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Marguerite Meggy Frick Cramer 28 Dezember 1887 in Genf als Renee Marguerite Cramer 22 Oktober 1963 ebenda heimatberechtigt ebenda spater auch in Sennwald Kanton St Gallen war eine Schweizer Juristin Historikerin und humanitare Aktivistin 1 Cramer wahrend des Ersten Weltkrieges Im Jahr 1910 erwarb sie als erst dritte Frau die Lizenz zur Ausubung des Rechtsanwaltsberufes 1917 wurde sie nach drei Jahren in hohen Positionen beim Internationalen Komitees vom Roten Kreuz IKRK als erste Frau eine Delegierte der Organisation und 1918 das erste weibliche Mitglied in deren Leitungsgremium Zur gleich Zeit war sie die erste Historikerin der Schweiz die eine Vertretungsprofessur erhielt Daruber hinaus war Frick Cramer eine Pionierin fur die Gleichstellung der Geschlechter in der Fortentwicklung des humanitaren Volkerrechts vor allem da sie 1929 als erste Frau Co Autorin einer Genfer Konvention wurde Wahrend der nationalsozialistischen Terrorherrschaft in Deutschland und insbesondere wahrend des Zweiten Weltkrieges wurde Frick Cramer als Expertin fur internierte Zivilisten zu einer der wichtigsten Stimmen die sich innerhalb der IKRK Fuhrung fur eine entschiedene Haltung gegenuber dem NS Regime und schliesslich fur einen offentlichen Protest gegen dessen System der Konzentrations und Vernichtungslager einsetzten allerdings vergeblich 2 3 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Familiarer Hintergrund Ausbildung und fruhe Karriere 1 2 Erster Weltkrieg 1 3 Zwischen den Weltkriegen 1 4 Zweiter Weltkrieg 1 5 Nach 1945 2 Nachleben 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenFamiliarer Hintergrund Ausbildung und fruhe Karriere Bearbeiten nbsp Louis Micheli Bild aus den audiovisuellen Sammlungen des IKRK Archivs Frick Cramers Familie stammte vaterlicherseits wahrscheinlich aus dem heutigen Deutschland und erwarb das Burgerrecht der Republik Genf im Jahr 1668 Ihr Vater war Louis Cramer ein Regisseur der auch Mitglied bzw Prasident des calvinistischen Konsistoriums Kirchengerichts der Protestantischen Kirche Genfs war 4 Ihre Mutter Eugenie Leonie geborene Micheli 5 stammte aus einer anderen Patrizierfamilie die sich kurz vor den Cramers in Genf niederliess 6 Frick Cramers Grossvater Louis Micheli 1836 1888 der ein reicher Agronom und Gentleman Farmer war wurde schon 1869 Mitglied des IKRK gerade einmal sechs Jahre nach dessen Grundung Von 1876 bis zu seinem Tod amtierte er als dessen Vizeprasident 7 Er verkorperte damit die Entwicklung seiner Klasse die sich zum Ende des 19 Jahrhunderts dem Bankenwesen und der Philanthropie zuwandte nachdem sie die absolute Kontrolle uber die wichtigsten offentlichen Amter von Stadt und Kanton verloren hatte 8 Cramer studierte Jurisprudenz in Genf und Paris 5 Im Juli 1910 erwarb sie das Lizenziat an der Universitat Genf in dem Fach 9 10 Damit war sie erst die dritte Frau in der Schweiz die das Anwaltspatent erhielt 11 Sie praktizierte diesen Beruf aber in der Folge nicht sondern wandte sich den Geisteswissenschaften zu Ihr Interesse galt dabei zum einen dem Verfassungsrecht und zum anderen der Schweizer Geschichte uber die sie promovierte 5 Cramer veroffentlichte eine Reihe von Arbeiten uber das Prinzip der Staatsburgerschaft das Jugendstrafrecht und zu verschiedenen Aspekten der Genfer Geschichte fur die sie 1911 4 und 1913 12 mit dem prestigereichen Prix Ador ausgezeichnet wurde Am bekanntesten wurde ihr Buch Geneve et les Suisses Genf und die Schweizer das sie 1914 zum hundertjahrigen Jubilaum der Genfer Wiedervereinigung mit der Schweiz herausbrachte Das Werk wurde von Professor Charles Borgeaud betreut mit dem sie auch verwandt war 4 Erster Weltkrieg Bearbeiten nbsp Gruppenbild mit Dame Cramer links mit den IPWA Direktoren Frederic Ferriere Georges Werner K de Watteville Alfred Gautier Frederic Barbey Edmond Boissier Etienne Clouzot und Jacques CheneviereKurz nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges im Juli 1914 grundete das IKRK unter seinem Prasident Gustave Ador die Internationale Zentralstelle fur Kriegsgefangene IPWA um das Schicksal und den Aufenthalt von Kriegsgefangenen nachzuverfolgen und den Kontakt mit ihren Familien wiederherzustellen Der osterreichische Schriftsteller und Pazifist Stefan Zweig schilderte die Lage am Genfer Hauptsitz des IKRK wie folgt Kaum dass die ersten Schlachten geschlagen sind gellen schon die Schreie der Angst aus allen Landern in die Schweiz hinuber Die Tausende denen Botschaft von ihren Gatten Vatern und Sohnen auf den Schlachtfeldern fehlt breiten verzweifelt die Arme ins Leere Hunderte Tausende Zehntausende von Briefen und Telegrammen prasseln nieder in das kleine Haus des Roten Kreuzes in Genf die einzige internationale Bindungsstatte der Nationen Wie Sturmvogel kamen die ersten Anfragen nach Vermissten dann wurde es selbst ein Sturm ein Meer in dicken Sacken schleppten die Boten die Tausende und Abertausende geschriebener Angstrufe herein Und nichts war solchem Dammbruch des irdischen Elends bereitet das Rote Kreuz hatte keine Raume keine Organisation kein System und vor allem keine Helfer 13 Portratfotos von Fred Boissonnas nbsp nbsp In der Suchstelle nbsp nbsp Mit ihren Co Direktoren Jacques Cheneviere und Etienne Clouzot rechts Bereits am Ende des Jahres arbeiteten rund 1 200 Freiwillige in den Raumlichkeiten des Genfer Kunstmuseums Musee Rath darunter als einer der ersten der franzosische Schriftsteller und Pazifist Romain Rolland Als er den Nobelpreis fur Literatur fur 1915 erhielt spendete er die Halfte des Preisgeldes an die Zentralstelle 14 Die meisten der Freiwilligen waren indessen junge Frauen Einige von ihnen etwa Marguerite van Berchem und Suzanne Ferriere stammten aus prominenten Genfer Patrizierfamilien und kamen zur IPWA durch mannliche Verwandte die hohe Positionen im bis dahin noch ausschliesslich von Mannern gefuhrten IKRK innehatten Zu dieser Gruppe gehorte auch Cramer die von Anfang an dabei war Damit fuhrte sie eine Familientradition fort die ihr Grossvater mutterlicherseits Louis Micheli als eines der ersten IKRK Mitglieder begrundet hatte Ihr Onkel Horace Micheli und drei ihrer Cousins Lucien Cramer Maurice Alexandre Alec Cramer und Jacques Barthelemy Micheli arbeiteten gleichfalls in der IWPA ebenso Guillaume Pictet ein weiterer Verwandter 5 der aus der altesten Genfer Familie stammte 6 Cramer stieg bald zur Direktorin der fur die Entente verantwortlichen Abteilung auf deren Leitung sie sich mit dem Schriftsteller Jacques Cheneviere teilte Er schrieb in seinen Memoiren dass Cramers organisatorische Fahigkeiten Wunder bewirkten 15 Nach Angaben des IKRK Archivars Daniel Palmieri war es Cramers Idee die Datenflut von Millionen Schicksalen mit einem System an Karteikarten und damit verbundenen Katalogen zu verarbeiten 16 Cramer engagierte sich auch bei Spendenaktionen fur die chronisch unterfinanzierte Zentralstelle so fuhrte sie selber im Fruhjahr 1916 mit Kolleginnen und Kollegen ein Theaterstuck mit dem Titel Le Chateau historique Das historische Schloss eine Komodie in drei Akten von Alexandre Bisson und Julien Berr de Turique Cramer spielte darin die Hauptrolle der Marguerite Baudoin 17 Die Auffuhrungen spielten rund 3 000 Schweizer Franken ein damals eine hohe Summe 18 Im December 1916 reiste Cramer mit ihrer IKRK Kollegin Marguerite van Berchem nach Frankfurt um das dortige Deutsche Rote Kreuz davon abzubringen Aufgaben an sich zu ziehen die bereits zentral in Genf bearbeitet wurden 19 Im Marz und April 1917 wurde Cramer uber ein halbes Jahrhundert nach Grundung der Organisation offiziell die erste weibliche Delegierte des IKRK als sie auf eine Mission nach Berlin Kopenhagen und Stockholm entsandt wurde 5 Im Oktober des gleichen Jahres verantwortete sie eine weitere Mission nach Paris 8 bevor sie im Dezember an den franzosisch deutschen Konferenzen in Bern teilnahm die das IKRK fur die Schweizer Regierung organisierte um die Repatriierung von Kriegsgefangenen zu verhandeln 5 Im gleichen Jahr erhielt das IKRK den einzigen Friedensnobelpreis der wahrend des Ersten Weltkriegs vergeben wurde Man kann argumentieren dass auch Marguerite Cramer dazu ihren Beitrag leistete nbsp Mit Cheneviere links und Clouzot zweiter von rechts Cramer zeigte sich allerdings zur gleichen Zeit unzufrieden mit den internen IKRK Strukturen Im Marz 1918 kundigte sie ihren Rucktritt aus der Zentralstelle an Zwar revidierte sie diesen Schluss wieder bestand aber darauf dass das IKRK standige Delegationen in den kriegfuhrenden Landern aufbauen sollte Zudem verlangte sie fur die Abteilungsleiterinnen und leiter der Zentralstelle das Recht den Sitzungen des Komitees beizuwohnen 8 Vermutlich war es nicht zuletzt auf diesen Druck hin dass der Agyptologe Edouard Naville der als IKRK Prasident ad interim amtierte seitdem Gustave Ador 1917 in den Schweizer Bundesrat gewahlt worden war 20 im Juni 1918 die Ernennung Cramers zum Mitglied des Komitees vorschlug 18 dem bis dahin ausschliesslich Manner angehort hatten 21 Naville der der zweitaltesten Genfer Familie entstammte 6 verwies dazu auf Cramers Qualifikationen und Leistungen hob aber zugleich auch hervor dass die Anwesenheit einer Frau das Komitee nur ehren und starken wurde 18 Ihre Wahl verzogerte sich indes da sie Spannungen zwischen dem IKRK und einigen nationalen Rotkreuzgesellschaften zutage forderte zum einen ging es dabei um die IKRK Politik allein Schweizer Staatsangehorige als Mitglieder zuzulassen die dann faktisch hauptsachlich aus Genfer Patrizierfamilien kamen Zum anderen ging es um Konflikte zwischen Cramer und Reprasentanten aus den Vereinigten Staaten von Amerika 5 Diese waren 1917 entbrannt und drehten sich um die Tatsache dass das Amerikanische Rote Kreuz eine eigene Agentur fur US Kriegsgefangene in Bern eingerichtet hatte Cramer hatte sich daraufhin besorgt gezeigt dass wichtige Informationen dezentral verloren gehen konnten 8 Zwischen den Weltkriegen Bearbeiten nbsp Maschinengeschriebenes Manuskript mit einer Liste von Konventionen uber Kriegsgefangene kommentiert und signiert von Cramer aus den Sammlungen der IKRK BibliothekNoch 1918 bot die Universitat Genf Cramer eine Vertretungsprofessur an um als Ersatz fur ihren fruheren Betreuer Charles Borgeaud 4 Lehrveranstaltungen uber die Genfer Geschichte durchzufuhren 5 Borgeaud war damit beschaftigt ein Memorandum zur Schweizer Neutralitat anzufertigen das der Schweizer Bundesrat im darauf folgenden Jahr der Pariser Friedenskonferenz ubermittelte 22 Damit schrieb Cramer einmal mehr Geschichte weil sie als erste Historikerin in der Schweiz eine Professur erlangte Allerdings war ihre Karriere als Dozentin nur von kurzer Dauer da sie noch in ihrem ersten Semester neue Aufgaben fur das IKRK wahrnahm nbsp Undatiertes Bild von Frick Cramer von Frederic Boissonnas 1858 1946 portratiertAm 27 November 1918 zweieinhalb Wochen nach dem Kriegsende und ein halbes Jahr nach der von Naville vorgeschlagenen Kandidatur wurde Cramer schliesslich als ordentliches Mitglied in das IKRK gewahlt als erste Frau uber ein halbes Jahrhundert nach Grundung der Organisation 5 Damit war Cramer zugleich die erste Frau im Fuhrungsgremium einer internationalen Organisation uberhaupt 23 und dies zudem noch uber ein halbes Jahrhundert vor der Einfuhrung des allgemeinen Frauenstimmrechts in der Schweiz Eine der ersten Aufgaben im Rahmen ihrer neuen Funktion war eine Mission nach Cannes und Paris wo sich Vertreter der nationalen Rotkreuzgesellschaften trafen um die Liga der Rotkreuz Gesellschaften zu grunden 6 Im Jahr 1920 heiratete Cramer den in Sankt Petersburg geborenen Schweizer Edouard Auguste Frick der als Generaldelegierter in Osteuropa eine wichtige Rolle fur das IKRK gespielt hatte 5 insbesondere wahrend der Russischen Revolution 24 Er wirkte spater als Stellvertreter von Fridtjof Nansen nachdem dieser vom Volkerbund zum Hochkommissar fur Fluchtlinge ernannt worden war 6 Cramer und Frick hatten vor ihrer Hochzeit beruflich miteinander zu tun gehabt 24 In der Folge zog Frick Cramer nach Deutschland und trat im Dezember 1922 als IKRK Mitglied zuruck als sie realisierte dass sie ihre Aufgaben nicht aus solch grosser Entfernung wahrnehmen konnte 5 Ihre Nachfolgerin im Komitee wurde die Frauenrechtlerin Pauline Chaponniere Chaix 1850 1934 25 Frick Cramer wurde stattdessen zum Ehrenmitglied ernannt und widmete sich auch weiterhin der Fortentwicklung des humanitaren Volkerrechts ihr Schwerpunkt lag dabei auf der Ausarbeitung neuer internationaler Konventionen fur den Schutz sowohl militarischer wie auch ziviler Kriegsopfer Mit ihrem Engagement spielte sie eine zentrale Rolle auf dem Weg zu der Verabschiedung der Genfer Konvention von 1929 uber die Behandlung von Kriegsgefangenen Wahrend der diplomatischen Konferenz die im Juli des Jahres stattfand war Frick Cramer die einzige weibliche Teilnehmerin und damit die erste Frau die Co Autorin einer Genfer Konvention wurde 8 Der Vertrag konnte aber nur als Teilerfolg gewertet werden da seine Umsetzung vom guten Glauben der Kriegsparteien abhing 26 In der Folge war Frick Cramer auch eine treibende Kraft in dem sogenannten Tokio Projekt das auf den Schutz fur Zivilisten abstellte die die Staatsangehorigkeit einer gegnerischen Kriegspartei hatten und sich daher nach Kampfbeginn plotzlich auf Feindgebiet befanden 5 Im Oktober 1934 nahm sie mit Marguerite van Berchem als Vertreterin des IKRK an der 15 internationalen Konferenz der Rotkreuzbewegung in der japanischen Hauptstadt teil Sie stellte dort einen Textentwurf fur eine Konvention vor die Repressalien Deportationen und die Hinrichtung von Geiseln unter Verbot stellte und internierten Zivilisten wenigstens den gleichen Schutz wie Kriegsgefangenen sicherte Die Versammlung stimmte dem Entwurf zu und beauftragte das IKRK damit eine diplomatische Konferenz fur die Verabschiedung der Konvention zu organisieren Diese konnte allerdings infolge von Einwanden der britischen und franzosischen Regierung nicht mehr vor dem Beginn des Zweiten Weltkrieges stattfinden 2 Im Marz 1935 entschied das IKRK mit Blick auf das wachsende System von Konzentrationslagern in Deutschland seine Arbeitsgruppe fur Zivilisten in eine solche fur politische Gefangene umzuwandeln Frick Cramer war sowohl in dem ursprunglichen Ausschuss Mitglied wie auch in dessen Nachfolger 2 Als die IKRK Fuhrung im September des gleichen Jahres ihre Haltung zu dem nationalsozialistischen Unterdruckungsapparat wegen des bevorstehenden Besuches einer IKRK Delegation diskutierte drangten die beiden an dem Treffen teilnehmenden Frauen Frick Cramer und Suzanne Ferriere gegenuber ihren Kollegen darauf das IKRK solle wenigstens alles dafur tun den Familien der Inhaftierten Nachrichten zukommen zu lassen 3 Die Delegation unter Fuhrung des Geschichtsprofessors Carl Jacob Burckhardt der 1944 zum IKRK Prasidenten aufstieg hielt dann allerdings nur eine milde Kritik an den Nazi Gastgebern fest 27 Zweiter Weltkrieg Bearbeiten nbsp Gruppenbild mit zwei Damen Frick Cramer in der hinteren Reihe 4 von rechts Huber in der ersten Reihe 3 von links mit Reprasentanten der nationalen Rotkreuzgesellschaften aus nicht kriegfuhrenden Landern 1940Kurz nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs grundete das IKRK die Zentralstelle fur Kriegsgefangene Sie war die Nachfolgerin der IPWA aus dem Ersten Weltkrieg und basierte auf der Genfer Convention von 1929 an deren Entstehung Frick Cramer massgeblich beteiligt gewesen war Noch im September 1939 wurde sie einmal mehr als ordentliches Mitglied in das Komitee gewahlt nachdem sie siebzehn Jahre lang Ehrenmitglied gewesen war 5 In dem Gremium erhielt sie die Zustandigkeit fur Zivilisten und deportierte Personen Schon kurz nach dem deutschen Uberfall auf Polen trat Frick Cramer wiederholt bei der IKRK Spitze dafur ein gegenuber dem Nazi Regime auf die Erlaubnis zu dringen eine standige IKRK Delegation in Krakau einzurichten jedoch vergebens 2 nbsp Die Genfer Museumsvitrine mit dem franzosischen Originaltext des Protokolls vom 14 Oktober 1942Auch in den folgenden Jahren versuchte sie weiterhin IKRK Prasident Max Huber der zugleich private Geschafte in der Rustungsindustrie tatigte 28 und seinen Nachfolger Burckhardt davon zu uberzeugen entschieden fur in Nazi Deutschland inhaftierte Zivilisten einzutreten insbesondere fur KZ Insassen Sie stiess allerdings weitgehend auf taube Ohren 5 nbsp Frick Cramer auf einem Portratbild von Fred Boissonnas das mit 42 offenbar auf 1942 zu datieren istIm Mai 1942 reaktivierte das IKRK seine Arbeitsgruppe fur Kriegsgefangene und inhaftierte Zivilisten in der Frick Cramer die Zustandigkeit fur letztere erhielt Dennoch folgte die IKRK Spitze nicht ihrer Empfehlung vom Generalgouvernement fur die besetzten polnischen Gebiete fur deportierte Personen das Recht zu verlangen ihren Familien personliche Nachrichten zu ubermitteln Spatestens im Herbst des gleichen Jahres erhielt die IKRK Fuhrung einschliesslich Frick Cramer Berichte uber die sogenannte Endlosung die systematische Vernichtung der Juden durch Nazi Deutschland in Osteuropa 2 In der Vollversammlung am 14 Oktober 1942 sprach sich eine grosse Mehrheit der rund zwei Dutzend IKRK Mitglieder fur einen offentlichen Protest als ultimative Intervention aus insbesondere die vier weiblichen Mitglieder Frick Cramer Ferriere sowie Lucie Odier und Renee Bordier 3 An einer entscheidenden Stelle des Protokolls der Plenarsitzung das im Internationalen Rotkreuz und Rothalbmondmuseum prominent ausgestellt ist heisst es Frau Frick zweifelt stark daran dass ein Appell eine unmittelbare positive Wirkung hatte glaubt jedoch dass er der praktischen Arbeit des Roten Kreuzes bestimmt nicht schaden wurde da diese den Kriegsparteien auf Grundlage der Gegenseitigkeit nutzlich ist Ein Schweigen des Komitees ware ein negativer Akt von ausserst schwerwiegender Konsequenz der das Fortbestehen des Komitees gefahrden konnte Allerdings verweigerten sich Burckhardt und Bundesprasident Philipp Etter diesem Anliegen beharrlich Frick Cramer drangte daraufhin zumindest bilateral zu intervenieren wurde aber auch mit diesem Vorschlag zuruckgewiesen Als Konsequenz ihrer aufrechten Haltung gegenuber den Prasidenten verlor Frick Cramer an Einfluss innerhalb der Organisation als das Exekutivkomitee eine Abteilung fur Sonderhilfen an inhaftierte Zivilisten einrichtete wurde Frick Cramer wie ihre gleichfalls spezialisierte Kollegin Ferriere aussen vor gelassen 2 Ende 1944 ehrte das Nobelkomitee das IKRK mit seinem zweiten Friedensnobelpreis nach 1917 Wie im Ersten Weltkrieg war dies der erste Preis uberhaupt den es nach Kriegsbeginn vergab Allerdings wurde das IKRK spater scharf dafur kritisiert dass es das nationalsozialistische System der Vernichtungs und Konzentrationslager nicht offentlich verurteilt hatte 2 29 Es lasst sich aber argumentieren dass Frick Cramer ihrerseits zu dem beitrug was das Nobelkomitee als preiswurdig hervorhob namlich die grossartige Arbeit die das IKRK wahrend des Krieges fur die Menschheit leistete Als Frick Cramer allerdings kurz darauf Ende November 1944 Berichte uber Menschenversuche in nationalsozialistischen Konzentrationslagern erhielt war sie so geschockt dass sie in einer personlichen Aufzeichnung notierte Und wenn tatsachlich nichts zu machen ist dann soll man diesen Unglucklichen wenigstens das Notige schicken damit sie ihrem Leid ein Ende setzen konnen das ware vielleicht menschlicher als sie mit Lebensmitteln zu versorgen 2 Nach 1945 Bearbeiten nbsp Das Schloss der Micheli Domane bei GenfAm 3 Oktober 1946 trat Frick Cramer aus dem Komitee zuruck Nach Angaben von Irene Herrmann Professorin fur transnationale Geschichte der Schweiz an der Universitat Genf wies sie in ihrem Rucktrittsschreiben auf die Un Tatigkeit des IKRK wahrend des Zweiten Weltkriegs wie auch auf die Entstehung konkurrierender Organisationen hin Aber Eine Begrundung fur ihre Entscheidung lieferte das in den Archiven des IKRK unauffindbare Schreiben nicht Warum eine Frau mit ihrer Hingabe und ihrer Begabung ausgerechnet in einem so wichtigen Moment aus dem Komitee ausschied wird fur immer ein Ratsel bleiben Man kann nur Vermutungen aufstellen Ein moglicher Grund ist dass sie ausgebrannt und mude war und an einem vertrauten Ort ihren wohlverdienten Ruhestand verbringen wollte Und Die Ironie der Geschichte Als das IKRK nach den Kriegsverbrechen gezwungen war eine Strategie zur Erklarung seiner Zuruckhaltung gegenuber den Morden an Juden zu verfassen um sich selbst zu entlasten wendete man sich an Marguerite Cramer So loyal wie sie war erklarte sie sich damit einverstanden und brachte das rechtliche Argument dass der Schutz von Zivilopfern wofur sie sich so stark eingesetzt hatte nicht Teil des Mandats der Organisation war War diese Demutigung eine zu viel Zumindest deuten die Vorkommnisse darauf hin und rucken die Demission von Marguerite Cramer in ein ganz anderes Licht 26 nbsp Zitat von Frick Cramer auf einer Wand im Genfer Hauptquartier des IKRK 2021 Nach ihrem zweiten Rucktritt wurde Frick Cramer abermals zum Ehrenmitglied ernannt und blieb dies fur den Rest ihres Lebens 5 den sie mit ihrem Mann auf dem Familiengut der Micheli Domane Landecy bei Bardonnex verbrachte 30 Auch in ihrem Ruhestand setzte sich Frick Cramer weiterhin fur die Grundideen aus dem Tokio Projekt ein und verfasste einen Text fur den Entwurf einer Konvention welche die Konventionen zum Schutz von Soldaten und Zivilisten zusammenfuhren sollte Zwar wurde ihre Vorlage vom IKRK zuruckgewiesen aber dennoch war die Verabschiedung der vier Genfer Abkommen von 1949 der Abschluss eines langen Prozesses in dem Frick Cramer eine entscheidende Role spielte 8 Am 10 Oktober 1963 kundigte das Nobelkomitee in Oslo an dem IKRK seinen dritten Friedensnobelpreis nach 1917 und 1944 zu verleihen Es ist damit bis heute die einzige Organisation die derart oft diese Ehrung erhalten hat 31 Einmal mehr lasst sich argumentieren dass Frick Cramer auch zu dieser Auszeichnung einen Beitrag leistete Sie starb zwolf Tage nach der Bekanntgabe 26 Der Nachruf im International Review of the Red Cross pries ihren riesigen Erfahrungsschatz und ihre grosse Autoritat ebenso wie ihre Bescheidenheit 32 Frick Cramer wurde von ihrem Mann uberlebt der im Jahr 1981 starb und hinterliess ihre gemeinsame Tochter Jacqueline sowie drei Enkelkinder 33 34 35 Nachleben Bearbeiten nbsp Avenue BLANC Avenue Marguerite FRICK CRAMERAls die Universitat Genf 2009 ihr 450 jahriges Bestehen feierte war ein uberlebensgrosses Portrat von Frick Cramer Teil der Ausstellung FACES a FACES Gesichter zu Gesichtern die von Juni bis September an der Fassade des Uni Dufour Gebaudes angebracht war in Sichtweite des Musee Rath wo sie dereinst ihre IKRK Karriere begann 36 Im Jahr 2019 brachte das Projekt 100elles in Genf wo 549 Strassen nach Mannern und nur 43 nach Frauen benannt sind 37 ein temporares Strassenschild mit Frick Cramers Namen an um die IKRK Pionierin zu ehren Es befindet sich an der Avenue Blanc im Stadtteil Secheron wo das IKRK und das Buro der Vereinten Nationen wie auch viele Standige Vertretungen bei den UN ihren Sitz haben 38 Der 2020 veroffentlichte Text einer IKRK Bibliothekarin uber Frick Cramer betont die Binnensicht der Erinnerung an eine Frau die Vertrauen in den Wert des humanitaren Ideals hatte eine hartnackige und entschlossene Arbeiterin die erfinderisch und innovativ in der Weise war wie sie uber das humanitare Volkerrecht dachte Sie glaubte dass die Aktivitaten des IKRK nicht nur auf fruhere Konventionen und Beschlusse beschrankt war sondern dass die Organisation sowohl das Recht als auch die Pflicht zur Erneuerung hatte wann auch immer die Gesetze der Menschlichkeit dieses erforderten 8 Literatur BearbeitenJean Claude Favez Une mission impossible Le CICR les deportations et les camps de concentration nazis Payot Lausanne 1996 Diego Fiscalini Des Elites au service d une cause humanitaire le Comite International de la Croix Rouge Lizentiat Genf 1985 Irene Herrmann Die brillante Unbekannte die Genferin Marguerite Frick Cramer hat ihr Leben den humanitaren Organisationen gewidmet In NZZ Geschichte Nr 6 Juli 2016 S 43 55 Martine Piguet Marguerite Frick Cramer In Historisches Lexikon der Schweiz 19 Juli 2005 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Marguerite Frick Cramer Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Marguerite Frick Cramer in der Datenbank Dodis der Diplomatischen Dokumente der Schweiz Publikationen von und uber Marguerite Frick Cramer im Katalog Helveticat der Schweizerischen Nationalbibliothek Briefwechsel zwischen Carl Jacob Burckhardt und Marguerite Frick Cramer 1935 1949 aus Burckhardts Nachlass in der Bibliothek der Universitat BaselEinzelnachweise Bearbeiten Briefwechsel zwischen Carl Jacob Burckhardt und Marguerite Frick Cramer In Swisscovery Abgerufen am 6 September 2021 englisch a b c d e f g h Jean Claude Favez Das Internationale Rote Kreuz und das Dritte Reich War der Holocaust aufzuhalten Verlag Neue Zurcher Zeitung Zurich 1989 ISBN 3 85823 196 7 S 35 39 79 135 146 153 154 171 174 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