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Josef Sepp Oerter 24 September 1870 in Straubing 14 Dezember 1928 in Braunschweig war ein deutscher Politiker Oerter war zunachst Mitglied verschiedener anarchistischer und spater sozialistischer Gruppierungen und Parteien so der USPD und der SPD und nach seiner Abwendung von der Linken der NSDAP Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Fruhe Jahre 1 2 Jahrhundertwende 1 3 Politiker in Braunschweig 1 4 Ausschluss aus der USPD und Eintritt in die NSDAP 2 Zitate uber Oerter 3 Nachruf 4 Kritische Neubewertung der Lebensleistung 5 Autobiographie und Veroffentlichungen 6 Literatur 6 1 Literarische Verarbeitung 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseLeben BearbeitenFruhe Jahre Bearbeiten Nach dem Besuch einer Realschule absolvierte der Sohn eines Feldwebels eine Buchbinder Lehre 1887 schloss er sich der Sozialdemokratie an verliess diese aber 1890 bereits wieder nachdem eine linksradikale Jugendgruppierung die Oerter unterstutzt hatte aus der Partei ausgeschlossen worden war Daraufhin wandte er sich dem Anarchismus zu Jahrhundertwende Bearbeiten Anfang der 1890er Jahre arbeitete Oerter in Duisburg Zusammen mit seinem Bruder Fritz 1869 in Straubing 1935 in Furth schmuggelte er anarchistisches Agitationsmaterial von den Niederlanden nach Deutschland 1 Aufgrund zunehmenden Verfolgungsdrucks durch die Polizei fluchtete Oerter wie viele andere seiner Genossen in jener Zeit 1892 in die USA wo er weitere bekannte Anarchisten kennenlernte wie z B Peukert Masuhr und Timmermann Oerter wurde von den Behorden verdachtigt im gleichen Jahr an einem Attentat von Alexander Berkman auf Henry Clay Frick den Direktor des Carnegie Stahlwerkes in Pittsburg beteiligt gewesen zu sein Ausgestattet von Emma Goldmann mit finanziellen Mitteln kehrte er nach kurzer Zeit wieder nach Deutschland zuruck Im Dezember 1892 wurden beide Bruder in Mainz wegen aufruhrerischer Reden verhaftet Die Anklage lautete auf Aufruf zu Sprengstoffattentaten Sepp Oerter wurde am 25 Oktober 1893 zu acht Jahren Zuchthaus sein Bruder Fritz zu einem Jahr Gefangnis verurteilt nbsp Das Volksfreund Haus der SPD in Braunschweig 2011Nach verbusster Haftstrafe war er weiterhin in anarchistischen Bewegungen aktiv Er trat als Redner im In und Ausland auf 1906 wurde er Chefredakteur der anarchistischen Zeitschrift Der freie Arbeiter Er war ausserdem Vorstandsmitglied der Anarchistischen Foderation Deutschland 1907 nahm er am Grundungskongress der Anarchistischen Internationale in Amsterdam teil In der Zeit zwischen seiner Entlassung um 1902 und 1908 verfasste er eine Autobiographie 1908 verlor er seine Amter als bekannt wurde dass er wahrend seiner Tatigkeit beim Freien Arbeiter Geld unterschlagen hatte Danach schrieb er fur verschiedene burgerliche Zeitungen 1913 trat er der SPD bei und arbeitete fur deren Parteizeitung Vorwarts Zu Beginn des Ersten Weltkrieges wurde er Beiratsmitglied der Jugendbildungsvereine Gross Berlins 1916 kam er schliesslich nach Braunschweig um bei der SPD Zeitung Volksfreund als Chefredakteur zu arbeiten Politiker in Braunschweig Bearbeiten Als sich die SPD 1917 spaltete wurde Oerter in die Fuhrungsspitze der USPD gewahlt Nachdem er kurzzeitig im Sommer 1918 fur die Leipziger Volkszeitung tatig gewesen war kehrte er am Abend des 8 November 1918 nach Braunschweig zuruck zunachst zu spat fur die Durchsetzung seiner politischen Ziele denn am selben Tag nur einige Stunden fruher war es seinem Konkurrenten August Merges gelungen die Abdankung des letzten braunschweigischen Welfen Herzogs Ernst August zu erzwingen Wahrend der mehrere Monate andauernden Phase des Schwankens zwischen Raterepublik und Parlamentarismus gelang es Oerter nach dem grossen Wahlsieg der USPD im Jahre 1920 die Regierungsbeteiligung fur seine Partei zu erringen Wegen seiner aggressiven Rhetorik und seines taktischen Geschicks war er stets zahlreichen Anfeindungen von allen Seiten ausgesetzt galt aber dennoch als einer der wichtigsten Politiker im Braunschweig jener Zeit Wahrend der Zeit der Novemberrevolution in Braunschweig war Oerter als Vorsitzender der Arbeiter und Soldatenrate zunachst vom 10 November 1918 bis zum 17 April 1919 Minister fur Inneres und Finanzen unter August Merges USPD In der zweiten Landesregierung war Oerter schliesslich ab dem 22 Juni 1920 Ministerprasident des Landes Braunschweig Es gelang ihm in dieser Zeit jedoch nur unzureichend das politische Reformprogramm das er vorgegeben hatte umzusetzen Heinrich Jasper SPD spaterer Ministerprasident des Freistaates Braunschweig charakterisierte Oerters Raterepublik einmal als Diktatur einer undemokratischen Minderheit Bei den parteiinternen Auseinandersetzungen innerhalb der USPD im Jahre 1920 zu den Fragen des Beitritts zur Kommunistischen Internationale und zum Zusammenschluss mit der KPD positionierte Oerter sich in der Braunschweiger Bezirksorganisation gemeinsam mit Rudolf Lohr auf der Seite des rechten Parteiflugels um Arthur Crispien und stand den ortlichen Komintern Anhangern um Carl Eckardt ablehnend gegenuber Oerter vertrat hierbei die Meinung dass die Prinzipien von USPD und Komintern miteinander unvereinbar seien und pladierte aus taktischen Grunden fur eine Zusammenarbeit mit der sozialdemokratischen zweiten Internationale Ausschluss aus der USPD und Eintritt in die NSDAP Bearbeiten Aufgrund von Vorwurfen der Korruption bzw der Vorteilsannahme im Amt musste Oerter das Ministerprasidentenamt aber am 24 November 1921 niederlegen woraufhin sein Parteifreund Otto Grotewohl die Fuhrungsrolle in der USPD ubernahm Im Fruhjahr 1922 wurde Oerter wegen dieser Vorwurfe aus der USPD ausgeschlossen Einer mehrmonatigen Gefangnisstrafe wegen Bestechlichkeit entging er lediglich wegen einer Amnestie Nach seinem Parteiausschluss schwenkte Oerter politisch auf die volkische Linie ein und wurde schliesslich im Januar 1924 Mitglied der NSDAP die auf diese Weise erstmals im Braunschweigischen Landtag vertreten war Nach 1925 zog Oerter sich aus der Politik zuruck Er starb 1928 an einem Herzinfarkt Zitate uber Oerter BearbeitenIm November 1893 wahrend seines Strafprozesses beschrieb das Zentralorgan der deutschen Sozialdemokratie die Zeitung Vorwarts Oerter mit den Worten Halbverruckter und geistig behinderter Mensch Hermann Schroff Zeitzeuge der Novemberrevolution Geistig ist Oerter seinem Gesinnungskollegen Merges unzweifelhaft uberlegen Merges wusste nie recht was er wollte Oerter dagegen ging strikte und rucksichtslos auf sein Ziel los er wusste was zu erreichen mit Hilfe seiner chamaloeonartigen Anpassungsfahigkeit und seiner Eloquenz womit er allen Einwanden der Zauderer zu begegnen verstand 2 Rudolf Rocker ein deutscher Anarchosyndikalist schrieb in seinen Erinnerungen Aus den Memoiren eines deutschen Anarchisten Frankfurt am Main 1974 Er Sepp Oerter verbusste seine Strafe bis zum letzten Tage und beteiligte sich nach seiner Entlassung einige Jahre in unserer Bewegung als Redakteur des Freien Arbeiter in Berlin Spater machte er allerhand Wandlungen durch Nachruf BearbeitenIm Jahre 1929 verfasste Erich Muhsam in der von ihm herausgegebenen Zeitschrift Fanal den Nachruf Ruhmloses Ende zum Tode Oerters Kritische Neubewertung der Lebensleistung BearbeitenIm Rahmen der Debatte um eine Wurdigung des politischen Lebenswerkes der Braunschweiger Politikerin Minna Fasshauer stellte die SPD Fraktion im Braunschweiger Stadtrat im August 2013 den Antrag in diesem Zusammenhang gleichfalls die Lebenslaufe anderer Braunschweiger Politiker aus der Zeit der Novemberrevolution in Braunschweig der Weimarer Republik bis hin zur Zeit des Nationalsozialismus in der Stadt einer kritischen Neubewertung zu unterziehen Dieser Vorschlag wurde von der CDU Ratsfraktion unterstutzt Die Personen deren Lebensleistung demnach neu bewertet werden soll sind unter anderen Otto Grotewohl erster Ministerprasident der DDR Carl Heimbs DVP mit verantwortlich fur die Einburgerung Adolf Hitlers Werner Kuchenthal August Merges USPD erster Prasident der Sozialistischen Republik Braunschweig Sepp Oerter Anarchist USPD Ministerprasident des Landes Braunschweig spater NSDAP und Ernst August Roloff DNVP Grunder der BEL 3 Autobiographie und Veroffentlichungen BearbeitenAcht Jahre Zuchthaus Lebenserinnerungen Verlag der Tribune Berlin 1908 OCLC 15346812 Ich Sepp Oerter klage an die Zentralleitung der U S P D in Berlin die Parteiinstanzen der U S P D in Braunschweig die Landtagsfraktion der U S P D in Braunschweig den Minister Grotewohl in Braunschweig des infamsten politischen Meuchelmordes Selbstverlag Braunschweig 1922 OCLC 72178016 Politischer Guckkasten fur das deutsche Volk Bilder aus dem innerpolitischen Leben eines deutschen Gliedstaates Hupke amp Sohn Holzminden 1923 OCLC 80371896 Das Bekenntnis eines Bekehrten In Aufklarungs Blatter Nr 147 Deutsche Erneuerungs Gemeinde Leipzig 1924 OCLC 73000591 Literatur BearbeitenReinhard Bein Braunschweig Stadt und Herzogtum 1890 1918 Materialien zur Landesgeschichte Doring Druck Braunschweig 1985 ISBN 3 925268 01 4 Hans Wilhelm Binder Peter Durrbeck Jurgen Klose Hrsg Die rote Fahne uber dem Braunschweiger Schloss Novemberrevolution 1918 19 in Braunschweig Hermann Wallbaum erzahlt In Baustein zur Geschichte der Braunschweiger Arbeiterbewegung Selbstverlag Braunschweig 1978 Gustav Fullner Das Ende der Spartakisten Herrschaft in Braunschweig Einsatz der Regierungstruppen unter General Maercker vor 50 Jahren In Braunschweigisches Jahrbuch Nr 50 Braunschweig 1969 online Robert Gehrke Robert Seeboth Hrsg 50 Jahre Novemberrevolution Eine Dokumentation uber die revolutionaren Kampfe der Braunschweiger Arbeiter am Vorabend der November Revolution In Marxistische Blatter Sonderheft Selbstverlag Helmstedt 1968 OCLC 257974562 Horst Rudiger Jarck Gerhard Schildt Hrsg Die Braunschweigische Landesgeschichte Jahrtausendruckblick einer Region 2 Auflage Appelhans Verlag Braunschweig 2001 ISBN 3 930292 28 9 Horst Rudiger Jarck Gunter Scheel Hrsg Braunschweigisches Biographisches Lexikon 19 und 20 Jahrhundert Hahnsche Buchhandlung Hannover 1996 ISBN 3 7752 5838 8 Helge Dohring Hrsg Fritz Oerter Texte gegen Krieg und Reaktion Anarchismus amp Syndikalismus und der Erste Weltkrieg Verlag Edition AV Lich Hessen 2015 ISBN 978 3 86841 116 4 Literarische Verarbeitung Bearbeiten Ehm Welk Im Morgennebel Verlag Volk und Welt Berlin 1953 Im Roman des Zeitzeugen Welk wird die Novemberrevolution in Braunschweig und die Zeit bis zur Niederschlagung der Sozialistischen Republik Braunschweig dargestellt Der Roman basiert auf Welks eigenen Erlebnissen sowie auf historischen Recherchen seiner Ehefrau Sepp Oerter und andere historische Personen sind namentlich leicht verfremdet dargestellt Sepp Modler OCLC 250545011 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Sepp Oerter im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Zeitungsartikel uber Sepp Oerter in den Historischen Pressearchiven der ZBW Fritz Oerter Bruder von Sepp Oerter auf FurthWikiEinzelnachweise Bearbeiten Fritz Oerter in FurthWiki online abgerufen am 2 November 2021 22 33 Uhr Teutonicus Pseudonym von Hermann Schroff Braunschweig unter der Herrschaft der roten Fahne Meinungen Stimmungen und Tatsachen ohne Verlag Ort oder Jahr ca 1920 OCLC 57501321 SPD Antrag vom 26 August 2013 Von Ernst August uber August Merges zu Heinrich Jasper Die Zeit der Weimarer Republik in Braunschweig von den Anfangen bis zum Beginn des Faschismus PDF Datei Ministerprasidenten des Landes und des Freistaates Braunschweig 1918 1946 August Merges Sepp Oerter Heinrich Jasper Sepp Oerter August Junke Otto Antrick Heinrich Jasper Gerhard Marquordt Heinrich Jasper Werner Kuchenthal Dietrich Klagges Gerhard Marquordt Hubert Schlebusch Alfred Kubel Normdaten Person GND 12114531X lobid OGND AKS VIAF 8235192 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Oerter SeppALTERNATIVNAMEN Oerter JosefKURZBESCHREIBUNG deutscher PolitikerGEBURTSDATUM 24 September 1870GEBURTSORT StraubingSTERBEDATUM 14 Dezember 1928STERBEORT Braunschweig Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sepp Oerter amp 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