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Das Wendische Seminar sorbisch Serbski seminar Sorbisches Seminar tschechisch Luzicky seminar Lausitzer Seminar lateinisch Seminarium Lusaticum Pragense offiziell eigentlich Lausitzer Seminar St Petri in Prag wurde 1724 als Ausbildungsstatte fur den katholischen Priesternachwuchs der Oberlausitz gegrundet In den ersten Jahrzehnten lebten ausschliesslich sorbische Studenten aus dem Einzugsbereich der Lausitzer Administratur im Wendischen Seminar Nach der Anderung der Bistumsgrenzen kamen seit Ende des 18 Jahrhunderts auch deutsche Studenten Das Seminar bestand bis 1922 In diesen nahezu 200 Jahren durchliefen in der Mehrheit sorbische Studenten die Anstalt 1 Deshalb hat das Prager Seminar einen wichtigen Platz in der Bildungsgeschichte des sorbischen Volkes Das Wendische Seminar Luzicky seminar in Prag Inhaltsverzeichnis 1 Grundungsgeschichte 1 1 Hintergrund 2 Der Bau des Wendischen Seminars 3 Erste Studierende und weitere Entwicklung 4 Die Auflosung des Seminars 1922 5 Matrikel 6 Literatur 7 Weblinks 8 FussnotenGrundungsgeschichte Bearbeiten nbsp In diesem Haus grundeten sorbische Studenten 1846 den Verein Serbowka die erste slawische Studentenvereinigung in Prag bedeutend fur die kulturelle Entwicklung der Sorben Die beiden aus Temritz bei Bautzen stammenden Bruder und Priester Martin Norbert 1637 1707 und Georg Joseph Schimon 1646 1729 Angehorige des sorbischen Volkes hatten bereits 1694 unter Verwendung ihrer Ersparnisse auf der Prager Kleinseite eine Hospitalitat fur aus der Lausitz stammende Alumnen Zoglinge die Priester werden wollten gegrundet 1706 konnte auf der Kleinseite nahe der Karlsbrucke ein Grundstuck erworben werden Dies wurde am 19 April 1706 in die bohmische Landtafel eingetragen Die Vollendung der Schimonschen Plane fur die Lausitzer Alumnen eine wurdige Heim und Ausbildungsstatte zu schaffen zog sich jedoch noch zwanzig Jahre hin Am 12 Februar 1724 wurde in Prag eine Stiftungsurkunde verfasst die vom Bautzener Domkapitel St Petri angenommen und am 6 Juli 1725 von Kaiser Karl VI bestatigt wurde Hintergrund Bearbeiten Im 16 Jahrhundert gehorte die Oberlausitz zum Konigreich Bohmen und damit zum Machtbereich der katholischen Habsburger Deshalb konnte sich die Reformation in dieser Landschaft nicht vollstandig durchsetzen Unter dem Schutz des Kaisers verblieben das Kollegiatkapitel in Bautzen und die Kloster Marienstern und Marienthal mit einem Teil ihrer bauerlichen Untertanen bei der romischen Kirche Seitdem war die Oberlausitz bikonfessionell Bis zur Reformation hatte die Oberlausitz zur Diozese Meissen gehort das in der Reformation untergegangen war Daher wurde vom bohmischen Konig Ferdinand I der Bautzener Dekan als Leiter einer apostolischen Administration eingesetzt Priester durfte er jedoch nicht weihen Die Ausbildung der Priester fand unter anderem an den Universitaten von Krakau und Wien oder in den Jesuitenkollegien von Olmutz Prag oder Landshut statt Im Prager Frieden von 1635 trat Kaiser Ferdinand II die Lausitzen an den sachsischen Kurfursten Johann Georg I ab Das Ubergabeprotokoll der sogenannte Traditionsrezess regelte unter anderem den konfessionellen status quo so dass auch unter den protestantischen Kurfursten der katholische Besitzstand garantiert war Wie zuvor gingen die Lausitzer Theologiestudenten zum Studium in die habsburgischen Lander Angesichts des Priestermangels im rekatholisierten Bohmen nahmen viele Lausitzer dort eine Pfarrstelle an Mit ihrer Stiftung wollten die Gebruder Schimon deshalb mehr Lausitzern ein theologisches Studium ermoglichen und gleichzeitig dafur sorgen dass sie der Heimat verbunden blieben Aus diesem Grund hat auch das Domkapitel St Petri bald die Schirmherrschaft uber das Wendische Seminar ubernommen Der Bau des Wendischen Seminars BearbeitenNachdem sich immer wieder neu aufturmende Schwierigkeiten und Formalitaten endlich uberwunden waren konnten im Winter 1725 26 Baukontrakte abgeschlossen werden Am 15 Juli 1726 erfolgte die Grundsteinlegung Es entstand ein einfaches Barockgebaude das das Wendische Seminar oder Lausitzer Seminar genannt wurde Der Apostel Simon Petrus wurde der Schutzpatron ein Hinweis auf den Jurisdiktionstrager das Bautzener Domkapitel Der Tag der Weihe des neuen Gebaudes ist nicht uberliefert Erste Studierende und weitere Entwicklung BearbeitenIm Herbst 1728 zogen die ersten Studierenden ein zwei Theologen zwei Philosophen und 15 Gymnasiasten Die Alumnen die im Wendischen Seminar lebten erhielten hier in erster Linie ihre geistliche Ausbildung Fur Angehorige des sorbischen Volkes kamen noch diverse muttersprachliche Ubungen dazu Fur die wissenschaftliche Ausbildung waren das Kleinseitener deutsche Gymnasium und nach dem Abitur die philosophische und theologische Fakultat der Karl Ferdinands Universitat zustandig Als Hausleitung hatte das Bautzener Domkapitel einen Praeses eingesetzt der dem Domdekan zur Rechenschaft verpflichtet war Das Kurfurstentum Sachsen und die Habsburgermonarchie unterhielten jahrhundertelang gute Beziehungen wodurch auch auf die Schul und Studiengeldfreiheit der sachsischen Alumnen Sorben und Deutsche in Prag gesichert war Die Stiftung der Bruder Schimon stiess beim Klerus und bei den Glaubigen in der Lausitz auf grosse Resonanz Spendenfreudigkeit war die Folge und bald konnten mehr Platze fur Studierende geschaffen werden Nachdem das sachsische Herrscherhaus Anfang des 18 Jahrhunderts katholisch geworden war entstanden auch in Sachsen katholische Gemeinden Ein Teil ihrer Priester war ebenfalls am Wendischen Seminar ausgebildet worden Vom 19 Jahrhundert bis zur Schliessung des Seminars waren regelmassig Studenten aus den sachsischen Erblanden in der Anstalt Die sorbischen Zoglinge pflegten slawische Sprachstudien und hielten regen Kontakt zu Tschechen und anderen Slawen was fur die Identitatsfindung des kleinen sorbischen Volkes wichtig wurde Am 21 Oktober 1846 grundete Jakub Buk spater Pralat und kgl Sachs Hofkaplan und Hofkirchenpfarrer gemeinsam mit anderen Zoglingen im Wendischen Seminar eine sorbische Schuler und Studentenvereinigung die Serbowka Seit dem 19 Jahrhundert geriet das Wendische Seminar in den Fokus der konkurrierenden slawischen und deutschen Nationalismen Von protestantischer preussisch deutscher Seite wurde behauptet das Wendische Seminar sei panslawistisch durchsetzt und eine Gefahr fur Sachsen und sogar fur Deutschland Man sprach oder schrieb von slawischen Hetzkaplanen und warf der Sachsischen Regierung vor sie wurde das alles dulden Von der k u k Regierung der Habsburger wurde ohnehin nicht allzu viel deutsche Gesinnung erwartet Der Verleumdungen gab es viele der Bautzener Bischof und der Prases in Prag mussten oft dagegen Stellung nehmen Im Seminar selbst hat es bis zu seiner Auflosung keinerlei nationalistisch motivierte Auseinandersetzungen gegeben Als Vorsteher der Anstalt wirkten Sorben Deutsche und auch Tschechen Sorbische und deutsche Studenten lebten und studierten gemeinsam Die Auflosung des Seminars 1922 BearbeitenAls es nach 1918 die Monarchie Osterreich Ungarn und das Konigreich Sachsen nicht mehr gab geriet das Seminar in eine am Ende nicht mehr zu bewaltigende Krise Die neuen tschechoslowakischen Machthaber hoben die Studienfreiheit auf und drohten das Kapital der Stiftung zu beschlagnahmen Das Bautzener Kapitel konnte angesichts der Inflation in Deutschland keine Hilfe leisten Langst notwendig gewordene Renovierungen im Wendischen Seminar konnten wegen Geldmangels nicht in Angriff genommen werden Der Lebensunterhalt der Alumnen war nicht mehr gesichert Von der sachsischen und der Reichsregierung wurde die katholische Kirche der das Seminar gehorte unter Druck gesetzt dieses zu schliessen weil man die Priesterausbildung im feindlichen slawischen Ausland nicht dulden wollte Als das Bistum Meissen wiedererrichtet worden war trug der neue Bischof Christian Schreiber die Verantwortung fur die Priesterausbildung Das 1917 in Kraft getretene neue Kirchenrecht verlangte dass die praktische Ausbildung kunftiger Priester in der eigenen Diozese durchzufuhren sei Nach langem Hin und Her wurde Anfang 1922 im Bautzener Bischoflichen Ordinariat endgultig beschlossen das Wendische Seminar aufzulosen und zu verkaufen Der letzte Prases Jozef Jakubasch erhielt die entsprechenden Weisungen Im August 1922 wurden die letzten Zoglinge nach Sachsen zuruckgeschickt im Oktober des gleichen Jahres erfolgte der Verkauf des Wendischen Seminars eingetragen in die Landtafel am 30 Oktober 1922 Der von vielen katholischen Sorben als Angriff auf ihre Nationalitat aufgefasste Verkauf des Seminars war einer der Grunde dass ein Teil der Sorben in scharfer Opposition zu Bischof Christian Schreiber stand Aufgrund der finanziellen Schwierigkeiten des Bistums Meissens konnte erst im Jahr 1927 ein neues Seminar in Schmochtitz bei Bautzen eingerichtet werden Bis dahin besuchten die sachsischen Priesteramtskandidaten das Seminar in Fulda Fur die sprachliche Ausbildung der sorbischen Studenten war dieser Ort ohne slawistisches Institut tatsachlich wenig vorteilhaft Heute befindet sich in diesem Gebaude u a auch das Verbindungsburo des Freistaates Sachsen und der Sitz der Spolecnost pratel Luzice Gesellschaft der Freunde der Lausitz nebst der Hornik Bibliothek der umfangreichsten Sammlung sorbischer und sorabistischer Literatur in Tschechien Matrikel BearbeitenVon 1728 bis 1922 besuchten 768 Alumnen das Wendische Seminar in Prag Es waren 428 Sorben 319 Deutsche und 21 Kandidaten anderer Nationalitaten Die meisten von ihnen wurden Priester in der Lausitz und in ganz Sachsen Die im Seminar gefuhrte Matrikel aller Schuler und Studenten wurde von Zdenek Bohac herausgegeben Auf Grund ihrer Auswertung teilt Bohac die Seminargeschichte in drei Perioden ein Erste Periode 1706 1728 bis 1783 damals lebten nur sorbische Zoglinge im Seminar Zweite Periode 1784 bis 1821 ausser Sorben kamen jetzt auch Deutsche zum Studium nach Prag Sie stammten aus dem Gebiet des Klosters St Marienthal und aus Dresden Dritte Periode 1822 bis 1922 Da das Gebiet um Wittichenau an das Erzbistum Breslau abgegeben werden musste kamen von nun an weniger Sorben die Priester werden wollten nach Prag In die Zeit der dritten Periode fallen auch die Grundung des Deutschen Reiches unter preussischer Hegemonie und ein wachsender Nationalismus der sich nach dem Ersten Weltkrieg noch verscharfte Zu den Zoglingen des Seminars gehorten zahlreiche spater einflussreiche Akteure im sorbischen gesellschaftlichen Leben darunter Jakob Wosky von Barenstamm Jan Petr Jordan Jakub Bart Cisinski Georg Wuschanski Jakub Skala Filip Rezak Jakub Lorenc Zaleski und Jan Cyz Literatur BearbeitenDieter Rothland Das Wendische Seminar In Eine Kirche zwei Volker Domowina Verlag Bautzen 2003 ISBN 3 7420 1926 0 Peter Bien Priesterseminar und Sachsens Botschaft Wandlungen eines geschichtstrachtigen Ortes in Dresdner Neueste Nachrichten vom 6 August 2012 S 16 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Luzicky seminar Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienFussnoten Bearbeiten Alexander Koller Die Sorge um die vigna inculta et abbandonata Die romische Kurie und die Lausitzen im 16 und 17 Jahrhundert In Joachim Bahlcke Hg Die Oberlausitz im fruhneuzeitlichen Mitteleuropa Beziehungen Strukturen Prozesse Steiner Stuttgart 2007 ISBN 978 3 515 08983 8 S 152 173 hier S 172 nbsp Dieser Artikel wurde am 8 November 2005 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen 50 087555555556 14 408416666667 Koordinaten 50 5 15 2 N 14 24 30 3 O Normdaten Korperschaft GND 7662019 0 lobid OGND AKS VIAF 239240317 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Wendisches Seminar amp oldid 229800014