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Daniel Clement Dennett 28 Marz 1942 in Boston ist ein US amerikanischer Philosoph und gilt als einer der fuhrenden Vertreter in der Philosophie des Geistes Er ist Professor fur Philosophie und Direktor des Zentrums fur Kognitionswissenschaft an der Tufts University Daniel Dennett 2006 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Lehre 2 1 Der naturalistische Blick auf den Menschen 2 2 Eine empirische Erklarung des Bewusstseins 2 3 Qualia Eliminativismus 2 4 Intentionalitat 2 5 Freiheit und Selbst 3 Auszeichnungen 4 Dokumentarfilm 5 Schriften 6 Literatur 7 Weblinks 8 QuellenangabenLeben Bearbeiten1963 schloss Daniel Dennett sein Studium in Harvard mit einem Bachelor in Philosophie ab Anschliessend zog er nach Oxford um mit dem Philosophen Gilbert Ryle zusammenzuarbeiten bei dem er 1965 in Philosophie promovierte Von 1965 bis 1971 lehrte er an der University of California Irvine Es folgten Gastprofessuren in Harvard Pittsburgh Oxford der Ecole normale superieure de Paris der London School of Economics and Political Science und der American University of Beirut Danach ging er an die Tufts University wo er seitdem lehrt Er erhielt zwei Guggenheim Stipendien ein Fulbright Stipendium und ein Stipendium des Center for Advanced Study in the Behavioral Sciences Dennett ist Mitglied im Committee for Skeptical Inquiry und der American Academy of Arts and Sciences 1987 gewahlt Seit 2009 ist er Fellow der American Association for the Advancement of Science Dennett lebt mit seiner Frau Susan Bell Dennett in North Andover Massachusetts und hat mit ihr zwei Kinder 1 Lehre BearbeitenDer naturalistische Blick auf den Menschen Bearbeiten Der Mensch ist ein naturliches Wesen das im Prozess der Evolution aus der Tierwelt hervorgegangen ist Dies ist nach Dennett Darwins gefahrliche Idee 1995 die uns zu einem naturalistischen Blick auf den Menschen zwinge Das heisst so Dennett dass es in Bezug auf das Wesen des Menschen nichts grundsatzlich Ratselhaftes gebe nichts was die Naturwissenschaften nicht im Prinzip erklaren konnten Diese generelle Position hat laut Dennett zur Folge dass die Evolutionstheorie auch in der Erklarung des menschlichen Verhaltens und Denkens eine zentrale Rolle spielt Da sich die kulturelle Evolution jedoch nicht durch Genselektion erklaren lasst ist Dennett zu einem bekannten Vertreter des Memkonzepts geworden Meme sind fur Dennett die Analoga von Genen in der kulturellen Evolution Dennett beschreibt sich als Atheisten allerdings sei er sich bei seiner Gottesablehnung nur genauso gewiss wie bei anderen unuberprufbaren Aussagen auch wie z B Russells Teekanne Dennett gehort den Brights an welche sich als eine Gruppe von Menschen mit einem naturalistischen Weltbild verstehen Als das Konzept der Brights 2003 aufkam verfasste Dennett auch einen Artikel The Bright Stuff in der New York Times 2 Den Artikel begann er mit folgenden Worten Die Zeit ist reif fur uns Brights uns zu bekennen Was ist ein Bright Ein Bright ist eine Person mit einem naturalistischen Weltbild frei von Ubernaturlichem Wir Brights glauben nicht an Geister Elfen oder den Osterhasen oder an Gott Eine empirische Erklarung des Bewusstseins Bearbeiten Dennett wurde in seinem Studium von der Philosophie Descartes stark beeindruckt Er versucht aber nun zu zeigen warum Descartes Annahmen uber das Bewusstsein falsch sind Dennett lehnt den cartesischen Dualismus ab und vertritt den Funktionalismus Seine Annaherung an eine Erklarung des Bewusstseins lautet 3 Der bewusste menschliche Geist ist so etwas wie eine sequentielle virtuelle Maschine die ineffizient auf der parallelen Hardware implementiert ist die uns die Evolution beschert hat Mit dem von ihm gepragten Begriff eines Cartesischen Theaters begegnet er auch der Vorstellung im Gehirn gebe es eine zentrale Stelle an der neuronale Prozesse in Bewusstseinsinhalte umgesetzt werden Nach Dennett ist Bewusstsein weniger wie Fernsehen sondern eher wie Ruhm 4 wobei ein weniger missverstandlicher Begriff der englische Slangausdruck clout ist der im Deutschen keine exakte Entsprechung habe 5 Qualia Eliminativismus Bearbeiten nbsp Daniel Dennett im Oktober 2008Dennett argumentiert dass sich das Bewusstsein durch die Neuro und Kognitionswissenschaften in Zukunft restlos erklaren liesse Ein klassisches Problem ist der Erlebnisgehalt die Qualia von mentalen Zustanden Wenn man sich mit einer Nadel in die Hand sticht so fuhrt das nicht nur zu bestimmten Aktivitaten im Gehirn und letztlich zu einem bestimmten Verhalten es tut auch weh es hat ein Quale so der Singular zu Qualia Die Tatsache dass es weh tut und die Aktivitaten im Gehirn nicht ablaufen ohne dass dabei ein Schmerzempfinden entsteht lassen Dennett zu dem Schluss kommen dass jedes Bewusstseinserlebnis an einen neurologischen Prozess gekoppelt ist Dennett bezieht sich hier auf Formulierungen des Qualia Problems wie es etwa von Thomas Nagel Joseph Levine und David Chalmers vorgebracht wurde Die meisten naturalistisch eingestellten Philosophen versuchen zu zeigen warum Erleben aus bestimmten Gehirnprozessen funktionalen Zustanden oder Ahnlichem entsteht Dennett dagegen ist der Meinung dass es sich bei dem Qualiaproblem um ein Scheinproblem handelt Dennett zeigt anhand der Analyse eines empirischen Experimentes in Bezug auf Veranderungsblindheit dass Behauptungen uber Qualia entweder aus der Heterophanomenologie zuganglich oder aber auch aus der Erste Person Perspektive unzuganglich sind 6 Intentionalitat Bearbeiten Doch der Erlebnisgehalt ist nicht das einzige Phanomen das das Bewusstsein ratselhaft erscheinen lasst Menschen sind nicht nur erlebende sondern auch denkende Wesen Philosophen diskutieren diese Tatsache unter dem Begriff Intentionalitat welche durch ihre Gerichtetheit gekennzeichnet ist Der Gedanke p ist auf den Sachverhalt P gerichtet Das macht ihn auch wahr oder falsch Der Gedanke dass Herodot ein Historiker war ist offenbar wahr und zwar deshalb weil der Gedanke auf einen realen Sachverhalt gerichtet ist Doch dies wirft die Frage auf wie Menschen intentionale Zustande haben konnen denn Gehirnaktivitaten konnen nicht wahr oder falsch sein genauso wenig wie sich elektrische Impulse im Gehirn auf Herodot und die Tatsache dass er Historiker war richten konnen Die meisten naturalistisch gesinnten Philosophen versuchen nun zu zeigen dass dies doch in irgendeiner Weise moglich ist Dennett hingegen macht darauf aufmerksam dass wir Systeme in verschiedener Weise beschreiben konnen Zunachst gibt es eine physikalische Einstellung Man kann ein System in seinen physischen Eigenschaften beschreiben und so sein Verhalten vorhersagen Das Verhalten eines Systems in physikalischer Einstellung vorherzusagen wird jedoch oft aus Komplexitatsgrunden nicht moglich sein An dieser Stelle kann man zu einer funktionalen Einstellung greifen Um eine Uhr zu verstehen und ihr Verhalten zu prognostizieren muss man nur den Bauplan kennen die konkrete physische Realisierung kann vernachlassigt werden Doch manchmal sind Systeme sogar zu komplex um ihnen in funktionaler Einstellung beizukommen Dies gilt etwa fur uns Menschen oder fur Tiere Hier greift die intentionale Einstellung Das Verhalten eines Systems wird erklart indem man ihm Gedanken zuspricht So sagt man etwa auch das Verhalten von Schachcomputern voraus Er denkt dass ich den Turm opfern will Dennetts Antwort auf das Intentionalitatsproblem lautet Ein Wesen hat dann intentionale Zustande wenn sein Verhalten mit einer intentionalen Einstellung vorausgesagt werden kann Menschen sind in diesem Sinne intentionale Systeme aber auch Schachcomputer haben diesen Status Dennetts Position wird auch Instrumentalismus genannt in dem das Konzept Intentionalitat eine nutzliche Fiktion ist In seinen neueren Arbeiten hat Dennett diese Position zum Teil revidiert Er nennt sich nun einen schwachen Realisten und meint dass intentionale Zustande so real wie zum Beispiel Muster seien Man denke an einen Teppich Das Muster auf ihm ist nicht im gleichen Sinne real wie der Teppich selbst Dennoch ist das Muster nicht einfach nur eine nutzliche Fiktion Freiheit und Selbst Bearbeiten Das naturalistische Programm wird oft mit Unbehagen betrachtet denn scheinbar greift es die klassischen Auffassungen von Freiheit und Selbstverstandnis an Auch wenn Dennett sich im Allgemeinen nicht scheut weitgehende Konsequenzen aus dem naturalistischen Programm zu ziehen so verteidigt er doch bis zu einem gewissen Grade die Begriffe Freiheit und Selbst Um die Frage zu beantworten ob Menschen frei sind muss zunachst geklart werden was unter dem Begriff Freiheit zu verstehen ist Wenn unter Freiheit die partielle Unabhangigkeit von den Naturgesetzen verstanden wird sind wir nach Dennett nicht frei Wenn unter Freiheit jedoch das Wollen und Handeln nach bestem Wissen und Gewissen verstanden wird konne man sich tatsachlich Freiheit zusprechen Dennett favorisiert die zweite Lesart Eine ahnliche Situation sieht Dennett auch in Bezug auf das Selbst Wenn unter Selbst eine immaterielle Substanz wie die Seele oder ein allgemeines funktionelles Zentrum im Gehirn verstanden wird so gibt es nach Dennett kein Selbst Dennoch haben Menschen laut Dennett alle in einem anderen Sinne ein Selbst In den Lebensgeschichten der Menschen bildeten sich Leitmotive Wiederholungen herausstechende Merkmale So konstituiere sich ein Selbst das Dennett auch als das Zentrum der narrativen Gravitation oder Erzahlschwerpunkt center of narrative gravity bezeichnet Es konne nur dadurch sein dass der Mensch eine Sprache der Worte oder der Gebarden spreche 7 Auszeichnungen Bearbeiten2001 Jean Nicod Preis 2004 Humanist of the Year Award 2007 Richard Dawkins Award 2012 ErasmuspreisDokumentarfilm BearbeitenDennett ist einer der Protagonisten in den Dokumentarfilmen The Atheism Tapes 2004 von Jonathan Miller auf The Atheism Tapes beinhaltet Interviews mit sechs bedeutenden Personlichkeiten aus dem Bereich Philosophie und Naturwissenschaften Dennett aussert sich in einem etwa halbstundigen Interview zum Thema Religion und Atheismus Er wird im Dokumentarfilm I Pastafari A Flying Spaghetti Monster Story 2019 interviewt Schriften BearbeitenContent and Consciousness Routledge amp Kegan Paul Humanities Press London New York 1969 Brainstorms Philosophical Essays on Mind and Psychology Bradford Books and Hassocks Montgomery VT 1978 mit Douglas R Hofstadter The Mind s I Fantasies and Reflections on Self and Soul Basic Books New York 1981 deutsch Einsicht ins Ich Fantasien und Reflexionen uber Selbst und Seele Klett Cotta 5 Aufl Stuttgart 2001 ISBN 3 608 93038 8 Elbow Room The Varieties of Free Will Worth Wanting Bradford Books MIT Press Cambridge MA 1984 deutsch Ellenbogenfreiheit Die wunschenswerten Formen von freiem Willen Beltz Athenaum 2 Aufl 1994 The Intentional Stance Bradford Books MIT Press Cambridge MA 1987 Consciousness Explained Little Brown Boston 1991 deutsch Philosophie des menschlichen Bewusstseins Ubers von Franz M Wuketits Hoffmann und Campe Hamburg 1994 ISBN 3 455 08446 X Darwin s Dangerous Idea Evolution and the Meanings of Life Simon amp Schuster New York 1995 deutsch Darwins gefahrliches Erbe Die Evolution und der Sinn des Lebens Hoffmann amp Campe Hamburg 1997 ISBN 3 455 08545 8 Kinds of Minds Basic Books New York 1996 deutsch Spielarten des Geistes wie erkennen wir die Welt Ein neues Verstandnis des Bewusstseins Goldmann Munchen 2001 ISBN 3 442 15111 2 Brainchildren Essays on Designing Minds MIT Press Bradford Book 1998 Freedom Evolves Allen Lane Publishers 2003 Sweet Dreams Philosophical Obstacles To A Science Of Consciousness MIT Press Bradford Book 2005 deutsch Susse Traume Die Erforschung des Bewusstseins und der Schlaf der Philosophie Suhrkamp Frankfurt 2007 ISBN 978 3 518 58476 7 Rezension von Michael Pauen Breaking the Spell Religion as a Natural Phenomenon Viking Books 2006 deutsch Den Bann brechen Religion als naturliches Phanomen Insel Frankfurt 2008 ISBN 978 3 458 71011 0 mit Max Bennett Peter Hacker John Searle Neuroscience and Philosophy Brain Mind and Language Columbia Univ Press New York 2007 ISBN 0231140444 8 Neurowissenschaft und Philosophie Gehirn Geist und Sprache Einleitung und Schlussbetrachtung von Daniel Robinson Ubersetzung von Joachim Schulte Suhrkamp Berlin 2010 9 ISBN 978 3518585429 Science and Religion Are they Compatible mit Alvin Plantinga Oxford University Press 2010 ISBN 978 0 19 973842 7 Von den Bakterien zu Bach und zuruck Die Evolution des Geistes Aus dem Amerikanischen von Jan Erik Strasser Suhrkamp Berlin 2018 ISBN 978 3 518 58716 4 Literatur BearbeitenBo Dahlbom Hrsg Dennett and His Critics Demystifying Mind Philosophers and Their Critics Blackwell Oxford 1993 Don Ross Andrew Brook and David Thompson Hrsg Dennett s Philosophy A Comprehensive Assessment MIT Press Cambridge Mass 2000 John Symons On Dennett Wadsworth Philosophers Series Wadsworth Belmont California 2002 ISBN 0 534 57632 X Andrew Brook Don Ross Hrsg Daniel Dennett Cambridge University Press 2002 Matthew Elton Daniel Dennett Polity Press 2003 Christian Tewes Grundlegungen der Bewusstseinsforschung Studien zu Daniel Dennett und Edmund Husserl Alber Munchen 2007 ISBN 978 3 495 48235 3 Tadeusz Zawidzki Dennett Oneworld Oxford 2007 ISBN 978 1 85168 484 7 David L Thompson Daniel Dennett Contemporary Amerciavn Thinkers Continuum New York 2009 ISBN 978 1 8470 6007 5 Bryce Huebner Hrsg The Philosophy of Daniel Dennett Oxford University Press 2018 ISBN 978 0 19 936751 1 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Daniel Dennett Album mit Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wikiquote Daniel Dennett Zitate Literatur von und uber Daniel Dennett im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Dennetts Homepage Daniel Dennett im Interview bei Sternstunde Philosophie am 18 Februar 2018Quellenangaben Bearbeiten Biografie Daniel C Dennett The Bright Stuff In The New York Times 12 Juli 2003 abgerufen am 18 November 2015 englisch The time has come for us brights to come out of the closet What is a bright A bright is a person with a naturalist as opposed to a supernaturalist world view We brights don t believe in ghosts or elves or the Easter Bunny or God ubersetzt nach Daniel Dennett Consciousness Explained Back Bay Books New York Boston London 1991 S 218 Daniel C Dennett Susse Traume Die Erforschung des Bewusstseins und der Schlaf der Philosophie Suhrkamp Frankfurt 2007 S 155 Daniel C Dennett Susse Traume Die Erforschung des Bewusstseins und der Schlaf der Philosophie Suhrkamp Frankfurt 2007 S 156 Daniel C Dennett Susse Traume Die Erforschung des Bewusstseins und der Schlaf der Philosophie Suhrkamp Frankfurt Main 2007 Daniel C Dennett Hirnentwicklung Kein Bewusstsein ohne Sprache In Spiegel Online 18 September 2008 abgerufen am 18 November 2015 FAZ Rez von Helmut Mayer VerlagsankundigungNormdaten Person GND 119351900 lobid OGND AKS LCCN n81089168 NDL 00437684 VIAF 99825560 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Dennett DanielALTERNATIVNAMEN Dennett Daniel ClementKURZBESCHREIBUNG US amerikanischer PhilosophGEBURTSDATUM 28 Marz 1942GEBURTSORT Boston Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Daniel Dennett amp oldid 234747711