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Proximale Tubuluszellen engl proximal tubular cells PTC sind Epithelzellen die in der Niere den vorderen Teil des Nierenkanalchens den proximalen Tubulus bilden Es handelt sich um hochdifferenzierte Zellen die einschichtig isoprismatisch teilweise auch kubisch angeordnet sind Inhaltsverzeichnis 1 Aufbau und Funktion 2 Aufgaben 2 1 Tubuloglomerularer Feedback 2 2 Mineral und Wasserresorption 2 3 Glucoseresorption 2 4 Resorption von Aminosauren Peptiden und kleinen Proteinen 3 Krankheiten 4 Weiterfuhrende Literatur 5 Einzelnachweise 6 WeblinksAufbau und Funktion Bearbeiten nbsp Der schematische Aufbau eines Nierenkorperchens In Orange der proximale Tubulus mit den proximalen Tubuluszellen Im Glomerulum werden etwa 20 der einstromenden Blutflussigkeit ahnlich wie bei einem Filter als Primarharn abgepresst Pro Tag sind dies bei einem erwachsenen Menschen etwa 150 Liter Der grosste Teil dieser Flussigkeit nahezu 99 und der darin enthaltenen Nahr und Mineralstoffe muss dem Korper wieder zugefuhrt werden da ein solcher Verlust nicht durch neue Flussigkeitsaufnahme zu kompensieren ware Dies erfolgt durch Ruckfuhrung dieser Stoffe Resorption durch die Tubuluszellen in den Nephrons der Nieren Bei der Ruckfuhrung des Wassers spricht man von einer Ruckresorption bei den lebensnotwendigen Nahr und Mineralstoffen von Reabsorption Neben den fur den Korper wertvollen Nahr und Mineralstoffen werden auch Abfallstoffe wie Harnsaure und Harnstoff zunachst ruckresorbiert und in einem zweiten Schritt wieder sezerniert ausgeschieden 1 Bei Harnstoff wird uber den proximalen Tubulus etwa 50 ruckresorbiert 2 3 und uber die kortikalen Blutgefasse der Vena renalis Nierenvene zugefuhrt 4 An der zum Primarharn gerichteten Seite der proximalen Tubuluszellen befindet sich ein ganzes Netzwerk unterschiedlicher Rezeptoren Coated Pits und Endosomen Im Zellinneren findet sich entsprechend eine Vielzahl von spaten Endosomen primaren Lysosomen und Lysosomen Dichte apikale Tubuli sind fur das Rezeptor Recycling aus den Endosomen zustandig 5 An Rezeptoren befinden sich auf der apikalen Zellmembran der proximalen Tubuluszellen unter anderem Folatrezeptoren IGF2R insulin like growth factor 2 receptor und M6PR Mannose 6 phosphat Rezeptor sowie vor allem Cubilin und Megalin 5 In der Zellmembran stark exprimiertes Aquaporin 1 auch CHIP 28 genannt engl channel forming integral proteins ermoglicht einen transzellularen Transport von Wasser 6 7 8 9 Sekretion und Resorption in den Nierentubuli verandern den Primarharn Am Ende des Tubulus wird der Endharn uber Sammelrohre Nierenbecken und Harnleiter der Harnblase zugefuhrt Das Tubulussystem ist in verschiedene Abschnitte unterteilt die unterschiedliche Aufgaben haben nbsp Schematische Darstellung einer proximalen TubuluszelleAn der luminalen das heisst dem Primarharn zugewandten Seite weisen die Tubuluszellen Mikrovilli auf Diese dienen der Vergrosserung der Zelloberflache und somit dem besseren Stoffaustausch Die basale Seite weist dagegen eine Faltenstruktur auf Im Zytoplasma befinden sich vor allem auf der basalen Seite relativ viele Mitochondrien um ausreichend Energie fur die aufwandigen resorptiven Transportvorgange zu Verfugung zu stellen Dies ist insbesondere fur die ATP abhangigen Na K Pumpen wichtig 10 Die Ruckresorption ist energetisch recht aufwandig Pro ATP Molekul werden lediglich drei Natrium Ionen aus dem Primarharn durch die Tubuluszellen transportiert 11 Der grosste Teil des Sauerstoffverbrauches der Niere erfolgt durch die Tubuluszellen Dabei benotigt alleine der Transport von Natriumionen der zu etwa 2 3 im proximalen Tubulus erfolgt ungefahr 75 Prozent des gesamten verbrauchten Sauerstoffs 12 Aufgaben BearbeitenTubuloglomerularer Feedback Bearbeiten Postuliert wird ein tubuloglomerulares Feedback im Maskulinum auch als tubuloglomerularer Feedback bezeichnet oder ein tubuloglomerulares Gleichgewicht um gewissermassen eine mehr oder weniger strikte Proportionalitat zwischen Primarharnbildung und Urinproduktion zu gewahrleisten Im kardiogenen Schock oder bei korperlicher Extrembelastung ruft eine grosse oder normale glomerulare Filtrationsrate oft jedoch im Gegenteil eine Oligurie oder sogar eine Anurie hervor um bei einer Dehydrierung des Korpers eine relative Hypovolamie zu kompensieren Wenn die tubulare Ruckresortionsquote sinkt dann steigt die Sekundarharnbildung und umgekehrt Die glomerulare Filtrationsrate ist weitgehend proportional zum Herzzeitvolumen Die tubulare Ruckresorption ist weitgehend umgekehrt proportional zum Blutvolumen Also gibt es keinen direkten Zusammenhang zwischen Primarharnbildung und Sekundarharnbildung Wer viel trinkt produziert bei grossen Blutvolumen viel Urin und bei kleinem Blutvolumen wenig Urin Wer wenig trinkt produziert bei normalem Blutvolumen wenig Urin und bei kleinem Blutvolumen keinen Urin Mineral und Wasserresorption Bearbeiten Etwa 60 der uber die Glomeruli filtrierten Natrium Kalium Hydrogencarbonat und Chlorid Ionen werden in den proximalen Tubuli resorbiert Auch Phosphat und Sulfationen gehoren dazu Ein Teil dieser Stoffe wird durch die Tubuluszellen hindurch transzellular resorbiert Bei Kalium Chlorid Calcium oder Harnstoff ermoglicht der Konzentrationsgradient die parazellulare Diffusion zwischen den Tubuluszellen und so die Ruckresorption Beim Wasser genugt bereits der osmotische Druck fur die parazellulare Resorption Durch den sogenannten Solvent Drag werden dabei auch im Wasser geloste Ionen mit gezogen Zudem haben die Tubuluszellen keine spezifischen Kaliumtransporter 13 11 Die Natriumionen werden im Antiport mit Protonen und im Symport mit Glucose Galactose Aminosauren Phosphat und Sulfationen sowie Mono und Dicarbonsauren aufgenommen An der basolateralen Seite der Tubuluszellen sorgt die Natrium Kalium Pumpe 3 Na 2 K ATPase dafur dass der Konzentrationsgradient uber der Zellmembran erhalten bleibt 13 Hydrogencarbonationen werden durch die Reaktion mit Protonen in Wasser und Kohlenstoffdioxid zerlegt und konnen so passiv zuruck diffundieren 13 Glucoseresorption Bearbeiten In der gesunden Niere wird von den Tubuluszellen 100 der Glucose ruckresorbiert Dies geschieht vor allem mit Hilfe der Glucosetransporter SGLT 2 Im Gegensatz dazu ist im distalen Tubulus vor allem der Glucosetransporter SGLT 1 an der Zellmembran exprimiert Die Glucosetransporter GLUT 2 und GLUT 5 spielen eine untergeordnete Rolle Die sogenannte Nierenschwelle von Glucose liegt bei ca 180 mg dl 10 mmol l im Serum da ab dieser Konzentration von Glucose die Sattigung der Systeme die an der Ruckresorption beteiligt sind erreicht ist Ab einer Konzentration von 22 mmol l liegt eine vollstandige Sattigung vor und die Glucoseausscheidung uber den Urin steigt proportional zur Konzentration im Plasma 14 Resorption von Aminosauren Peptiden und kleinen Proteinen Bearbeiten Auch Peptide oder Proteine die klein genug sind durch das Glomerulum hindurch in den Primarharn zu gelangen werden von den Tubuluszellen aufgenommen und komplett katabolisiert Ein Beispiel hierfur ist das aus 120 Aminosauren aufgebaute Cystatin C 15 16 Die Membranproteine Megalin und Cubilin der proximalen Tubuluszellen spielen bei der Endozytose von Peptiden und Proteinen eine wichtige Rolle Beide werden an der apikalen zum Primarharn ausgerichteten Seite exprimiert 17 Nach der endozytotischen Aufnahme werden die Proteine zur Proteolyse Abbau in Lysosome und die beiden Rezeptoren wieder an die apikale Seite der Zellmembran transportiert Rezeptor Recycling Ein transzellularer Proteintransport findet dagegen kaum statt Die Resorption von Proteinen im proximalen Tubulus ist in einer gesunden Niere sehr effizient so dass der Endharn des Menschen frei von Proteinen ist 18 Der Megalin Cubilin Komplex kann nicht nur Aminosauren Peptide und Proteine resorbieren sondern eine Vielzahl anderer essenzieller Verbindungen wie beispielsweise Vitamine oder an Plasmaproteine gebundene Spurenelemente 18 Krankheiten BearbeitenDie proximalen Tubuluszellen spielen bei einer Reihe von Nierenerkrankungen und funktionsstorungen eine zentrale Rolle so beispielsweise bei der glomerularen Proteinurie und der chronischen Transplantatnephropathie Durch Schadigung oder Stimulation der proximalen Tubuluszellen wird eine Reihe von Signalkaskaden uber Botenstoffe ausgelost Dies kann beispielsweise zur Produktion von Proteinen des Komplementsystems von Chemokinen Zytokinen und Komponenten der extrazellularen Matrix in den proximalen Tubuluszellen fuhren Die lokal erzeugten Botenstoffe konnen die Schadigung der proximalen Tubuluszellen durch eine verstarkte Diapedese Leukozytenmigration insbesondere von Makrophagen Granulozyten und T Zellen weiter vorantreiben und zu einer Abwartsspirale fuhren Gerade die Produktion der Chemo und Zytokine kann durch entzundungsfordernde proinflammatorische Prozesse die Nierenfunktion irreversibel beeintrachtigen was bis zur Niereninsuffizienz fuhren kann Die gezielte Immunsuppression der proximalen Tubuluszellen ist ein potenzieller therapeutischer Ansatzpunkt zur Behandlung der genannten Erkrankungen 19 Mutationen im LRP2 Gen das fur das Membranprotein Megalin kodiert konnen eine Einschrankung der Funktionsfahigkeit dieses Rezeptors bewirken was zu einer Proteinurie und dem sehr seltenen Donnai Barrow Syndrom fuhren kann 20 Weiterfuhrende Literatur BearbeitenD Brown u a Regulation of the V ATPase in kidney epithelial cells dual role in acid base homeostasis and vesicle trafficking In J Exp Biol 212 2009 S 1762 1772 PMID 19448085 Review U Panchapakesan u a Review article importance of the kidney proximal tubular cells in thiazolidinedione mediated sodium and water uptake In Nephrology 14 2009 S 298 301 PMID 19444964 Review Y Motoyoshi u a Megalin contributes to the early injury of proximal tubule cells during nonselective proteinuria In Kidney Int 74 2008 S 1262 1269 PMID 18769366 A A El Sheikh u a Mechanisms of renal anionic drug transport In Eur J Pharmacol 585 2008 S 245 255 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different degrees of water diuresis In Pflugers Arch 326 1971 S 270 280 PMID 5106093 B Yang und L Bankir Urea and urine concentrating ability new insights from studies in mice In Am J Physiol Renal Physiol 288 2005 S F881 896 PMID 15821253 Review a b E I Christensen u a Membrane receptors for endocytosis in the renal proximal tubule In Int Rev Cytol 180 1998 S 237 284 PMID 9496636 Review S Nielsen und P Agre The aquaporin family of water channels in kidney In Kidney Int 48 1995 S 1057 1068 PMID 8569067 Review I Sabolic und D Brown Water transport in renal tubules is mediated by aquaporins In Clin Investig 72 1994 S 698 700 PMID 7531521 Review E M Wintour Water channels and urea transporters In Clin Exp Pharmacol Physiol 24 1997 S 1 9 PMID 9043798 Review A S Verkman Mechanisms and regulation of water permeability in renal epithelia In Am J Physiol 257 1989 S C837 850 PMID 2688434 Review Anatomie der Nieren Tubulussystem des Nephrons nach A Benninghoff Makroskopische Anatomie Embryologie und Histologie des Menschen 15 Auflage Verlag Urban und Schwarzenberg 1993 a b Anatomie der Nieren Physiologie Tubulare Ruckresorption nach A Benninghoff Makroskopische Anatomie Embryologie und Histologie des Menschen 15 Auflage Verlag Urban und Schwarzenberg 1993 A Wehner Cystatin C als klinischer Parameter zur Erfassung der Nierenfunktion beim Hund Dissertation LMU Munchen 2008 a b c E Dayal Charakterisierung des Chemokinrezeptors CXCR3 in humanen proximalen Tubuluszellen der Niere Dissertation Albert Ludwigs Universitat Freiburg im Breisgau 2005 Gekle et al Taschenlehrbuch Physiologie 2 uberarbeitete Auflage Stuttgart 2015 S 368 H Lofberg und A O Grubb Quantitation of gamma trace in human biological fluids indications for production in the central nervous system In Scand J Clin Lab Invest 39 1979 S 619 626 PMID 119302 A Grubb u a Serum concentration of cystatin C factor D and beta 2 microglobulin as a measure of glomerular filtration rate In Acta Med Scand 218 1985 S 499 503 PMID 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