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Aquaporine AQP sind Proteine die Kanale in der Zellmembran bilden um den Durchtritt von Wasser und einigen weiteren Molekulen zu erleichtern Membrantransport Sie werden daher auch Wasserkanale genannt Aquaporine kommen in allen Lebewesen mit Zellmembran vor sie wurden in Archaeen Bakterien und Eukaryoten gefunden AquaporineBanderdarstellung des AQP1Eigenschaften des menschlichen ProteinsBezeichnerGen Namen MIP AQP1 AQP2 AQP3Transporter KlassifikationTCDB 1 A 8Bezeichnung MIP Aquaporin FamilieVorkommenUbergeordnetes Taxon LebewesenDarstellung eines Aquaporin Kanals aufgeschnitten Die Pore in der Mitte des Homotetramers leitet kein Wasser Da Biomembranen in ihrem Inneren wasserabweisend hydrophob sind ist ihre Leitfahigkeit fur Wassermolekule sehr gering Die Wasserleitfahigkeit eines Aquaporinkanals betragt dagegen bis zu 3 Milliarden Molekule pro Sekunde 1 Die Proteinfamilie der Aquaporine wird in so genannte gewohnliche Aquaporine und Aquaglyceroporine unterteilt Gewohnliche Aquaporine sind reine Wasserkanale Aquaglyceroporine leiten zusatzlich kleine Organische Molekule wie Glycerin oder Harnstoff Unter physiologischen Bedingungen treten Aquaporine als Tetramer auf d h vier Aquaporinkanale sind als eine Einheit in eine biologische Membran eingebaut Inhaltsverzeichnis 1 Geschichtliches 2 Struktur 3 Funktion 3 1 Protonenblockade 3 2 Inhibition 3 3 Erleichterte zellulare Wasserdiffusion bei Pflanzen 4 Bedeutung 5 Nomenklatur 6 Varianten 7 Nobelpreis 8 Einzelnachweise 9 WeblinksGeschichtliches BearbeitenDie Tatsache dass Wasser durch Zellmembranen transportiert werden kann ist schon lange bekannt Die ersten Mutmassungen und Diskussionen uber den Mechanismus reichen in die Mitte des 19 Jahrhunderts zuruck u a Ernst Wilhelm Brucke war daran beteiligt Nach der Entdeckung der Doppellipidschicht in Plasmamembranen in den spaten 1920er Jahren ging man von der einfachen Diffusion von Wasser durch die Zellmembran aus konnte aber nicht die stark unterschiedlichen Permeabilitaten verschiedener Zellen erklaren In den 1970er Jahren wurde u a von Arthur Solomon Robert Macey und Alan Finkelstein aufgrund biophysikalischer Modelle die Existenz von spezifischen Wasserkanalen postuliert Das Problem der Identifikation ist recht komplex Wasser ist uberall vorhanden und es lasst sich nicht durch photosensible Seitenketten modifizieren Auch Versuche einer genetischen Klonierung der entsprechenden Proteine fuhrte nicht zum Erfolg Erst Anfang der 1990er Jahre gelang es der Arbeitsgruppe um Peter Agre ein schon aus fruheren Untersuchungen an Rhesus Blutgruppenantigenen bekanntes Protein CHIP28 channel forming integral protein 28 mit bis dahin unbekannter Funktion als den gesuchten Wasserkanal zu identifizieren Sie nannten dieses Protein dann Aquaporin 1 AQP1 2003 erhielt er fur seine Forschungen auf dem Gebiet der Aquaporine den Nobelpreis fur Chemie 2 Bis heute sind eine ganze Reihe von Aquaporinen beim Menschen bei Tieren Pflanzen 3 und Bakterien identifiziert worden Struktur Bearbeiten nbsp Membranorientierung des AQP1 Proteins Alle bekannten Aquaporine weisen eine ahnliche Struktur und Aminosauresequenz auf Die Primarstruktur von AQP1 besteht aus 268 Aminosauren 4 Diese bilden sechs a Helices welche die Membran durchspannen integrales Membranprotein Miteinander verbunden sind die Helices uber die Schleifen Loops A bis E Eine besondere Rolle spielen die Loops B und E welche jeweils eine kurze Helix bilden die von beiden Seiten bis zur Mitte in die Membran eintauchen Auf jedem der beiden Loops am Ende der beiden kurzen Helices befindet sich ein charakteristisches Strukturmotiv bestehend aus drei Aminosauren N P A Asparagin Prolin Alanin welches wesentlich zur Selektivitat des Wasserkanals beitragt Jeder der beiden Loops bildet eine Halbpore die zusammen einen Wasserkanal ergeben Hour Glass Model Sanduhrmodell Der Kanal ist in der Mitte am engsten 0 3 nm an den beiden Offnungen betragt der Durchmesser 2 nm Die carboxy und aminoterminalen Enden des Membranproteins liegen im Zellinneren In biologischen Membranen bilden Aquaporine Homotetramere das heisst dass sich vier einzelfunktionelle Porenproteine aneinanderlagern Funktion BearbeitenWasser kann nur in begrenztem Masse durch die Doppellipidschicht der Zellmembran diffundieren Zellen mit sehr hoher Wasserpermeabilitat wie die renalen Tubuluszellen sezernierende Zellen der Speicheldrusen oder Erythrozyten sowie Fotosynthese betreibende Zellen benotigen fur den raschen Wasseraustausch die Hilfe von Wasserkanalen Der Unterschied zwischen Diffusion und kanalvermittelter Permeabilitat ist erheblich Diffusion ist ein Prozess der mit geringer Kapazitat in beide Richtungen durch die Membran aller Zellen ablauft Beim Vorhandensein von spezifischen Wasserkanalen kann das Wasser fast ungehindert in Richtung des osmotischen Gradienten wandern Die Aquaporine sind keine Pumpen oder Austauscher und zum Transport wird keine metabolische Energie verbraucht Der Kanal arbeitet bidirektional d h Wassermolekule konnen den Kanal in beide Richtungen durchqueren Wahrend die Diffusion durch die Membranen nicht blockiert werden kann konnen die Aquaporine durch Molekule die deren Poren verstopfen blockiert und damit der Wasserfluss unterbrochen werden Einige Aquaporine konnen durch Quecksilberverbindungen die kovalent an eine Cystein Seitenkette in der Pore binden verstopft werden Protonenblockade Bearbeiten Aquaporine sind hochgradig selektiv Insbesondere verhindern sie die Leitung von Protonen uber die Membran damit der fur jede Zelle lebenswichtige Protonengradient nicht zerstort wird Der Protonengradient wird genutzt um Transportvorgange zu ermoglichen siehe z B ATPasen Dies ist nicht selbstverstandlich da Wasser in der flussigen Phase nicht als Einzelmolekul vorliegt sondern als ein uber Wasserstoffbruckenbindungen zusammenhangendes Netzwerk Entlang dieser Wasserstoffbrucken konnen Protonen von Molekul zu Molekul hupfen Grotthuss Mechanismus Wie das Hupfen der Protonen durch den Kanal verhindert wird ist Gegenstand aktueller Forschung Von Bedeutung scheint zu sein dass Aquaporine aufgrund ihrer Struktur eine elektrostatische Barriere in der Mitte des Kanals bilden Dies hat zur Folge dass die polaren Wassermolekule mit ihrem partial negativ geladenen Sauerstoff meist in Richtung der Kanalmitte orientiert sind wahrend die partial positiv geladenen Wasserstoffe meist zu den Kanalausgangen orientiert sind Fruhe Arbeiten 2002 vermuteten daher dass durch die Orientierung der Wassermolekule der Grotthuss Mechanismus unterbrochen wird Neuere Arbeiten bezweifeln diese Interpretation und stellen die energetische Barriere die das Proton entlang des Kanals uberwinden muss in den Vordergrund Gegenstand der aktuellen Debatte Stand Juli 2007 ist der Ursprung der energetischen Barriere Wahrend einige Wissenschaftler die vom Protein erzeugte elektrostatische Barriere in den Vordergrund rucken heben andere hervor dass das Protein die Solvatationshulle eines Protons Oxoniumions in Wasser nicht ersetzen kann Inhibition Bearbeiten Aquaporin 1 wird von Quecksilber Gold oder Silberionen inhibiert gehemmt 5 Dabei bindet das Ion an ein Cystein im Poreneingang und blockiert damit den Wasserfluss Diese Ionen binden nicht spezifisch an Aquaporin 1 und sind daher toxisch Die Entdeckung eines nicht toxischen Inhibitors wurde im Jahr 2009 veroffentlicht es handelt sich um ein Derivat des Schleifendiuretikums Bumetanid und wurde in der Publikation als AqB013 bezeichnet 6 Dieser Stoff zeigte eine antagonistische Wirkung gegen das Aquaporin 1 und 4 Die Suche nach weiteren spezifischen Aquaporininhibitoren ist Gegenstand aktueller Forschung Erleichterte zellulare Wasserdiffusion bei Pflanzen Bearbeiten Die Funktion der Aquaporine in Pflanzenzellen konnten als Komponenten der erleichterten zellularen Wasserdiffusion 7 8 9 charakterisiert werden und deren Vorkommen konnte in pflanzlichem Gewebe nachgewiesen werden 10 11 Eine bestimmte Aquaporin Protein Klasse fuhrt zur erleichterten Diffusion von CO2 in pflanzlichem Gewebe und Zellen bzw Chloroplasten 12 13 14 15 Bedeutung BearbeitenVon physiologischer Bedeutung sind die Aquaporine vor allem in Geweben in denen ein hoher physiologischer Fluss vorkommt z B beim Aufbau des Turgordrucks in Pflanzenzellen 16 Bei Saugern regulieren die Aquaporine den Wasserhaushalt der roten Blutkorperchen Erythrozyten und der Zellen in Niere Augenlinse Gehirn und Schnecke des Innenohres Bei Lebergallengangen und Gallenblase sind Aquaporine fur die Konzentration und Sekretion der Gallenflussigkeit zustandig Im Zentralnervensystem enthalten Zellen die die Hirn Ruckenmarksflussigkeit abgeben Wasserkanale Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Blut Hirn Schranke und treten dort in Form orthogonaler Zusammenschlusse auf die OAP s orthogonal arrays of particles genannt werden In den Zellen der Blutkapillaren regeln sie Ein und Austritt der extrazellularen Flussigkeit In den Lungenblaschen sorgen sie fur den zum Gasaustausch notwendigen Flussigkeitsfilm In Pflanzen und Chloroplasten sorgen sie fur erleichterte Diffusion Fehlfunktionen der Aquaporine sind fur Krankheiten wie Diabetes insipidus renalis Grauer Star Glaukom Gruner Star und Gehorverlust verantwortlich Antikorper gegen Aquaporin 4 verursachen im Zentralnervensystem die Neuromyelitis optica Spektrum Erkrankungen Ausserdem spielen Aquaporine beim Auftreten eines Hirnodems nach einem Schadel Hirn Trauma eine Rolle Bei der Peritonealdialyse werden uberschussiges Wasser und Stoffwechselabfallprodukte durch Diffusion durch die peritoneale Membran in die Dialyseflussigkeit entfernt Klinisch bestehen individuell grosse Unterschiede in der Transportleistung was teilweise durch Varianten des AQP1 Promotors erklart werden kann AQP1 kodiert Aquaporin 1 welches den Wassertransport in Erythrozyten reguliert und auch in Endothelzellen welche an der peritonealen Membran liegen reichlich vorkommt 17 18 Nomenklatur BearbeitenAquaporine tierischer Herkunft sind einfach durchnummeriert AQP1 AQP4 Normalerweise wird noch der entsprechende lateinische Gattungsname vorangestellt zum Beispiel bovAQP1 lat bos bovis Rind Aquaporine pflanzlicher Herkunft werden anders benannt So bedeutet AtTIP2 1 dass es sich um ein tonoplast intrinsic protein der Modell Pflanze Acker Schmalwand Arabidopsis thaliana handelt Varianten BearbeitenCHIPs engl channel forming integral proteins befinden sich in der Zellmembran von Roten Blutkorperchen und Nierenzellen In Saugern ist die Dichte von Aquaporinen besonders hoch in Erythrocyten ca 200 000 Kanale pro Zelle sowie in den proximalen Tubuluszellen der Niere die das Wasser bei der Harnbildung resorbieren AQP2 das in Zellen der Sammelrohre der Niere vorkommt daher auch die alte Bezeichnung WCHDs von engl water channels of collecting duct wird in Vesikeln gespeichert Bei Wassermangel wird von der Hypophyse das Hormon Vasopressin ausgeschuttet Vasopressin bindet an bestimmte Membranrezeptoren AQP2 haltiger Zellen und setzt eine Signalkaskade in Gang Dieses veranlasst die Vesikel mit der Zellmembran zu verschmelzen wodurch die Resorption von Wasser aus dem Primarharn um das Zwanzigfache gesteigert wird TIPs engl tonoplast intrinsic proteins sind bei Pflanzen in die Membran der Vakuole integriert und sorgen wahrend des Zellwachstums fur die Volumenzunahme der Zelle durch Wasseraufnahme PIPs engl plasma membrane intrinsic proteins sind ebenfalls nur bei Pflanzen zu finden und regulieren die Wasserleitung durch die Zellen Auf diese Weise besteht neben den Wasserleitgefassen des Xylems ein zweites Wassertransportsystem durch die ubrigen Pflanzengewebe Nobelpreis BearbeitenRoderick MacKinnon Rockefeller Universitat New York und Peter Agre Johns Hopkins University Baltimore erhielten 2003 den Nobelpreis fur Chemie fur ihre Forschungen an Aquaporinen und Kalium Kanalen Einzelnachweise Bearbeiten Frings Stephan Mohrlen Frank Tier und Humanphysiologie Eine Einfuhrung 5 uberarb u aktualisierte Aufl 2015 Springer Berlin Heidelberg Berlin Heidelberg 2015 ISBN 978 3 662 43942 5 Informationen der Nobelstiftung zur Preisverleihung 2003 an Peter Agre englisch Kaldenhoff R A Kolling and G Richter A Novel Blue Light Inducible and Abscisic Acid Inducible Gene of Arabidopsis Thaliana Encoding An Intrinsic Membrane Protein Plant Molecular Biology 1993 23 6 p 1187 1198 UniProt P29972 Macey RI Farmer RE Inhibition of water and solute permeability in human red cells 1970 Biochim Biophys Acta 1970 Jul 7 211 1 p 104 106 Elton Migliati Nathalie Meurice Pascale DuBois Jennifer S Fang Suma Somasekharan Inhibition of Aquaporin 1 and Aquaporin 4 Water Permeability by a Derivative of the Loop Diuretic Bumetanide Acting at an Internal Pore Occluding Binding Site 23 Mai 2017 S 105 112 doi 10 1124 mol 108 053744 PMID 19403703 PMC 2701455 freier Volltext Kaldenhoff R A Kolling J Meyers U Karmann G Ruppel and G Richter The blue light responsive AthH2 gene of Arabidopsis thaliana is primarily expressed in expanding as well as in differentiating cells and encodes a putative channel protein of the plasmalemma The Plant journal for cell and molecular biology 1995 7 1 p 87 95 Biela A K Grote B Otto S Hoth R Hedrich and R Kaldenhoff The Nicotiana tabacum plasma membrane aquaporin NtAQP1 is mercury insensitive and permeable for glycerol The Plant journal for cell and molecular biology 1999 18 5 p 565 70 Siefritz F M T Tyree C Lovisolo A Schubert and R Kaldenhoff PIP1 plasma membrane aquaporins in tobacco from cellular effects to function in plants Plant Cell 2002 14 4 p 869 76 Otto B and R Kaldenhoff Cell specific expression of the mercury insensitive plasma membrane aquaporin NtAQP1 from Nicotiana tabacum Planta 2000 211 2 p 167 72 Otto B N Uehlein S Sdorra M Fischer M Ayaz X Belastegui Macadam M Heckwolf M Lachnit N Pede N Priem A Reinhard S Siegfart M Urban and R Kaldenhoff Aquaporin tetramer composition modifies the function of tobacco aquaporins Journal of Biological Chemistry 2010 285 41 p 31253 60 Uehlein N C Lovisolo F Siefritz and R Kaldenhoff The tobacco aquaporin NtAQP1 is a membrane CO2 pore with physiological functions Nature 2003 425 6959 p 734 7 Uehlein N B Otto D Hanson M Fischer N McDowell and R Kaldenhoff Function of Nicotiana tabacum aquaporins as chloroplast gas pores challenges the concept of membrane CO2 permeability Plant Cell 2008 20 3 p 648 57 Flexas J M Ribas Carbo D T Hanson J Bota B Otto J Cifre N McDowell H Medrano and R Kaldenhoff Tobacco aquaporin NtAQP1 is involved in mesophyll conductance to CO2 in vivo Plant Journal 2006 48 3 p 427 39 Heckwolf M D Pater D T Hanson and R Kaldenhoff The Arabidopsis thaliana aquaporin AtPIP1 2 is a physiologically relevant CO transport facilitator The Plant journal for cell and molecular biology 2011 67 5 p 795 804 Verkman AS 2002 Aquaporin water channels and endothelial cell function In J Anat 200 6 617 627 PMID 12162729 PMC 1570747 freier Volltext O Devuyst S Nielsen J P Cosyns B L Smith P Agre Aquaporin 1 and endothelial nitric oxide synthase expression in capillary endothelia of human peritoneum In The American Journal of Physiology Band 275 Nr 1 Juli 1998 ISSN 0002 9513 S H234 242 doi 10 1152 ajpheart 1998 275 1 H234 PMID 9688919 Johann Morelle Celine Marechal Zanzhe Yu Huguette Debaix Tanguy Corre AQP1 Promoter Variant Water Transport and Outcomes in Peritoneal Dialysis In New England Journal of Medicine Band 385 Nr 17 21 Oktober 2021 ISSN 0028 4793 S 1570 1580 doi 10 1056 NEJMoa2034279 Weblinks BearbeitenAquaporine Animationen und Bilder Struktur Dynamik and Funktion von Aquaporinen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Aquaporine amp oldid 233059181