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Die Martinikirche ist eine St Martin gewidmete Pseudobasilika in Siegen die in ihrer heutigen Form seit dem 16 Jahrhundert besteht und deren Geschichte bis ins 8 Jahrhundert zuruckgeht Ihre alteste erhaltene urkundliche Erwahnung stammt aus dem fruhen 14 Jahrhundert Die Kirche liegt auf dem westlichen Felssporn des Siegberges am Rande der mittelalterlichen Kernstadt Siegens unmittelbar westlich des Unteren Schlosses Die Martinikirche ist der alteste noch erhaltene Sakralbau der Stadt und seit der Zeit der Reformation eine evangelische Kirche Die Martinikirche in Siegen Ansicht von SudenDie Martinikirche von Westen auf einer Stadtansicht von Jakob Scheiner Aquarell aus dem Jahr 1899 den Zustand von etwa 1850 darstellend Links hinter der Kirche das Untere Schloss rechts davor die Ruine des Grossen Bollwerks Im Vordergrund der Fluss Sieg mit Siegbrucke Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Architektur 2 1 Vorgangerbau aus dem 11 Wiederaufbau im 13 Jahrhundert 2 2 Erscheinungsbild seit dem 16 Jahrhundert 3 Orgel 4 Martini Kirchhof 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten nbsp Portal der Martinikirche nbsp Das hochmittelalterliche Bodenmosaik unter dem heutigen Boden der Kirche nbsp Mittelschiff mit Kanzel hinten der Chor mit Altarraum und KirchenorgelZum ersten Mal urkundlich erwahnt wurde die Martinikirche am 3 Juni des Jahres 1311 1 2 Die Urkunde dokumentiert die Ausstattung der Pfarrkirche mit Einkunften unter anderem aus Einnahmen der Mashutte uf der Weste einem Huttenbetrieb am Fluss Weiss sowie aus Garten vor dem nordostlichen Stadttor Siegens dem Marburger Tor 3 Aus archaologischen Funden wird geschlossen dass am Standort der Kirche bereits in frankisch karolingischer Zeit wahrscheinlich etwa Mitte des 8 Jahrhunderts 4 ein Vorgangerbau errichtet wurde die Burgkapelle einer Grenz und Strassenfeste Die Datierung auf die Mitte des 8 Jahrhunderts markiert eine Zeit zunehmender Spannungen zwischen dem Frankenreich und dem nordlich an das frankische Siegerland angrenzenden Einflussgebiet der Sachsen Die Franken begannen in dieser Zeit damit sudlich des Rothaargebirges ihre befestigten Stellungen und Konigshofe auszubauen 5 Sachsenkriege von Karl dem Grossen Der Standort auf dem Sporn des Siegberges im Tal der Sieg nahe den Mundungen der Flusse Alche und Weiss gelegen war der strategisch geeignetste Platz um von einer Festung aus die davor befindliche Furt uber die Sieg an einem Abschnitt der Altstrasse Koln Marburg spater Brabanter Strasse genannt zu kontrollieren 6 7 Die in der Siegener Oberstadt auf dem Siegberg bis in die Gegenwart erhalten gebliebenen Strassennamen Kolner Strasse und Marburger Strasse zeugen von der Vergangenheit dieser Strassenverbindung ebenso die erhaltenen Orts beziehungsweise Strassennamen Kolner Tor historisches Stadttor am westlichen Sporn des Siegbergs Standort der Martinikirche und Marburger Tor historisches ostliches Stadttor Siegens Diese Stelle wird daher auch als wahrscheinlicher Ursprung der Stadt Siegen angesehen Jahrhunderte bevor die Stadt im Jahr 1224 erstmals urkundlich erwahnt wurde 8 Die Uberreste einer als aldestat Alte Stadt bezeichneten Siedlung am westlichen Fuss des Siegbergs wurden erst im Jahr 1527 aus militarstrategischen Grunden abgerissen 9 Ein Beleg fur die Existenz einer Burgkapelle vor dem Bau der Martinikirche ist ein bei Grabungen unter dem nordlichen Seitenschiff freigelegtes Fussbodenmosaik das auf das 10 Jahrhundert datiert wird Die Ornamentik des aus unterschiedlichen geometrisch geformten Fliesen aus rotem und schwarzem Ton gestalteten Mosaiks zeigt unter anderem Sonnenkranz und Kreuzlegungs Symbolik die auf ein sakrales Gebaude hindeuten Aus der Grosse und der aufwendigen Ausfuhrung des Mosaiks wird ausserdem auf einen uberdurchschnittlichen Herrensitz an dieser Stelle geschlossen Abnutzungsspuren der Fliesen lassen auf einen langerfristigen Gebrauch schliessen An der Ostseite des Mosaiks wurde ein Brandstreifen gefunden der auf eine Zerstorung des zugehorigen Gebaudes in historischer Zeit hindeutet Diese Zerstorung des frankischen Bauwerks wird als Anlass dafur interpretiert an derselben Stelle im 11 Jahrhundert einen Nachfolgebau zu errichten 10 Das in den Jahren 1959 60 entdeckte und ausgegrabene Mosaik liegt 92 cm unter dem heutigen Fussboden des Gebaudes 11 12 Vergleichbare Mosaike wurden im Bochumer Stadtteil Stiepel und im Mindener Dom entdeckt Im 16 Jahrhundert verlor die Martinikirche ihre Rolle als Pfarr und Hauptkirche Siegens da sich das Stadtzentrum im Laufe der Zeit vom Fusse des Siegbergs auf dessen Gipfel verlagert hatte Neue Pfarrkirche der Stadt wurde etwa im Jahr 1527 die bereits im 13 Jahrhundert dort errichtete Nikolaikirche Durch den Bau des Unteren Schlosses im 17 Jahrhundert wurde die Kirche noch mehr vom Stadtzentrum abgeschnitten und verlor so weiter an Bedeutung bis sie im 18 Jahrhundert nur noch fur Trauerfeiern und Beerdigungsgottesdienste genutzt wurde und das Gebaude schliesslich verfiel 13 In Kriegs und Notzeiten diente die Martinikirche sowohl als Lazarett als auch als Waffenkammer so zum Beispiel wahrend der Revolutionskriege ab 1794 14 Wahrend der Zeit der Sakularisation seit dem fruhen 19 Jahrhundert kam es zu schweren Beschadigungen des Gebaudes Ein drohender Abriss wurde nur durch die Spende eines Siegener Kaufmanns fur die Restaurierung verhindert die von 1833 bis 1838 erfolgte Ab der Wiedereinweihung am 17 Juni 1838 konnte die Martinikirche wieder fur Gottesdienste genutzt werden Eine weitere Renovierung erfolgte in den Jahren 1911 12 in deren Verlauf die Aussenmauern aus Bruchsteinmauerwerk dem Zeitgeschmack entsprechend von Verputz befreit wurden Die Innenraume erhielten eine historisierende Ausmalung 15 Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche bis auf die Aussenmauern zerstort und in den darauf folgenden Jahren bis 1949 wiederhergestellt Die erneute Wiedereinweihung fand am 31 Oktober 1949 statt 16 12 Die Martinikirche steht heute unter Denkmalschutz und wurde zuletzt 1991 vollstandig renoviert 1 nbsp Grundriss der Martinikirche im fruhen 20 Jahrhundert nbsp Innenansicht Blick nach Sudwesten Fotografie von Albert Ludorff 1897 nbsp Ostseite des Mittelschiffs mit Kanzel und Chor nach der Renovierung 1911 1912Architektur BearbeitenVorgangerbau aus dem 11 Wiederaufbau im 13 Jahrhundert Bearbeiten Im Laufe seines Bestehens wurde das Kirchengebaude mehrfach umgebaut Fur das 11 Jahrhundert wird auf eine spatromanische Stiftskirche mit funf Turmen und mit grossformatigem Westwerk geschlossen Diese soll an den Ecken der Ostfassade zwei quadratische an denen der Westseite zwei runde Turme sowie einen grossen quadratischen Mittelturm im Westwerk aufgewiesen haben 17 Von diesen Turmen ist nur der Rumpf eines runden Treppenturms heute mit spitzem Dach versehen an der Nordwest Ecke des Gebaudes erhalten geblieben archaologische Befunde belegen die vormalige Existenz eines Gegenstucks an der sudwestlichen Gebaudeecke Die Schiessscharten des erhaltenen Turmrumpfes geben einen Hinweis auf den einstmaligen Wehrcharakter des Kirchenbaus Es wird vermutet dass diese Stiftskirche gegen Ende des 12 beziehungsweise zu Anfang des 13 Jahrhunderts durch einen Brand oder durch kriegerische Einwirkungen grosstenteils zerstort wurde Etwa im Jahr 1230 wurde die Martinikirche an derselben Stelle unter Einbeziehung der Reste der Stiftskirche wieder aufgebaut laut einer Urkunde aus dem Jahr 1311 noch ausserhalb der damaligen Siegener Stadtbefestigung gelegen 18 19 Eine Baunaht die uber die gesamte Hohe der rechten Halfte der Westfassade geht ist bis in die Gegenwart eine deutlich sichtbare Spur des Wiederaufbaus im 13 Jahrhundert 20 Erscheinungsbild seit dem 16 Jahrhundert Bearbeiten Seit einem Umbau in den Jahren 1511 bis 1516 hat die Martinikirche das derzeitige Erscheinungsbild einer dreischiffigen spatgotischen Pseudobasilika mit drei Jochen Alle Aussenmauern des Gebaudes bestehen aus verfugtem Bruchsteinmauerwerk Der in fruheren Jahrhunderten vorhandene Aussenputz wurde im Zuge von Restaurierungsarbeiten zu Beginn des 20 Jahrhunderts entfernt und seitdem nicht wieder aufgetragen Die Langswande der Kirche an deren Nord und Sudseite werden von jeweils funf Pfeilern gestutzt zwischen denen sich zweiteilige gotische Spitzbogenfenster sowie in der Nordfassade ein Nebenportal befinden Im Laufe des Umbaus zu Beginn des 16 Jahrhunderts wurde das nordliche Seitenschiff um etwa einen Meter verbreitert so dass die Seitenschiffe der Kirche seitdem ungleich breit sind In das nordliche Seitenschiff wurde im 20 Jahrhundert eine holzerne Empore eingebaut 21 Alle drei Kirchenschiffe besitzen statt der fruheren gotischen Netzgewolbe seit dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg flache Decken mit sichtbarer starker Bebalkung 22 wobei das Mittelschiff eine deutlich grossere Deckenhohe als die beiden Seitenschiffe aufweist Der daruberliegende Dachboden soll in fruheren Jahrhunderten unter anderem als Lateinschule benutzt worden sein 23 Anstelle eines Kirchturms hat der Bau als Glockenturm einen Dachreiter der uber dem Chor auf der Ostseite des Giebels eines nur sehr leicht gewalmten Daches aufsitzt 24 25 In der Ostwand des Chores der um etwa 1 5 Meter aus dem Mittelschiff herausragt befindet sich ein weiteres gotisches Spitzbogenfenster dreiteilig und mit gotischem Masswerk versehen Ein baugleiches Gegenstuck ist in die Westwand uber dem Hauptportal eingelassen 26 Orgel BearbeitenDie Orgel wurde 1951 von der Orgelbaufirma Emanuel Kemper amp Sohn Lubeck nach der Disponierung des Organisten Helmut Winter erbaut In den Jahren 1985 bis 2003 wurde das Instrument durch die Orgelbaufirma Mebold uberarbeitet wobei ein Grossteil des Pfeifenmaterials ausgetauscht wurde Das Taschenladen Instrument hat 39 Register auf drei Manualen und Pedal Die Trakturen sind elektrisch 27 I Hauptwerk C g3Bordun 16 Prinzipal 0 8 Holzflote 0 8 Oktave 0 4 Blockflote0 0 4 Quinte 2 2 3 Oktave 0 2 Mixtur IVTrompete 0 8 Tremulant II Ruckpositiv C g3Bordun 0 8 Quintade 0 8 Prinzipal 0 4 Rohrflote 0 4 Nasat 2 2 3 Gemshorn 0 2 Quinte 1 1 3 Sesquialtera II0Scharf IIIKrummhorn 0 8 Tremulant III Schwellwerk C g3Traversflote 0 8 Gambe 0 8 Schwebung0 0 8 Spitzflote 0 4 Querpfeife 0 2 Klarinette 0 8 Fagott 16 Oboe 0 8 Trompete 0 4 Tremulant Pedalwerk C g3Untersatz 32 Prinzipal 16 Subbass 16 Oktave 0 8 Gedecktbass0 0 8 Oktave 0 4 Nachthorn 0 2 Mixtur VPosaune 32 Posaune 16 Trompete 0 8 Koppeln II I III I III II I P II P III P I I und III III als SuboktavkoppelnMartini Kirchhof BearbeitenEine Texttafel an der Fassade der Kirche weist darauf hin dass sich auf dem die Kirche umgebenden Areal die fruheste nachweisbare Begrabnisstatte Siegens der Martini Kirchhof befindet Auf diesem seit 1882 in eine stadtische Grunanlage umgewandelten Friedhof sollen bis 1843 etwa 60 000 Bestattungen vorgenommen worden sein Dieses Gelande wurde zu Beginn des 16 Jahrhunderts mitsamt dem dort zwischen 1420 und 1691 vorhandenen Beinhause in die festungsmassige Erweiterung der Stadtmauern einbezogen 1502 bis 1511 entstand am talseitigen Ende des Kirchhofs das Grosse Bollwerk der Siegener Stadtbefestigung Nachdem dieses 1846 eingesturzt war erfolgte dessen endgultige Beseitigung durch Abbruch im Jahre 1893 Als weiterer Zugang zum Kirchhof befand sich in der sudlichen Stadtmauer am Obergraben ab 1504 die Neue Pforte ab 1850 Heilige Pforte genannt 28 Literatur BearbeitenWilhelm Guthling Hrsg Geschichte der Stadt Siegen im Abriss Vorlander Siegen 1955 Wilhelm Ochse Kirchliche Heimatkunde Plaudereien mit Jung und Alt im Siegerland Regensbergsche Verlagsbuchhandlung Munster Westf 1946 Buch zur Kirchengeschichte des Siegerlandes Manfred Seifarth Die Martinikirche in Siegen Heft zur Geschichte des Bauwerks herausgegeben vom Presbyterium der Evangelischen Martini Kirchengemeinde Siegen 1999 Walter Thiemann Zur Geschichte der Siegener Martinikirche Sonderdruck aus der Siegerlander Kreiskirchlichen Beilage zum Sonntagsblatt Unsere Kirche Siegen 1976 Verschiedene Autoren ecclesia extra muros 1311 2011 700 Jahre Martinikirche in Siegen Jubilaums Festschrift erschienen in der Reihe Siegener Beitrage Jahrbuch fur regionale Geschichte Sonderband 2011 Vorlander Siegen 2011 ISSN 1435 1412Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Martinikirche Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Die Martinikirche auf der Website der Stadt Siegen Memento vom 30 Marz 2015 im Internet Archive Webseite der GemeindeEinzelnachweise Bearbeiten a b Gotteshauser Martinikirche Siegen die erste urkundliche Erwahnung der Martinikirche Guthling Geschichte der Stadt Siegen im Abriss S 23 Gerhard Scholl Von Burgen und Schlossern im Siegerland In Siegerland zwischen gestern und morgen S 25 ff Vorlander Siegen 1965 Thiemann Zur Geschichte der Siegener Martinikirche S 3 Guthling Geschichte der Stadt Siegen im Abriss S 7 Hermann Kellenbenz Jurgen H Schawacht Schicksal eines Eisenlandes S 24 Herausgegeben von der Industrie und Handelskammer Siegen 1974 Guthling Geschichte der Stadt Siegen im Abriss S 10 Seifarth Die Martinikirche in Siegen S 13 Thiemann Zur Geschichte der Siegener Martinikirche S 4 f Seifarth Die Martinikirche in Siegen S 6 f a b Auf den Spuren von Nassau und Oranien in Siegen Broschureder Gesellschaft fur Stadtmarketing e V Siegen Ohne Datums und Autorenangabe Seifarth Die Martinikirche in Siegen S 13 f Artikel uber die Martinikirche auf helmut langenbach de mit Abbildungen Seifarth Die Martinikirche in Siegen S 17 Seifarth Die Martinikirche in Siegen S 19 Seifarth Die Martinikirche in Siegen S 8 ff Mit Abbildung eines Rekonstruktionsversuchs des Gebaudes Seifarth Die Martinikirche in Siegen S 9 ff Ecclesia parochialis Sancti Martini extra muros oppidi Segen Pfarrkirche St Martin von Siegen ausserhalb der Stadtmauern Zitiert nach Seifarth Die Martinikirche in Siegen S 11 Friedrich Weber Spaziergang durch die Geschichte Martinikirche In Siegen Geschichte Sehenswertes S 25 Vorlander Siegen 2008 Seifarth Die Martinikirche in Siegen S 4 Friedrich Weber Spaziergang durch die Geschichte Martinikirche In Siegen Geschichte Sehenswertes S 30 Vorlander Siegen 2008 Seifarth Die Martinikirche in Siegen S 12 Friedrich Weber Stadtfuhrer Siegen Vorlander Siegen 2008 Seifarth Die Martinikirche in Siegen S 2 S 17 Seifarth Die Martinikirche in Siegen S 2 Nahere Informationen zur Orgel Memento des Originals vom 12 August 2015 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www bachchor de Texttafel an der evangelischen Martinikirche in Siegen50 87379632909 8 0204379558563 Koordinaten 50 52 25 7 N 8 1 13 6 O Normdaten Geografikum GND 4620716 8 lobid OGND AKS VIAF 247389611 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Martinikirche Siegen amp oldid 239301433