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Der Monophysitismus von altgriechisch monos monos einzig und fysis physis Natur oder Miaphysitismus von mia mia eine ist die christologische Lehre dass Jesus Christus nach der Vereinigung des Gottlichen und Menschlichen in der Inkarnation nur eine einzige gottliche Natur habe Dies steht im Gegensatz zur Zweinaturenlehre nach der gottliche und menschliche Natur Christi unvermischt und ungetrennt nebeneinander stehen Auf dem Konzil von Chalcedon 451 wurde die Zweinaturenlehre angenommen und der Monophysitismus verworfen allerdings wurde dieser in einigen orientalisch orthodoxen Kirchen weiterhin vertreten Geschichtliche Entwicklung der traditionellen christlichen GruppenDie Antichalcedonier selbst wenden sich von jeher gegen die Benennung als Monophysiten die in den Quellen ohnehin erst im 7 Jahrhundert erscheint und zudem meist in verunglimpfender Absicht und bevorzugen die Bezeichnung Miaphysiten Die griechische Wurzel mia bedeutet eins Dieses Wort betont eher die Einheit als die Einzahl und reflektiert besser die Position dass in Christus das Gottliche und das Menschliche eine Natur bilden vereint ohne Vermischung ohne Trennung ohne Durcheinander und ohne Wechsel wie eine seit der Spatantike ubliche theologische Formel lautet In ihrer eigenen Wahrnehmung lehnen die Mono bzw Miaphysiten die Zweinaturenlehre also nicht prinzipiell ab und gehen durchaus davon aus Jesus Christus sei Gott und Mensch gewesen sie nehmen dabei allerdings an dass sich die beiden Naturen in Christus vollkommen vereint hatten wobei der gottliche Logos als zweite Person der Trinitat der bestimmende Handlungstrager beider Naturen sei Kyrill von Alexandrien als zentrale Bezugsperson hatte die Gottlichkeit Jesu Christi betont weil allein Gott Menschen erlosen kann wie Jesus es tut In der Forschung vermeidet man heute oft die missverstandliche und parteiische Bezeichnung Monophysiten Vor allem ausserhalb der Spezialliteratur ist diese aber immer noch gebrauchlich Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Kompromisslosungen 3 Reichspolitische Konsequenzen 4 Heutige miaphysitische Kirchen 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenSchon seit dem Ersten Konzil von Nicaa hatte es Widerstand gegen die Lehre gegeben wonach gottliches und menschliches Wesen in einer Person vereint sein konnten Apollinaris von Laodicea lehrte dass Christus keine menschliche Seele besessen habe sondern eine Inkarnation des gottlichen Logos sei Damit wurde er zum Vorlaufer des Monophysitismus Dieser entstand im spatantiken Agypten vor dem Hintergrund von andauernden Rivalitaten zwischen dem Patriarchat von Alexandria und dem von Antiochien als Reaktion auf den Nestorianismus Diese von der theologischen Schule von Antiochia und vom 428 ernannten Patriarchen Nestorius von Konstantinopel vertretene Lehre besagte dass die zwei Naturen Christi die gottliche und die menschliche in ihm geteilt und unvermischt und nur im Sinne der spatplatonischen Philosophie moralisch verbunden seien Nestorius leitete daraus die Folgerung ab dass Maria nicht die Gottesmutter sondern Christusmutter sei Auch wenn die Feinheiten dieses Streits fur das Kirchenvolk unverstandlich waren entfaltete die Kontroverse starke Leidenschaften Zum einen verlangte das Erlosungs und Unsterblichkeitsbedurfnis vor allem der agyptischen Christen die altagyptischen mystischen Traditionen anhingen nach der vollkommenen Gottlichkeit der Christen dieses Heil schien durch die angebliche Lehre von den zwei Gottessohnen gefahrdet obwohl deren Vertretern nach der neuplatonischen Auffassung des Zusammenhangs von Geist und Korper die Einheit der Person Christi nicht gefahrdet erschien Zum anderen drohte die bei den orientalischen vor allem agyptischen und ostsyrischen Christen populare Verehrung der Muttergottes in der Tradition der altorientalischen Mutter Kind Mythen und des Mythos von der ewigen Jungfrau in Gefahr zu geraten 1 Die Haltung der orientalischen Kirchen und des in Agypten starken Monchtums das unter dem erwahnten Einfluss altagyptischer mystischer Traditionen stand war dass die Gottheit eine unfassbare Kraft und menschlichem Denken unzuganglich sei Spekulationen uber ihre zwei Naturen verboten sich Ephraem nannte die Urheber derartiger theologischer Spitzfindigkeiten Manner die versuchen das Feuer zu kosten die Luft zu sehen und das Licht zu greifen ihre Theologie diese Motte die im Verborgenen frisst stammt von den Griechen 2 Die monophysitische alexandrinische Position und die Lehre von der Gottesmutterschaft Mariae hatten sich 431 im Konzil von Ephesos in Abwesenheit fast aller Anhanger des Nestorios zunachst durchgesetzt wobei Patriarch Kyrill von Alexandria sich hochst undiplomatischer Methoden bediente Die verfolgten Nestorianer die die radikalste Gegenposition zum Monophysitismus vertraten wanderten ins Sassanidenreich aus und schmolzen zu einer kleinen Sekte um Edessa in Obermesopotamien zusammen Seit dem 6 Jahrhundert bildeten sie eine eigene anerkannte Kirche und theologische Schule 3 Es dauerte lange bis der Kaiser die Beschlusse des Konzils von Ephesos bestatigte Die alexandrinische Theologie uberspitzte in der Folge ihre neugewonnene theologische Machtposition An Apollinaris anknupfend griff Eutyches in betontem Anti Nestorianismus die Formel von der einen Physis des fleischgewordenen Logos auf Die Menschlichkeit Christi sei von der Gottheit aufgesogen worden wie ein Honigtropfen im Meer Nach ihm ist der Eutychianische Streit 444 bis 451 benannt Gegen diese Position kampfen die syrischen Bischofe weiterhin Nachdem die Raubersynode von Ephesos 449 mit Brachialgewalt noch einmal die Anerkennung der alexandrinischen Lehre erzwungen hatte wurde der Monophysitismus 451 unter dem neuen Kaiser Markian durch die katholisch orthodoxe Kirche beim Konzil von Chalcedon verurteilt Dieses Konzil loste ein Schisma zwischen den monophysitischen Kirchen des Ostens und der ostromischen Reichskirche aus Ausser in Agypten gewann der Monophysitismus in Syrien Palastina und Armenien an Boden was mit einer Abwendung von der hellenisierten Oberschicht einherging Die Nachfolger des schismatischen Patriarchen residieren bis heute in ununterbrochener Linie als koptische Patriarchen von Agypten Auch bis ins Reich von Aksum in Athiopien drang die monophysitische Position und verband sich hier wie in Agypten mit Zugen traditioneller Volksfrommigkeit und alten heidnischen Positionen Die schismatischen Kirchen wurden so zu wirklichen Volkskirchen Auf der anderen Seite stimmte Papst Leo der Grosse der mit seinem Tomus ad Flavianum die christologische Formel von Chalcedon von den zwei Naturen Christi mit vorbereitet hatte fast allen Beschlussen von Chalcedon zu Lediglich die Gleichrangigkeit der Kirchen von Rom und Konstantinopel die das Konzil beschlossen hatte lehnt die romisch katholische Kirche bis heute ab Kompromisslosungen BearbeitenIn den 480er Jahren versuchten die byzantinischen Kaiser eine im Henotikon formulierte Kompromisslosung durchzusetzen die alle Streitpunkte zwischen orthodoxen und monophysitischen Christen ausblendete und die Beschlusse von Chalkedon ignorierte doch dieser Versuch scheiterte und fuhrte statt zu einer Einigung mit den Monophysiten nur zu dem dreissig Jahre bis 519 wahrenden akakianischen Schisma mit der romischen Kirche Auch das Funfte Okumenische Konzil von 553 befasste sich noch einmal mit diesem Problem ohne eine Einigung erzielen zu konnen Gleiches galt fur die kurzlebige Forderung der monophysitischen Sonderstromung des Aphthartodoketismus durch Kaiser Justinian I Bereits unter seinem Nachfolger Justin II kam es wieder zu massiven Verfolgungen der Anhanger des Monophysitismus in Syrien und Agypten Im fruhen 7 Jahrhundert wurde als Versuch einer Kompromisslosung der Monotheletismus entwickelt Danach besitzt Christus eine gottliche und eine menschliche Natur beide haben in ihm aber nur einen einzigen gemeinsamen Willen Auch dieser Versuch den Abstand zwischen Monophysitismus und der Position von Chalcedon zu uberbrucken scheiterte Der Monotheletismus wurde trotz gewisser Unterstutzung durch einige Papste und die byzantinischen Kaiser nach dem Einspruch von Maximus dem Bekenner ca 580 662 in der Reichskirche zuruckgewiesen Das Dritte Konzil von Konstantinopel verdammte 680 den Monotheletismus endgultig nur die libanesischen Maroniten blieben bis zum 13 Jahrhundert Monotheleten Reichspolitische Konsequenzen BearbeitenDurch das Schisma wurde die Position des byzantinischen Reiches im Konflikt mit dem persischen Sassanidenreich und vor allem wahrend der Expansion der Araber nach Ansicht vieler Forscher geschwacht Ein Ausgleich zwischen Konstantinopel und den wirtschaftlich und militarisch wichtigen syrischen und agyptischen Provinzen gelang gerade in dieser wichtigen dogmatischen Frage nicht Die Ursachen sind nicht nur in den vordergrundigen theologischen Gegensatzen sondern im alten Gegensatz zwischen rational spekulativem griechischen Denken und mystischer orientalischer Uberlieferung sowie in den Separations und Enthellenisierungbestrebungen Syriens und des koptischen Agyptens zu suchen 4 In Agypten wurde das Koptische zur Sprache der Theologen und radikalisierten Monche Es kam zu monophysitischen Aufstanden gegen die Fremdherrschaft in Gestalt der hellenisierten Oberschichten mit ihren Vorrechten Die Regierung in Konstantinopel vor allem Kaiser Justinian reagierte schon auf Akte des geistigen Abfalls mit weltlicher Gewalt 5 ihre Zivilverwaltung wurde zum verlangerten Arm der Orthodoxie Innerlich uneins und vom erbitterten Krieg gegen den Sassanidenkonig Chosrau II geschwacht verlor Ostrom die ostlichen orientalisierten Reichsgebiete und bald auch Agypten und Nordafrika an den Islam Paradoxerweise starkte der Verlust dieser Gebiete mittelfristig das Reich das an innerer Gleichformigkeit gewann Mit dem Verschwinden des religiosen Konflikts und der eindeutigen Dominanz der Orthodoxie gingen die orientalischen Einflusse zuruck Das sich nun formende mittelbyzantinische Reich hellenisierte sich rasch angesichts des steigenden Anteils griechisch Sprechender unter der verbleibenden Bevolkerung 6 Doch zugleich bereitete das siegreiche Dogma von den beiden untrennbaren Naturen Jesu wahrscheinlich den Boden fur den im 8 Jahrhundert ausbrechenden zerstorerischen byzantinischen Bilderstreit und fur die Ausbreitung des Paulikianertums im Osten des Reiches Unter den Pramissen der untrennbaren aber nicht zu vermengenden beiden Naturen Christi und der Wesensgleichheit von Bild und Dargestelltem ware eine bildliche Darstellung Christi auch ein Versuch der Darstellung seiner unfassbaren Gottlichkeit also eine Haresie wie die der Anhanger des Monophysitismus Bilderfreunde wie Patriarch Nikephoros I hingegen unterschieden zwischen dem Bild und dem dargestellten Gegenstand und argumentierten die Darstellung Jesu in dessen menschlicher Gestalt unterstreiche die Realitat seiner Menschwerdung die Fleischwerdung des Logos Heutige miaphysitische Kirchen BearbeitenIm 20 Jahrhundert naherten sich die monophysitischen Kirchen sowohl untereinander als auch den Ostlich Orthodoxen Kirchen wieder starker an Theologen beider Konfessionen sind inzwischen zur Einsicht gelangt dass durch Sprachunterschiede verursachte verschiedene Ansichten uber die Bedeutung des Wortes Natur physis wesentlich zu dem Streit beigetragen hatten und dass in vieler Hinsicht beide Seiten mit verschiedenen Wortern jeweils das gleiche ausdrucken wollten In den grundlegenden Streitfragen herrscht inzwischen weitgehender Konsens 7 Die heutigen altorientalischen Kirchen die in gegenseitiger Kommunion stehen d h sich gegenseitig anerkennen und ihre Glaubigen wechselseitig zur Eucharistie zulassen sind die Koptische Kirche vorwiegend in Agypten die Syrisch Orthodoxe Kirche von Antiochien mit autonomem Katholikat von Indien die Malankara Syrisch Orthodoxe Kirche ein autonomes Katholikat von Indien der vorstehenden Syrisch Orthodoxen Kirche von Antiochien die Malankara Orthodox Syrische Kirche von Indien die Athiopisch Orthodoxe Tewahedo Kirche die Eritreisch Orthodoxe Tewahedo Kirche und die Armenische Apostolische Kirche Literatur BearbeitenWilliam Hugh Clifford Frend The rise of the Monophysite Movement Chapters in the History of the Church in the fifth and sixth Centuries Cambridge University Press Cambridge 1972 ISBN 0 521 08130 0 Christian Lange So dass wir miteinander jenen Glauben bekennen konnen der uns gemeinsam ist Uberlegungen uber zwei westliche Bezeichnungen fur zwei christlogische Positionen des funften und sechsten Jahrhunderts aus dem christlichen Orient In Ostkirchliche Studien Band 53 2004 ISSN 0030 6487 S 287 308 Jean Marie Mayeur Luce Pietri Andre Vauchez Hrsg Die Geschichte des Christentums Altertum Band 3 Luce Pietri Hrsg Der lateinische Westen und der byzantinische Osten 431 642 Sonderausgabe Herder Freiburg Breisgau u a 2005 ISBN 3 451 29100 2 John Meyendorff Imperial Unity and Christian Divisions The Church 450 680 AD The Church in History Bd 2 St Vladimir s Seminary Press Crestwood NY 1989 ISBN 0 88141 055 1 Dietmar W Winkler Koptische Kirche und Reichskirche Altes Schisma und neuer Dialog Innsbrucker theologische Studien Band 48 Tyrolia Innsbruck Wien 1997 ISBN 3 7022 2055 0 Dietmar W Winkler Miaphysitismus Anmerkungen zur okumenischen Sinnhaftigkeit eines Neologismus In Cristianesimo nella storia Band 37 2016 ISSN 0393 3598 S 19 29 Weblinks BearbeitenAktuelle Literatur zum MonophysitismusEinzelnachweise Bearbeiten Franz Georg Maier Die Verwandlung der Mittelmeerwelt Fischer Weltgeschichte Bd 9 Frankfurt am Main 1968 S 155 f The Rhythms of Ephrem the Syrian ubers J B Morris Oxford 1847 S 95 102 Zitiert nach Franz Georg Maier Die Verwandlung der Mittelmeerwelt Fischer Weltgeschichte Bd 9 Frankfurt am Main 1968 S 161 Franz Georg Maier Die Verwandlung der Mittelmeerwelt Fischer Weltgeschichte Bd 9 Frankfurt am Main 1968 S 157 ff Franz Georg Maier Die Verwandlung der Mittelmeerwelt Fischer Weltgeschichte Bd 9 Frankfurt am Main 1968 S 161 f Friedrich Heiler Die Ostkirchen Munchen 1971 S 345 Franz Georg Maier Die Verwandlung der Mittelmeerwelt Fischer Weltgeschichte Bd 9 Frankfurt am Main 1968 S 251 und 298 f Radio Vatikan Papst appelliert an Christen im Nahen Osten zu bleiben Memento vom 7 Marz 2016 im Internet Archive 1 Februar 2007Normdaten Sachbegriff GND 4170477 0 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Monophysitismus amp oldid 234654095