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Preussische Agrarverfassung nennt man das Gefuge der sozialen und rechtlichen Institutionen die der landlichen Gesellschaft ihr Geprage geben in dem vom 16 bis 20 Jahrhundert bestehenden Staat Preussen Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 2 Die Entwicklung der Gutsherrschaft in Brandenburg Preussen 3 Die Bauernbefreiung 4 Antriebe und Widerstande 5 Ergebnisse der Bauernbefreiung 6 Quellen und Literatur 7 FussnotenEinleitung BearbeitenSolange nichtagrarische Lebensformen nur eine marginale Rolle spielen ist die Agrarverfassung praktisch mit der Wirtschafts und Sozialverfassung uberhaupt identisch Seit dem Aufkommen des Stadtewesens im Hohen Mittelalter war die Agrarverfassung allmahlichen Wandlungen ausgesetzt blieb aber dennoch lange durch hergebrachte herrschaftliche und genossenschaftliche Strukturen bestimmt Erst seit dem 19 Jahrhundert steht auch die Agrarverfassung unter den gleichen Vorzeichen wie die burgerliche Gesellschaft und heute die Industriegesellschaft Im Osten schritt in der Zeit des Dreissigjahrigen Krieges die Entwicklung von der Gutswirtschaft zur Gutsherrschaft weiter voran Die schollenpflichtig gewordenen Bauern wurden mit zunehmenden Dienstpflichten fur die Ritterguter belastet und die Starkung der obrigkeitlichen Stellung der Gutsherren druckten sie in die Untertanigkeit hinab Nach dem Dreissigjahrigen Krieg nahmen sich die Landesherren des Schutzes der Bauern an um vor allem ein weiteres Bauernlegen durch die Gutsherren zu verhindern Im aufgeklarten Staat der auch den Bauern unmittelbar als seinen Untertanen in Anspruch nahm schien es je langer desto mehr eine Forderung der Vernunft zu sein die Rechte des Grundherren abzulosen und die Bauern durch Ubertragung des Eigentums zu leistungsfahigen Gliedern des Staates zu machen Die Plane reiften aber erst in den europaischen Wirren nach der Franzosischen Revolution zur Tat Im Zeichen des Wirtschaftsliberalismus begann der entscheidende Prozess der sog Bauernbefreiung In Preussen wurde dieser Prozess 1807 eingeleitet in den meisten deutschen Staaten kam es jedoch erst infolge der politischen Sturme von 1830 und 1848 zum Abschluss Immerhin muss aber festgehalten werden dass es gelang in wenigen Jahrzehnten jahrtausendealte Strukturen zu uberwinden Der wesentliche Eckpunkt der modernen Agrarverfassung ist vor allem dass die Bauern seit der sog Bauernbefreiung Eigentumer ihres Bodens geworden waren Dieser Zeitpunkt fiel mit dem Beginn der Industrialisierung zusammen Diese neue und noch ungewohnte Verfugungsfreiheit mochte manchen riskant erscheinen vor allem im Blick auf die Kreditaufnahme und die Erbteilung Die Entwicklung der Gutsherrschaft in Brandenburg Preussen BearbeitenDie Entwicklung nahm ihren Ausgangspunkt in der spatmittelalterlichen Agrarkrise Der Adel baute seine Herrschaften aufgrund des Absinkens des Getreidepreises nach Bevolkerungsruckgang der schwachen Dynastie der Markgrafen und den starken Stadten aus Die Belehnung der Hohenzollern mit der Mark Brandenburg 1412 ergibt zunachst noch keinen grundsatzlichen Wandel Durch die Verpfandung landesherrlicher Rechte Verfall der markgraflichen Hochgerichtsbarkeit die vielfach an den Adel fallt oder der Verkauf von Steuerrechten der Pommerschen Herzoge an den Adel kann der Adel Anspruche auf bauerliche Dienste erheben Durch Bevolkerungsruckgang und Landflucht zogerte der Adel zunachst die Eigenwirtschaft auszubauen und versuchte neue Bauernfamilien anzusiedeln Als dies nicht gelang entstand die Notwendigkeit die Freizugigkeit der Bauern einzuschranken Die Hochgerichtsrechte boten hierfur die entsprechenden Grundlagen und wurden okonomisch immer wichtiger Der Adel konnte gegen die Stadte die Auslieferung fluchtiger Bauern durchsetzen und gegen Ende des 15 Jh ist die Schollenbindung bereits sehr weit vorgeschritten Der Umschlag der europaischen Konjunktur am Ende des 15 Jahrhunderts trieb die Entwicklung weiter voran Der steigende Getreidebedarf in Westeuropa durch das Wachstum der Stadte stimulierte den Getreideexport des Adels und pramierte hohe Eigenwirtschaft die der preussische Adel nun bewusst ausbaute Der Bedarf an bauerlicher Fronarbeit stieg sprunghaft an und immer haufiger setzte der Adel den Gesindezwangsdienst durch Die brandenburgischen Kurfursten unterstutzen in Streitfallen den Adel so dass es bis Mitte des 16 Jahrhunderts bereits zu einer wesentlichen Verscharfung der Gesetzeslage kam und der Adel hatte sein Recht auf ungemessene Dienstpflicht der Bauern weitgehend durchgesetzt Zu Beginn des 17 Jahrhunderts bezeichnete man die Bauern bereits als Leibeigene sog Zweite Leibeigenschaft Parallel hierzu verlief der Prozess der politischen Entmachtung des Adels Die brandenburgischen Stande wurden 1652 letztmals einberufen 1653 wurde die Gerichtshoheit und die Leibeigenschaft dauerhaft kodifiziert und die Integration des Adels in den Territorialstaat erfolgte nicht mehr uber die Stande sondern uber das seit dem Krieg gegen Schweden etablierte stehende Heer Die Bauernbefreiung BearbeitenDer Begriff Bauernbefreiung kann leicht missverstanden werden verkurzt bezeichnet er die Losung der Bauern aus allen herrschaftlichen Bindungen im 18 und 19 Jahrhundert Ausserdem ist er nicht zeitgenossisch So wurde der Begriff erst 1887 von Georg Friedrich Knapp gepragt durch sein Werk Die Bauernbefreiung und der Ursprung der Landarbeiter in den alteren Theilen Preussens Missverstandlich ist der Begriff da er gleichzeitig zwei Sachverhalte beschreibt die aber voneinander zu trennen sind 1 die Aufhebung der Leibherrschaft die den horigen oder eigenen Bauern die personliche Freiheit gewahrte und die Grundentlastung die den Bauern das Eigentum an dem von ihnen bewirtschafteten Boden ubertrug und die darauf lastenden grundherrlichen Rechte abloste Erste Ansatze der Bauernbefreiung sind bereits im 17 Jahrhundert zu beobachten 1688 liess in Holstein Graf Rantzau seine Leibeigenen frei andere Gutsherren folgten seinem Beispiel 1718 hob Friedrich Wilhelm I die Leibeigenschaft seiner ostpreussischen Domanenbauern auf dies galt spater fur alle Provinzen Diese Massnahme gewahrte den untertanigen Bauern die personliche Freiheit aber nicht das Eigentum an dem von ihnen bewirtschafteten Land Friedrich II bestimmte 1777 dass die zu den Domanenamtern gehorigen Bauernhofe den Untertanen erb und eigentumlich ubergeben werden sollten Die Rechte der adligen Gutsherren wurden durch diese Massnahmen nicht beruhrt Man beschrankte sich in Preussen auf eine Bauernschutzgesetzgebung die den Gutsherren das Bauernlegen untersagte Joseph II sprach 1781 in Bohmen Mahren und Schlesien den Bauern die personliche Freiheit und das Eigentum an ihren Hofen zu spater auch in anderen Erblanden Nach seinem Tode wurde dies aber bis auf die Leibeigenschaft und den Bauernschutz wieder ruckgangig gemacht Im Zuge der Franzosischen Revolution wurden alle feudalen Rechte entschadigungslos aufgehoben diese Regelungen galten auch in Deutschland fur die linksrheinischen Gebiete und zwar selbst dort wo es sie wie z B im Grossherzogtum Berg gar nicht gab Den eigentlichen Durchbruch fur die Bauernbefreiung bedeuteten erst die Stein Hardenbergschen Reformen Sie waren ein wesentliches Stuck der inneren Reformen mit denen Preussen auf die aussere Katastrophe der Niederlage von 1806 reagierte Allerdings waren sie schon seit langerem vorbereitet worden nicht zuletzt durch den liberalen Reformgeist der an der Universitat Konigsberg seine Heimstatt gefunden hatte Hier hatte Kant die Freiheit des Menschen und das private Eigentum philosophisch gerechtfertigt und sein Kollege Kraus der deutsche Verfechter der Ideen des britischen Wirtschaftsphilosophen Smith hatte schon 1802 ein Gutachten uber die Aufhebung der bauerlichen Untertanigkeit in Ost und Westpreussen verfasst Als Freiherr Stein 1807 zum Minister berufen wurde lag das mit seinem Namen verbundenen Oktoberedikt im Entwurf bereits vor Mit den Satzen Mit dem Martini Tage 1810 hort alle Guts Unterthanigkeit in Unsern sammtlichen Staaten auf Nach dem Martini Tage 1810 giebt es nur freie Leute 12 S 1 2 Oktoberedikt wurde ein wohl etwas zu lautes Signal verkundet da die gegenuber der Durchsetzung der personlichen Freiheit schwierigere Aufgabe der Grundentlastung konnte namlich erst unter Karl August von Hardenberg durch das Edikt die Regulierung der gutsherrlichen und bauerlichen Verhaltnisse betreffend vom 14 September 1811 in Angriff genommen werden In den Kriegsjahren kam die Ablosung der gutsherrlichen Rechte kaum voran und die 1816 erlassene Deklaration des Edikts von 1811 schrankte den Kreis der ablosungsberechtigten Bauern nachtraglich ein indem vor allem die nicht spannfahigen also kleineren Bauern von der Regulierung ausschloss Erst die Ablosungsordnung von 1821 bewirkte dann einen zugigen Fortgang der Grundentlastung in den altpreussischen Provinzen Antriebe und Widerstande BearbeitenDie Triebkrafte der Bauernbefreiung waren nicht immer und uberall die gleichen Wahrend sich Graf Rantzau 1688 auf die Bibel berief stutzte sich einer seiner Nachfahren 1796 in einer Denkschrift fur schleswig holsteinische Gutsbesitzer auf die Grundsatze des Naturrechts wonach alle Menschen einander an Rechten und Verbindlichkeiten gleich seien und folglich keiner den andern im freien Gebrauch seiner Fahigkeiten und Krafte einschranken durfe Vielleicht ist die praktische Kontinuitat trotz wechselnder weltanschaulicher Begrundung daraus zu erklaren dass es stets die gleiche Schicht war die das Werk der Bauernbefreiung vorantrieb aufgeklarte Gutsherren und Fursten Beamte und Gelehrte welche die Reform theoretisch begrundeten und praktisch durchfuhrten Kaum jemals kam der eigentliche Anstoss von den Bauern selbst die der Bauernbefreiung nicht nur mit Gleichgultigkeit sondern bisweilen gar mit Abneigung begegneten Die Bauernbefreiung war nicht das Werk wirklichkeitsfremder Theoretiker oder idealistischer Weltverbesserer Das Bewusstsein im Sinne der gottlichen Gebote oder der naturlichen Gerechtigkeit zu handeln verband sich vielmehr von Anfang an mit der Uberzeugung dass sich das theologisch oder philosophisch Richtige auch als das wirtschaftlich Zweckmassige erweisen werden Man erkannte dass Zwangsarbeit die teuerste von allen sei und dass erst die Ubertragung freien Eigentums die Krafte der Bauern wirklich anspornen werde Betrachtet man sich die Tatsache dass in den Gebieten ostlich der Elbe die Feudalquote bei 26 des Rohertrages lag so wird man unschwer erkennen dass einer Landbevolkerung die fremden Flachen bewirtschaften muss und dann 26 des Ertrages an den Gutsherren abliefern muss und noch Zwangsgesindedienste leisten mussten wohl die rechte Motivation fehlt effektiv zu arbeiten Die wirtschaftstheoretische Begrundung der Bauernbefreiung wechselte im Laufe der Zeit Im 18 Jh ging die Forderung nach einer Bauernbefreiung und Grundentlastung aus der Wirtschaftslehre der Physiokraten hervor aus der Uberzeugung dass die Wohlfahrt eines Staates hauptsachlich auf der Beforderung des Feld und Ackerbaus beruhe Ihren eigentlichen emanzipatorischen Schwung verdankte die Bauernbefreiung jedoch der von Adam Smith begrundeten klassischen Lehre des nationalokonomischen Liberalismus Danach war die Arbeit des Menschen sein eigentlicher Reichtum und es kam darauf an alle Hindernisse beiseite zu raumen die ihn daran hinderten seine Krafte frei zu entfalten Vor allem die preussischen Agrarreformen waren von diesen Gedanken inspiriert Die Aussichten auf wirtschaftliche Vorteile vermochten nicht jeden zu uberzeugen In den Reihen des gleichen grundbesitzenden Adels dem so viele der Reformer entstammten regte sich auch der Widerstand Er grundete auf die Erkenntnis dass die Bauernbefreiung einen entscheidenden Schritt auf dem Wege von einer standisch gegliederten zu einer egalitaren Gesellschaft darstellte Der Wortfuhrer der Adelsfront gegen die Reformen Friedrich August Ludwig von der Marwitz schrieb Stein fing die Revolutionierung des Vaterlandes an den Krieg der Besitzlosen gegen das Eigentum der Industrie gegen den Ackerbau des Beweglichen gegen das Stabile Fur Marwitz richteten sich die Reformen direkt gegen die preussischen Junker die auch durch Eigentum und Ackerbau stabilisierend wirkten Die ostelbischen Junker sahen sich als Trager des Staates und waren es auch Preussen benotigte Offiziere und Beamte und wo sollte der Staat sie rekrutieren wenn nicht beim Adel in einem Land in dem das Burgertum durch den Dreissigjahrigen Krieg langfristig ruiniert war Ludwig Yorck von Wartenburg formulierte seine Bedenken folgendermassen Wird der Gewurzkramer oder der Schneider der das Gut erwirbt auch im Ungluck seinem Monarchen zu Dienst sein mit Gut und Blut Doch lauft es darauf hinaus dass ein Grundbesitz sein soll wie ein Taler Geld Der Spekulant der ein Gut erwirbt denkt nur an die Gegenwart er wird eilen die schonen Eichen und Buchenwalder niederzuhauen weil sie nicht so viel einbringen wie Weizenfeld Nach Jahren wird aber der Wind die entfernten Sandhugel uber die Weizenfelder wehen und statt des schonen grunen Waldes werden wir Buchweizen die magerste aller Ackerfruchte erblicken Wartenberg zeigte in seine Bedenken dass Langfristigkeit und Nachhaltigkeit besser sind als kurzfristiger Gewinn Aber Marwitz und Wartenberg waren Feldherren ohne Armee Marwitz forderte dass der Adel nicht bloss mit Proklamationen sondern in der Krise im Ernst die Verantwortung ubernehmen solle was vielen seiner Standesgenossen als hochst unbequem erschien Trotz der zumeist proklamatorischen Polemik wurden die Reformen aber ausgefuhrt Die Bedenken des Adels trugen aber immerhin dazu bei dass sich die Ideen des kapitalistischen Agrarliberalismus in Preussen langst nicht so ungehemmt durchsetzen konnte wie zuvor in England Ergebnisse der Bauernbefreiung BearbeitenFur die Beurteilung der Ergebnisse der Agrarreformen ist noch einmal zwischen der Bauernbefreiung und der Grundentlastung zu unterscheiden Die eigentliche Bauernbefreiung d h die Aufhebung der personlichen Freiheitsbeschrankungen wie Leibeigenschaft Erbuntertanigkeit usw warf kaum nennenswerte Probleme auf Auch wo diese Rechte fur die Herren noch nicht ganz bedeutungslos geworden sind stiess ihre Aufhebung auf keinen ernstlichen Widerstand und konnte deshalb nahezu uberall entschadigungslos vorgenommen werden Komplizierter lag es bei der Aufhebung der grundherrlichen Bindung also der Grundentlastung Im Zeichen der allgemeinen Menschenrechte hatte sich die Auffassung von der Unverletzlichkeit des Eigentums neu gefestigt Es konnte somit nicht ernstlich daran gedacht werden den Grundherren ihr Obereigentum an den Bauerngutern oder die umfangreichen Abgaben oder Dienste auf die sie Anspruch hatten ohne Entschadigung zu entziehen Die Frage wie die Bauern diese Entschadigung aufbringen sollten erwies sich daher als Kernproblem der ganzen Reformen In den westlichen Provinzen Preussens wurden die grundherrlichen Rechte durchweg mit Geldleistungen der Bauern abgelost und zwar teils durch Kapitalentschadigung teils durch langfristige Renten In den ostlichen Provinzen dagegen sollte die Regulierung durch Landabtretung durchgefuhrt werden und zwar hatten die Bauern mit einem guten erblichen Besitzrecht bis einem Drittel ihres Bodens die mit einem nichterblichen Besitzrecht bis zur Halfte ihres Landes abzutreten So fuhrten die Regulierungen ein letztes Mal zur Ausdehnung des ostelbischen Grossgrundbesitzes die Ritterguter konnten auf diesem Wege ihre Flache um ungefahre 18 erweitern Die Auswirkungen dieses Landverlustes auf die Bauern zeichnet sich nach neueren Untersuchungen nicht ganz so dramatisch dar wie noch in fruheren Zeiten als ein Verlust von ca 1 Million Hektar verzeichnet wurde und die Gutsherren als Gewinner der Reform hingestellt wurden Gleichzeitig mit der Regulierung fanden die Gemeinheitsteilungen statt also die Aufteilung von bisher gemeinschaftlich genutzten Wald und Weideflachen Allmende und die Ablosung bisheriger Weide und Holzberechtigungen durch Landabfindungen Diese Gemeinheitsteilungen ergaben fur die Bauern einen betrachtlichen Landgewinn der den Landverlust durch die Regulierung weitgehend aufwog Weiterhin muss man noch berucksichtigen dass die nunmehr von herrschaftlichen oder anderen Beschrankungen befreiten Bauern ihre Kulturflachen wesentlich erweitern konnten Schon durch den Ubergang von der Dreifelderwirtschaft zur Fruchtwechselwirtschaft also durch die Aufgabe der Brache wurde das Kulturland um etwa ein Drittel erweitert hinzu kam die Kultivierung von schlecht genutztem Gemeinland und sonstigen Boden Wahrend das Unland in Preussen zwischen 1816 und 1864 von 40 3 auf 19 zuruckging wurde die Ackerflache genau verdoppelt Es ist gewiss nicht falsch wenn man die preussische Bauernbefreiung geradezu einen staatlich bewirkten Landesausbau genannt hat Ferner sind noch die Wirkungen der durch die Bauernbefreiung hergestellten Bodenmobilitat zu berucksichtigen Oft kann man die Behauptung lesen die freigesetzten Bauern seien durch Verschuldung zum Verkauf und zur Abwanderung gezwungen worden wahrend der Adel dank funktionierenden Kredits seine Stellung habe bewahren konnen Hier scheint aber geradezu das Gegenteil richtig zu sein So waren bis zum Jahr 1880 in den ostlichen Provinzen Preussens schon 64 aller Ritterguter in burgerliche Hand ubergegangen wahrend es zu Beginn des Jahrhunderts nicht einmal 5 waren Ein Vergleich der Grunde der Bodenmobilitat zwischen Rittergutern und Bauernhofen zeigt zudem dass sich beim adligen Besitz Erbfalle und Verkaufe die Waage hielten wahrend sich der Besitzwechsel von Bauernhofen zu drei Vierteln und mehr im Erbgang vollzog So haben die Agrarreformen in Preussen am Ende vielmehr den bauerlichen als den adligen Grundbesitz stabilisiert und das Gesamturteil uber die Bauernbefreiung wird heute entschieden positiver lauten als noch vor wenigen Jahrzehnten Quellen und Literatur BearbeitenWalter Achilles Deutsche Agrargeschichte im Zeitalter der Reformen und Industrialisierung Ulmer Stuttgart 1993 Werner Conze Quellen zur Geschichte der deutschen Bauernbefreiung Quellen zur Kulturgeschichte Bd 12 Musterschmidt Gottingen und Berlin 1957 Christof Dipper Die Bauernbefreiung in Deutschland 1790 1850 Kohlhammer Stuttgart 1980 Marion Grafin Donhoff Preussen Mass und Masslosigkeit Siedler Berlin 1998 Georg Eckert Der Freiherr vom Stein und die preussischen Reformen Verlag Albert Limbach Braunschweig 1949 Gunther Franz Quellen zur Geschichte des deutschen Bauernstandes in der Neuzeit Oldenbourg Munchen und Wien 1963 S 195 Frauendorfer Sigmund v Ideengeschichte der Agrarwirtschaft und Agrarpolitik im deutschen Sprachgebiet 1957 Haffner Sebastian Preussen ohne Legende Goldmann Munchen 5 Aufl 1992 Christian Graf von Krockow Preussen Eine Bilanz Droemersche Verlagsanstalt Munchen 1994 Richard Krzymowski Geschichte der deutschen Landwirtschaft Duncker amp Humblot Berlin 3 Aufl 1961 Toni Pierenkemper Landwirtschaft und industrielle Entwicklung Zur okonomischen Bedeutung von Bauernbefreiung Agrarreform und Agrarrevolution Steiner Verlag Wiesbaden 1989 Fussnoten Bearbeiten Friedrich Wilhelm Henning Landwirtschaft und landliche Gesellschaft in Deutschland Bd 2 1750 bis 1976 Schoningh Paderborn 1978 ISBN 3 506 99186 8 S 62 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Preussische Agrarverfassung amp oldid 234811770