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Leitungsrecht ist das dingliche Recht eines Versorgungsunternehmens oder Telekommunikationsunternehmens auf einem fremden Grundstuck oder grundstucksgleichen Recht eine oder mehrere Leitungen zu verlegen und zu betreiben Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Rechtsfragen 3 Geschichte 4 Rechtsfolgen 5 International 6 Siehe auch 7 EinzelnachweiseAllgemeines BearbeitenDie Verlegung von Leitungen elektrische Leitung Rohrleitung Ferngasleitung Fernwarmeleitung Nachrichtenleitung Telekommunikationslinie durch Versorgungs und Telekommunikationsunternehmen beruhrt fremde Grundstucke insbesondere bei der letzten Meile Jeder Grundstuckseigentumer besitzt auf seinem Grund und Boden das alleinige Recht hiermit nach Belieben zu verfahren und andere von jeder Einwirkung auszuschliessen 903 BGB Allerdings kann er jene Einwirkungen nicht verbieten die in solcher Hohe oder Tiefe vorgenommen werden dass er an der Ausschliessung kein Interesse hat 905 Satz 2 BGB Jedoch hat nach herrschender Meinung das Ausschliessungsinteresse des Grundstuckseigentumers Vorrang 1 2 Damit andere Unternehmen Leitungen auf fremden Grundstucken verlegen und betreiben durfen ist die Zustimmung der jeweiligen Grundstuckseigentumer erforderlich Rechtsfragen BearbeitenDiese Zustimmung wird grundbuchrechtlich durch ein so genanntes Leitungsrecht herbeigefuhrt Es handelt sich hierbei um eine Grunddienstbarkeit oder beschrankte personliche Dienstbarkeit Diese beiden Unterarten der Dienstbarkeit entstehen materiell rechtlich durch dingliche Einigung und Eintragung im Grundbuch 873 Abs 1 BGB Nach formellem Recht ist zudem der Antrag irgendeines Beteiligten 13 Abs 1 GBO und die Bewilligung des vom Leitungsrecht betroffenen Grundstuckseigentumers 19 GBO fur das dienende Grundstuck erforderlich Zur Wahrung der Publizitat muss der vereinbarte Inhalt der Dienstbarkeit durch die Eintragung im Grundbuch wenigstens schlagwortartig wiedergegeben werden Wegerecht Leitungsrecht Verschiedene schuldrechtliche Gesetze raumen den betreibenden Unternehmen das Leitungsrecht ausdrucklich ein So schreibt 12 Abs 1 Niederspannungsanschlussverordnung NAV vor dass Anschlussnehmer fur Zwecke der ortlichen Versorgung Niederspannungs und Mittelspannungsnetz das Anbringen und Verlegen von Leitungen zur Zu und Fortleitung von Elektrizitat uber ihre im Gebiet des Elektrizitatsversorgungsnetzes der allgemeinen Versorgung liegenden Grundstucke ferner das Anbringen von Leitungstragern und sonstigen Einrichtungen sowie erforderliche Schutzmassnahmen unentgeltlich zuzulassen haben Ahnliche Regelungen finden sich fur Gas in 12 Abs 1 Niederdruckanschlussverordnung NDAV oder fur Wasser in 8 Abs 1 Verordnung uber Allgemeine Bedingungen fur die Versorgung mit Wasser AVBWasserV Gemass 127 TKG kann der Grundstuckseigentumer den Betrieb und die Erneuerung von Telekommunikationslinien auf seinem Grundstuck sowie den Anschluss der auf dem Grundstuck befindlichen Gebaude an offentliche digitale Hochgeschwindigkeitsnetze und offentliche Telekommunikationsnetze der nachsten Generation nicht verbieten wenn auf dem Grundstuck eine durch ein Recht gesicherte Leitung oder Anlage auch die Errichtung den Betrieb und die Erneuerung einer Telekommunikationslinie genutzt und hierdurch die Nutzbarkeit des Grundstucks nicht dauerhaft zusatzlich eingeschrankt wird oder das Grundstuck einschliesslich der Gebaude durch die Benutzung nicht unzumutbar beeintrachtigt wird Diese Nutzungsrechte sind akzessorisch mit der eingetragenen Grunddienstbarkeit oder beschrankten personlichen Dienstbarkeit verbunden und gelten mithin solange wie die Dienstbarkeit eingetragen ist Geschichte BearbeitenDas heutige Leitungsrecht ist auf das romische Recht zuruckzufuhren wo es unter anderem durch das Wasserleitungsrecht aquae ductum als Dienstbarkeit servitutum ausgestaltet war 3 Aus dem lateinischen Begriff fur das Wasserleitungsrecht entstand das Lehnwort Aquadukt mit dem die Romer meist in Bruckenform das Trinkwasser von der Quelle uber fremde Grundstucke zu den Verbrauchern fuhrten Im Jahr 9 v Chr existierte entlang dieser Aquadukte ein Bauverbot 4 Ulpian forderte dass dieses Wasserleitungsrecht nur vom Princeps verliehen werden durfe 5 Man begriff diese Felddienstbarkeiten servitutum rusticum nicht als Rechte an fremden Grundstucken sondern als Miteigentum Im Mittelalter bestatigte Bischof Udo von Naumburg 1148 ein klosterliches Wasserleitungsrecht 6 Ohne Wegerechte Viehtriften oder Wasserleitungsrechte konnte das Ackerland gar nicht bewirtschaftet werden 7 Als im Jahre 1739 Wien als erste Stadt Europas eine vollstandige Kanalisation erhielt erweiterten sich die bisher auf Frischwasserleitungen beschrankten Leitungsrechte Neue Frischwasserleitungen erhielten Wien 1840 Hamburg 1848 oder Berlin 1852 Nach 1880 investierten auch Stadte in den Vereinigte Staaten USA grosse Summen in die offentliche Wasserversorgung und Kanalisation Schliesslich sorgte die seit 1906 fortschreitende Elektrifizierung fur eine weitere grundstucksubergreifende Ausdehnung der Leitungsrechte Das Allgemeine Preussische Landrecht von 1794 ubernahm weitgehend die Regelungen des romischen Rechts zur Dienstbarkeit so dass alle Arten der Leitungsrechte zulassig waren In Frankreich stellt Art 523 Code civil 1804 klar dass Rohre die fur die Durchfuhrung von Wasser in einem Haus verwendet werden unbeweglich sind und einen Teil des Landes bilden an dem sie befestigt sind In Osterreich brachte die Einfuhrung des ABGB 1812 mit den romischen Feldservituten auch das Recht das Wasser ab und herzuleiten 477 ABGB Weitere Leitungsrechte waren im ABGB nicht vorgesehen Marcus von Niebuhr veroffentlichte 1840 in Deutschland eine Ubersetzung des italienischen Juristen Gian Domenico Romagnosi uber das Wasserleitungsrecht das die Fortschritte des landwirtschaftlichen Bewasserungsanbaus berucksichtigte und die Wasserleitung als unbewegliche Sache einstufte 8 Das 1900 in Kraft getretene BGB beruhte zwar auch auf romischem Recht liess aber die Art der Nutzung von Dienstbarkeiten offen so dass jede Art von Wege oder Leitungsrechten moglich ist Rechtsfolgen BearbeitenDas Eigentum an den verlegten Leitungen folgt sachenrechtlichen Grundsatzen Durch ihren Einbau im Boden ging die Rechtsprechung zunachst von einer Verbindung gemass 946 BGB mit dem Grundstuck aus Bereits das Reichsgericht RG qualifizierte im Mai 1901 die uber Grundstucke verlaufenden Leitungen zunachst als wesentlicher Bestandteil des Grundstucks 9 Im September 1913 anderte das RG jedoch seine Rechtsprechung und stufte die Leitungen als Zubehor ein 10 was es im Juni 1915 bekraftigte 11 Der Bundesgerichtshof BGH folgte im Juli 1962 dieser Rechtsfrage und legte sie seiner Ruhrschnellwegentscheidung zugrunde 12 Durch die Zubehoreigenschaft liegt keine Verbindung mit dem Grundstuck vor im Regelfall ist vielmehr Scheinbestandteilseigenschaft nach 95 Abs 1 BGB zu unterstellen so dass das Eigentum an den Leitungen dem Versorgungsunternehmen zusteht 13 Besteht ein Leitungsrecht so hat der Grundstuckseigentumer das Anbringen und Verlegen und den Betrieb der Leitungen zu dulden Solange das Leitungsrecht im Grundbuch des dienenden Grundstucks eingetragen ist bleibt es bestehen unabhangig von einem Eigentumerwechsel beim Grundstucksverkauf International BearbeitenIn Osterreich schreiben Spezialgesetze die Errichtung und den Betrieb von Leitungen vor Hierzu gehoren die Elektrizitatsleitungen Elektrizitatswirtschafts und organisationsgesetz Landeselektrizitatsgesetze Gas und Olleitungen Gaswirtschaftsgesetz Rohrleitungsgesetz Wasserleitungen Wasserrechtsgesetz oder Telekommunikationsleitungen TKG Die Landesgesetzgebung kann fur elektrische Leitungsanlagen sofern nicht zur Sicherung des dauernden Bestandes die Enteignung erforderlich ist die bescheidmassige Einraumung von Leitungsrechten an Grundstucken einschliesslich der Privatgewasser der offentlichen Strassen und Wege vorsehen 9 Bundesgesetz vom 6 Februar 1968 uber elektrische Leitungsanlagen Das TKG brachte im Jahre 2003 das Recht auf Errichtung und Erhaltung von Telekommunikationslinien 5 TKG In der Schweiz stellt Art 676 Abs 1 ZGB fur das Durchleitungsrecht klar dass Leitungen zur Versorgung und Entsorgung die sich ausserhalb des Grundstucks befinden dem sie dienen dem Eigentumer des Werks und zum Werk gehoren von dem sie ausgehen oder dem sie zugefuhrt werden Leitungen gehoren damit dem Versorgungsunternehmen Mit dem Leitungsrecht erhalt ein Grundeigentumer nach Art 676 Abs 2 ZGB durch Dienstbarkeit das Recht eine Leitung durch ein fremdes Grundstuck hindurchzufuhren Siehe auch BearbeitenDurchleitung von Wasser und AbwasserEinzelnachweise Bearbeiten RGZ 59 116 118 ff Peter Bassenge Otto Palandt BGB Kommentar 24 Auflage 2014 905 Rn 2 Herbert Hausmaninger Walter Selb Romisches Privatrecht 2001 S 172 f Lex Quintia de Aqueductibus Ulpian L I 38 sqq h t Dorffling amp Frank Theologisches Literaturblatt Band 17 1896 S 197 Detlef Liebs Romisches Recht Ein Studienbuch 1975 S 149 Marcus von Niebuhr Vom Wasserleitungsrecht 1840 VI RGZ 48 267 f RGZ 83 67 71 RGZ 87 43 52 BGHZ 374 353 ff Helen Mahne Eigentum an Versorgungsleitungen 2009 S 27 f Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Leitungsrecht amp oldid 233530949