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Mit brennender Sorge ist eine Enzyklika von Papst Pius XI in deutscher Sprache Die Enzyklika wurde am 14 Marz 1937 unterzeichnet und am Palmsonntag dem 21 Marz veroffentlicht Das papstliche Rundschreiben behandelt die bedrangte Lage der romisch katholischen Kirche im damaligen Deutschen Reich und verurteilt Politik und Ideologie des Nationalsozialismus Umschlag des Rundschreibens Pius XI uber die Lage der katholischen Kirche im Deutschen ReichErste Seite der Enzyklika Mit brennender Sorge Ausgabe aus dem Bistum Speyer mit einem Vorsatz von Bischof Ludwig Sebastian gedruckt in der Jagerschen Druckerei Speyer die deshalb enteignet wurde Pius XI Aufnahme aus dem Jahr 1939 Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Entstehung und Verbreitung der Enzyklika 3 Inhalt 3 1 Einleitung 3 2 Reiner Gottesglaube 3 3 Reiner Christusglaube 3 4 Reiner Kirchenglaube 3 5 Reiner Glaube an den Primat des Papstes 3 6 Keine Umdeutung heiliger Worte und Begriffe 3 7 Sittenlehre und sittliche Ordnung 3 8 Anerkennung des Naturrechts 3 9 An die Jugend 3 10 An die Priester und Ordensleute 3 11 An die Getreuen aus dem Laienstande 3 12 Schluss 4 Folgen der Veroffentlichung 5 Wissenschaftliche Rezeption 6 Siehe auch 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseVorgeschichte BearbeitenAusgangspunkt fur das Schreiben war die Lage der katholischen Kirche im nationalsozialistisch beherrschten Staat nach dem Abschluss des Reichskonkordats aus dem Jahre 1933 Es war aufgrund der Politik Hitlers und seiner Reichsregierung immer wieder zu Protestnoten des Heiligen Stuhls uber die in Artikel 31 des Konkordats garantierte Betatigungsfreiheit der katholischen Organisationen gekommen die durch Massnahmen der Gleichschaltung bedroht waren Weiter gab die papstliche Diplomatie wiederholt ihrer Sorge uber Schwierigkeiten bei den Konfessionsschulen und der Priesterausbildung sowie der Gottesleugnung z B durch die Schriften des fuhrenden NSDAP Ideologen Alfred Rosenberg Ausdruck Als auch zahlreiche Beschwerdeschreiben der deutschen Bischofe und eine personliche Vorsprache des Erzbischofs von Munchen und Freising Michael von Faulhaber bei Adolf Hitler ohne Ergebnis blieben beriet die Vollversammlung der Bischofskonferenz im Januar 1937 uber das weitere Vorgehen Dabei konnten die Bischofe keine Einigung erzielen ob die bisherige Politik der Beschwerdeschreiben fortgesetzt werden oder ob man an die Offentlichkeit gehen sollte Letztere Position vertraten insbesondere der Bischof von Munster Clemens August Graf von Galen und der Bischof von Berlin Konrad Graf von Preysing Die Stellung Situation und Haltung der katholischen Kirche veranderte sich mit der Machtubergabe an die NSDAP und dem Abschluss des Reichskonkordats 1933 erheblich Bis zu diesem Jahr war eine vollig ablehnende Haltung gegenuber dem Nationalsozialismus zu erkennen Mitglieder der NSDAP wurden in manchen Diozesen weder zu den Sakramenten zugelassen noch kirchlich beerdigt Als am 30 Januar 1933 Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt und die NSDAP somit zur herrschenden Partei wurde furchtete ein grosser Teil des Klerus die Gunst der Regierenden zu verlieren In einem Pastoralaufruf der Fuldaer Bischofskonferenz vom 28 29 Marz 1933 wurden die Glaubigen zur Treue gegenuber der rechtmassigen Obrigkeit und zur gewissenhaften Erfullung staatsburgerlicher Pflichten ermahnt Hitler und die katholische Kirche schlossen am 20 Juli 1933 das Reichskonkordat ab Dieser Vertrag garantierte der Kirche freie Religionsausubung Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach an Schulen und Schutz ihrer Geistlichen Orden sowie katholischen Organisationen Es verpflichtete sie gleichzeitig jedoch nur auf kultureller geistlicher und karitativer Ebene tatig zu werden Eine aktive Einbindung in die Politik war dadurch ausgeschlossen Hitlers Ziel war es die Bedenken von Kritikern und kirchlicher Kreise zu uberwinden sich Zustimmung und Loyalitat zu sichern und einen aussenpolitischen Erfolg verzeichnen zu konnen Er hatte durch diese geschickte Diplomatie den Heiligen Stuhl vorerst nicht gegen sich Im Zusammenhang mit dem Konkordatsschluss fand Kardinal Faulhaber jedoch deutliche Worte zur Haltung von Papst Pius XI zu Hitler und Nazideutschland In Wirklichkeit ist Papst Pius XI der beste Freund am Anfang sogar der einzige Freund des neuen Reiches gewesen Millionen im Ausland standen zuerst abwartend und misstrauisch dem neuen Reich gegenuber und haben erst durch den Abschluss des Konkordats Vertrauen zur neuen deutschen Regierung gefasst 1 Die katholischen Verbande erhielten durch das Konkordat eine Atempause da die Repressionen ihnen gegenuber tatsachlich kurzfristig abflauten Auch wenn die Nationalsozialisten schon wenige Wochen nach dem Konkordatsabschluss den Kampf gegen den Verbandskatholizismus wieder aufnahmen schutzen die Vereinbarungen des Artikels 31 die Verbande insofern als sie bis zum Ende des Regimes einer vollkommenen Gleichschaltung entgingen und organisatorisch Reste von Eigenstandigkeit bewahren konnten obwohl ihre Mitgliederzahl durch Druck des Regimes bestandig abnahm Voraussetzung fur die Weiterexistenz war freilich die politische Enthaltsamkeit der Verbande Tatsachlich zogen sich etwa die grossen sozialen Organisationen verstarkt in den Binnenraum der Kirche zuruck Andererseits begannen 1936 Sittlichkeitsprozesse gegen Ordensangehorige und Priester wegen des Vorwurfs verschiedener Sexualdelikte homosexuelle Betatigung sexueller Missbrauch von Kindern oder Schutzbefohlenen usw mit denen die Kirche insgesamt diskreditiert und Geistliche allgemein als Sittenlose und Verderber der Jugend hingestellt werden sollten 2 Kirchliche Beschwerdeschreiben wurden ignoriert Religion fur Propaganda missbraucht Nationalsozialistischer Weihnachtskult Hitlergebete Umfunktionierung von kirchlichen in parteiliche Organisationen und die Handlungsfreiheit der Kirche stark eingeschrankt Entstehung und Verbreitung der Enzyklika BearbeitenAls sich der Konflikt zwischen der Regierung des Deutschen Reiches und der katholischen Kirche verscharfte entschloss sich Papst Pius XI auf Drangen der Kardinale Karl Joseph Schulte und Michael von Faulhaber sowie der Bischofe Konrad Graf von Preysing und Clemens August Graf von Galen einen Hirtenbrief zu veranlassen Kardinalstaatssekretar Eugenio Pacelli der spatere Papst Pius XII beauftragte im Januar 1937 Kardinal von Faulhaber einen Entwurf zu verfassen Wenige Tage spater erhielt Pacelli den Entwurf den Faulhaber selbst als unvollkommen und auch wohl ganz unbrauchbar bezeichnete und benutzte ihn als Grundlage Er erweiterte die Fassung um eine lange Einleitung die das Reichskonkordat betrifft und verscharfte die Kritik am Verhalten der Reichsregierung und deren abgehandelten weltanschaulichen Positionen Aus dem ursprunglich gedachten Hirtenbrief sollte eine Enzyklika an die ganze Kirche werden Am 12 Marz 1937 wurde das Dokument heimlich ins Reich gebracht und Nuntius Cesare Orsenigo ubergeben Nachdem die Nuntiatur das Schreiben an die Bischofe weitergegeben hatte waren diese fur die Verbreitung in ihren Diozesen verantwortlich Dabei gingen sie mit grosster Geheimhaltung vor Druckereien wurden nachts abgedunkelt betrieben Kopien des Textes versteckt In den meisten Bistumern wurden Abschriften an alle Kleriker gesandt in den Bistumern Munchen Munster und Speyer wurden Sonderdrucke in hohen Auflagen geschatzt 300 000 gefertigt Am Palmsonntag des Jahres 1937 dem 21 Marz wurde die Enzyklika in allen katholischen Gemeinden verlesen Das franquistische Regime Spaniens suchte damals eine Annaherung an die Achsenmachte und verbot trotz seiner Betonung des Katholizismus die Veroffentlichung der Enzyklika 3 Inhalt BearbeitenDie Enzyklika gliedert sich in Einleitung zehn Hauptteile die sich mit einzelnen Fragestellungen befassen oder sich an bestimmte Adressaten wenden und den Schluss Einleitung Bearbeiten In der Einleitung weist der Papst mit brennender Sorge und steigendem Befremden auf die wachsende Bedrangnis der Kirche im Land hin Ehrwurdige Bruder Gruss und Apostolischen Segen Mit brennender Sorge und steigendem Befremden beobachten Wir seit geraumer Zeit den Leidensweg der Kirche die wachsende Bedrangnis der ihr in Gesinnung und Tat treubleibenden Bekenner und Bekennerinnen inmitten des Landes und des Volkes dem St Bonifatius einst die Licht und Frohbotschaft von Christus und dem Reiche Gottes gebracht hat Anknupfend an das trotz mancher Bedenken abgeschlossene Reichskonkordat wird das Verhalten der Reichsregierung als Machenschaften die von Anfang kein anderes Ziel kannten als den Vernichtungskampf bezeichnet Die Reichsregierung habe Vertragsumdeutung die Vertragsaushohlung schliesslich die mehr oder minder offentliche Vertragsverletzung zum Gesetz des Handelns gemacht Reiner Gottesglaube Bearbeiten Der erste Hauptteil wendet sich gegen die Verwendung des Begriffs gottglaubig durch die Machthaber Wer in pantheistischer Verschwommenheit Gott mit dem Weltall gleichsetze wer das dustere Schicksal an die Stelle des personlichen Gottes rucke oder wer Rasse oder das Volk oder den Staat oder die Staatsform die Trager der Staatsgewalt oder andere Grundwerte menschlicher Gemeinschaftsgestaltung zur hochsten Norm mache gehore nicht zu den Gottglaubigen Denjenigen die ihre Christenpflicht gegen ein angriffslusternes von einflussreicher Seite vielfach begunstigtes Neuheidentum erfullten spricht der Papst anerkennende Bewunderung aus Wer nach angeblich altgermanisch vorchristlicher Vorstellung das dustere unpersonliche Schicksal an die Stelle des personlichen Gottes ruckt leugnet Gottes Weisheit und Vorsehung die kraftvoll und gutig von einem Ende der Welt zum anderen waltet und alles zum guten Ende leitet Ein solcher kann nicht beanspruchen zu den Gottglaubigen gerechnet zu werden Der Papst wendet sich gegen die nationalsozialistische Rassenlehre Dieser Gott hat in souveraner Fassung Seine Gebote gegeben Sie gelten unabhangig von Zeit und Raum von Land und Rasse So wie Gottes Sonne uber allem leuchtet was Menschenantlitz tragt so kennt auch Sein Gesetz keine Vorrechte und Ausnahmen Regierende und Regierte Gekronte und Ungekronte Hoch und Niedrig Reich und Arm stehen gleichermassen unter Seinem Wort Aus der Totalitat Seiner Schopferrechte fliesst seinsgemass die Totalitat Seines Gehorsamsanspruchs an die Einzelnen und an alle Arten von Gemeinschaften Dieser Gehorsamsanspruch erfasst alle Lebensbereiche in denen sittliche Fragen die Auseinandersetzung mit dem Gottesgesetz fordern und damit die Einordnung wandelbarer Menschensatzung in das Gefuge der unwandelbaren Gottessatzung Reiner Christusglaube BearbeitenIm zweiten Hauptteil wird dargelegt dass auf Dauer kein Gottesglaube rein und unverfalscht bleibe wenn er nicht gestutzt werde vom Glauben an Jesus Christus Einen anderen Grund konne niemand legen als den der gelegt sei Jesus Christus Wer aber die biblische Geschichte und die Lehrweisheit des Alten Bundes aus Kirche und Schule verbannt sehen will lastert das Wort Gottes lastert den Heilsplan des Allmachtigen macht enges und beschranktes Menschendenken zum Richter uber gottliche Geschichtsplanung Er verneint den Glauben an den wirklichen im Fleische erschienenen Christus der die menschliche Natur aus dem Volke annahm das ihn ans Kreuz schlagen sollte In diesem Zusammenhang wird betont dass die von den Nationalsozialisten als judisch abgelehnten Bucher des Alten Testaments organischer Teil der Offenbarung Gottes seien Nur Blindheit und Hochmut konnten die Augen vor den Schatzen verschliessen die das Alte Testament berge Ohne Hitler selbst beim Namen zu nennen nennt der Papst denjenigen der in Verkennung des Unterschieds zwischen Gott und Geschopf irgendeinen Sterblichen neben oder uber Christus zu stellen wage einen Wahnpropheten Wer in sakrilegischer Verkennung der zwischen Gott und Geschopf zwischen dem Gottmenschen und den Menschenkindern klaffenden Wesensunterschiede irgend einen Sterblichen und ware er der Grosste aller Zeiten neben Christus zu stellen wagt oder gar uber Ihn und gegen Ihn der muss sich sagen lassen dass er ein Wahnprophet ist auf den das Schriftwort erschutternde Anwendung findet Der im Himmel wohnt lachet ihrer Reiner Kirchenglaube Bearbeiten Nach naherer Darlegung der romisch katholischen Lehre von der Einheit der Kirche heisst es im dritten Hauptteil dass der Christusglaube nicht rein und unverfalscht erhalten bleiben konne ohne den Glauben an die Kirche die Saule und Grundfeste der Wahrheit sei Die Kirche sei Heimat und Zuflucht fur Volker aller Zeiten und Nationen Es genuge aber nicht zur Kirche zu gehoren die Glaubigen mussten auch lebendige Glieder in ihr sein Nur eine sich in allen ihren Gliedern auf sich selbst besinnende jede Verausserlichung und Verweltlichung abstreifende mit den Geboten Gottes und der Kirche Ernst machende in Gottesliebe und tatiger Nachstenliebe sich bewahrende Christenheit werde der im tiefsten Grunde kranken Welt Vorbild sein konnen und mussen wenn nicht unsagbares Ungluck und ein alle Vorstellung hinter sich lassender Niedergang hereinbrechen solle Die Aufrufe zum Austritt aus der Kirche der mit verhullten und sichtbaren Zwangsmassnahmen Einschuchterungen und Inaussichtstellung wirtschaftlicher beruflicher burgerlicher Nachteile insbesondere von katholischen Beamten als Form des Treuebekenntnisses zum gegenwartigen Staat gefordert werde musse von den Glaubigen auch um den Preis schwerer irdischer Opfer als Verrat am Taufgelubde zuruckgewiesen werden Wer hoffe einen ausserlichen Kirchenaustritt mit dem innerlichen Festhalten an der Treue zur Kirche zu verbinden dem musse das Schriftwort Wer mich vor den Menschen verleugnet den werde ich auch vor meinem Vater verleugnen eine Warnung sein Reiner Glaube an den Primat des Papstes Bearbeiten Der vierte Teil fuhrt aus dass der Glaube an die Kirche nicht rein und unverfalscht erhalten bliebe ohne den Glauben an den Primat des Papstes Echte und legale Autoritat sei uberall ein Band der Einheit eine Quelle der Kraft eine Gewahr gegen Zerfall und Splitterung eine Burgschaft der Zukunft am hochsten und hehrsten Sinne da wo wie einzig bei der Kirche solcher Autoritat die Gnadenfuhrung des Heiligen Geistes Sein unuberwindlicher Beistand verheissen ist Pius verurteilt das Wunsch und Lockbild einer deutschen Nationalkirche in scharfer Form Wenn Leute die nicht einmal im Glauben an Christus einig sind euch das Wunsch und Lockbild einer deutschen Nationalkirche vorhalten so wisset sie ist nichts als eine Verneinung der einen Kirche Christi ein offenkundiger Abfall von dem an die ganze Welt gerichteten Missionsbefehl dem nur eine Weltkirche genugen und nachleben kann Der geschichtliche Weg anderer Nationalkirchen ihre geistige Erstarrung ihre Umklammerung oder Knechtung durch irdische Gewalten zeigen die hoffnungslose Unfruchtbarkeit der jeder vom lebendigen Weinstock der Kirche sich abtrennende Rebzweig mit unentrinnbarer Sicherheit anheimfallt Keine Umdeutung heiliger Worte und Begriffe Bearbeiten Die Umdeutung religioser Grundbegriffe ist das Thema des funften Abschnitts Dort werden beispielsweise die Begriffe Offenbarung gegen die Gleichsetzung mit den Einflusterungen von Blut und Rasse Glaube gegen das Ausspielen gegen das Vertrauen auf die Zukunft des Volkes und Unsterblichkeit im christlichen Sinne gegen die Deutung kollektives Mitfortleben im Weiterbestand des Volkes verteidigt Sittenlehre und sittliche Ordnung Bearbeiten Im sechsten Teil wird festgestellt dass keine Zwangsgewalt des Staates und keine rein irdischen wenn auch in sich genommen hohen und edlen Ideale auf die Dauer im Stande seien die aus dem Gottes und Christusglauben kommenden letzten und entscheidenden Antriebe zu ersetzen Die Auslieferung der Sittenlehre an eine subjektive mit den Zeitstromungen wechselnde Menschenmeinung offne zersetzenden Kraften Tur und Tor Anerkennung des Naturrechts Bearbeiten Der siebte Teil hat zum Gegenstand dass jedes positive vom Gesetzgeber gesetzte Recht auf seinen sittlichen Gehalt nachgepruft werden musse Daran gemessen sei der Satz Recht ist was dem Volke nutzt zu verwerfen Nicht weil es nutzlich sei sei es sittlich gut sondern weil es dem Sittengesetz entspreche sei das positive Recht nutzlich Von dieser Grundregel losgelost musse der Grundsatz Recht sei das dem Volke Nutzliche den ewigen Kriegszustand zwischen den verschiedenen Nationen bedeuten In diesem Zusammenhang werden das Recht zum Bekenntnis des Glaubens und das Erziehungs und Schulwahlrecht der Eltern als Bestandteile des Naturrechts angefuhrt An die Jugend BearbeitenAusdrucklich an die Jugend und damit formal ausserhalb des Adressatenkreises weil die Enzyklika nach den damaligen Gepflogenheiten an die Bischofe gerichtet ist wendet sich der achte Hauptteil Im Bezug auf die nicht ausdrucklich genannte Hitlerjugend wird mit deutlichem Bezug auf das kirchliche Anathema gesagt Wenn jemand euch ein anderes Evangelium verkunden wollte als jenes das ihr empfangen habt auf den Knien einer frommen Mutter von den Lippen eines glaubigen Vaters aus dem Unterricht eines seinem Gotte und seiner Kirche treuen Erziehers der sei ausgeschlossen Es sei selbstverstandlicher Rechtsanspruch der Eltern und Kinder dass staatliche Pflichtorganisationen fur die Jugend von allen Betatigungen christentums und kirchenfeindlichen Geistes gesaubert wurden Nicht nur in der viel gepriesenen heldischen Grosse sondern auch im sittlichen Kampf gebe es Heldentum Es wird der Erwartung Ausdruck verliehen die glaubige katholische Jugend werde ihr Recht auf christliche Sonntagsheiligung auch in den staatlichen Pflichtorganisationen geltend machen An die Priester und Ordensleute Bearbeiten Im neunten Teil spricht der Papst die Kleriker und Ordensleute beiderlei Geschlechts an spricht ihnen Mut und Zuversicht zu und fordert sie auf im Dienst an der Wahrheit auszuharren Denjenigen die ihren Bischofen die bei der Weihe versprochene Treue hielten und wegen ihrer Ausubung der Hirtenpflicht Leid und Verfolgung bis in die Kerkerzelle und das Konzentrationslager hineintrugen wendet er seinen Dank und die vaterliche Anerkennung zu An die Getreuen aus dem Laienstande Bearbeiten Der letzte und zehnte Hauptteil richtet sich an die Laien und grusst die unabsehbar grosse Schar jener denen das Leid der Kirche in Deutschland nichts von ihrer Hingabe an die Sache Gottes geraubt habe nichts von ihrer zartlichen Liebe gegen den Vater der Christenheit nichts von ihrem Gehorsam gegen Bischofe und Priester nichts von ihrer freudigen Bereitschaft auch in Zukunft dem treu zu bleiben was sie geglaubt und von ihren Voreltern als heiliges Erbe erworben haben Je mehr die Gegner sich bemuhten ihre dunklen Absichten abzustreiten und zu beschonigen umso mehr sei wachsames Misstrauen und durch bittere Erfahrung aufgeruttelte Wachsamkeit am Platze Keine irdische Gewalt konne die Eltern von dem Band der Verantwortung entbinden das sie mit ihren Kindern verbinde Schluss Bearbeiten Der Schlussteil wendet sich wieder an die Bischofe als die eigentlichen Adressaten Ihnen versichert der Papst jedes Wort der Enzyklika abgewogen zu haben um nicht durch unzeitgemasses Schweigen mitschuldig zu werden und nicht durch unnotige Strenge die auf dem Wege des Irrtums Wandelnden zu verharten Abschliessend ruft der Papst Gott zum Zeugen an dass ihn kein innigerer Wunsch leite als die Wiederherstellung eines wahren Friedens zwischen Kirche und Staat in Deutschland Wenn aber der Friede nicht sein solle dann werde die Kirche ihre Rechte und Freiheiten verteidigen Folgen der Veroffentlichung BearbeitenDie Nationalsozialisten wurden von der Verlesung der Enzyklika uberrascht doch sie reagierten schnell In der Karwoche kam es zu ersten Hausdurchsuchungen und Verhaftungen Zwolf Druckereien die am Druck und der Verbreitung der Enzyklika beteiligt gewesen waren wurden entschadigungslos enteignet Eine Reihe von Klostern und Bekenntnisschulen sowie mehrere theologische Fakultaten und Hochschulen mussten schliessen Im April 1937 kam es auf Befehle Hitlers und Goebbels zu einer neuerlichen Welle von Sittlichkeitsverfahren gegen Priester und Ordensleute wozu Einzelfalle von der NS Propaganda zu einer symptomatischen Erscheinung aufgebauscht wurden Der Bevolkerung sollte vermittelt werden dass die Kirche von der Erziehung der Jugend ausgeschlossen werden musse und das Vertrauen in die Kirche sollte untergraben werden Richtigstellungen waren nur von der Kanzel aus moglich In der Folge wurden 1937 38 die privaten katholischen Schulen aufgelost oder vom Staat ubernommen Die Geistlichkeit durfte in Volks und Berufsschulen keinen Religionsunterricht mehr erteilen Daruber hinaus wurden abgesehen von der Entfernung des Bischofs von Rottenburg Joannes Baptista Sproll aus seiner Diozese spektakulare Massnahmen vermieden Der seit 1935 verfolgte Kurs gegen die katholische Presse die Verbande und Schulen mit dem Ziel der bestandigen Zuruckdrangung der Kirche aus dem offentlichen und politischen Leben wurde beibehalten Die meisten Organisationen vor allem die Jugendverbande wurden bis 1939 aufgelost ihre Publikationen verboten und ihr Vermogen konfisziert 4 Wissenschaftliche Rezeption BearbeitenIn seinem Buch Die katholische Kirche und der Holocaust vertritt der amerikanische Historiker Daniel Jonah Goldhagen die These dass die Enzyklika sich in erster Linie gegen Verletzungen des Konkordats gerichtet habe Die Enzyklika habe den Nationalsozialismus nicht als solchen verurteilt Diese Enzyklika wird oft falschlich als Beweis fur die Abneigung der Kirche Pacellis oder Pius XI gegen den Nationalsozialismus angefuhrt oder als radikale Verurteilung des Nationalsozialismus dargestellt Tatsachlich wandte sich die Enzyklika klar und volltonend gegen Verletzungen des Konkordats 5 Goldhagens These stiess wiederum auf Kritik aus Kirchenkreisen Hans Joachim Meyer damals Prasident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken nannte das Buch ein agitatorisches Pamphlet in dem die negativen Punkte herausgestrichen und die positiven Punkte bestritten oder abgewertet wurden 6 Walter Brandmuller Prasident des Papstlichen Komitees fur Geschichtswissenschaft sah darin eine Verfalschung der Enzyklika 7 Die osterreichische Wochenzeitung Furche nennt sie eine durch und durch zahme Enzyklika 8 Laut dem Historiker Rainer Kampling waren die Auswirkungen der Enzyklika gering weil sie anders als die kirchlichen Verurteilungen des Kommunismus eine Kollaboration mit dem Regime nicht verbot Weitere Erklarungen des Heiligen Stuhls gegen den Nationalsozialismus habe es nicht mehr gegeben obwohl sich die Lage der Kirche im Reich nicht verbesserte und die Judenverfolgung sich zum Holocaust steigerte 9 Siehe auch BearbeitenAugust Froehlich Pfarrer Lubecker Martyrer Pfarrerblock KZ Dachau Literatur BearbeitenHeinz Albert Raem Pius XI und der Nationalsozialismus Die Enzyklika Mit brennender Sorge vom 14 Marz 1937 Beitrage zur Katholizismusforschung Reihe B Abhandlungen Schoningh Paderborn u a 1979 ISBN 3 506 70734 5 zugleich Dissertation Universitat Bonn 1977 Michael F Feldkamp Pius XII und Deutschland Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2000 ISBN 3 525 34026 5 Ausschnitte auf Google Books Rainer Bendel Hrsg Die katholische Schuld Katholizismus im dritten Reich zwischen Arrangement und Widerstand Wissenschaftliche Paperbacks Band 14 2 durchgesehene Auflage Lit Berlin u a 2004 ISBN 3 8258 6334 4 Ausschnitte auf Google Books Peter Rohrbacher Die Enzyklika Mit brennender Sorge Zollschan Pacelli und die Steyler Missionare In Romische Quartalschrift fur Christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte Band 109 2014 Nr 3 4 S 198 225 online Fabrice Bouthillon Marie Levant Hrsg Un pape contre le nazisme L encyclique Mit brennender Sorge du pape Pie XI 14 mars 1937 Actes du colloque international de Brest 4 6 juin 2015 Editions Dialogues Brest 2016 Helmut Moll Die Enzyklika Pius IX Mit brennender Sorge 14 Marz 1937 im Spiegel der Glaubenszeugen der NS Zeit In Romische Quartalschrift fur Christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte Band 113 1 2 2018 S 131 150 Weblinks BearbeitenPius XI Mit brennender Sorge deutschsprachiger Originaltext auf der Internetseite des Vatikans Hubert Wolf Pius XI und die Zeitirrtumer Die Initiativen der romischen Inquisition gegen Rassismus und Nationalismus In Hans Peter Schwarz Karl Dietrich Bracher Horst Moller Hrsg Vierteljahrshefte fur Zeitgeschichte 53 Jahrgang Heft 1 05 S 1 43 pdf 6 9 MB Aufsatz zur Entstehung der Enzyklika Karl Joseph Hummel Deutsche Geschichte n Gebremste Offensive In Frankfurter Allgemeine Zeitung 31 Marz 2007 Nr 77 Seite 9 Klaus Kuhlwein Die Enzyklika Mit brennender Sorge 1937 Onlineportal Zukunft braucht Erinnerung 12 April 2007 Rene Schlott Legendares Geheimschreiben Mit brennender Sorge einestages auf Spiegel Online vom 14 Marz 2012Einzelnachweise Bearbeiten Deschner Karlheinz Abermals krahte der Hahn Econ Verlag Dusseldorf Wien 1980 ISBN 3 430 12064 0 S 919 Hans Gunter Hockerts Die Sittlichkeitsprozesse gegen katholische Ordensangehorige und Priester 1936 1937 Eine Studie zur nationalsozialistischen Herrschaftstechnik und zum Kirchenkampf Matthias Grunewald Verlag Mainz 1971 Carlos Collado Seidel Franco General Diktator Mythos Kohlhammer Stuttgart 2015 ISBN 978 3 17 021513 9 S 157 Rudolf Lill Heinrich Oberreuter Machtverfall und Machtergreifung Bayerische Landeszentrale fur politische Bildungsarbeit Munchen 1983 S 260f Daniel Jonah Goldhagen Die katholische Kirche und der Holocaust eine Untersuchung uber Schuld und Suhne Wiss Buchges Darmstadt 2002 ISBN 978 3 88680 770 3 S 64 f Joachim Meyer Prasident des ZdK bei einer Veranstaltung des Siedler Verlages am Sonntag 13 Oktober 2002 abgerufen am 10 Januar 2012 Walter Brandmuller Das Schweigen des Papstes Cicero Online vom 18 November 2009 abgerufen am 10 Januar 2012 Otto Friedrich Was fur ein Bild von Kirche in Die Furche vom 11 Marz 2004 S 6 Buchbesprechung von Peter Godman Der Vatikan und Hitler Munchen 2004 Rainer Kampling Mit brennender Sorge Papst Pius XI 1937 In Wolfgang Benz Hrsg Handbuch des Antisemitismus Bd 6 Publikationen De Gruyter Saur Berlin 2013 ISBN 978 3 11 030535 7 S 455 abgerufen uber De Gruyter Online Papstliche Sozialenzykliken Rerum Novarum 1891 Quadragesimo anno 1931 Non abbiamo bisogno 1931 Mit brennender Sorge 1937 Divini redemptoris 1937 Mater et magistra 1961 Pacem in terris 1963 Populorum progressio 1967 Laborem exercens 1981 Sollicitudo rei socialis 1987 Centesimus annus 1991 Caritas in veritate 2009 Enzykliken von Papst Pius XI chronologisch Ubi arcano Dei Rerum omnium perturbationem Studiorum ducem Ecclesiam Dei admirabili Maximam gravissimamque Quas primas Rerum ecclesiae Rite expiatis Iniquis afflictisque Mortalium animos Miserentissimus Redemptor Rerum orientalium Mens nostra Quinquagesimo ante anno Divini illius Magistri Ad salutem humani Casti connubii Quadragesimo anno Non abbiamo bisogno Nova impendet Lux veritatis Caritate Christi compulsi Acerba animi Dilectissima nobis Ad catholici sacerdotii Vigilanti cura Mit brennender Sorge Nos es muy conocida Divini redemptoris Ingravescentibus malis Normdaten Werk GND 4216032 7 lobid OGND AKS VIAF 191791669 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mit brennender Sorge amp oldid 237077842