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Die Naqada Kultur auch Negade Kultur ist eine kupfersteinzeitliche archaologische Kultur aus der pradynastischen Zeit Agyptens Die Naqada Kultur entstand Anfang des vierten Jahrtausend v Chr in Oberagypten und breitete sich im Laufe von 1500 Jahren nordwarts nach Unteragypten aus 1 Sie wird in drei Perioden unterteilt die schliesslich in die fruhdynastische Periode Agyptens einmunden 2 Diese Abschnitte verdeutlichen den stetigen gesellschaftlichen und technologischen Wandel hin zu grosserer Komplexitat die schliesslich zur Grundung des agyptischen Staates fuhrte 3 Die Naqada Kultur wird oft der gleichzeitig bestehenden unteragyptischen Kultur gegenubergestellt die traditionell als kulturell und technologisch unterlegen betrachtet wurde und schliesslich in ihr aufging 4 Fundorte der Naqada I KulturIthyphallische Skulptur der Naqada Kultur Elfenbein Amratien 4 Jahrtausend v Chr Grosse 24 cm LouvreIhren Namen erhielt die Kultur von der oberagyptischen Stadt Naqada ca 45 km nordlich von Luxor am Westufer des Nils Dort grub der britische Agyptologe Flinders Petrie im Jahre 1893 einen Friedhof mit uber 2000 Grabern aus die er anhand ihrer abweichenden Bestattungssitten und Grabbeigaben erstmals als pradynastisch einordnete 5 Inhaltsverzeichnis 1 Naqada I ca 4500 bis 3500 v Chr 2 Naqada II ca 3500 bis 3200 v Chr 3 Naqada III ca 3200 bis 3000 v Chr 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseNaqada I ca 4500 bis 3500 v Chr BearbeitenDie Naqada Kultur bestand zu Beginn gleichzeitig mit der vorhergehenden Badari Kultur uberlagerte diese und loste sie schliesslich vollstandig ab 6 Die erste Periode wird nach dem Fundplatz El Amra auch als Amra Kultur oder Amratien bezeichnet 7 Am Anfang der Entwicklung der Naqada Kultur steht wohl die Desertifikation der Sahara die sich ab ca 3600 v Chr endgultig von der Savanne zur Wuste gewandelt hatte Die dort lebenden halbnomadischen Hirtengemeinschaften der Badari Kultur zogen in das fruchtbare Niltal und liessen sich dort nieder Dieses Bevolkerungswachstum erforderte neue landwirtschaftliche Techniken zur Ernahrung der Bevolkerung und forderte die Grundung von Siedlungen die spater befestigt wurden 8 Ausdruck dieser Entwicklung ist die steigende Vielfalt an Kulturpflanzen wie Emmer Gerste Flachs und Linse sowie eine grossere Anzahl an Nutzvieh Daneben erganzte die Jagd und das Sammeln von Wildpflanzen wie Knolligem Zypergras und den Fruchten der Doumpalme die Ernahrung 7 Im Verlauf der Zeit schlossen sich die entstandenen Dorfer im oberagyptischen Niltal zu Hauptlingstumern als Vorlaufer der spateren Gaue zusammen Aus diesen entstanden spater etwa acht Proto Staaten um die Zentren Abydos Abadijeh Naqada Gebelein Hierakonpolis El Kab Edfu und Elephantine die von einer lokalen Elite gefuhrt wurden und bisweilen in scharfer Konkurrenz um Ressourcen und Macht standen 9 Das Nebeneinander der Proto Staaten zeigt sich in einer regional vielfaltigen materiellen Kultur wobei insbesondere im Suden deutliche Anklange an die nubische A Gruppe sichtbar sind 10 Ein Grossteil des Wissens uber die fruhe Naqada Kultur stammt von 85 bekannten Friedhofen und 50 Siedlungen wobei der Schwerpunkt der Erforschung lange Zeit auf die Grabstatten gelegt wurde 11 Die Verstorbenen wurden wie die der Badari Kultur in Hocker bzw Embryonalstellung mit Blick nach Westen sowie Grabbeigaben in Form von Keramik und personlichen Gegenstanden beigesetzt Die Siedlungen bestanden wie in anderen zeitgleich bestehenden Kulturen aus in den Boden eingelassenen runden Stampflehmhutten wohl in Anlehnung an fruhere Nomadenzelte 12 Die Keramik der Naqada I Kultur besteht aus roten Schusseln und Bechern aus Nilton mit glanzendem schwarzen Rand der sogenannten Black topped pottery 13 Typische Dekorationsmuster sind weisse und cremefarbene geometrische Muster In zunehmendem Masse finden sich Darstellungen von Tieren Jagdszenen Kulthandlungen und Kampfen Erstmals treten auch Schiffe als Symbol des Handels auf 6 Anders als in fruheren Kulturen treten auch menschliche Figuren auf sowohl bartige Manner als auch Frauen die an Elfenbeinstaben oder anhangern befestigt werden konnten 7 Kupfergegenstande sind bekannt aber selten 14 Naqada II ca 3500 bis 3200 v Chr Bearbeiten nbsp Diorit Vase aus Neqada II 30 cm In der zweiten Phase breitete sich die Naqada Kultur nordwarts bis zum Sudrand des Fayyum Beckens aus und begann die dort siedelnde unteragyptische Kultur zu assimilieren 6 Naqada II wird nach dem Fundort Girga auch Girga Kultur genannt 15 Lebensgrundlage war jetzt endgultig eine landwirtschaftliche Produktionsweise mit der Nahrungsmitteluberschusse erzielt werden konnten 7 Die soziale Differenzierung setzte sich fort die Urbanisierung nahm weiter zu Zu Beginn der Naqada II Periode war die Anzahl der Proto Staaten auf drei zuruckgegangen deren Zentren in Girga mit seiner Nekropole Abydos Naqada und Hierakonpolis lagen An der Spitze dieser Proto Staaten standen wohl Erbmonarchien die ihren Einfluss aus der Kontrolle von Handelswegen schopften Girga kontrollierte den Zugang zum Nildelta und damit den Handel mit der unteragyptischen Kultur Naqada die Wadis zu den Goldminen in der arabischen Wuste und Hierakonpolis den Handel mit den Oasen in der libyschen Wuste und dem Sudan 16 9 Im Zuge der Auseinandersetzungen zwischen den oberagyptischen Proto Staaten setzte sich einer von ihnen durch und begrundete einen einheitlichen oberagyptischen Staat wobei unklar ist ob diese Rolle Hierakonpolis oder Girga Abydos zukam 9 Eine zerstorte Statue und andere Schaden in der Nekropole von Hierakonpolis deuten auf gewaltsame Konflikte hin 17 Dieser Kampf zwischen den pradynastischen Gauen konnte sich in der agyptischen Mythologie im Kampf der Gotter Horus und Seth widerspiegeln die ihre wichtigsten Kultstatten in Hierakonpolis und Naqada hatten 18 Nach der Vereinigung Oberagyptens expandierte der neu entstandene Staat nach Norden was nach einem kurzen Ubergang zum Ende der unteragyptischen Kultur fuhrte 9 Ob diese Reichseinigung militarisch durch wirtschaftliche und kulturelle Assimilierung oder durch Migration von Angehorigen der Naqada Kultur nach Unteragypten vollzogen wurde ist jedoch unklar 19 Die Naqada II Periode ist durch Ausgrabungen von Siedlungen und Friedhofen insbesondere in den genannten Zentren aber auch weiter nordlich gut bekannt In den Siedlungen entstanden spezialisierte Handwerksbetriebe wie Topfereien Brauereien und Feuersteinwerkstatten 20 sowie gesonderte Herrschafts und Kultviertel Neben den bekannten Rundhutten traten in Hierakonpolis erstmals auch rechteckige Hauser aus Lehmziegeln auf wie sie spatere agyptische Stadte pragen sollten 7 Die zunehmende soziale Ungleichheit zeigt sich auch in den Bestattungssitten In den Zentren entstehen raumlich getrennte Elitenfriedhofe in denen Angehorige der herrschenden Klasse in grossen teilweise mehrere Kammern umfassenden Grabern beigesetzt werden Keramik Schmuck Waffen und Werkzeuge aus wertvollen Materialien dienen als Grabbeigaben Verfahren die als Vorlaufer der Einbalsamierung angesehen werden sowie Ubergangsriten deuten auf den spateren agyptischen Totenkult voraus 6 Die Keramik verbesserte sich durch die Verwendung von Mergelton aus der Wuste und die professionelle Herstellung Neben den bekannten Formen kommt eine Verzierung mit Wellenlinien und Spiralen auf die sich teilweise an nubische und levantinische Keramik anlehnen 13 Auch sonst gibt es deutliche Hinweise auf einen ausgepragten Handel innerhalb Oberagyptens mit Bier Keramik und Feuerstein sowie einen Fernhandel mit speziellen Feuersteinwerkzeugen ahnlich dem Messer vom Gebel el Arak sowie Schmuck der Unteragypten Nubien und die sudliche Levante erreichte 20 Neben der hochentwickelten Feuersteinbearbeitung nimmt auch die Zahl der Kupfergerate zu erstmals werden auch Gold und Silber verarbeitet 6 In der Bildsprache dominieren Jagdszenen auf Flusspferde und Tiere der Wuste wie Mendesantilopen die zu diesem Zeitpunkt nur noch kultischen Zwecken diente Auch Schiffe werden noch haufiger und grosser dargestellt Daneben dominieren militaristische Siegeszenen 21 17 In einem Grab in Hierakonpolis findet sich die Darstellung eines Konigs oder Hauptlings des Proto Staates beim Erschlagen des Feindes ein Motiv das bis zum Ende des Alten Agyptens immer wieder rezipiert wurde 22 nbsp Sogenannte Jager Palette aus der Naqada III Periode restauriert Naqada III ca 3200 bis 3000 v Chr BearbeitenDie Naqada III Periode schliesslich bezeichnet die archaologische Kultur in der protodynastischen Zeit der sogenannten 0 Dynastie sowie der fruhdynastischen 1 und 2 Dynastie 23 24 In dieser Zeit bestand bereits ein grossraumiges weite Teile Ober und Unteragyptens umfassendes hochgradig zentralisiertes Staatswesen auch wenn es weiterhin zu Konflikten mit lokalen Eliten uber die Wiederherstellung der vorherigen dezentralen Organisation oder die Ubernahme der Macht im Zentralstaat kam 25 Der fruhe altagyptische Staat konsolidierte seine Macht im Innern und expandierte weiter nordwarts in die Sudlevante bis zum Fluss Yarkon 25 Die Entwicklung einer Konigsideologie zeigt sich an der zunehmenden Monopolisierung bestimmter symbolischer Gegenstande durch die herrschende Elite etwa steinerner Keulenkopfe und Schminkpaletten die bisher auch als Gemeinschaftssymbole und fur hausliche Ritualpraktiken verwendet wurden 26 Im Umfeld dieser Elite entstand dabei die altagyptische Hochkultur wahrend die weiter zunehmende soziale Ungleichheit als Evolution der Einfachheit und symbolische Entleerung der ubrigen Bevolkerung beschrieben wird 26 In dem protodynastischen Grab U bei Abydos finden sich erstmals hieroglyphische Inschriften 27 Objekte der Naqada III Kultur fanden sich insbesondere in den reich ausgestatteten Grabern um Abydos wahrend Graber in anderen Teilen Agyptens eine deutliche Vereinfachung und abnehmende Ausstattung zeigen 28 In Unteragypten sticht ein kultisch administratives Zentrum in Tell el Farcha hervor 29 Auf eine Expansion der Naqada Kultur uber die Grenzen Agyptens hinaus deuten zahlreiche agyptische Objekte in Unternubien und der Sudlevante hin bemerkenswert ist eine in Tell es Sakan sudlich des heutigen Gaza ausgegrabene agyptische Lehmziegelfestung 25 In der Naqada III Periode zeigte sich eine weiter zunehmende Homogenitat der Keramik wobei die black topped pottery endgultig verschwand und durch von Spezialisten gefertigte andere Keramikstile ersetzt wurde 30 Mit der Konigsideologie verbundene Objekte zeigen erstmals ubernaturliche Wesen wie Schlangenhalspanther und geflugelte Greifen 31 Literatur BearbeitenFekri A Hassan Nagada Naqada In Kathryn A Bard Hrsg Encyclopedia of the Archaeology of Ancient Egypt Routledge London 1999 ISBN 0 415 18589 0 S 555 57 Regine Schulz Matthias Seidel Hrsg Agypten Die Welt der Pharaonen Konemann Koln 1997 ISBN 3 89508 541 3 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Naqada Kultur Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Agnieszka Maczynska Lower and Upper Egypt in the 4th millenium BC The development of craft specialisation and social organisation of the Lower Egyptian and Naqada cultures In Studies in African Archaeology Band 14 2015 S 66 f Alice Stevenson The Egyptian Predynastic and State Formation In Journal of archaeological research Band 24 Nr 4 2016 S 424 Toby Wilkinson Aufstieg und Fall des Alten Agypten 1 Auflage Deutsche Verlags Anstalt DVA Munchen 2012 ISBN 978 3 421 04346 7 S 37 Agnieszka Maczynska Who are the Naqadans Some remarks on the use and meaning of the term Naqadans in Egyptian Predynastic archaeolog In Current Research in Egyptology 2016 Krakau 2017 S 44 Patricia Spencer Petrie and the Discovery of Earliest Egypt In Emily Teeter Before the pyramids the origins of Egyptian civilization Oriental Institute Museum publications Band 33 Oriental Institute of the University of Chicago Chicago 2011 ISBN 978 1 88592 382 0 S 18 a b c d e Sabine Kubisch Das Alte Agypten Von 4000 v Chr Bis 30 v Chr Marix Wissen Marixverlag Wiesbaden 2017 ISBN 978 3 7374 1048 9 a b c d e Hermann Parzinger Die Kinder des Prometheus Munchen 2016 ISBN 978 3 406 66657 5 T Wilkinson Aufstieg und Fall des Alten Agypten Munchen 2012 S 14 a b c d Branislav Anđelkovic Political Organization of Egypt in the Predynastic Period In Emily Teeter Before the pyramids the origins of Egyptian civilization Oriental Institute Museum publications Band 33 Oriental Institute of the University of Chicago Chicago 2011 ISBN 978 1 88592 382 0 S 28 f A Stevenson The Egyptian Predynastic and State Formation 2016 S 431 A Maczynska Lower and Upper Egypt in the 4th millenium BC The development of craft specialisation and social organisation of the Lower Egyptian and Naqada cultures 2015 S 67 Hermann Parzinger Die Kinder des Prometheus Eine Geschichte der Menschheit vor der Erfindung der Schrift 5 durchgesehene Auflage Beck Munchen 2016 ISBN 978 3 406 66657 5 Abschnitt Die pradynastische Naqada Kultur a b Alice Stevenson Material 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