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Das kleine Buch Kulturelle Symbolisierung KS ist eine zuerst 1927 unter dem Originaltitel Symbolism Its Meaning and Effect erschienene Schrift des britischen Philosophen und Mathematikers Alfred North Whitehead 1861 1947 Es hat seinen Ursprung in drei Vorlesungen die Whitehead im April 1927 als Barbour Page Lectures an der University of Virginia gehalten hatte Das Werk ist der Spatphilosophie Whiteheads zuzurechnen die ihre volle Ausformulierung in den Schriften Prozess und Realitat sowie Abenteuer der Ideen gefunden hat Thematisch ist Kulturelle Symbolisierung eine Auseinandersetzung mit der Frage nach der Bedeutung von Symbolen fur das menschliche Denken und Handeln sowie die Ausarbeitung einer Theorie der Wahrnehmung die sich kritisch mit der traditionellen Philosophie des Empirismus und des Idealismus auseinandersetzt Inhaltsverzeichnis 1 Einordnung in das Gesamtwerk 2 Inhalt 2 1 Begriffliche Grundlagen 2 2 Prasentationale Unmittelbarkeit 2 3 Kausale Wirksamkeit 2 4 Gesellschaftliche Funktion von Symbolen 3 Rezeption 4 Ausgaben 5 Literatur 6 EinzelnachweiseEinordnung in das Gesamtwerk BearbeitenKulturelle Symbolisierung entstand als ein weiterer Schritt in der Entwicklung der prozessphilosophischen Metaphysik Whiteheads nach Wissenschaft und Moderne Welt 1925 und Wie entsteht Religion sowie kurz bevor er 1927 28 seine Gifford Lectures hielt die er als sein philosophisches Hauptwerk in Prozess und Realitat veroffentlichte Es ist unklar ob Kulturelle Symbolisierung eine Vorstudie zu Prozess und Realitat ist 1 oder eine gesonderte Ausarbeitung von Materialien die Whitehead im Hinblick auf die Gifford Lectures vorbereitet hatte 2 Grundlage der Arbeit sind in jedem Fall Gedanken die sich bereits in seinen naturphilosophischen Schriften der fruhen 1920er Jahre finden Vor allem hatte Whitehead das Thema bereits in dem Aufsatz Uniformity and Contingency behandelt der auf einem Vortrag vor der Aristotelian Society im Jahr 1922 basiert und in dem er sich kritisch mit der Auffassung David Humes und seines eigenen Schulers Russell zum Induktionsproblem auseinandersetzte 3 Wesentliche Uberlegungen aus Kulturelle Symbolisierung vor allem aus der Theorie der Wahrnehmung hat Whitehead nach Prozess und Realitat ubernommen Die kulturphilosophisch relevanten Betrachtungen zur Bedeutung von Symbolen in der Gesellschaft hat Whitehead erst spater wieder in dem Buch Abenteuer der Ideen 1933 aufgenommen Inhalt BearbeitenBegriffliche Grundlagen Bearbeiten Zu Beginn entwickelte Whitehead die begrifflichen Grundlagen seines Konzepts der Symbolisierung in der menschlichen Wahrnehmung Den Hintergrund bildet seine Vorstellung dass alles Wirkliche in der Welt aus einer Vielzahl von miteinander verwobenen und aufeinander einwirkenden Prozessen besteht deren Grundelemente bis hinunter zu den subatomaren Teilchen reichen In diesem Sinne ist die Welt nicht aus Dingen oder Materie aufgebaut sondern aus mikroskopischen Elementarereignissen die werden und vergehen Die Wahrnehmung des Menschen findet hingegen auf einer makroskopischen Ebene statt in der die Elementarereignisse bereits zu Zusammenhangen verdichtet sind Wenn der Mensch von Dingen spricht handelt es sich bereits um Abstraktionen Vor allem kritisierte Whitehead dass die Vorstellung von isolierbaren Dingen und Substanzen statisch ist Die wirkliche Welt ist hingegen eine fortlaufende Entwicklung von Elementarprozessen die aus den gerade vergangenen Ereignissen hervorgehen und hierdurch in einem standigen Bezug aufeinander stehen nbsp Grundbegriffe der Theorie der Symbolisierung bei Alfred North WhiteheadDie Realitat wird dem Menschen und anderen Lebewesen durch Wahrnehmungserfahrungen vermittelt zu denen vor allem hoher entwickelte Organismen fahig sind In diesen Erfahrungen formen sich Gestalten die fur den Menschen ein ursprungliches Symbol darstellen das er erst im Prozess der Wahrnehmung mit einer Bedeutung belegt in die seine Emotionen und bisherigen Vorstellungen eingehen So ist ein Stuhl zunachst nichts mehr als eine farbige Form deren Funktion erst im wahrnehmenden Erfassen abgeleitet wird Eine hohere fur den Menschen aber unverzichtbare Ebene der Symbolisierung ist die Sprache in der die Bedeutung der Erfahrung gekennzeichnet wird Noch eine Ebene daruber liegen die Symbole die im gesellschaftlichen Zusammenleben eine Bedeutung haben Hierzu zahlen Orden und Ehrenzeichen bestimmte formalisierte Handlungen oder auch die Architektur wie z B monumentale Kirchenbauten Weil Symbole aus der Wahrnehmung abgeleitet sind sind sie grundsatzlich fehlbar Whitehead vertrat einen konsequenten Fallibilismus Der Irrtum im menschlichen Denken liegt nicht in der unmittelbaren Wahrnehmungserfahrung sondern in der interpretierenden Symbolisierung Auf der Grundlage der einfuhrenden Uberlegungen formulierte Whitehead eine formale Definition der Symbolisierung Der menschliche Geist arbeitet symbolisch wenn einige Komponenten seiner Erfahrung Bewusstsein Annahmen Emotionen und Verwendungsweisen bezuglich anderer Komponenten seiner Erfahrung hervorrufen Die erste Menge von Komponenten sind die Symbole und die letztere Menge bilden die Bedeutung der Symbole Das organische Funktionieren aufgrund dessen ein Ubergang vom Symbol zur Bedeutung stattfindet wird als symbolische Referenz bezeichnet KS 67 68 Alle menschlichen Symbolisierungen bestehen in dieser Verkettung der symbolischen Referenz die auf Wahrnehmungserfahrungen beruht und durch die Natur des Wahrnehmenden als aktives synthetisches Element erzeugt wird Ein aktuales Ereignis entsteht als Zusammenbringen verschiedener Wahrnehmungen verschiedener Gefuhle verschiedener Absichten und verschiedener anderer Aktivitaten die aus jenen primaren Wahrnehmungen hervorgehen in einen realen Zusammenhang KS 68 Die Rede uber den aktiven Beitrag einer aktualen Entitat enthalt die Vorstellung dass diese sich selbst erzeugt Diese Vorstellung der Fahigkeit zu einer aus sich selbst heraus entstehenden inneren Aktivitat ist Grundlage fur die Zuschreibung von moralischer Verantwortung Zwischen Symbol und Bedeutung besteht eine Beziehung die nicht eindeutig ist Oftmals reprasentiert ein geschriebenes Wort ein gesprochenes Wort So kann ein bestimmtes Wort in der lateinischen Schrift oder in Stenografie verschriftlicht werden Es kann aber sein dass ein geschriebenes Wort eine eigenstandige unmittelbare Bedeutung hat Man denke hier an die chinesische Schrift die in verschiedenen Sprachen die gleiche Bedeutung hat Symbolisiert das Wort Baum den Baum in der Natur oder umgekehrt Ublicherweise ist das erstere der Fall Whitehead weist darauf hin dass dem entgegen aber auch ein bestimmter Gegenstand eine sprachliche Bedeutung erzeugen kann wie etwa der Baum dem Dichter die Vorstellung seiner Poesie vermitteln kann Die Erforschung des Verhaltens eines Tieres ist notwendig um den Begriff des Tieres mit Bedeutung zu fullen Was Bedeutung und was Symbol ist hangt somit von den besonderen Konstitutionen des Erfahrungsaktes ab KS 72 Prasentationale Unmittelbarkeit Bearbeiten Whitehead unterschied im Prozess des Erfassens der Realitat zwei voneinander nicht unabhangige Modi der Wahrnehmungserfahrung Den ersten Modus nannte er Prasentationale Unmittelbarkeit presentational immediacy Dieser Typ ist die Erfahrung der unmittelbaren Welt um uns herum einer Welt die durch die direkten Zustande wichtiger Teile unseres Korpers mit bestimmten Sinnesdaten ausgestattet wird Fur den Menschen ist dieser Erfahrungstyp sehr lebendig und besonders genau in seiner Zurschaustellung der raumlichen Regionen und Beziehungen innerhalb der gegenwartigen Welt KS 73 Im Modus der prasentationalen Unmittelbarkeit erfasst das Subjekt ein prozessuales Objekt wie es ist Dieses Objekt hat eine bestimmte Gestalt und hiervon nicht abtrennbare Eigenschaften Solche Eigenschaften existieren als reine Moglichkeiten kommen in der Wirklichkeit aber nur unablosbar vom betrachteten Objekt vor Eine weisse Wand ist in der Wahrnehmungserfahrung nicht eine Wand und zudem weiss sondern immer als Ganzes eine weisse Wand Wir nehmen nicht entkorperte Farbe oder entkorperte Ausdehnung wahr Vielmehr nehmen wir die Farbe und die Ausgedehntheit der Wand wahr Die Erfahrungstatsache ist Farbe dahinten auf der Wand fur uns KS 74 75 Prasentationale Unmittelbarkeit ist ein gegenwartiger Moment in dem die Eigenschaften eines Objektes eines gleichzeitig Wahrnehmenden bedurfen um die Eigenschaften zu sein die sie in der Wahrnehmung sind Die Eigenschaften sind eine Relation zwischen zwei gleichzeitigen und damit voneinander unabhangigen Ereignissen Dabei ist Bewusstsein nicht Voraussetzung der Wahrnehmungserfahrung Vielmehr wird eine bestimmte Wahrnehmungserfahrung bewusst wenn sie eine gewisse Aufmerksamkeit erhalt Neben dem Modus der prasentationalen Unmittelbarkeit beschreibt Whitehead den Wahrnehmungsmodus der kausalen Wirksamkeit s u Beide sind voneinander abhangig und liefern gemeinsam die Informationen die in der symbolischen Referenz verarbeitet werden Das Ergebnis der symbolischen Referenz ist was die aktuale Welt fur uns ist dasjenige Gegebene in unserer Erfahrung das Gefuhle Emotionen Befriedigungen und Aktionen produziert und das wenn unser Denken in Form der begrifflichen Analyse hinzukommt schliesslich das Thema des bewussten Wissens ist KS 78 Weil die symbolische Referenz eine synthetische Weise der Interpretation von Informationen der Wahrnehmung ist liegen darin die Ursachen der Irrtumer In der prasentationalen Unmittelbarkeit der von der Zeit abgelosten Sinnes Wahrnehmung zeigt sich die Welt als eine Gemeinschaft aktualer Dinge die in demselben Sinn aktual sind wie wir selbst es sind KS 80 81 Das Erfasste hat bestimmte Qualitaten die sich aus der Relation zwischen Wahrnehmendem und Wahrgenommenem nach einem raumlichen Schema ergeben und uber die man nur reden kann wenn man von beiden abstrahiert Wahrnehmung ist ein Ubergang von einem dort zu einem hier denn die durch die raumlichen Relationen hergestellten Perspektiven der Sinnesdaten sind die spezifischen Relationen durch die die ausseren gleichzeitigen Dinge in diesem Ausmass Teil unserer Erfahrung sind KS 81 82 Die Wahrnehmung im Modus der prasentationalen Unmittelbarkeit geschieht immer aus der Perspektive des wahrnehmenden Organismus Mit dieser Charakterisierung stimmt Whitehead mit dem Konzept der Intentionalitat bei Husserl uberein Das Gegebene wird niemals durch eine Wahrnehmung vollstandig erfasst sondern als Abstraktion in der fur den wahrnehmenden Organismus relevanten Weise und in einer von diesem bestimmten Intensitat Abstraktion ist der Interaktionsmodus der Natur und nicht lediglich geistiger Art Denken folgt wenn es abstrahiert der Natur oder besser gesagt es zeigt sich selbst als ein Teil der Natur KS 85 In der Wahrnehmung wird das wahrgenommene Ereignis in die Einheit der Erfahrung aufgenommen es wird objektiviert Jeder Moment der Objektivierung ist das Ergebnis seiner Geschichte Der Mensch in einem Moment konzentriert in sich selbst die Farbe seiner eigenen Vergangenheit und er ist ihr Ergebnis KS 86 Whitehead bezog sich auf Santayanas Widerlegung des Skeptizismus Humes in Scepticism and Animal Faith und betonte seinen Realismus als Position einer direkten Erfahrung der ausseren Welt KS 87 Zusammenfassend stellte er fest Wenn man eine solche direkte individuelle Erfahrung konsequent vertritt wird man in der philosophischen Konstruktion dahin gefuhrt die Welt als ein Wechselspiel funktionaler Aktivitat zu begreifen aufgrund deren jedes konkrete individuelle Ding aus seiner bestimmten Bezogenheit zur verwirklichten Welt anderer konkreter Individuen entsteht zumindest in dem Umfang in dem die Welt vergangen und festgelegt ist KS 88 Kausale Wirksamkeit Bearbeiten Der zweite Modus der Wahrnehmung die kausale Wirksamkeit ist nach Auffassung Whiteheads in der Philosophiegeschichte meist ubersehen zumindest vernachlassigt worden Um dieses aufzuzeigen setzte er sich kritisch mit Hume und Kant auseinander Seine eigene Konzeption kann man am ehesten mit der von Leibniz vergleichen der zwischen der klaren und selbstbewussten Apperzeption und der dunklen unscharfen und vagen Perzeption unterschied Ahnlich ist auch bei Whitehead die Wahrnehmung in der Form der kausalen Wirksamkeit unerwartet und vage aber interessant weil sie durch ein Werden bestimmt ist Whiteheads Kritik knupft an der nach seiner Auffassung der Erfahrung widersprechenden Zeitvorstellung bei Hume und Kant und ihren Schulen an Fur Hume ist Kausalitat nicht beobachtbar sondern nur eine Gewohnheit der Beobachtung immer wieder aufeinander folgender Ereignisse Bei Kant ist Kausalitat eine Denkform eine a priori im Verstand gegebene Kategorie Wenn entweder Hume oder Kant eine angemessene Konzeption des Status der kausalen Wirksamkeit geben so musste daraus folgen dass unsere bewusste Auffassung kausaler Wirksamkeit in einem gewissen Umfang von der Lebhaftigkeit des Denkens oder von der Lebhaftigkeit der rein anschaulichen Unterscheidung der Sinnesdaten in dem betreffenden Moment abhangt KS 99 Das widerspricht aber der Erfahrung Grund fur diese falsche Beschreibung der Wahrnehmung ist fur Whitehead die aus seiner Sicht naive Auffassung der Zeit als einer einfachen linearen Folge von unabhangigen Ereignissen In der Wirklichkeit stehen die Ereignisse vielmehr in einem Prozess des Ubergangs von Zustand zu Zustand wobei der spatere Zustand eine Konformitat mit dem vorangegangenen Zustand aufweist KS 94 Die Vorstellung einer reinen Sukzession und einer abgeschlossenen unverbundenen Vergangenheit ist fur Whitehead eine unzulassige Abstraktion Jeder Akt der Vergangenheit wirkt auf die ihm nachfolgenden Akte die so mit ihm verbunden sind Wir mussen die unmittelbare Gegenwart in ihrer Beziehung zur unmittelbaren Vergangenheit betrachten Hier wird die uberwaltigende Konformation der sich in gegenwartiger Aktion realisierenden Tatsache an die vorhergehende abgeschlossene Tatsache gefunden KS 100 Wahrnehmung im Modus der kausalen Wirksamkeit ist nicht auf hohere Organismen beschrankt Sie liegt auch bei der Blume vor die sich nach der Sonne neigt Das primitive Element in unserer ausseren Erfahrung ist die Wahrnehmung der Konformation an Realitaten in der Umgebung Wir passen uns an unsere korperlichen Organe und an die vage Welt die jenseits ihrer liegt an KS 102 Die kausale Wirksamkeit ist eng mit Emotionen verbunden die die willentliche im Bewusstsein vorhandene auf die eigene Perspektive gerichtete prasentationale Unmittelbarkeit in den Hintergrund drangen Zorn Hass Furcht panische Angst Attraktion Liebe Hunger Eifer intensiver Genuss sind Gefuhle und Emotionen die engstens mit dem primitiven Funktionieren des Zuruckziehens von und des Ausdehnens hin zu verbunden sind KS 104 Hierin kommt das in der Erfahrung stets vorhandene Empfinden dass das Gegenwartige unauflosbar in die Vergangenheit eingebunden ist zum Ausdruck Im modernen philosophischen Denken so Whitehead schlagt sich diese Einsicht im Pragmatismus nieder Der von diesen Philosophen betonte Aspekt der Nutzlichkeit ist bestimmt durch das Prinzip der Konformation KS 105 Setzt man die Wahrnehmungsmodi in Beziehung dominiert zunachst die kausale Wirksamkeit wahrend die prasentationale Unmittelbarkeit erst allmahlich an Bedeutung gewinnt Beide Formen uberschneiden sich jedoch und haben einen gemeinsamen Einfluss auf die symbolische Referenz in der sie verschmelzen Neben den Sinnesdaten spielt fur beide Modi der Wahrnehmung die Einbindung in das raumzeitliche System des wahrnehmenden Organismus eine wesentliche Rolle Die Projektion unserer Sinneseindrucke ist nichts anderes als die Illustration der Welt in partiellem Einklang mit dem systematischen raum zeitlichen Schema an das sich diese Reaktionen anpassen KS 117 Gesellschaftliche Funktion von Symbolen Bearbeiten Symbolisierungen dienen der Orientierung in der Welt Die Bedeutung der Symbole unterliegt im Laufe der Zeit einem Wandel Dabei konnen einmal geschaffene Symbole dem Fortschritt im Wege stehen Zudem haben Symbolisierungen die Tendenz des Wildwuchses Ein kontinuierlicher Prozess des Beschneidens und des Anpassens an eine Zukunft die immer neuer Formen des Ausdrucks bedarf ist in jeder Gesellschaft eine notwendige Aufgabe KS 120 Aber das Bestehen und neu Entstehen von Symbolisierungen ist unvermeidlich Auch im gesellschaftlichen Zusammenhang hat die Sprache als Trager von Symbolen eine besondere Funktion Sprache dient nicht nur der Information dem Austausch von Bedeutungen sondern pragt auch durch ihre eigene Symbolik kulturelle Identitaten Whitehead verwies auf das von ihm selbst erlebte Beispiel der Differenzen in der Sprache zwischen England und Amerika Die Beharrungskraft der Symbole dient der Stabilisierung der Gesellschaft Hieran scheitert oftmals auch die Vernunft die Whitehead in diesem Zusammenhang mit der Gravitationskraft als der schwachsten der naturlichen Krafte verglich KS 128 Tatsachlich ruft das Symbol Loyalitaten zu vage vorgestellten Ideen hervor die fur unsere geistigen Naturen grundlegend sind Das Ergebnis ist dass unsere Naturen erregt werden alle antagonistischen Impulse zu suspendieren damit das Symbol die erforderliche Reaktion im Handeln herbeifuhrt KS 133 Symbolisches Handeln 4 grenzt sich von instinktivem Handeln oder Reflexhandeln dadurch ab dass es nicht allein an der kausalen Wirksamkeit orientiert ist die die Instinkte dominiert sondern auch auf die prasentationale Unmittelbarkeit als Grundlage des analytischen Reflektierens zuruckgreift Keine elaborierte Gemeinschaft elaborierter Organismen konnte existieren wenn nicht ihre Symbolsysteme im allgemeinen erfolgreich waren KS 145 146 Fur den Erfolg ist aber entscheidend dass eine Gesellschaft in der Lage ist ihr Symbolsystem den jeweils neuen Bedingungen anzupassen Rezeption BearbeitenDie Schrift Kulturelle Symbolisierung hat in der Folge nur wenig Beachtung gefunden Dies hat vorrangig zwei Grunde 5 Zum einen handelt es sich nur um eine uberblickartige Darstellung die fur eine weitere Berucksichtigung in Theorien der Semiotik kaum Ansatzpunkte bietet Zum anderen hat Whitehead seine Wahrnehmungstheorie in dem wesentlich bedeutenderen Werk Prozess und Realitat nur wenig spater erneut dargelegt sodass sich die Rezeption auf diese Schrift konzentriert Eine unmittelbare Wirkung hat Whitehead auf Susanne K Langer ausgeubt die als seine Schulerin ihre ersten symboltheoretischen Schriften verfasste Da Whitehead in Kulturelle Symbolisierung noch nicht die strenge begriffliche Systematik aus Prozess und Realitat verwendete die Prozessphilosophie jedoch im Hintergrund der Betrachtungen immer mitschwingt ist diese relativ kleine Schrift 6 als Einfuhrung zu Whiteheads Philosophie gut geeignet In der deutschen Ausgabe 2000 hilft zusatzlich die ausfuhrliche Einfuhrung des Ubersetzers 7 Ausgaben BearbeitenSymbolism Its Meaning and Effect Macmillan New York 1927 Fordham University Press New York 1985 online Kulturelle Symbolisierung ubersetzt und eingeleitet von Rolf Lachmann Suhrkamp Frankfurt 2000 Literatur BearbeitenMichael Hampe Alfred North Whitehead C H Beck Munchen 1998 ISBN 3 406 41947 X Michael Hauskeller Alfred North Whitehead zur Einfuhrung Junius Hamburg 1994 ISBN 3 88506 895 8 Rolf Lachmann Alfred North Whiteheads naturphilosophische Konzeption der Symbolisierung Zeitschrift fur philosophische Forschung 54 2 2000 S 196 217 Einzelnachweise Bearbeiten H N Lee Causal Efficacy and Continuity in Whitehead s Philosophy In Tulane Studies in Philosophy 10 1061 62 L S Ford The Emergence of Whitehead s Metaphysics New York 1984 181 Alfred North Whitehead Uniformity and Contingency In Proceedings of the Aristotelian Society 23 1922 1923 abgedruckt in Alfred North Whitehead Essays in Science and Philosophy Rider and Company London 1948 100 111 Im Wahrnehmungs und Wirkzusammenhang stehende Abfolgen symbolischer Handlungen sind beispielsweise auf gesellschaftlicher Ebene alle Prozesse der bewussten schopferischen Auseinandersetzung des Menschen Rolf Lachmann Alfred North Whiteheads naturphilosophische Konzeption der Symbolisierung Zeitschrift fur philosophische Forschung 54 2 2000 196 217 In der Ubersetzung umfasst der Text ohne Einfuhrung 88 Seiten Rolf Lachmann Einfuhrung in Kulturelle Symbolisierung S 7 55 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kulturelle Symbolisierung amp oldid 222275341