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Den Titel Marktplatz tragen Platze innerhalb einer Ortschaft auf denen Waren ver und gekauft wurden oder werden Diese Art des Handels hatte ganz wesentlich zum Aufschwung der Stadte im Mittelalter beigetragen Seit den Anfangen der Stadtbildung waren Markte die Zentren stadtischen Lebens dabei haufig auch Raume von hohem stadtebaulichen Rang Entsprechend ihrer Funktion liegen sie haufig im Zentrum historischer Stadtkerne Die Geschichte der Marktplatze in Deutschland geht dabei bis in das 10 Jahrhundert zuruck Wittenberg 1760 Marktplatz mit Stadtpfarrkirche St Marien und Rathaus Ruckseite Wittenberg 2005 Marktplatz mit Rathaus und St MarienCalvorde 2010 Marktplatz mit Schule und St Georg Kirche Inhaltsverzeichnis 1 10 bis 12 Jahrhundert 1 1 Entstehung lokaler Markte 1 2 Erste Veranderungen 2 13 bis 15 Jahrhundert 2 1 Wachstum und Unabhangigkeit 2 2 Stagnation und Krisen 3 16 bis 18 Jahrhundert 3 1 Entwicklung trotz Machtverlust 3 2 Spatfolgen des Dreissigjahrigen Krieges 4 19 und 20 Jahrhundert 4 1 Grossere Stadte neue Rathauser 4 2 Der Markt Argernis und Festplatz 4 3 Politische Konflikte und Kriegsfolgen 5 Gegenwart 6 Weiterfuhrende Informationen 6 1 Siehe auch 6 2 Literatur 6 3 Weblinks10 bis 12 Jahrhundert BearbeitenEntstehung lokaler Markte Bearbeiten nbsp Der Trierer Hauptmarkt wurde bereits im Jahre 958 mit einem Marktkreuz als Hoheitssymbol ausgestattet Noch heute ist der Hauptmarkt zentraler Platz der Trierer Altstadt In diesem Zeitabschnitt vervielfachte sich die Zahl der Orte an denen regelmassig Markte stattfanden Bischofen und Klostern war das Recht verliehen worden Jahrmarkte spater auch Wochenmarkte abzuhalten Dort handelte man mit Lebensmitteln einerseits mit Brot Mehl Milchprodukten Fleisch und Feldfruchten und andererseits mit den verschiedensten Handwerkserzeugnissen Markte dieser Art hatten Bedeutung vor allem fur das nahe gelegene Umland und werden daher als Nah oder Lokalmarkte bezeichnet Sie unterschieden sich damit von den zum Teil sehr viel alteren Handelsplatzen die an Fernhandelsstrassen wie der Via Regia Konigsstrasse der Kupferstrasse den Salz und Bernsteinstrassen entstanden waren und zu denen Kaufleute uber grosse Entfernungen anreisten um Salz Metalle Seide Pelze und andere Waren zu tauschen meist im Auftrag ihrer jeweiligen Feudalherren Allgemeine Voraussetzung fur die Herausbildung lokaler Markte war die zunehmende Arbeitsteilung und gleichzeitige raumliche Trennung von Landwirtschaft und Handwerk Konkret entstanden Markte dort wo gunstige Vorbedingungen dafur vorhanden waren relativ hohe Siedlungsdichte im Umfeld gute Verkehrsverbindungen eine strategisch herausgehobene Lage etwa an wichtigen Flussubergangen der Schutz durch machtige Feudalherren Diese forderten die Entwicklung der Markte auf ihrem Gebiet indem sie bestimmte Rechte und Vergunstigungen gewahrten Grundstucke zuwiesen das Schlagen von Bauholz erlaubten Im Gegenzug erhoben sie verschiedene Abgaben Marktzoll fur jeden abgeschlossenen Handel sowie fur die Benutzung der Marktstande und der Waage Der ubergeordnete Feudalherr garantierte allen Marktbesuchern unabhangig von ihrem Stand freien Zugang zu den Markten Fur das genau abgegrenzte Gelande und fur den Weg dorthin galt der Marktfriede Verstosse dagegen wurden mit dem Konigsbann belegt die jeweils gultige Marktordnung hatte nur lokale Bedeutung Marktsiedlungen und Handler im Allgemeinen standen aber unter dem rechtlichen Schutz des Konigs Um den reibungslosen Marktbetrieb zu sichern konnten zeitweilig sogar gerichtliche Verfolgungen ausgesetzt werden Erste Veranderungen Bearbeiten Markte entwickelten sich meist an Uberlandstrassen vornehmlich dort wo sich solche Strassen kreuzten Dreieckige oder trapezformige Platze verweisen auf ihre Entstehung an einer Strassengabelung Oft konnten die mehr oder weniger spontan angelegten Markte den schnell wachsenden Warenverkehr schon wenig spater nicht mehr aufnehmen An geeigneteren Standorten entstanden neue grossere besser geplante Marktplatze Um die eigentlichen Verkaufsflachen herum wuchsen Wohn und Nutzgebaude von Handwerkern und Kaufleuten die Bebauungsdichte nahm schnell zu In festungsahnlichen Steinbauten so genannten Vogteien residierten Beauftragte der Grundherren die Masse und Gewichte pruften die Vergabe der Standplatze regelten Abgaben erhoben und den Gerichten vorstanden Am Marktplatz oder ganz in seiner Nahe befand sich in der Regel eine Kirche oder Kapelle Mit den so entstandenen Strukturen erhielten die fruhen Stadte ein Gegengewicht zu den bisher dominierenden Domburgen Pfalzanlagen und Klostern Uberlebenswichtig fur die fruhen Stadte und ihre Markte war der Marktbrunnen In den Wohnhausern gab es keine Wasserversorgung auf dem Markt mussten Lasttiere und Schlachtvieh getrankt werden Die Funktionsfahigkeit des Brunnens war also unbedingt zu sichern zum Teil mit grossem Aufwand durch tiefe Bohrungen oder dadurch dass das Wasser von weit her geleitet wurde In grosseren Stadten gab es Brunnen auch in anderen Stadtvierteln der Marktbrunnen hatte jedoch herausgehobene Bedeutung Hier oder in etwas spaterer Zeit vor dem nahe gelegenen Rathaus befand sich das Marktkreuz als Zeichen des vom Konig garantierten Marktrechts Durch verschiedene daran angebrachte Symbole Fahne Handschuh Schwert sollte die gedachte Anwesenheit des Konigs dargestellt werden Auf den Marktplatzen einiger nord und ostdeutscher Stadte wie Bremen oder Brandenburg an der Havel stand statt des Marktkreuzes eine Statue des Roland er galt als Sinnbild burgerlicher Freiheiten und Schutzpatron der Fernhandelskaufleute 13 bis 15 Jahrhundert BearbeitenWachstum und Unabhangigkeit Bearbeiten Zum Ende des 14 Jahrhunderts war die Anzahl der Stadte in Deutschland auf etwa 4000 angestiegen Ergebnis einer Welle von Stadtgrundungen mit denen die Territorialherren ihre Gebiete wehrhafter machen und ihre Einnahmen erhohen wollten Viele dieser Orte blieben trotz der Stadtrechte ihrem Wesen nach Dorfer mit kaum 500 Einwohnern Andere wie etwa die Hansestadte Lubeck und Bremen oder Fernhandelszentren wie Nurnberg und Augsburg entwickelten sich mit mehr als 10 000 Einwohnern zu Grossstadten nach damaligem Massstab Typisch fur Marktgrundungen dieser Zeit war die planvolle Anlage im Zentrum der Siedlungen Zuweilen wurden alte Handelsstrassen so umgelenkt dass sie die neuen Marktplatze beruhrten Regelmassige rechteckige oder quadratische Grundrisse ergaben sich dadurch dass man in der Mitte der neuen Orte einen oder mehrere Baublocke aussparte solche Flachen waren meist zwischen 0 3 und einem Hektar gross Bei manchen Neugrundungen besonders ostlich der Elbe fuhrten ubertriebene Erwartungen an den spateren Marktverkehr auch zu Platzen von mehreren Hektar Grosse die spater teilweise wieder uberbaut wurden An alteren Handelsplatzen machte der florierende Marktbetrieb neue Marktplatze mit zum Teil speziellen Funktionen erforderlich es entwickelten sich Fachmarkte fur Holz fur Topferwaren fur den Handel mit Weidevieh oder Geflugel fur Fisch fur Butter oder fur Korn Sie waren meist taglich geoffnet anders als die wochentlich durchgefuhrten Hauptmarkte Bezeichnungen fur Strassen und Platze erinnern vielfach noch heute an diese Markte Mit zunehmender Wirtschaftskraft erlangten die Stadte in Teilbereichen Unabhangigkeit von den jeweiligen Feudalherren die um ihren wachsenden Geldbedarf zu decken oder ihre Schulden zu bezahlen den Stadten verschiedene Rechte von der Gerichtsbarkeit bis zu den Marktrechten verkauften Das neu gewonnene Selbstbewusstsein des Stadtburgertums druckte sich im Bau von Rathausern aus die seit dem 13 Jahrhundert in grossem Umfang an Marktplatzen entstanden anfangs als Holzbauten im 14 und 15 Jahrhundert als ansehnliche Gebaude aus Stein Stadtrate Gilden Zunfte und einzelne wohlhabende Familien forderten das Entstehen reprasentativer Markt und Stadtkirchen Die wurden nicht nur liturgisch genutzt sondern auch als weltliche Versammlungsorte zur Durchfuhrung des Marktgerichts und als Aufbewahrungsort stadteigener Kostbarkeiten und Urkunden Auch die ubrigen Bauten am Markt spiegelten die gesellschaftliche Entwicklung der Stadte wider Hier standen die Anwesen gut situierter Kaufleute reich gewordener Zunftmeister sowie der Zunfte und Gilden selbst ebenso Gasthofe und Herbergen in Einzelfallen auch die Gastehauser oder zeitweiligen Wohnsitze von Feudalherren die fur ihre so genannten Freihauser keine Abgaben an die Stadt zahlen mussten Da es als Vorzug galt am Markt zu wohnen wurden die Baugrundstucke bald kleiner es entstanden haufiger mehrgeschossige Holz und Fachwerkbauten deren schmale Giebel der Platzseite zugewandt waren Seit dem 14 Jahrhundert bemuhten sich die Stadtverwaltungen darum dass zunehmend in Stein gebaut wurde um die Brandgefahr zu verringern Gerade an Marktplatzen befolgte man diese Anweisungen recht gerne weil in den umliegenden Hausern oft wertvolle Waren und Rohstoffe lagerten Die Platze bildeten den Rahmen nicht nur fur die ublichen Wochenmarkte Als besondere Hohepunkte im stadtischen Leben wurden hier Jahrmarkte abgehalten zu denen Handler und Kaufer aus grosserer Entfernung erschienen dazu Zahnbrecher und Wunderdoktoren Fechter und Ringer Akrobaten Jongleure und Musikanten Auf den Marktplatzen fanden Prozessionen statt hohe Gaste wurden feierlich empfangen Fastnachts und Osterspiele wurden aufgefuhrt Man hielt hier offentliche Gerichtsverhandlungen ab und vollstreckte auch die Urteile vor Publikum Bei geringeren Vergehen wurden die Ubeltater ausgepeitscht oder an den Pranger gekettet Fur Hinrichtungen gab es zwar den Galgenplatz vor den Toren der Stadt zur besonderen Abschreckung wurde aber auch auf den Marktplatzen gehangt gevierteilt verbrannt oder enthauptet Diese demonstrativen Strafen trafen vor allem solche Delinquenten deren religiose oder politische Einstellung als gefahrlich betrachtet wurde Stagnation und Krisen Bearbeiten Nun hoben sich die Marktplatze durch ihre Bausubstanz schon deutlich von den angrenzenden Stadtgebieten ab An architektonisch durchgestaltete geschlossene Ensembles war aber noch nicht zu denken Grosse Gebaude blieben oft Baustellen uber Jahrzehnte hinweg In schweren Zeiten ruhten alle Bauarbeiten manchmal fur Generationen Kriege und grosse Brande verwusteten immer wieder weite Teile der Stadte Marktplatze waren noch immer nicht gepflastert auf den sandigen Flachen waren Haustiere wie Huhner und Schweine unterwegs zuweilen flossen Bache hindurch aus denen Wasser fur den Marktbetrieb und zur Brandbekampfung entnommen werden konnte Aus der Freien Reichsstadt Reutlingen ist eine bezeichnende Episode uberliefert Kaiser Friedrich III 1415 1493 war bei einem Besuch der Stadt beinahe im Morast der Strassen versunken Danach war es nicht mehr erlaubt Abfalle einfach vor die Hauser zu werfen Marktplatze mussten nach jedem Markttag gesaubert werden Im 15 Jahrhundert verloren die Stadte mit Ausnahme der Freien Reichsstadte wieder viel von ihrer Souveranitat Innerhalb der Kommunen nahmen die sozialen Spannungen zu und fuhrten zu teilweise blutigen Auseinandersetzungen die starr organisierten Zunfte erwiesen sich allmahlich als hemmend fur die allgemeine Entwicklung immer aufwendigere Befestigungsarbeiten belasteten die Finanzen Epidemien und Missernten verscharften kritische Situationen In dieser Lage fiel es den Landesherren leicht viele Stadte wieder in ihre Abhangigkeit zu bringen die Ratswahlen zu kontrollieren und Handelsprivilegien zu widerrufen 16 bis 18 Jahrhundert BearbeitenEntwicklung trotz Machtverlust Bearbeiten nbsp Lubeck etwa 1580Trotz verschiedener Ruckschlage die wirtschaftliche Lage des stadtischen Handelsburgertums blieb auf langere Sicht zufriedenstellend und pragte auch das Bild der Marktplatze Die machtpolitischen Veranderungen wurden kaum sichtbar Territorialherren und Burger hatten das gleiche Interesse an sauberen bequemen Markten mit reprasentativen Gebauden Durch Neu oder Umbauten entstanden auch in feudalabhangigen Stadten prachtige Rathauser Gewand und Kaufhauser meist im Baustil der Renaissance nbsp Pirna der Marktplatz etwa 1750 nbsp Dresden der Altmarkt etwa 1770An vielen Orten veranderte und verdichtete sich nun die Marktumbauung Gebaude aus dem 15 Jahrhundert wurden im 16 Jahrhundert nicht selten erneuert erweitert oder aufgestockt Vom engen Nebeneinander schmaler Giebel ging man jetzt haufig zur bautechnisch gunstigeren Traufstellung uber die Langsseiten der Hauser waren dem Markt zugewandt so liessen sich geschlossene und gerade Baufluchten leichter erreichen Einzelne zum Markt gerichtete Giebel lieferten architektonische Akzente Aufwandig gestaltete Details Portale Erker Fenster zeigten Reichtum und sozialen Status der Bauherren Die Platze selbst wurden geebnet zumindest teilweise gepflastert und mit kunstvollen Brunnen geschmuckt Die Wohngegend um den Markt galt weiterhin abgesehen von Hausern in Schlossnahe als attraktivster Bereich der Stadt In den Kolonnaden neu gebauter Hauser oder in Gewolben der Erdgeschosse entstanden fest installierte Geschaftsraume Anwohner des Marktes begannen hier den Einzelhandel mit Tuchen oder Weinen eroffneten eine Herberge oder mit furstlichem Privileg eine Apotheke die ausser Arzneien eine Vielzahl von Waren anbot darunter Gewurze Konfekt Schreibpapier Feuerwerkskorper und Mittel gegen Ungeziefer Ratskeller und Ratsweinstuben verloren nach und nach ihr Schankmonopol an den Marktplatzen etablierten sich neue Schenken und Gasthofe Architektonische Neugestaltung und differenziertere Nutzungsmoglichkeiten steigerten die Bedeutung der Marktplatze auch fur das gesellschaftliche Leben der Stadte Aus unterschiedlichsten Anlassen Furstenhochzeiten Einweihungen Regierungsjubilaen liessen Territorialherren auf den Marktplatzen grosse offentliche Veranstaltungen inszenieren mit der Absicht durch Prunk und Freigebigkeit ihre Macht zu demonstrieren und die Sympathie der Burger zu gewinnen Zu den organisierten Unterhaltungen gehorten Ringelstechen Turniere Karussellfahrten und Feuerwerk Als 1694 in Halle an der Saale die Universitat gegrundet wurde flossen aus mehreren Marktbrunnen vorubergehend Wein und Bier statt Wasser Spatfolgen des Dreissigjahrigen Krieges Bearbeiten nbsp Bremen etwa 1650Der Dreissigjahrige Krieg hatte ausgedehnte Verwustungen hinterlassen mit lang anhaltenden negativen Auswirkungen fur die Entwicklung der Stadte Die Landesherren verwendeten in der Folge ihre knappen finanziellen Mittel fast nur noch fur den Ausbau der Residenzstadte dabei standen ihre Schlosser im Zentrum der Planung und nicht mehr die burgerlichen Markte Die meisten Stadte verwahrlosten Soweit Rathausbauten und Burgerhauser dem neuen Stil der Architektur dem Barock angepasst wurden geschah dies oft durch kulissenartige Scheinfassaden in wenig solider Ausfuhrung Stadtebauliche Leistungen wie der Gendarmenmarkt in Berlin und der Alte Markt in Potsdam blieben Ausnahmen Am Marktverkehr war stets die wirtschaftliche Lage der Stadt ablesbar Die Umsatze die Zahl der Handler und Kaufer die Haufigkeit und Dauer der Markte waren starken Schwankungen unterworfen vor allem in Kriegszeiten oder wenn Seuchen die Stadt erreicht hatten Mit der Erlaubnis oder Verweigerung von Jahrmarkten konnten Landesfursten in den Gang der Geschafte eingreifen und die Stadte disziplinieren Der Verlust an stadtischer Unabhangigkeit setzte sich fort Fursten untergruben die Souveranitat der Ratskollegien indem sie neue Stadtstatuten und Marktordnungen erliessen und immer starker Einfluss nahmen auf die Besetzung wichtiger Amter die im 17 Jahrhundert zu bezahlten Beamtenstellen wurden 19 und 20 Jahrhundert BearbeitenGrossere Stadte neue Rathauser Bearbeiten nbsp Der Marktplatz von Gustrow 1840Mit Einfuhrung der Dampfmaschine als Antriebskraft in englischen Textilunternehmen gegen Ende des 18 Jahrhunderts begann die Industrielle Revolution Im gleichen Zeitraum verschwanden allmahlich Handelshemmnisse wie Zunftordnungen und Zollschranken Strassenbau und Binnenschifffahrt wurden intensiviert Ausbau und Vernetzung von Eisenbahnlinien in den 1850er Jahren gaben weitere starke Impulse fur Handel und Gewerbe Grosse und Struktur der Stadte veranderten sich grundlegend Nur zwei deutsche Stadte Berlin und Hamburg hatten 1830 mehr als 100 000 Einwohner 1880 waren es schon funfzehn 1900 dreiunddreissig Stadte Neue Marktplatze wurden kaum angelegt vielfach entstanden die Grossstadte ja dadurch dass kleinere Stadte und Gemeinden mit jeweils eigenen Markten zusammenwuchsen Typisch wurden Bahnhofsstrassen die Markt und Bahnhof miteinander verbanden und an denen sich bald Ladengeschafte und Dienstleistungsbetriebe ahnlicher Art fanden wie es sie seit jeher an den Marktplatzen gab Die Alteingesessenen begegneten der neuen Konkurrenz mit Hinweisen auf Tradition und langjahrige Erfahrung Erstes Haus am Platze nbsp Der Marktplatz von Bremen 1859Historische Rathauser am Markt veranderten ihren Charakter Ublich waren bisher Laden und Verkaufsstande im Erdgeschoss nun brachte man dort zusatzliche Verwaltungsraume oder Banken und Sparkassen unter Der grosse Festsaal einst Schauplatz zahlreicher offentlicher Veranstaltungen wurde zum reprasentativen Sitzungssaal Trotz der Beschrankung auf Verwaltungsaufgaben wurde vielerorts der Raum knapp Um und Anbauten veranderten das Aussehen der Gebaude einzelne Bereiche etwa Polizei Ratsarchiv oder Steuerbehorde mussten ausgelagert werden Grossstadte wie Berlin und Hamburg benotigten und bekamen um die Mitte des 19 Jahrhunderts neue grosse Rathauser Einen wahren Boom im Rathausbau loste die Reichsgrundung 1871 aus Im gerade entstandenen Deutschen Reich wurden in den folgenden dreissig Jahren mehr als funfzig neue Rathauser errichtet meist mit hoch aufragenden Turmen und Fassaden im Stil vergangener Epochen Die grossvolumigen Bauten waren oft nicht vereinbar mit den architektonischen Massstaben alter Markte und wurden an alternativen Standorten errichtet In solchen Fallen bussten die Marktplatze eine ihrer jahrhundertealten Funktionen ein Gleichzeitig bewirkte eine gewisse Sorglosigkeit im Umgang mit historischer Bausubstanz verbunden mit kommerziellen Interessen und Geltungsdrang dass zahlreiche erhaltenswerte Gebaude abgebrochen wurden andere erfuhren einschneidende Veranderungen durch historisierende Fassadengestaltungen nach dem Geschmack der Zeit Die schon entstandenen und noch drohenden Verluste fuhrten um die Jahrhundertwende zu intensiveren Bemuhungen einer staatlich unterstutzten Denkmalpflege mit deren Hilfe notwendige Umgestaltungen vielfach so vorgenommen werden konnten dass die Harmonie der alten Marktplatze nicht weiter zerstort wurde Der Markt Argernis und Festplatz Bearbeiten nbsp Rostock der Neue Markt 1883Wochenmarkte gerieten in die Kritik weil sie das Pflaster verschmutzten storende Geruche verbreiteten und hinderlich fur den Verkehr waren Diese Vorbehalte trugen dazu bei dass in Grossstadten Markthallen gebaut oder Markte auf weniger bedeutende Platze verlegt wurden Generell verlor der Marktplatz seine eindeutige Vorrangstellung als stadtisches Handelszentrum Er blieb aber ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt fur Fahrzeuge und Fussganger ein attraktiver Standort fur fest etablierte Geschafte Viele Platze wurden jetzt erstmals beleuchtet und vollstandig gepflastert oder mit Grunanlagen versehen Weit verbreitet waren seit dem Deutsch Franzosischen Krieg 1870 71 Sieges und Kriegerdenkmaler Vor allem blieb der alte Marktplatz als historisches Zentrum der Stadt ein Ort der Reprasentation der stadtischen Selbstdarstellung Er behielt seine besondere Bedeutung als Festplatz in attraktiver architektonischer Umgebung Amtstrager nutzten diese Kulisse fur Festlichkeiten aller Art besonders in der wilhelminischen Ara wurden in zeittypischem nationalen Uberschwang Siegesfeiern Jubilaen oder offizielle Huldigungen mit Girlanden Fahnen Ehrenjungfrauen und Militarparaden begangen Politische Konflikte und Kriegsfolgen Bearbeiten nbsp Dresden der Altmarkt etwa 1900Marktplatze waren aber auch Schauplatze sozialer und politischer nicht selten gewalttatiger Konfrontationen Auf dem Berliner Gendarmenmarkt begannen die Auseinandersetzungen im Vorfeld der Burgerlichen Revolution von 1848 schon im April 1847 mit dem Berliner Kartoffelkrieg aufgebrachte Burger gingen tatlich gegen Handler vor die ihre Preise spekulativ uberhoht hatten 1848 wurden hier die 183 Toten der Marzrevolution auf den Stufen des Deutschen Doms aufgebahrt im September desselben Jahres tagte die Preussische Nationalversammlung im Schauspielhaus Die Reihe mehr oder weniger gewaltsamer Aktionen im offentlichen Raum setzte sich fort uber die Parteienkampfe der Weimarer Republik bis zu den friedlichen folgenreichen Demonstrationen auf zahlreichen Marktplatzen der DDR im Herbst 1989 Im Zweiten Weltkrieg war eine grosse Anzahl kulturhistorisch und architektonisch einzigartiger Marktensembles ganz oder zu grossen Teilen zerstort worden Ihre Wiederherstellung gestaltete sich aus verschiedenen Grunden problematisch Zunachst fehlten die technischen und finanziellen Mittel Vor allem aber gingen die Ansichten uber die richtige Vorgehensweise Abbruch und Neugestaltung oder denkmalgerechte Instandsetzung bzw vollstandiger Wiederaufbau oft weit auseinander Diese Fragen wurden nicht nur auf fachlicher Ebene diskutiert und unterschiedlich beantwortet sondern im geteilten Deutschland auch vor verschiedenen ideologischen Hintergrunden Heute spiegeln die uneinheitlichen baulichen Zustande vieler Marktplatze diese Schwierigkeiten wider Gegenwart Bearbeiten nbsp Marktplatz in Gottingen 2005 nbsp Wochenmarkt in Grobenzell 2008Im Zeitalter von Supermarkten und Einkaufszentren haben Marktplatze ihre Funktion als unverzichtbare Versorgungseinrichtungen wohl endgultig verloren Gerade in grosseren Stadten entwickelten oder hielten sich aber spezielle Erscheinungsformen des traditionellen Marktgeschehens Bio Markte bieten Produkte an die als garantiert naturbelassen deklariert sind auf Umlandmarkten werden Erzeugnisse ausschliesslich aus der naheren landlichen Umgebung verkauft Weihnachts Trodel Blumen und Kleintiermarkte benutzen die alten Platze Beliebt sind Mittelalter Markte eine Mischung aus Jahrmarkt und Freilichttheater hier bemuhen sich kostumierte Akteure als Gaukler Handler oder Handwerker dem authentischen Bild der fruhen Markte moglichst nahe zu kommen Architektonisch ansehnliche Marktplatze werden durch Verkehrsberuhigung Schmuckpflaster Terrassencafes und besondere Veranstaltungen etwa Sommerkonzerte unter freiem Himmel zu Anziehungspunkten fur Einheimische und Touristen Insgesamt haben sich Marktplatze als erstaunlich lebensfahig erwiesen Aussehen und Nutzung veranderten sich in vielen Punkten und wurden den jeweiligen historischen Bedingungen angepasst aber die raumlichen Grundstrukturen uberdauerten Fur das gesellschaftliche Leben zahlreicher Stadte sind sie noch immer von erheblicher Bedeutung Weiterfuhrende Informationen BearbeitenSiehe auch Bearbeiten Agora und Forum zur Bedeutung zentraler Stadtplatze in der Antike Markt uber den Begriff Markt in verschiedenen Bedeutungen Elektronischer Marktplatz Funktionen des historischen Marktes im digitalen Zeitalter Berlin Totale Wochenmarkt in Pankow Filmdoku DDR 1973 Literatur Bearbeiten Autorenkollektiv Marktplatze Betrachtungen zu Geschichte und Kultur Henschelverlag Kunst und Gesellschaft Berlin 1990 ISBN 3 362 00385 0 Karl Czok Die Stadt Ihre Stellung in der deutschen Geschichte Leipzig Jena Berlin 1969 Karl Gruber Die Gestalt der deutschen Stadt Ihr Wandel aus der geistigen Ordnung der Zeiten Munchen 1952 1983 Philipp A Rappaport Die Entwicklung des deutschen Marktplatzes In Stadtebauliche Vortrage aus dem Seminar fur Stadtebau an der Koniglichen Technischen Hochschule zu Berlin Bd VII H 3 Berlin 1914 Jorg und Brunhilde Valtin Die Geschichte der Frankfurter Wochenmarkte Verein der Frankfurter Markthandler Hrsg Frankfurt am Main 2010 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Market squares in Germany Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Arbeit uber Markte im Mittelalter Wochenmarkt Karl August Platz Berlin Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Marktplatze in Deutschland amp oldid 206421890