den NS Verfolgern zerschlagen Der illegale EVMB bildete einen wichtigen Ausgangspunkt fur den Widerstand anderer kommunistischer Gruppen in Berliner Metallbetrieben die zu einem spateren Zeitpunkt entstanden Trotz seiner Bedeutung fur den Widerstand gegen das NS Regime spielte der EVMB wegen seiner linkssektiererischen Positionen selbst in der vorrangig auf die KPD fixierten Widerstandsgeschichtsschreibung der DDR so gut wie keine Rolle Auch in der Bundesrepublik blieb der EVMB lange Zeit unbekannt Funktionare BearbeitenDie Vorsitzenden des EVMB Paul Peschke Vorsitzender November 1930 bis Januar 1933 Erich Gentsch Vorsitzender Januar 1933 Fritz Rettmann Vorsitzender Februar 1933 bis in die erste Phase der Illegalitat Fruhjahr 1933 Rudolf Lentzsch Vorsitzender des illegalen EVMB Mitte bis Ende 1933 Ewald Degen Vorsitzender des illegalen EVMB Anfang bis Mitte 1934 mit Max Gohl Max Gohl Vorsitzender des illegalen EVMB Anfang bis Mitte 1934 mit Ewald Degen Ernst Albert Altenkirch Vorsitzender des illegalen EVMB Mitte bis Ende 1934 Leitende Instrukteure des illegalen EVMB Wilhelm Bielefeld Vorstandsmitglied vor Beginn des NS Regimes und leitender Instrukteur des EVMB in der Illegalitat 1933 August Bolte Vorstandsmitglied vor Beginn des NS Regimes und leitender Instrukteur des EVMB in der Illegalitat 1933 Walter Kautz Bezirksleiter vor Beginn des NS Regimes und leitender Instrukteur des EVMB in der Illegalitat 1933 Oskar Walz Bezirksleiter vor Beginn des NS Regimes und leitender Instrukteur des EVMB in der Illegalitat 1933 Andere Funktionare des EVMB Auswahl Otto Bergmann Funktionar des illegalen EVMB Adolf Buchholz Jugendfunktionar Walter Dittmar Funktionar des illegalen EVMB Minna Dolz Kurierin des illegalen EVMB 1933 Josef Forster Vorstandsmitglied 1930 bis 1933 Hans Fruck Jugendfunktionar 1932 33 Paul Grasse Vorstandsmitglied 1932 33 Heinz Gutzlaff Bezirksleiter des illegalen EVMB in Schoneberg Steglitz Lichterfelde Friedenau Schmargendorf Wilmersdorf 1933 Wilhelm Haase Bezirksleiter des illegalen EVMB in Berlin Weissensee 1933 Wilhelm Hein Vorstandsmitglied 1930 bis 1932 Karl Jarick Vorstandsmitglied 1930 31 Paul Kohlmann Vorstandsmitglied 1930 31 Else Meier Vorstandsmitglied 1930 31 Ludwig Marmulla Bezirksleiter des illegalen EVMB in Berlin Spandau und Siemensstadt 1933 Helmut Podgorsky Verbindungsmann des illegalen EVMB in Berlin Weissensee 1933 Albert Schamedatus Verbindungsmann und Kassierer des illegalen EVMB 1933 Ella Trebe Vorstandsmitglied 1930 31 Paul Walter Vorstandsmitglied 1930 bis 1932 Literatur BearbeitenStefan Heinz Moskaus Soldner Der Einheitsverband der Metallarbeiter Berlins Entwicklung und Scheitern einer kommunistischen Gewerkschaft VSA Verlag Hamburg 2010 ISBN 978 3 89965 406 6 Stefan Heinz Siegfried Mielke Hrsg Funktionare des Einheitsverbandes der Metallarbeiter Berlins im NS Staat Widerstand und Verfolgung Gewerkschafter im Nationalsozialismus Verfolgung Widerstand Emigration Band 2 Metropol Berlin 2012 ISBN 978 3 86331 062 2 Stefan Heinz Widerstand aus den Gewerkschaften Der kommunistische Einheitsverband der Metallarbeiter Berlins 1930 1935 In Hans Coppi Stefan Heinz Hrsg Der vergessene Widerstand der Arbeiter Gewerkschafter Kommunisten Sozialdemokraten Trotzkisten Anarchisten und Zwangsarbeiter Geschichte des Kommunismus und Linkssozialismus Band XVI dietz Verlag Berlin 2012 ISBN 978 3 320 02264 8 S 27 46 Stefan Heinz Roter Verband und Widerstandsgruppe Der Einheitsverband der Metallarbeiter Berlins 1930 1935 In informationen Wissenschaftliche Zeitschrift des Studienkreises Deutscher Widerstand 1933 1945 42 Jg 2017 Nr 85 S 10 15 Stefan Heinz The Red Unions and their Resistance to National Socialism The Unity Union of the Berlin Metal Workers 1930 1935 In Ralf Hoffrogge Norman LaPorte eds Weimar Communism as Mass Movement 1918 1933 Lawrence amp Wishart London 2017 S 187 204 Hans Rainer Sandvoss Die andere Reichshauptstadt Widerstand aus der Arbeiterbewegung in Berlin von 1933 bis 1945 Lukas Verlag Berlin 2007 ISBN 978 3 936872 94 1 S 367 ff Weblinks Bearbeiten Arbeiterwiderstand hatte die grossten Verluste zu beklagen Zum gewerkschaftlichen Widerstand gegen das NS Regime Interview und wissenschaftliches Hintergrundgesprach mit Stefan Heinz FU Berlin mit Details zum EVMB Online Ausstellung Die politischen Haftlinge des KZ Oranienburg Biografien von EVMB Mitgliedern die im Widerstand gegen das NS Regime aktiv waren und deshalb im KZ Oranienburg inhaftiert wurden Normdaten Korperschaft GND 5209009 7 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Einheitsverband der Metallarbeiter Berlins amp oldid 225086024