www.wikidata.de-de.nina.az
Die Bohmische Kammer war eine Behorde zur Verwaltung der koniglichen Finanzen im Konigreich Bohmen Sie wurde 1527 eingerichtet und bestand bis zu einer Verwaltungsreform im Jahr 1745 Sie unterstand der Hofkammer in Wien Ihr Sitz war in Prag Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 2 Aufgaben 3 Weitere Entwicklung 4 Literatur 5 EinzelnachweiseEntstehung BearbeitenObwohl die bohmischen Lander zu Beginn des 16 Jahrhunderts zu den bedeutsamsten europaischen Silberproduktionsgebieten zahlten verfugten die Jagiellonen uber keine ausreichenden Machtinstrumente um die konigliche Kammer zu fullen Altere Konigsguter wurden langfristig verpfandet Einnahmen aus dem Herrscherregal wurden von den Fuhrern der Adelsgruppierungen kontrolliert Zu den Glaubigern des Konigs gehorten die grossten Magnaten die ihre finanziellen Forderungen an die konigliche Kammer rucksichtslos dazu ausnutzten Beute zu machen Die damalige Krise der koniglichen Macht und das Ubergewicht der standischen Verwaltung der Lander der Bohmischen Krone spiegelte sich wesentlich in einer Plunderung der Haupteinnahmequellen des Konigshofes wider 1 Die Verwaltung des Kammerguts oblag dem Oberstlandkammerer der zugleich Mitglied des Herrenstands war Als der Habsburger Ferdinand I 1526 zum Bohmischen Konig gewahlt wurde stand es folglich um die Einkunfte der Krone schlecht Die meisten koniglichen Domanen waren verpfandet Das Munzrecht befand sich zum Teil in den Handen einzelner Adelsgeschlechter und die standischen Landtage bewilligten kaum Steuern Wenn sie Abgaben genehmigten wurden diese zum grossten Teil von den Standen einbehalten und zur Schuldentilgung verwendet Daher ist es insgesamt verstandlich dass Konig Ferdinand I gleich in den ersten Jahren nach der Besteigung des bohmischen Throns mit ausserordentlicher Energie bemuht war diese Situation zu andern und ein neues Steuersystem durchzusetzen das der koniglichen Kammer hohere und falls moglich regelmassigere Einnahmen bescherte 1 Ferdinand war sich bewusst dass er die konigliche Gewalt nur wurde starken konnen wenn er Ordnung in das Finanzwesen brachte sich neue Einkommensquellen erschlosse und den Einfluss der Stande auf die Finanzverwaltung der Krone verringerte Eine seiner ersten Regierungshandlungen noch vor der Kronung zum Bohmischen Konig war daher die Einrichtung der Bohmischen Kammer Die neue Behorde war allein dem Herrscher unterstellt und arbeitete als kollegiale Behorde unter der Fuhrung des Kammerprasidenten Neben diesem gehorten ihr zunachst vier Rate als leitende Beamte und etwa ein Dutzend untergeordnete Schreiber an Die erste Kammerordnung erliess der Konig 1527 als er sich zur Kronung in Prag aufhielt Die Ordnung legte Struktur und Aufgaben der neuen Behorde fest Der Oberstkammerer verlor dabei an Bedeutung seit Ferdinand I 1527 einen eigenen Rat der koniglichen Kammer mit sieben von ihm frei einzusetzenden Mitgliedern einrichtete auch die Amter des Unterkammerers wurden dadurch in ihrer Kompetenz praktisch eingeschrankt wahrend das Amt des koniglichen Prokurators aufgewertet wurde da dieser fur die Wiedergewinnung koniglicher Guter und Einkunfte zu sorgen hatte 2 Der Konig berief dazu ganz gezielt einzelne hervorragende Finanzexperten in den Rat wie Christoph von Gendorf Florian Griespek von Griespach Ferdinand besetzte dieses Gremium ebenso wie das Kollegium der Landeshauptleute das ihn bei Abwesenheit sozusagen als Regierungsausschuss zu vertreten hatte aus verschiedenen politischen Gruppierungen so dass keine Partei das Ubergewicht bekam und etwa wie unter den Jagiellonen ihre eigene Regierungspolitik hatte betreiben konnen 3 Aufgaben BearbeitenDie Bohmische Kammer war fur die Einkunfte und die Schulden aller koniglichen Guter innerhalb der bohmischen Krone zustandig Daruber hinaus sollten ihr die dem Konig zustehenden Einnahmen aus den Regalien Zollen Ungelt diversen Gebuhren usw zufliessen Ihre Beamten sollten sich zunachst einen Uberblick verschaffen was dem Konig in Bohmen uberhaupt gehorte und gegebenenfalls Anspruche auf entfremdetes Krongut geltend machen Dann sollten die Kammerrate damit beginnen Aussenstande konsequent einzutreiben Sie sollten einerseits verpfandete Guter auslosen und andererseits Vorschlage unterbreiten auf welchen Besitz man noch Gelder leihen konnte Der Zustandigkeitsbereich der Kammer erstreckte sich bis 1564 auf alle bohmischen Kronlander dann wurde eine eigene Schlesische Kammer gebildet Die Kammer war das zentrale Organ das die Finanzpolitik des Konigs stutzen sollte Schon 1527 hatte sie Ferdinand so reorganisiert dass sie durch klare Kompetenzzuweisungen und durch deutliche Funktionstrennung zwischen den einzelnen Kammerraten fur ihre Aufgaben effizienter gestaltet wurde Sie sollte zusammen mit dem sogenannten koniglichen Prokurator fur den Ruckkauf der verpfandeten Kronguter und uberhaupt fur die Tilgung der Kronschulden sorgen und im Ubrigen alle Einkunfte der Krone verwalten und fur ihre Eintreibung sowie die okonomische Amelioration der Kammerguter sorge 3 Weitere Entwicklung BearbeitenBei all diesen Neuordnungen hatte der Konig das Gesetz des Handelns an sich gerissen Infolge der ausgedehnten Tatigkeit der Kammer die ihre Kompetenz in der Praxis auf alle okonomischen und politischen Bereiche ausweitete gewann der Konig erheblich mehr Einfluss auf die gesamte Landesverwaltung auf Kosten der Landesbeamten und der Stande die der Kammerverwaltung gegenuber zunehmend feindlich eingestellt waren 1530 steigerte und prazisierte er in einer zweiten Instruktion die Tatigkeit der Kammer erneut 4 Nach dem Bohmischen Standeaufstand von 1546 47 den Ferdinand I niederschlagen konnte wurde das ewige Biergeld als wichtige neue Steuer eingefuhrt Ihre Erhebung betraf nur die koniglichen Stadte und war von der Bewilligung der Landtage unabhangig Deshalb floss das ewige Biergeld direkt in die Bohmische Kammer 1564 wurden die koniglichen Finanzen in Schlesien an die neu gegrundete Schlesische Kammer in Breslau uberwiesen und aus dem Zustandigkeitsbereich der Bohmischen Kammer ausgegliedert Beim Tod Ferdinands I war die Bohmische Kammer bereits hoch verschuldet Auch unter den Kaisern Maximilian II und Rudolf II konnten ihre Finanzen nicht saniert werden und der Schuldenstand stieg unaufhaltsam weiter Nach 1575 drohte mehrfach die Zahlungsunfahigkeit der Behorde Als nach der Niederschlagung des Bohmischen Standeaufstands 1621 23 die Guter der Aufstandischen eingezogen wurden floss der Erlos aus Verkaufen eines Teils dieser Guter der Bohmischen Kammer zu Durch die Verwaltungsreformen der Kaiserin Maria Theresia wurde die Bohmische Kammer 1745 aufgehoben Literatur BearbeitenVaclav Pesak Dejiny kralovske ceske komory od roku 1527 Geschichte der koniglich Bohmischen Kammer seit dem Jahre 1527 Ministerstvo vnitra republiky ceskoslovenske Prag 1930 Sbornik Archivu ministerstva vnitra republiky ceskoslovenske 3 Antonin Rezek Geschichte der Regierung Ferdinand I in Bohmen J Otto Prag 1878 Alternativprasentation bei Internet Archive Anton Gindely Geschichte der bohmischen Finanzen von 1526 bis 1618 Wien 1868 Alternativprasentation durch Bayerische Staatsbibliothek Petr Vorel Fruhkapitalismus und Steuerwesen in Bohmen 1526 1648 In Anzeiger Osterreichische Akademie der Wissenschaften Philosophisch historische Klasse Wien 2002 137 2002 1 S 167 182 Eduard Maur Die Bohmische Kammer und die Kammerguter in Bohmen In Michael Hochedlinger Petr Mata Thomas Winkelbauer Hrsg Verwaltungsgeschichte der Habsburgermonarchie in der Fruhen Neuzeit Band 1 Teilband 1 Bohlau Wien 2019 S 896ffEinzelnachweise Bearbeiten a b Petr Vorel S 172 Winfried Eberhard Monarchie und Widerstand Zur standischen Oppositionsbildung im Herrschaftssystem Ferdinands I in Bohmen Veroffentlichungen des Collegium Carolinum Band 54 Oldenbourg Munchen 1985 ISBN 3 486 51881 X Zugleich Bochum Universitat Habilitations Schrift 1982 Digitalisat bereitgestellt von Bayerischer Staatsbibliothek S 59 a b Winfried Eberhard S 175 Winfried Eberhard S 176 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bohmische Kammer amp oldid 236405002