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Alvin Carl Plantinga 15 November 1932 in Ann Arbor Michigan ist ein amerikanischer Philosoph mit Arbeitsschwerpunkten in der Modallogik Erkenntnistheorie und Religionsphilosophie Alvin Plantinga 2009 Inhaltsverzeichnis 1 Biografie 2 Ehrungen 3 Philosophische Positionen 3 1 Modallogik 3 2 Erkenntnistheorie 4 Schriften 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseBiografie BearbeitenPlantinga ist ein Sohn des Philosophen Cornelius A Plantinga und Lettie Bossenbroek die beide aus calvinistischen Kirchen in den Niederlanden stammten Als Kind verbrachte er oft den Sommer bei seinen Grosseltern Bossenbroek die eine Farm zwischen Waupun und Alto in Wisconsin hatten Er begann sein Studium in Harvard aber bereits nach einem Jahr wechselte er ans Calvin College in Grand Rapids in Michigan um bei William Harry Jellema und Henry Stob Philosophie zu studieren Zusatzlich belegte er Kurse in Psychologie die sein Vater unterrichtete 1953 verliess er das Calvin College um an der University of Michigan weiter zu studieren Dort lernte er viel vom Philosophen William K Frankena 1955 heiratete er Kathleen DeBoer sie haben zusammen vier Kinder Mit ihr teilte er auch die Begeisterung fur die Berge und das Bergsteigen 1 1958 wurde Plantinga an der Yale University zum Ph D promoviert nachdem er dort Metaphysik studiert hatte Er lehrte in dieser Zeit bereits an der Wayne State University in Detroit danach in Harvard und an der University of Illinois In Detroit begegnete er Hector Castaneda George Nakhnikian und Edmund Gettier die ihn mit tiefen antitheistischen philosophischen Argumenten konfrontierten 2 Von 1964 bis 1982 war er Professor am Calvin College in Grand Rapids Michigan 1982 bis 2010 an der University of Notre Dame bei South Bend in Indiana Kritisiert wird Plantinga fur seine Nahe zur Intelligent Design Bewegung 3 Ehrungen BearbeitenBereits 1975 wurde Plantinga in die American Academy of Arts and Sciences gewahlt Fur 2017 wurde ihm der mit 1 1 Millionen britischen Pfund dotierte Templeton Preis zugesprochen Philosophische Positionen BearbeitenPlantinga hat zunachst auf dem Gebiet der damals sehr jungen Modallogik geforscht seit den 1970er Jahren beschaftigt er sich zunehmend mit der Erkenntnistheorie und zum Teil auch mit der Philosophie des Geistes Verbindendes Element aller seiner philosophischen Positionen ist aber dass sie allesamt darauf abzielen den Glauben an Gott als zumindest rational vertretbare Position philosophisch zu begrunden Modallogik Bearbeiten Zu Beginn seiner philosophischen Laufbahn beschaftigte sich Plantinga vor allem mit der Modallogik Bekannt ist insbesondere sein Versuch den ontologischen Gottesbeweis von Anselm von Canterbury umzuformulieren sodass sich von der Moglichkeit auf die Notwendigkeit von Gottes Existenz schliessen lasse Dieses Argument macht Gebrauch vom Konzept der metaphysischen Notwendigkeit und setzt ein System moglicher Welten mit transitiven und symmetrischen Zugangsrelationen voraus d h von jeder moglichen Welt aus ist jede andere mogliche Welt auch eine mogliche Welt Seine Variante des ontologischen Gottesbeweises bedient sich zweier Pramissen Erstens gibt es eine mogliche Welt in der ein Wesen oder jedenfalls irgendetwas mit maximaler Grosse und damit maximaler Vollkommenheit existiert Zweitens konne ein Wesen nur dann maximale Grosse besitzen wenn es in jeder moglichen Welt allmachtig allgutig und allwissend sei 4 Gegeben diese Pramissen ergibt sich zwangslaufig dass in jeder moglichen Welt also auch in der realen unserer Welt ein solches Wesen uber diese Eigenschaften verfugen und damit auch existieren musse Dieses Wesen lasst sich nun auch als Gott bezeichnen Plantinga gesteht selbst ein dass niemand gezwungen sei die erste Pramisse zu akzeptieren eine Reflexion des Begriffs konne dies durchaus ergeben nur sei es eben nicht irrational das Gegenteil zu meinen 5 Im Gegensatz dazu gibt es jedoch auch atheistische Argumentationen die Plantingas Schluss als gultig anerkennen jedoch mit dem gleichen Muster von der Falschheit der Notwendigkeit von Gottes Existenz auf die Unmoglichkeit seiner Existenz schliessen 6 Auch die kritische Betrachtung des Arguments von John Leslie Mackie setzt bei dieser Pramisse an Gegeben Plantingas Verstandnis von Moglichkeit sei sie nicht mit der Behauptung vereinbar dass es eine mogliche Welt ohne ein vollkommenes Etwas gebe Da diese Behauptung aber ebenso einsichtig und widerspruchsfrei sei und ein Schluss in beiden Fallen einen Selbstwiderspruch ergebe durfe rational keine der beiden Behauptungen fur wahr gehalten werden 7 Einflussreich ist auch Plantingas Darstellung einer Theodizee mit Hilfe des freien Willens Demzufolge ist es logisch mit der Allmacht Allgutigkeit und Allwissenheit Gottes vereinbar dass es Ubel in der Welt gibt Wie Leibniz herausgearbeitet hat muss dazu angenommen werden dass wir in der besten aller moglichen Welten leben Das bedeutet dass jede Entfernung eines Ubels ein noch grosseres Ubel nach sich ziehen wurde Der freie Wille sei nun ein Gut von dem plausiblerweise behauptet werden konne dass es infolge der Beseitigung vieler Ubel in Mitleidenschaft gezogen werde 8 Auch die Existenz naturlicher Ubel lasse sich zumindest moglicherweise so erklaren dass diese Folgen gefallener Engel und eine notwendige Konsequenz von deren freiem Willen sei 9 Mackies Kritik an dieser Verteidigungsstrategie ist dass sie zwar die logische Moglichkeit der Existenz Gottes retten konne die tatsachliche Existenz aber hochgradig unwahrscheinlich erscheinen lasse 10 Erkenntnistheorie Bearbeiten Seit Ende der 1970er Jahre entwickelte Plantinga seine reformierte Epistemologie Sein Grundgedanke ist dass der Glaube an Gott ein proper basic belief sein kann Proper basic beliefs sind Uberzeugungen die nicht aus anderen Uberzeugungen abgeleitet werden mussen und auch nicht aus anderen Uberzeugungen abgeleitet werden konnen Fur Uberzeugungen wie 2 2 4 Vor meinem Haus steht ein Baum Ich hatte heute morgen Corn Flakes zum Fruhstuck kann ich keine Argumente oder Beweise bringen dennoch konnen diese Uberzeugungen Wissen sein Sie sind basale Uberzeugungen die von einzelnen Modulen unseres kognitiven Vermogens in einer entsprechenden Umgebung gebildet werden Man spricht bezuglich derartiger Positionen meist von epistemischem Fundamentalismus Auch der Glaube an Gott bildet sich nach Plantinga meist auf basale Weise Beim Anblick etwa des Sternenhimmels kann sich spontan die Uberzeugung bilden Gott hat diese Welt geschaffen Nach Plantinga ist es genauso vernunftig diesem Teil unseres Erkenntnisvermogens zu vertrauen wie etwa unserer Erinnerung oder unserem logischen Denken vorausgesetzt es gibt keine zwingenden Argumente dafur dass eine bestimmte Uberzeugung falsch ist Da es solche zwingenden Argumente defeater fur Plantinga in Bezug auf den Glauben an Gott und uberhaupt in Bezug auf den christlichen Glauben nicht gibt halt er diese Glaubensuberzeugungen fur rational gerechtfertigt In jungeren Debatten ist auch Plantingas evolutionares Argument gegen den Naturalismus viel diskutiert Er greift darin naturalistische Positionen an die ohne den Glauben an Gott oder eigenstandige nicht materielle Krafte mithilfe der Evolutionstheorie kognitive Fahigkeiten erklaren wollen Dabei ergebe sich eine spezielle skeptische Herausforderung Aus naturalistischer Perspektive mussten irgendwann im Evolutionsprozess Meinungen im Sinne von propositionalen Einstellungen mit einem bestimmten Inhalt entstehen Diese setzen sich evolutionar durch wenn sie zu besserem adaptiven Verhalten fuhren Adaptives Verhalten sei aber auch aufgrund von falschen Meinungen moglich namlich dann wenn der neurophysiologische Zustand zum gewunschten Resultat fuhrt der Inhalt der Meinung aber nicht als kausale Ursache des Verhaltens gesehen wird sondern ein vollig anderer sein kann Daher konnten Naturalisten nicht davon ausgehen dass der Grossteil ihrer Meinungen wahren Inhalt habe sodass sich auch ihr naturwissenschaftliches Weltbild letztlich selbst widerlege 11 Theistische Positionen entgehen diesem skeptischen Problem indem sie wie Rene Descartes darauf verweisen dass Gott nicht betruge und unsere Meinungen im Grossen und Ganzen verlasslich sind Schriften BearbeitenHauptwerke The Nature of Necessity Oxford 1974 mit Nicholas Wolterstorff Faith and Rationality Notre Dame 1983 Warrant the current debate Oxford 1993 Warrant and proper function Oxford 1993 Warranted Christian Belief Oxford 2000 Deutsche Ausgabe Gewahrleisteter christlicher Glaube Aus dem Englischen ubersetzt von Joachim Schulte Walter de Gruyter Berlin 2015 Where the Conflict Really Lies Science Religion and Naturalism Oxford 2011 Einfuhrende Texte Auswahl God Freedom and Evil Grand Rapids 1974 Ist der Glaube an Gott berechtigterweise basal In Christoph Jager Hrsg Analytische Religionsphilosophie Schoningh Paderborn u a 1998 ISBN 3 506 99489 1 S 317 330 mit Michael Tooley Knowledge of God Oxford 2008 Gott und Notwendigkeit In Joachim Bromand amp Guido Kreis Hrsg Gottesbeweise Von Anselm bis Godel Suhrkamp Berlin 2011 ISBN 978 3 518 29546 5 S 453 482 Literatur BearbeitenSchonecker Dieter Hrsg Essays on Warranted Christian Belief With Replies by Alvin Plantinga Walter de Gruyter Berlin 2015 Ralf Thomas Klein Konnen christliche Glaubensuberzeugungen Wissen sein Der Beitrag Alvin Plantingas zur Bestimmung des epistemischen Status von christlichen Glaubensuberzeugungen Gottingen 2012 Weblinks BearbeitenAutobiographie englisch PDF Datei 95 kB Kritische Betrachtung von Plantingas ontologischem Argument in der Stanford Encyclopedia of Philosophy englisch Artikel Religion and Science von Plantinga in der Stanford Encyclopedia of Philosophy englisch Online Buch zu Naturalismus und Evolution von Plantinga und Paul Draper englisch mit Link zu Kritik Einzelnachweise Bearbeiten Alvin Plantinga Spiritual Autobiography I Roots and Early Days Notre Dame South Bend Marz 1992 Alvin Plantinga Spiritual Autobiography IV Wayne Days Notre Dame South Bend Marz 1992 Vgl Barbara Forrest amp Paul Gross Creationism s Trojan Horse Oxford 2004 S 156 191 212 und 269 Vgl Plantinga God Freedom and Evil Oxford 1974 S 111 Vgl Plantinga God Freedom and Evil Oxford 1974 S 112 Vgl Michael Tooley Does God Exist In Plantinga amp Tooley Knowledge of God S 83 85 Vgl John Leslie Mackie Das Wunder des Theismus Argumente fur und gegen die Existenz Gottes Reclam Stuttgart 1985 ISBN 3 15 008075 4 S 96f Vgl Plantinga God Freedon and Evil Oxford 1974 S 29 34 Vgl Plantinga The Nature of Necessity Oxford 1974 S 192 Vgl John Leslie Mackie Das Wunder des Theismus Argumente fur und gegen die Existenz Gottes Reclam Stuttgart 1985 ISBN 3 15 008075 4 S 258 Vgl Plantinga Warrant and proper function S 229 237 Normdaten Person GND 119153114 lobid OGND AKS LCCN n50019906 NDL 00515564 VIAF 79040329 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Plantinga AlvinALTERNATIVNAMEN Plantinga Alvin Carl vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG US amerikanischer Theologe und ReligionsphilosophGEBURTSDATUM 15 November 1932GEBURTSORT Ann Arbor Michigan Vereinigte Staaten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Alvin Plantinga amp oldid 228892567