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Heinrich Matthias Graf von Thurn Valsassina tschech Jindrich Matyas z Thurnu 24 Februar 1567 auf Schloss Lipnitz Bohmen 28 Januar 1640 in Pernau Livland war ein protestantischer bohmischer Adliger der zu den fuhrenden Kopfen des Aufstands der bohmischen Stande gegen den katholischen Habsburger Ferdinand II gehorte Er war einer der Initiatoren des Prager Fenstersturzes der den Dreissigjahrigen Krieg ausloste Nach der Niederschlagung des Aufstands in der Schlacht am Weissen Berg 1620 kampfte er als militarischer Anfuhrer der bohmischen Emigranten weiter auf der protestantischen anti habsburgischen Seite und trat schliesslich in schwedische Dienste Heinrich Matthias von Thurn Kupferstich von Willem Jacobszoon Delff 1625 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Herkunft und Familie 1 2 In kaiserlichen Diensten 1 3 Fuhrender Kopf des bohmischen Aufstands 1 4 Weiterer Kampf gegen Habsburg 2 Schriften 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenHerkunft und Familie Bearbeiten Heinrich Matthias Graf von Thurn und Valsassina war der Sohn protestantischer Eltern deren Vorfahren von einem deutschen Zweig des italienischen Patriziergeschlechts Torriani abstammten Sein Vater Franz erhielt durch militarische Dienste einige Hofe in Bohmen und Mahren heiratete dort auch zweimal zunachst Lidmila Berka von Dauba und in der zweiten Ehe Barbora Grafin Schlick Aus der zweiten Ehe stammte Heinrich Matthias als jungstes von insgesamt 14 Kindern Nach dem Tod des Vaters wurde er von seinem katholischen Onkel Johann Ambross erzogen behielt jedoch trotz intensiven katholischen Unterrichts seinen protestantischen Glauben Den grossten Teil seiner Jugend verbrachte er in Osterreich Thurn heiratete 1591 Magdalena von Gall eine Tochter von Bernhard von Gall auf Losdorf und Asparn mit der er einen Sohn hatte Franz Eberhard Bernhard 1592 1628 1 Mit dessen Sohn wiederum Heinrich von Thurn 1628 19 August 1656 der schwedischer General Reichsrat sowie Statthalter in Riga und Reval wurde erlosch sein Familienzweig Thurns zweite Ehe mit Susanna Elisabeth von Tiefenbach war kinderlos geblieben In kaiserlichen Diensten Bearbeiten In den Jahren 1585 1586 gehorte Thurn zur kaiserlichen Gesandtschaft an den Hof des osmanischen Sultans Murad III in Konstantinopel Von dort aus reiste er auch nach Agypten Syrien und Jerusalem 1592 trat er in die kaiserliche Armee ein und kampfte gegen die Osmanen in Ungarn Nach Beendigung des Krieges kehrte er auf seine Guter bei Jicin Jitschin und Vintirov in Bohmen zuruck und nach funfzehn Jahren verliess er die Armee als Oberst und Kriegsrat nbsp Burg Velis um 1650 Durch seine Heirat mit Magdalena Gall von Losdorf im Jahr 1591 und einige Erbschaften kam er zu einem ansehnlichen Vermogen in Osterreich Gorz und der Krajina 1605 kaufte er die Herrschaft Velis im Nordosten Bohmens und wurde Mitglied der bohmischen Stande 1606 erbte er von der Familie seiner bereits 1600 verstorbenen ersten Frau das Schloss Loosdorf in Niederosterreich 1611 fuhrte er die Standearmee im Kampf gegen die Passauer und fur seine Verdienste ernannte ihn Konig Matthias II zum Burggrafen von Karlstein Insgesamt fuhrte er die Titel Graf von Thurn Freiherr von Valsassina und zum Heiligen Kreuz Herr auf Lossdorf Wellusch Godingen und Winterz Burggraf von Karlstein Fuhrender Kopf des bohmischen Aufstands Bearbeiten Thurn beherrschte zwar nicht die tschechische Sprache mit den Bohmen verband ihn jedoch der protestantische Glaube 1609 gehorte er zu Anfuhrern der evangelischen Stande die von Kaiser Rudolf II die Unterzeichnung des Majestatsbriefs erzwangen der den Protestanten weitgehende Religionsfreiheit garantierte Als Befehlshaber des Standeheeres galt er bereits zu diesem Zeitpunkt als militarischer Kopf der Opposition gegen die drohende Herrschaft des streng katholischen Ferdinand II Nachdem er 1617 gegen die Wahl Ferdinands zum Konig von Bohmen gestimmt hatte entzog dieser ihm den Titel des Burggrafen von Karlstein und setzte an seiner Stelle Jaroslav Borsita von Martinic ein Thurn wurde zum Hofrichter ernannt dessen Einkunfte und Ansehen jedoch nicht an das fruhere Amt heranreichten Es war eine Mischung aus personlicher Krankung und Sorge um die protestantische Sache die ihn im folgenden Jahr dazu veranlasste den offenen Aufstand gegen die Herrschaft Ferdinands zu wagen Er gehorte zu der Gruppe von Adligen die am 23 Mai 1618 die bohmische Kanzlei auf der Prager Burg sturmten und zwei konigliche Rate sowie deren Schreiber aus dem Fenster zu sturzen Einer von ihnen war Jaroslav von Martinic sein Nachfolger als Burggraf von Karlstein Anschliessend gehorte Thurn zu den Verfassern der von den bohmischen Standen verfassten Apologie mit der sie ihr Verhalten zu rechtfertigen suchten Thurn wurde von den Standen zu einem der 30 Verteidiger des protestantischen Glaubens ernannt Das Direktorium der bohmischen Konfoderation die nun die Regierungsgewalt im aufstandische Bohmen ausubte ernannte ihn zum militarischen Fuhrer des standischen Heeres Mit ihm stiess er am 5 Juni und am 26 Oktober 1619 bis kurz vor Wien vor erzielte aus Mangel an schwerem Belagerungsgerat und Soldaten jedoch keinen militarischen Erfolg Nach der Niederlage der Aufstandischen in der Schlacht am Weissen Berg 1620 an der er als Regimentskommandeur teilnahm liess Ferdinand II im Anschluss an den Prager Untersuchungsausschuss alle Radelsfuhrer des bohmischen Aufstandes achten darunter auch Heinrich Matthias von Thurn der seinen gesamten bohmischen und osterreichischen Besitz verlor und der Hinrichtung entging indem er nach Siebenburgen zu Gabriel Bethlen und spater ins Osmanische Reich fluchtete Seine von der Bohmischen Kammer konfiszierte Burg Velis erwarb anschliessend der kaiserliche Feldherr Wallenstein der sie seinem Herzogtum Friedland einverleibte Weiterer Kampf gegen Habsburg Bearbeiten In der Folgezeit beteiligte sich Thurn als Diplomat und Feldherr am Dreissigjahrigen Krieg und kampfte weiterhin gegen die Habsburger Er war der selbsternannte militarische Anfuhrer der bohmischen Emigranten und befehligte 1626 ein kleines Korps in Schlesien Danach diente er als Generalleutnant im schwedischen Heer Konig Gustav II Adolfs dem er im Gegensatz zu den deutschen Protestanten als einzigem den Willen und die Fahigkeit zutraute Bohmen erneut und wenn moglich auch Osterreich der Habsburger Herrschaft zu entreissen Falschlicherweise wird ihm oft eine Teilnahme an der Schlacht bei Breitenfeld 1631 und der Schlacht bei Lutzen 1632 nachgesagt Tatsachlich handelte es sich aber hierbei um seinen jungeren Vetter Johann Jakob von Thurn Befehlshaber des sogenannten Schwarzen Regiments nbsp Kupferstich mit dem Portrat Heinrich Matthias von Thurn aus Theatrum Europaeum von 16621631 ruckte er im Gefolge des sachsischen Feldmarschalls Hans Georg von Arnim Boitzenburg begleitet von zahlreichen Emigranten in Bohmen ein im selben Jahr war er an der Herstellung eines geheimen Gesprachskanals zwischen Gustav Adolf und Wallenstein beteiligt der von dessen Schwager Trcka eingefadelt wurde Als Arnim 1632 von Wallenstein wieder aus Bohmen herausgedrangt wurde zog Thurn wieder mit Er misstraute Arnim zutiefst den er verdachtigte mit Wallenstein einen Ausgleich zwischen den deutschen Protestanten und dem Kaiser auf dem Rucken der bohmischen Emigranten zu suchen Nachdem Gustav Adolf 1632 in der Schlacht bei Lutzen gegen Wallenstein gefallen war ernannte der schwedische Reichskanzler Axel Oxenstierna 1633 Thurn zum Fuhrer eines kleinen schwedischen Korps von etwa 6 000 Mann das tatsachlich ein bohmisch protestantisches Emigrantencorps war 2 Mit diesem ruckte Thurn in das von Arnim im Vorjahr besetzte Schlesien ein Zweck war die Sachsen zu unterstutzen gegen die Kaiserlichen gleichzeitig ein Auge auf das benachbarte Polen zu haben und die Sachsen zu kontrollieren bzw zu bekampfen falls sie sich mit den Kaiserlichen verstandigen sollten 3 Er war an den von Emigranten darunter Wilhelm Kinsky betriebenen diskreten Kontakten zwischen Wallenstein und Oxenstierna beteiligt Im Sommer 1633 traf er sich wie auch Arnim wahrend eines Waffenstillstands in Schlesien mit Wallenstein zu Verhandlungen Am 11 Oktober 1633 wurde das Korps Thurns bei Steinau an der Oder vom Heer Wallensteins eingeschlossen und er selbst gefangen genommen dabei zeigte er sich als sehr unfahiger Heerfuhrer Thurn wurde jedoch nach militarischen Zugestandnissen an Wallenstein Ubergabe aller schlesischer Festungen wieder frei gelassen was am kaiserlichen Hof in Wien grosse Emporung ausloste und die Stimmung gegen Wallenstein verstarkte 4 Thurn zog sich danach ins Privatleben zuruck das er in Pernau im damals schwedischen Livland verbrachte Dort starb er am 28 Januar 1640 und fand seine Grabstatte im Dom zu Reval In seiner in Schweden verfassten Defensionsschrift beschrieb Thurn die Ereignisse von 1618 als verantwortungsbewusste Verteidigung des eigenen Glaubens Schriften BearbeitenZwey denckwurdige Sendschreiben I Eines Engelandischen vom Adel an seiner guten Freund und Landleut einen unlangsten abgangen Auss welchem alle Umbstande derer den 8 Novembr dess verschienen 1620 Jahrs ergangenen Pragerischen Niderlage zu sehen unnd wannenhero dieselbe ursprunglich verursacht worden II So Graf Heinrich Matthes vom Thurn et c an einen furnehmen Oesterreichischen Landherrn wegen besagter Niderlag vor Prag unnd seines vorhabenden Kriegszugs et c sub dato Newhausel den 14 Iulii dieses 1621 Jahrs abgehen lassen Digitalisat in Bayerische Staatsbibliothek Digital Munchener DigitalisierungszentrumLiteratur BearbeitenPeter Engerisser Von Kronach nach Nordlingen Der Dreissigjahrige Krieg in Franken Schwaben und der Oberpfalz 1631 1636 2 uberarbeitete verbesserte und erweiterte Auflage Spathling Weissenstadt 2007 ISBN 978 3 926621 56 6 S 273 283 Jorg Peter Findeisen Der Dreissigjahrige Krieg eine Epoche in Lebensbildern Verlag Styria Graz u a 1998 S ISBN 3 222 12643 7 138 143 Hermann Hallwich Thurn Valsassina Matthias Graf von In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 39 Duncker amp Humblot Leipzig 1895 S 70 92 Hans Sturmberger Aufstand in Bohmen Der Beginn des Dreissigjahrigen Krieges Janus Bucher Bd ISSN 0447 3485 Oldenbourg Munchen u a 1959 Constantin von Wurzbach Thurn Valsassina Heinrich Matthias In Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich 45 Theil Kaiserlich konigliche Hof und Staatsdruckerei Wien 1882 S 104 Digitalisat Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Heinrich Matthias von Thurn Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Kurzbiographie auf WER war WER im Dreissigjahrigen KriegEinzelnachweise Bearbeiten Historische vierteljahrschrift 1889 S 172 Golo Mann Wallenstein Sein Leben Frankfurt am Main 2016 zuerst 1971 S 903 Golo Mann ebd S 900 Cicely Veronica Wedgwood Der Dreissigjahrige Krieg Cormoran Verlag GmbH Lizenzausgabe 1999 Paul List Verlag Munchen 1967 ISBN 3 517 09017 4 S 307 Normdaten Person GND 12132141X lobid OGND AKS LCCN n84142309 VIAF 59937391 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Thurn Heinrich Matthias vonALTERNATIVNAMEN Thurn Heinrich Matthias Graf vonKURZBESCHREIBUNG Hauptfuhrer des bohmischen AufstandesGEBURTSDATUM 24 Februar 1567GEBURTSORT Schloss Lipnitz BohmenSTERBEDATUM 28 Januar 1640STERBEORT Pernau Livland Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Heinrich Matthias von Thurn amp oldid 238133509