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Der Gunzenle Gunzenle auch Gunzenlee war ein historisch bedeutsamer und legendarer Hugel auf dem Lechfeld am Ostufer des Lechs einige Kilometer sudlich von Augsburg Ein Hochwasser des Lechs hat ihn im 15 Jahrhundert abgetragen so dass seine Lage nicht mehr ganz genau bestimmt werden kann Er war ein Versammlungsplatz des deutschen Reiches an der Grenze von Bayern und Schwaben In der Nahe des mutmasslichen vorgeschichtlichen Grabhugels wurde 955 die Schlacht auf dem Lechfeld geschlagen in der das Reichsheer die Ungarn besiegte Am 29 Mai 1127 heirateten auf dem Gunzenle der Welfe Heinrich der Stolze seit 1126 Herzog von Bayern und Gertrud von Sachsen die einzige Tochter Konig Lothars III Lothar von Supplinburg Geschichte und Funktion BearbeitenDer Gunzenle war moglicherweise ursprunglich ein besonders machtiger hallstattzeitlicher Grabhugel der im flachen Lechfeld als Landmarke von Bedeutung war Reste eines ausgedehnten spatkeltischen Grabhugelfeldes sind nordwestlich von Kissing erhalten bzw durch die Luftbildarchaologie Otto Braasch nachgewiesen Auch wahrend des Fruhmittelalters wurden hochgestellte Personlichkeiten wieder in Grabhugeln bestattet so etwa Childerich I der Konig der Salfranken 482 Die Endung le erhoht aufgeturmt deutet auf einen solchen wohl hallstattzeitlichen Grabhugel hin In der naheren Umgebung haben sich zahlreiche Beispiele solcher Begrabnisstatten erhalten Eines der grossten erhaltenen derartigen Graberfelder liegt im Heilachwald zwischen Kissing und Bachern Vergleichbare Hugel haben einen Basisdurchmesser von bis zu 50 m und sind oft funf bis sechs Meter hoch erhalten Einige Historiker nahmen eine spatere Funktion des Gunzenle als Thing bzw Dingstatte an Solche Volks und Gerichtsversammlungen lassen sich aber in den Quellen an diesem Ort nicht belegen Ob bereits die Ungarn hier vor der Schlacht auf dem Lechfeld ihr Lager aufgeschlagen hatten bleibt spekulativ Im mittelhochdeutschen Heldenepos Biterolf und Dietleib diente das Gelande um den Hugel schon den Hunnen als Lager und Sammelplatz Die hunen sach man muten wie sy vbers Lech sollten komen Herberge het jn da genomem der marschalck bey dem Guntzen le Auf der Ruckreise sollen die Krieger Konig Etzels wieder hier gerastet haben untz an den Guntzen le da sy zusamen komen eeDas Gelande um den Grabhugel wurde sogar von Karl dem Grossen mehrmals als Rastplatz benutzt Der Herrscher hielt in seinen ersten Regierungsjahren noch an den nomadischen Gewohnheiten seiner Vorganger fest Rudolf Portner Im Hochmittelalter diente der Gunzenle mehrmals als Lagerplatz der deutschen Kaiser bei ihren Italienzugen Das in der Nahe der Stadt Augsburg gelegene ebene Lechfeld bot genugend Weideflachen und Trinkwasser In der Nahe verliefen wichtige romische und mittelalterliche Strassenverbindungen So zog 1236 auch Friedrich II von hier aus apud Gunzenle in castris uber die Alpen Auch als Versammlungsort bei Hoftagen unter den Welfen und Staufern wurde das Areal mehrmals verwendet Vom 22 bis 29 Mai 1127 fanden hier die Hochzeitsfeierlichkeiten Heinrichs des Stolzen und der Kaisertochter Gertrud statt 1197 heiratete Herzog Philipp von Schwaben die byzantinische Kaisertochter Irene am Gunzenle Aus diesem Anlass wurde auch eine feierliche Schwertleite abgehalten bei der zahlreiche Krieger zu Rittern erhoben wurden 1264 stellte der Staufer Konradin apud Augustam in campo Lici in Guncenlen einen Schutzbrief fur die Augsburger Burgerschaft aus Mit dem Untergang der Staufer endete auch die Italienpolitik der deutschen Kaiser Der Gunzenle verlor seine fruhere Bedeutung als Heerlager und Sammelplatz Wahrscheinlich zog jedoch nochmals Rupprecht von der Pfalz 1401 von hier aus nach Italien bey uns an der Herberge sin umbe Augspurg off dem Lech Einladungsschreiben an die Reichsstande Lage Bearbeiten Der 1968 bei St Afra aufgefundene Steinsitz steht heute in einer kleinen Grunanlage in der Nahe des Meringer SchlossesUber die genaue Lage dieses mittelalterlichen Versammlungsplatzes ist in der Vergangenheit viel diskutiert und gestritten worden Lokalhistoriker der umliegenden Gemeinden Augsburg Friedberg Kissing und Mering versuchten den Gunzenle auf dem Gebiet ihrer Heimatorte zu lokalisieren In den zeitgenossischen Quellen wird er allerdings mit keinem dieser Orte in direkten Zusammenhang gestellt Erst im Friedberger Salbuch von 1420 erscheint er als Grenzmarke Ein Gunzenbuhel hat sich noch in geringen Resten westlich der Bahnstrecke Munchen Augsburg auf der Hohe des Schwabhofes bei Hochzoll erhalten Dieser Ersatzhugel soll aber erst nach dem Verlust des ursprunglichen Gunzenle von den Burgern der Stadt Friedberg aufgeschuttet worden sein Ein Flurstuck im Bereich des Schwabhofes westlich der Bahnlinie zwischen dem Schwabhof und Gut Lindenau tragt den Namen Hoher Berg Acker Die Luftbildarchaologie konnte hier neben der Bahnlinie eine ovale Grabenanlage unbekannter Zeitstellung nachweisen Der hintere Teil des Bodendenkmales wurde von einem Hochwasser weggespult Unmittelbar vor der Grabenanlage kreuzt ein Teilstuck einer Romerstrasse die Schienen Als drittes Gelandedenkmal zeichnet sich ein Grabhugel ab der allerdings teilweise von der Strasse uberschnitten wird Dieser Grabhugel konnte mit dem Hugel mit den drei Kreuzen identisch sein der in einigen alteren Quellen erwahnt wird Der historische Gunzenle ist bereits im 15 Jahrhundert den zahlreichen Uberschwemmungen und Verlagerungen des damals noch unregulierten Lechs zum Opfer gefallen 1435 soll die Schneeschmelze ungewohnlich stark gewesen sein und bis zum Juli angehalten haben 1968 wurden westlich der Siedlung St Afra Mering einige grosse Sandsteinquader gefunden die zusammengesetzt einen Steinsitz ergaben Solche Sitze sind auf einigen mittelalterlichen Versammlungsplatzen nachgewiesen oder erhalten Der Gunzenle konnte also tatsachlich ein Dingplatz gewesen sein Einige hundert Meter nordostlich ist ein Erdwerk unbekannter Zeitstellung nachgewiesen Der Kesselboden zwischen dem Fundort des Steinsitzes und der heutigen Siedlung ware als hochwasserfreies Tuffhochlager als Lager und Versammlungsplatz gut geeignet In seiner Nahe lag der Konigshof Mering von dem aus der Gunzenle gut zu versorgen gewesen ware Manchmal wird auch die sehr gut erhaltene hochmittelalterliche Turmhugelburg sudlich von Altkissing Burgstall Kissing mit dem Gunzenle in Verbindung gebracht Eine Funktion der edelfreien Herren von Kissing als Verwalter oder Beschutzer der Versammlungsstatte ist sicherlich nicht vollig auszuschliessen Im 19 Jahrhundert wurde der machtige Turmhugel sogar fur den Gunzenle selbst gehalten Der Kissinger Chronist und Vikar Matthias Graf wollte gar den nordlich vorgelagerten Kirchberg als Standort identifizieren Eine mogliche Schutzfunktion fur den Gunzenle konnte die grosse welfische Burganlage Mergenthau ausgeubt haben deren Wallanlagen noch teilweise um das barocke Schlossgut erhalten blieben Die Burg liegt unmittelbar neben einer mutmasslichen fruhmittelalterlichen Ungarnschutzburg Ringwall im Ottmaringer Holz auf der Lechleite sudostlich von Kissing Alle diese Standortsbestimmungsversuche mussen allerdings mangels aussagekraftiger archaologischer Befunde spekulativ bleiben Die einschlagige Heimatliteratur hierzu ist durchgehend stark vom Lokalpatriotismus gepragt und nicht immer objektiv Sogar die grosse Ungarnschlacht des Jahres 955 lasst sich in diesem Gebiet bislang archaologisch nicht nachweisen Literatur BearbeitenMatthias Graf Adelheid Hoechstetter Muller Geschichte der Hofmark Kissing an der Paar eine lokalhistorische Studie Neu bearbeitet und herausgegeben von Adelheid Hoechstetter Muller Augsburg 2008 ISBN 978 3 89639 632 7 G Kreuzer Die Hoftage der Konige in Augsburg im Fruh und Hochmittelalter In Pankraz Fried Hrsg Bayerisch schwabische Landesgeschichte an der Universitat Augsburg 1975 1977 Sigmaringen 1979 Martin Schallermeir Der Gunzenle stand auf Meringer Boden In Mering Aus Vergangenheit und Gegenwart Mering 1983 Erich Unglaub Der Gunzenle In Kissing Geschichte und Gegenwart Kissing 1983 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gunzenle amp oldid 194290628