www.wikidata.de-de.nina.az
Der Vertrag von Trianon auch Friedensvertrag von Trianon oder Friedensdiktat von Trianon war einer der Pariser Vorortvertrage die den Ersten Weltkrieg formal beendeten Unterzeichnet am 4 Juni 1920 besiegelte er die 1918 19 erfolgten Sezessionen aus dem Konigreich Ungarn bis 1918 mit Osterreich in Realunion verbunden nach dem fur die Doppelmonarchie verlorenen Krieg Ungarn musste damit volkerrechtlich verbindlich zur Kenntnis nehmen dass zwei Drittel des Territoriums des historischen Konigreichs verschiedenen Nachbar und Nachfolgestaaten zufielen Die ungarische Delegation unterschrieb den Vertrag unter Widerspruch am 4 Juni 1920 Karte der territorialen Aufteilung Osterreich Ungarns nach den Pariser Vorortvertragen Der Ort der Vertragsunterzeichnung die Galerie des Cotelles im Schloss Grand TrianonInhaltsverzeichnis 1 Sezessionen 2 Verhandlungen und Vertragsunterzeichnung 3 Vertragsbestimmungen 4 Folgen 5 Kleinere Gebietsanderungen 6 Rezeption in Ungarn 7 Siehe auch 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseSezessionen BearbeitenDen Pariser Verhandlungen gingen mehrere Abspaltungen einzelner Landesteile voraus Tschechen und Slowaken deren Nationalrat in Paris bereits am 2 Juli 1918 von den USA anerkannt worden war riefen am 28 Oktober 1918 die Tschechoslowakische Republik aus Kroatien und Slawonien grundeten am 5 Oktober in Zagreb den Nationalrat der Slowenen Kroaten und Serben nahmen keine Weisungen aus Budapest mehr entgegen und erklarten sich am 30 Oktober 1918 zum Teil des neuen SHS Staats Die Rumanen Siebenburgens sprachen sich am 1 Dezember 1918 in den Karlsburger Beschlussen gefasst im heutigen Alba Iulia ungarisch Gyulafehervar fur die Vereinigung mit dem Konigreich Rumanien aus Die Volksversammlungen der Siebenburger Sachsen und der Banater Schwaben entschieden sich im Jahr 1919 ebenfalls fur die Vereinigung ihrer Gebiete mit Rumanien Verhandlungen und Vertragsunterzeichnung Bearbeiten Ethnische Karte des Konigreichs Ungarn Durch den Vertrag von Trianon an Rumanien verlorene Gebiete Ungarns Faksimile des Vertrages von TrianonDie Fakten waren also zum grossten Teil langst geschaffen als Ungarn Ende 1919 nach den Verhandlungen mit Osterreich nach Paris eingeladen wurde Der Vertrag wurde so spat unterzeichnet weil das besiegte Ungarn 1918 politische Wirren durchmachte die die Alliierten beunruhigten 1 So wurde nach dem Austritt Ungarns aus der Donaumonarchie am 21 Marz 1919 die Ungarische Raterepublik ausgerufen und nach gescheiterten Verhandlungen mit der Entente uber die zukunftigen Grenzen Ungarns brach am 15 16 April 1919 der Ungarisch Rumanische Krieg aus Der Vertrag von St Germain von Osterreich am 10 September 1919 unterschrieben hatte uberdies bereits die Entscheidung getroffen dass Deutsch Westungarn an Osterreich fallt Ungarn forderte erfolglos eine Revision und eine Volksabstimmung uber die abzutretenden Gebiete Wie Osterreich wurde Ungarn von der Entente als Kriegsverlierer und nicht als gleichwertiger Verhandlungspartner betrachtet Schliesslich unterzeichnete Ungarn am 4 Juni 1920 den Friedensvertrag im Versailler Palais Grand Trianon Fur Ungarn unterschrieben Agost Benard Minister fur Wohlfahrt und Alfred Drasche Lazar Botschafter Der Vertrag bestatigte zumeist nur die faktisch bereits bestehende Situation Zu den unterzeichnenden Machten zahlten Grossbritannien Frankreich und Italien Japan Belgien Siam Griechenland Nicaragua Panama das im Herbst 1918 wiedererstandene Polen Portugal Rumanien das neu gebildete serbisch kroatisch slowenische Konigreich mit Serbien als erstem von Osterreich Ungarn im August 1914 angegriffenen Staat und die neue Tschecho Slowakei die Exiltschechen in den USA hatten dort bereits wahrend des Krieges fur ihren gemeinsamen Staat mit den Slowaken argumentiert Die Vereinigten Staaten unterzeichneten den Vertrag nicht Ungarn und die USA beschlossen den Frieden in Washington D C mit einem separaten Vertrag auf Grundlage des Vertrags von Trianon jedoch ohne die Artikel zum Volkerbund bei dem die USA nur Beobachterstatus hatten Deutsch Westungarn seit 1919 von den Osterreichern Burgenland genannt sollte an Osterreich angeschlossen werden eine der wenigen Bestimmungen des Vertrags von Trianon die bei der Unterzeichnung noch nicht realisiert waren Ungarische Freischarler beschossen jedoch die osterreichische Gendarmerie und verhinderten vorerst die Verwaltung des Burgenlandes durch Osterreich Odenburg Sopron war als Landeshauptstadt vorgesehen Die in der Stadt und den umgebenden Dorfern im Dezember 1921 auf Vermittlung Italiens abgehaltene Volksabstimmung ging zugunsten Ungarns aus der Grossteil des Burgenlandes wurde im Herbst 1921 ohne Volksabstimmung an Osterreich angegliedert Vertragsbestimmungen BearbeitenKriegsschuldparagraph Art 161 Artikel uber die Wiedergutmachung der keine genaue Reparationssumme enthielt Artikel zu Rustungsbeschrankungen Beschrankung der Streitkrafte auf ein langdienendes Berufsheer von 35 000 Mann ohne schwere Artillerie Panzertruppen und Luftstreitkrafte ausschliesslich bestimmt fur die Verteidigung der Grenzen und fur die Innere Sicherheit die Einhaltung der Abrustungsauflagen und der Aufrustungsbeschrankungen sollte eine interalliierte Kontrollkommission uberwachen 2 Gebietsabtretungen die mehr als zwei Drittel von 325 411 km auf 93 073 km 3 des Reichsgebietes betrafen die heutige Slowakei und die Karpatoukraine an die Tschechoslowakei das heutige Burgenland an Osterreich Kroatien Slawonien Međimurje Prekmurje die Regionen Batschka und Sud Baranya Dravakoz und Teile des Banats an das Konigreich der Serben Kroaten und Slowenen Siebenburgen mit dem Rest des Banats und mit Partium an Rumanien Art 45 47 ein kleines Gebiet mit 14 Dorfern im aussersten Norden wurde Polen zugesprochen die Freie Stadt Fiume St Veit am Flaum bzw Fiume bzw Rijeka wurde ein eigener Freistaat nachdem Ungarn auf alle Rechte und Anspruche verzichtete Art 53 1924 wurde das Gebiet zwischen Italien und dem Konigreich der Serben Kroaten und Slowenen SHS Staat aufgeteilt wobei die Stadt Fiume an Italien fiel Folgen BearbeitenWeil die Grenzen oft nach strategischen Aspekten gezogen wurden gerieten etwa drei Millionen Magyaren unter fremde Oberhoheit 4 Die meisten Magyaren ausserhalb Ungarns lebten in Grenzgebieten in der sudlichen Slowakei in der Karpatoukraine 1 072 000 in der Vojvodina Nordserbien in Partium und in Prekmurje Slowenien 571 000 sowie in Rumanien 1 664 000 Angaben auf Grundlage der Volkszahlung von 1910 5 In Rumanien und in der heutigen Slowakei gab es Inseln mit uberwiegend ungarischer Bevolkerung heute sind die Ungarn dort teilweise die Minderheit Trianon loste allerdings die Nationalitatenproblematik im klein gewordenen Ungarn weitgehend Nach der Volkszahlung von 1920 hatten nur noch 10 4 der Gesamtbevolkerung 833 475 eine andere Muttersprache als Ungarisch darunter 551 211 Deutsche 6 9 und 141 882 Slowaken 1 8 473 000 Menschen bekannten sich zum mosaischen Glauben 6 Ausserdem wurden 23 760 Rumanen 59 875 Kroaten 17 131 Serben gezahlt 7 dazu kamen 60 748 ubrige unter anderen Slowenen Bunjewatzen und Sokci Zugleich gaben 399 176 Personen an dass sie der slowakischen 179 928 der serbischen oder kroatischen und 88 828 der rumanischen Sprache machtig seien Grenzstein aus dem Jahr 1922 an der ungarisch rumanischen GrenzeDie Magyaren waren nach dem Vertrag von Trianon entrustet und schockiert da die abgefallenen bzw abzutretenden Gebiete seit dem 11 Jahrhundert nach und nach zum Konigreich Ungarn gekommen waren Die Losung der damaligen Widerstandskampfer lautete Nein Nein Niemals ungarisch Nem Nem Soha Die Flaggen im gesamten Ungarn wurden bis zum Ersten Wiener Schiedsspruch 1938 auf halbmast gesenkt Erst dann wurden sie wieder um ein Drittel gehoben also auf 5 6 gehisst In den 1930er Jahren mussten die Schuler am Schultagsbeginn ein Gebet sprechen in dem die Revision d h die Wiederherstellung Grossungarns gefordert wurde Ich glaube an einen Gott ich glaube an eine Heimat ich glaube an eine ewige gottliche Gerechtigkeit ich glaube an die Auferstehung Ungarns Ungarisch Hiszek egy Istenben Hiszek egy hazaban Hiszek egy Isteni orok igazsagban Hiszek Magyarorszag feltamadasaban Die Wiener Schiedspruche von 1938 und 1940 unter der Regie des nationalsozialistischen Deutschlands korrigierten Trianon im Sinn Ungarns wurden aber 1945 47 fur ungultig von Anfang an ex tunc erklart Somit ist der Vertrag von Trianon so wie der von St Germain mit Osterreich nach wie vor gultig und Teil des Rechtssystems aller Nachfolgestaaten Nach Ende des Zweiten Weltkriegs haben die Ergebnisse der Pariser Friedenskonferenz fur die Tschechoslowakei kleine Gebietsgewinne sudlich von Bratislava Pozsony Pressburg gebracht Seit 1945 hat den Vertrag von Trianon keine Grossmacht in Frage gestellt Am 4 Juni 2010 also 90 Jahre nach Unterzeichnung des Vertrags beging das ungarische Parlament zum ersten Mal den so genannten Tag der nationalen Zusammengehorigkeit 8 Die Slowakei fuhlte sich damit provoziert 9 Kleinere Gebietsanderungen BearbeitenAm 29 Januar 1919 schlossen sich Burger von Balassagyarmat den Soldaten von Hauptmann Zsigmond Vizy an und vertrieben die eindringenden tschechoslowakischen Truppen die versuchten die Grenzen der Tschechoslowakei nach Suden zu verschieben Damit verblieben die betroffenen 18 Dorfer sudlich des Flusses Ipoly bei Ungarn Am 1 August 1920 verjagten Grenzpolizisten aus Kerca Prekmurje mit Unterstutzung von Aufstandischen aus Kerca und Szomoroc die serbisch kroatisch slowenischen Truppen aus Szomoroc Nach langen Verhandlungen wurde Szomoroc am 9 Februar 1922 nach Ungarn eingegliedert 1943 wurden die beiden Dorfer unter dem Namen Kercaszomor vereinigt In zehn entsprechend dem Vertrag Osterreich zugeordneten Dorfern kam es zu Ausschreitungen Daraufhin kam es in diesen Dorfern zu Volksabstimmungen die dazu fuhrten dass sie zwischen dem 10 Januar 1923 und dem 9 Marz 1923 wieder zu Ungarn kamen Dabei handelte es sich um die Dorfer Felsocsatar damals Alsocsatar und Felsocsatar Horvatlovo Narda damals Kisnarda und Nagynarda olmod Pornoapati Szentpeterfa und Vaskeresztes damals Nemetkeresztes und Magyarkeresztes Ursprunglich waren die Dorfer Liebling Rendek und Rattersdorf Rotfalva statt olmod und Szentpeterfa zu Ungarn zuruckgekommen siehe auch Volksabstimmung 1921 im Burgenland 1924 wurden Somoskoujfalu und Somosko durch die tschechoslowakisch ungarische Grenzkommission von der Tschechoslowakei an Ungarn abgetreten 1947 wurde der Bruckenkopf bei Bratislava der Tschechoslowakei zugesprochen heute gehort das Gebiet zur Slowakei Rezeption in Ungarn Bearbeiten Trianon Denkmal in Ungarisch AltenburgIn Budapest gibt es seit 2008 ein Trianonforschungsinstitut welches vierteljahrlich eine Zeitschrift mit dem Namen Trianoni Szemle und dem Untertitel Historisches Magazin des Grossungarns herausgibt 10 In Varpalota gibt es ein Trianon Museum 11 Am 31 Mai 2010 erklarte die Nationalversammlung den 4 Juni zu einem nationalen Gedenktag dem Tag der nationalen Zusammengehorigkeit Nemzeti osszetartozas napja Jeden Nachmittag um 17 00 Uhr wird seit 2008 in Erinnerung an die Unterzeichnung des Vertrages von Trianon von allen Lautsprechern der Stadt Esztergom eine Melodie auf der Tarogato abgespielt Die Musik auf diesem nationalen ungarischen Instrument soll die Trauer uber den Verlust von zwei Dritteln des Landes durch den Vertrag von Trianon unterstreichen 12 Siehe auch BearbeitenTschechischer Korridor Jovan Cvijic hinsichtlich serbisch jugoslawischer territorialer Zugewinne Literatur BearbeitenMarian Hronsky The struggle for Slovakia and the Treaty of Trianon 1918 1920 Veda Bratislava 2001 ISBN 80 224 0677 5 Jorn Leonhard Der uberforderte Frieden Versailles und die Welt 1918 1923 Verlag C H Beck Munchen 2018 ISBN 978 3 406 72506 7 Ignac Romsics Der Friedensvertrag von Trianon Schafer Herne 2005 ISBN 3 933337 36 4 Weblinks Bearbeiten Commons Vertrag von Trianon Sammlung von Bildern und Videos Wortlaut des Vertrages auf Englisch Wortlaut des Vertrages auf Deutsch Karte der Bevolkerung Osterreich Ungarns 1910 auf Ungarisch Karte der Bevolkerung Ostmittel und Sudosteuropas 1989 1992 Einzelnachweise Bearbeiten Pim den Boer Heinz Duchhardt Georg Kreis Wolfgang Schmale Europaische Erinnerungsorte 2 Das Haus Europa Oldenbourg Verlag 2011 ISBN 978 3 486 70419 8 S 510 Beschrankung der Streitkrafte auf ein langdienendes Berufsheer Art 103 von 35 000 Mann Art 104 ohne Luftstreitkrafte Art 128 siehe auch Teil XI Luftfahrt Art 260 bis 267 Herbert Kupper Das neue Minderheitenrecht in Ungarn Oldenbourg Munchen 1998 ISBN 3 486 56378 5 S 77 Paul Lendvai Die Ungarn Eine tausendjahrige Geschichte Goldmann Munchen 2001 ISBN 3 442 15122 8 S 418 Aniko Kovacs Bertrand Der ungarische Revisionismus nach dem Ersten Weltkrieg Der publizistische Kampf gegen den Friedensvertrag von Trianon 1918 1931 Verlag Oldenbourg Munchen 1997 ISBN 3 486 56289 4 S 91 und 213 Jorg K Hoensch Geschichte Ungarns 1867 1983 Stuttgart 1984 ISBN 3 17 008578 6 S 103 Georg Brunner Gunther H Tontsch Hrsg Der Minderheitenschutz in Ungarn und in Rumanien Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen Bonn 1995 ISBN 3 88557 133 1 S 20 Tschechiens Solidaritat mit der Slowakei Ungarn gefahrdet die Stabilitat veroffentlicht am 7 Juni 2010 abgerufen am 25 Dezember 2010 Friedensdiktat von Trianon Slowakei fuhlt sich provoziert In Wiener Zeitung 3 Juni 2010 abgerufen am 7 November 2013 Egyeves a Trianoni Szemle Ungarisch veroffentlicht am 29 Dezember 2009 zuletzt abgerufen am 29 Dezember 2010 Informationsseite Memento vom 11 August 2011 im Internet Archive Ungarisch zuletzt abgerufen am 29 Dezember 2010 Ursula Rutten Kai Kimmich Eine Pilgerreise auf den Spuren des magyarischen Christentums NZZ Abgerufen am 3 Juni 2020 Pariser Vorortvertrage Friedensvertrag von Versailles Vertrag von Saint Germain Vertrag von Neuilly sur Seine Vertrag von Trianon Vertrag von Sevres Kleiner Vertrag von Versailles Normdaten Werk GND 1165544946 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Vertrag von Trianon amp oldid 235212635