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Die Mauritiusrotunde oder auch Kapelle des Heiligen Grabes ist eine eingeschossige Rundkapelle ostlich des Konstanzer Munsters mit dem sie durch einen Kreuzgang verbunden ist Erbaut wurde sie in der Vorromanik nach 940 und erneuert in der Gotik um 1300 Von herausragender kunsthistorischer Bedeutung ist die fruhgotische Nachbildung des Heiligen Grabes um 1260 im Innern der Rotunde Das Bauwerk gilt als bedeutendste Kirchengrundung des Hl Konrad Bischof von Konstanz 934 975 Konstanzer Munster links mit angrenzender Mauritiusrotunde rechts Mauritiusrotunde mit Heiligem Grab Ostseite Inhaltsverzeichnis 1 Architektur 2 Das Heilige Grab 3 Liturgische Funktion 4 Inschriftentafel 5 Fussnoten 6 Literatur 7 WeblinksArchitektur Bearbeiten nbsp Grundriss des Munsters mit der Mauritiusrotunde oben links Die kreisrunde Kapelle Durchmesser 11 3 m imitiert in einer Verkleinerung von 1 2 den Zentralbau der Grabeskirche in Jerusalem wie er vor seiner Zerstorung im Jahre 1009 bestand Um 1300 wurde das Bauwerk umfassend erneuert aufgestockt und mit einer gotischen Rippenkuppel sowie Masswerkfenstern versehen Um diese Zeit entstand auch der Kreuzgang der sie mit dem Nordchor des Munsters der Vorhalle der Krypta der ehemaligen Domschule und dem Domkapitelsaal verbindet Den Raum uberspannt ein gotisches Gewolbe zwischen dessen strahlenformigen Rippen sich dekorative florale Malereien befinden Sie entstanden 1571 als man auch in der Reformationszeit entstandene Beschadigungen reparierte Ursprunglich vier rechteckige Kapellen schlossen sich einst kreuzformig an die Rotunde an Heute sind es nur noch zwei eine davon im Osten Ostkapelle und eine im Suden Blasius oder Dreifaltigkeitskapelle Beide Kapellenraume besitzen eigene Altare In der Ostkapelle ist das plastisch aus Sandstein gestaltete Epitaph des Domherrn Gottfried Christoph von Zimmern 1570 in die Wand eingelassen Wandmalereien links und rechts des Epitaphs zeigen die Kirchenpatrone St Konrad und St Pelagius Die Deckengewolbe beider Kapellen sind mit Malereien verziert Das Heilige Grab Bearbeiten nbsp Skulptur der Maria und des Christuskinds mit Ochs und EselIn der Mitte der Kapelle befindet sich das Heilige Grab das die Grabstelle Christi reprasentiert Das zwolfeckige Hauschen aus Sandstein Durchmesser 2 43 m Hohe 4 65 m entstand um 1260 und gilt als fruheste Spur der Gotik in der Bauskulptur des Munsters Es handelt sich um eines der wenigen noch in ihrer ursprunglichen architektonischen Umgebung bestehenden Bauwerke dieser Art Neben dem Heiligen Grab im Magdeburger Dom ist es das einzige Beispiel hochgotischer Kleinbauten zwischen Monumental und Mikroarchitektur Es ersetzte einen bereits bestehenden ahnlichen Aufbau der bereits seit Bischof Konrads Zeiten bestand Das Original soll aus Gold und Silber bestanden haben oder zumindest vergoldet gewesen sein Die Kleinarchitektur des Heiligen Grabes ist mit Steinmetzarbeiten geschmuckt Das Masswerk im Stil der franzosischen Gotik gehalten Es weist bemerkenswerte Skulpturen auf die ursprunglich farbig bemalt waren Zwischen den Zinnen der Dachbrustung die in Form von Wimpergen gestaltet und mit Dreipassen durchbrochen sind stehen Figuren der zwolf Apostel Rings um das Heilige Grab sind auf Augenhohe zwolf figurliche Szenen aus der Weihnachtsgeschichte dargestellt angefangen bei der Verkundigung Mariens Die Figuren sind zwar stilistisch von franzosischer Herkunft gelten jedoch als beeinflusst vom innigen und gemutvollen Bodenseestil 1 Im Inneren des Heiligen Grabes finden sich drei Szenen aus der Grablegung Christi Die erste Szene zeigt die drei Frauen wie sie bei einem Apotheker Salbe fur die Einbalsamierung des Leichnams kaufen Der Apotheker ist mit einer Stielbrille dargestellt womoglich der ersten skulpturalen Brillendarstellung uberhaupt Die zweite Bildszene zeigt die schlafenden Wachter am Grab Jesu drei Manner in mittelalterlicher Rustung die dritte die drei Frauen denen ein Engel von der Auferstehung Jesu Christi berichtet Die nach Osten zeigende Wandflache ist mit einer Tur versehen so dass es fur liturgische Zwecke zu betreten ist Im Grab steht seit 1552 ein Holzschrein der vermutlich einen in der Reformationszeit zerstorten Silberschrein ersetzte Liturgische Funktion Bearbeiten nbsp Das Heilige Grab Sudseite Bischof Konrad von Konstanz Amtszeit 934 975 liess die Mauritiusrotunde nach dem Jahr 940 nach seiner zweiten Pilgerfahrt nach Jerusalem errichten In verkleinertem Massstab bildete das Bauwerk die Jerusalemer Grabeskirche nach zu dieser Zeit das wichtigste religiose Zentrum des Christentums Konrad selbst reiste zeit seines Lebens drei Mal nach Jerusalem Der Rundbau entstand ursprunglich als freistehendes Gebaude nordostlich des Munsters das zu dieser Zeit noch kein Querhaus besass Die Position der Rotunde nordostlich der Bischofskirche imitiert vielleicht die Stellung der fruhmittelalterlichen Mausoleen am damals bestehenden Petersdom Ursprunglich versah Konrad die Mauritiuskirche mit zwolf Kanonikern der Zahl der Apostel entsprechend Sie war somit die dritte Stiftskirche der Stadt nach dem Bischofsmunster und der Stephanskirche Vermutlich aus Kostengrunden wurden diese Stellen jedoch bald wieder abgeschafft Die Kapelle war dem Hl Mauritius geweiht der als Schutzpatron der ottonischen Konige galt und seit dem 5 Jahrhundert wachsende Verehrung im Heiligen Romischen Reich fand Das Bauwerk gilt daher auch als politische Treuebekundung des Bischofs gegenuber den herrschenden Liudolfingern Reliquien des Reichsheiligen kamen uber den Augsburger Bischof Ulrich I 923 973 vom Kloster Reichenau nach Konstanz In erster Linie muss in der Mauritiuskapelle ein liturgischer Ort gesehen werden der innerhalb der Domliturgie einen wesentlichen Stellenwert als Station bei Prozessionen innehatte und zugleich Sitz der Kanoniker von St Mauritius war Der Altar war mit regelmassigen Einkunften ausgestattet Als Taufkirche wird die Kapelle nicht zu verstehen sein obgleich sie in der Literatur verschiedentlich mit dem Gang zum Taufbrunnen in Verbindung gebracht wird Zu Ostern fanden hier vermutlich liturgische Osterspiele statt bei denen der Heilig Grab Aufbau in die Liturgie einbezogen wurde Vor Publikum wurden die Stationen der Auferstehung szenisch dargestellt der Besuch der drei Frauen am Grabe der Wettlauf der Junger zum Grab die Erscheinung des Auferstandenen Die Rollen wurden von Geistlichen ubernommen und auf Latein gesprochen Damit ware die Mauritiusrotunde die alteste erhaltene nachantike Buhne 2 Das Konstanzer Osterspiel ist in seiner Grundform und Einordnung in die Domliturgie rein liturgisch und wurde unter Ausschluss der Offentlichkeit begangen In seiner Ausstattung und Funktion tritt das Heilige Grab in intensive Verbindung zu seiner Anlage auf dem ehemaligen Kapitelfriedhof und mit dem Kreuzgang welcher mit Darstellungen der Leidenswerkzeuge bzw der Passion Christi selbst ausgestattet war Das Heilige Grab und die Mauritiusrotunde sind noch heute fester Bestandteil der Festliturgie und werden in der Heiligen Woche weiterhin als Ostergrab genutzt 3 Uber Jahrhunderte war die Mauritiusrotunde Ziel von Pilgerfahrten Die zahlreichen Pilger vor allem Glaubige aus der Umgebung die sich die weite Reise ins Heilige Land nicht leisten konnten umrundeten das Heilige Grab im Inneren drei Mal Ein kleiner im Heiligen Grab eingemauerter Stein stammt angeblich vom Grab Christi und soll von Konrad selbst von seinen Pilgerreisen mitgebracht worden sein Fur den Besuch des Konstanzer Munsters und seines Heiligen Grabes wurde fur Pilger ein Ablass ausgesprochen Noch heute ist die Kapelle eine Station auf drei Teilstrecken des Jakobsweges dem Oberschwabischen Jakobsweg und der Via Beuronensis dient die Mauritiuskapelle als Zielpunkt dem Schwabenweg als Ausgangspunkt in die nahe Schweiz Bischof Konrad von Konstanz wurde selbst an der Aussenmauer der Kapelle beigesetzt wo sein Grab vermutlich bereits kurz nach seinem Tod zum Ziel von Wallfahrern wurde Konrads Heiligsprechung im Jahr 1123 steigerte noch die bestehende Verehrung Uber seinem mutmasslichen Grab wurde zur Zeit der Heiligsprechung oder bereits fruher ein kleiner Kapellenraum errichtet der westlich an den Sockel der Mauritiusrotunde anschliesst aber nur von der Krypta des Munsters aus zuganglich ist Die Konradikapelle besitzt eine kunstlerisch hervorragende Ausstattung mit dem sogenannten Bockstorffer Altar 15 Jh und der durch Beuroner Malermonche gestalteten Wandmalerei im byzantinischen Stil siehe Konstanzer Munster Konradikapelle Inschriftentafel Bearbeiten nbsp Inschriftentafel aus der Mauritiusrotunde heute im Rathaus von WinterthurIn die Sudwand der Rotunde war lange Zeit eine Steintafel 1 63 0 74 m mit einer romischen Inschrift aus dem Jahr 294 eingelassen Sie stammte als Fragment einer grosseren Tafel aus dem romischen Kastell Vitudurum heute auf Gebiet der Winterthurer Stadtteils Oberwinterthur und wurde im fruhen Mittelalter vielleicht von Bischof Konrad selbst nach Konstanz gebracht Seit 1965 befindet sie sich im Rathaus von Winterthur in der Mauritiusrotunde findet sich lediglich eine Abschrift Der Text der Inschrift lautet wie folgt 4 I MP erator CAES ar C aius AURE lius VAL erius DIOCLETIAN US PONT ifex MAX imus GER manicus MAX imus II SAR maticus MAX imus PERS icus MAX imus TRIB unicia POT estate XI IM P erator X CO n S ul V P ater P atriae PROCO n S ul ET IMP erator CAES ar M arcus AUR elius VAL erius MAX si IMIA NUS PONT ifex MAX imus GER manicus MAX imus SAR maticus MAX imus PERS icus MAX imus TRIB unicia POT estate X IMP erator VIIII CO n S ul IIII P ater P atriae PROCO n S ul P ii F elices INV icti AUGG usti ET VAL erius CONSTANTIUS ET GAL erius VAL erius MAXIMIANUS NOBILISSIMI C AESS ares MURUM VITUDURENSEM A S OLO SUMPTU SUO FECERUNT AURELIO PROCULO V iro P erfectissimo PR AES ide PROV inciae CURANTE Der Kaiser Gaius Aurelius Valerius Diocletianus Pontifex Maximus zum zweiten Mal grosster Germanensieger grosster Sarmatensieger grosster Persersieger im elften Jahr seiner tribunizischen Gewalt zum zehnten Mal zum Imperator ausgerufen zum funften Mal Konsul Vater des Vaterlandes Prokonsul und der Kaiser Marcus Aurelius Valerius Maximianus Pontifex Maximus grosster Germanensieger grosster Sarmatensieger grosster Persersieger im zehnten Jahr seiner tribunizischen Gewalt zum neunten Mal zum Imperator ausgerufen zum vierten Mal Konsul Vater des Vaterlandes Prokonsul die frommen glucklichen siegreichen Kaiser und Valerius Constantius und Galerius Valerius Maximianus die durchlauchtigsten Unterkaiser haben die Kastellmauer von Vitudurum von Grund auf auf ihre Kosten bauen lassen unter Leitung des Aurelius Proculus des erlauchten Provinzstatthalters 5 6 In Konstanz galt die Tafel im Mittelalter als wertvolles Dokument da sie den Namen des romischen Kaisers Constantius I verzeichnet der als Namensgeber der Stadt gilt Der Stein wurde so behauen dass der Name des vermeintlichen Stadtgrunders in die Mitte ruckte Die spatmittelalterliche Konstanzer Burgerschaft nahm die Nennung als Beweis dass die Stadt von den Romern gegrundet wurde Zwar steht die Bischofskirche tatsachlich auf einem romischen Kastell des 4 Jahrhunderts n Chr der Inschriftstext bezieht sich jedoch auf Vitudurum Vom einfachen Volk wurde die Inschrift als Heiltum verehrt Glaubige beruhrten den Stein und bestrichen dann mit der Hand ihr Gesicht Uber diesen Brauch berichten sowohl der italienische Humanist Leonardo Bruni der das Konstanzer Konzil besuchte wie auch Hartmann Schedels Weltchronik von 1493 Schedel spottet jedoch uber diese Form der Volksfrommigkeit dass sie aus Naivitat nicht den christlichen Heiligen sondern den Christenverfolgern gelte dieselben tafel kunde wenig Costnitzer lesen das gemain volck helt dieselben tafel fur ein heylthumb die frewlein und das ander unerfarn volck hat mit berurung irer hend und mit bestreichung irer antlitze dieselben buochstaben yetzo schier gantz vo der tafel abgetilgt wiwol doch daselbst geschriben sind die namen nit der heilligen cristi sunder der verfolger christenlichs glawbes CCXLI Fussnoten Bearbeiten Kurmann 1985 Jezler 1985 referiert und zitiert bei Maurer 1989 Flemming 2002 CIL 13 05249 Ubersetzung zitiert nach Maurer 1989 S 71 hier jedoch wesentlich erganzt und verandert Transkript und weitere Quellenhinweise Franz Xaver Kraus Hrsg Die Kunstdenkmaler des Grossherzogthums Baden Band 1 Die Kunstdenkmaler des Kreises Konstanz Freiburg i Br 1924 S 84 Digitalisat Memento des Originals vom 13 November 2013 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot diglit ub uni heidelberg deLiteratur BearbeitenGabriele Ulrike Flemming Das Konstanzer Osterspiel Eine literaturwissenschaftliche und kulturhistorische Untersuchung Konstanz 2001 Universitat Konstanz Magisterarbeit 2002 Peter Jezler Gab es in Konstanz ein ottonisches Osterspiel Die Mauritius Rotunde und ihre kultische Funktion als Sepulchrum Domini In Adolf Reinle Hrsg Variorum mvnera florvm Latinitat als pragende Kraft mittelalterlicher Kultur Festschrift fur Hans F Haefele zu seinem 60 Geburtstag Thorbecke Sigmaringen 1985 ISBN 3 7995 7035 7 S 91 128 Peter Kurmann Das Heilige Grab in Konstanz Gestalt und Funktion In Dokumentation Tagung der Dombaumeister Munsterbaumeister Huttenmeister 10 14 September 1985 in Konstanz Dokumentation der Dombaumeistertagung Staatliches Hochbau und Universitats Bauamt Konstanz 1985 Helmut Maurer Konstanz im Mittelalter Band 1 Von den Anfangen bis zum Konzil Stadler Konstanz 1989 ISBN 3 7977 0182 9 Geschichte der Stadt Konstanz 1 Heribert Reiners Das Munster Unserer Lieben Frau zu Konstanz Thorbecke Konstanz 1955 Die Kunstdenkmaler Sudbadens 1 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Mauritiusrotunde Album mit Bildern Videos und Audiodateien 47 6633 9 17675 Koordinaten 47 39 47 9 N 9 10 36 3 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mauritiusrotunde amp oldid 234639639