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Justin Timotheus Balthasar Linde ab 1839 von Linde ab 1859 Freiherr von Linden zu Dreyss 7 August 1797 in Brilon 9 Juni 1870 in Bonn war ein deutscher Jurist Beamter konservativer Politiker und Diplomat Er gehorte der Frankfurter Nationalversammlung und dem Erfurter Unionsparlament an und war Gesandter im Bundestag des Deutschen Bundes Justin von Linde 1845 Grafik von Eduard Kretzschmar Justin von Linde Inhaltsverzeichnis 1 Familie und Adelserhebungen 2 Jugend und Ausbildung 3 Universitatskarriere 4 Leitender Ministerialbeamter in Hessen Darmstadt 5 Politische Grundhaltung 6 Mitglied der Nationalversammlung 1848 1849 7 Mitglied im Bundestag 1850 1866 8 Schriften Auswahl 9 Sekundarliteratur 10 Weblinks 11 EinzelnachweiseFamilie und Adelserhebungen BearbeitenEr war der Sohn des Advokaten Dr Franz Levin Linde 1800 und Enkel des Dr jur Bernhard Engelbert Linde kurfurstlich Kolner Hof und Regierungsrat 1750 furstbischoflich Munsteraner Gaugraf und Richter zu Rheine und Bevergern in Westfalen Seine Schwester Franziska heiratete den Arzt Johann Friedrich Schulte 1788 1877 und wurde Mutter des Johann Friedrich von Schulte Der osterreichische Generalmajor Freiherr Josef von Linde 1810 war sein Onkel Linde heiratete am 27 August 1826 Dorothea Theresia Kruger 23 Mai 1800 15 Juni 1879 Das Paar hatte 2 Sohne und 3 Tochter darunter Balduin 30 November 1840 Politiker Zentrum 1867 Emilie Simons Maria 1837 Freiherr Franz von Gruben 1829 1888 Bertha 24 September 1828 1852 Freiherr Carl von Vogelfang 8 November 1890 Linde wurde als grossherzoglich hessischer Staatsrat Professor der Rechte und Kanzler der Universitat Giessen am 23 Oktober 1839 in Darmstadt in den hessischen Adelstand erhoben Am 10 Mai 1859 folgte in Bonn seine Erhebung in den liechtensteinischen Freiherrnstand mit Namensfuhrung von Linden zu Dreyss er hatte 1837 das Gut Dreis erworben als furstlich liechtensteinischer Wirklicher Geheimrat und Gesandter bei der Bundesversammlung in Frankfurt und am 4 Mai 1866 allerdings erst mit Diplom vom 23 Mai 1870 die Erhebung in den osterreichischen Freiherrnstand ohne Pradikat als k u k Wirklicher Geheimrat und Ritter des osterreichischen Eisernen Kronenordens 1 Klasse Am 28 Oktober 1842 wurde er zum Ehrenburger von Giessen ernannt Jugend und Ausbildung BearbeitenLinde besuchte das Gymnasium Laurentianum in Arnsberg und schloss seine schulische Ausbildung 1816 ab Im Jahr 1817 begann er sein Studium vor allem der Rechtswissenschaften in Munster Im 1818 Jahr wechselte er nach Gottingen verliess die Universitat aber wieder weil er sich gegen die dortigen Studentenunruhen aussprach und schrieb sich schliesslich in Bonn ein Dort erwarb er 1820 den juristischen Doktortitel und habilitierte bereits ein Jahr spater 1819 schloss er sich der Alten Bonner Burschenschaft Allgemeinheit an 1 Universitatskarriere BearbeitenDer Versuch eine Professorenstelle in Bonn zu bekommen scheiterte daran dass die Universitat keinen weiteren Katholiken mehr an der juristischen Fakultat einstellen wollten Diese Zuruckweisung war wohl ein Grund fur die spatere Antipathie gegenuber der preussischen Regierung Wie bei seinem Kollegen Johann Friedrich Joseph Sommer schlug die anfangliche Begeisterung fur Preussen in eine gewisse Ablehnung um Schliesslich nahm er einen Ruf nach Giessen an wo er ab 1823 als ausserordentlicher Professor vor allem Zivilprozessrecht lehrte Seine Vorlesungen waren ausserordentlich beliebt und gepragt von sachlicher Klarheit und Strukturiertheit Bereits ein Jahr spater war er ordentlicher Professor und nahm daneben auch eine Stelle als Rat im Kirchen und Schulkollegium an Leitender Ministerialbeamter in Hessen Darmstadt BearbeitenDie Regierung des Grossherzogtums Hessen wurde auf den begabten Akademiker aufmerksam und berief ihn 1829 zum Ministerialrat mit dem Titel eines geheimen Regierungsrates in das Ministerium des Inneren und der Justiz Einige Zeit spater wurde er Leiter des Direktoriums des auf seine Anregung geschaffenen Oberstudienrates und 1833 Mitglied des Staatsrats Gleichzeitig war Linde Kanzler der Universitat Giessen und als solcher Mitglied in der Ersten Kammer der Landstande des Grossherzogtums Hessen und Mitglied im Bundesschiedsgericht 1836 wurde Linde Geheimer Staatsrat und Vorstand des Innenministeriums das auch zugleich Justizministerium war Auf der Grundlage einer konservativen Mehrheit im Landtag kam es 1836 zu einer Ubereinkunft zwischen Regierung und Standen eine neue Zivilgesetzgebung zu erarbeiten Trotz seiner vielfaltigen administrativen Aufgaben wurde Linde in diesem Zusammenhang mit dem Entwurf einer Zivilprozessordnung betraut Der Entwurf wurde von der Fachwelt zwar positiv aufgenommen auf Grund politischen Widerstandes kam es aber nicht zu einer Verabschiedung Als Katholik spielte er eine wichtige Vermittlerrolle zwischen Staat und Kirche und sorgte fur ein friedliches Verhaltnis zwischen Regierung und dem Mainzer Bischof Zusammen mit dem Bischof richtete Linde 1830 eine romisch katholische Theologische Fakultat an der Landesuniversitat Giessen ein Allerdings war Linde kein Anhanger des Ultramontanismus sondern galt in Rom als Freund des Staatskirchentums Dies fuhrte zu Konflikten mit den in Hessen relativ starken Deutschkatholiken Die hessischen Protestanten warfen Linde andererseits vor eine Katholisierung des Landes zu betreiben Nicht zuletzt beim Staatsminister Du Thil fiel Linde in Ungnade Von diesen Vorwurfen getroffen reichte er 1844 seinen Abschied ein der aber nach langen burokratischen Querelen erst 1847 genehmigt wurde Zugleich ernannte ihn der Grossherzog am 13 Dezember 1847 zum Mitglied auf Lebenszeit in der ersten Kammer der Landstande des Grossherzogtums Hessen 2 der er aber nur bis 1849 angehorte als eine geanderte Zusammensetzung der ersten Kammer dazu fuhrte dass die auf Lebenszeit ernannten Mitglieder ausschieden Linde zog sich auf ein von ihn gekauftes Gut bei Wittlich in der preussischen Rheinprovinz zuruck Letztlich war seine starre inzwischen auch von der Spitze der Regierung nicht mehr geteilte antiliberale Haltung Grund fur die Demission Politische Grundhaltung BearbeitenLinde hatte keinen Bezug zum deutschen Gedanken sondern verstand sich ausschliesslich als hessischer Beamter Ebenso stand er den liberalen oder gar demokratischen Kraften der Zeit ablehnend gegenuber Selbst eine konstitutionelle Staatsform stiess bei ihm auf Ablehnung und er blieb Verfechter des Absolutismus Diese fast schon anachronistische Haltung brachte ihm in den 1850er Jahren scharfe Kritik von Robert von Mohl ein Fur die Revolution 1848 hatte Linde erst recht kein Verstandnis Angesichts seiner antipreussischen und kirchenfreundlichen Haltung ist bemerkenswert dass er wahrend der Kolner Wirren eindeutig gegen Erzbischof von Spiegel und fur den preussischen Staat Stellung bezog Letztlich wichtiger auch als die Kirche war fur Linde offenbar die Macht des absoluten Staates In seiner Funktion als Kanzler der Universitat Giessen kam es zu heftigen offentlichen Auseinandersetzungen zwischen ihm und dem liberalen evangelischen Theologieprofessor Credner Mitglied der Nationalversammlung 1848 1849 BearbeitenTrotz seiner konservativen Haltung und einer offentlichen Warnung im Westfalischen Merkur wurde von Linde im Wahlkreis Borken als Nachfolger Hermann Wedewers in die Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche gewahlt der er vom 27 Juni 1848 bis zum 30 Mai 1849 als fraktionsloser Abgeordneter angehorte Linde gehorte dem Ausschuss fur Ministerverantwortung an und ausserte sich vor allem zu Grundrechts und Verfassungsfragen Wichtig waren seine Ausserungen zur Unterscheidung von personlichen und politischen Grundrechten In Hinblick auf die Gleichberechtigung der judischen Religionsgemeinschaft verteidigte er damals keineswegs selbstverstandlich die Gleichsetzung mit den christlichen Konfessionen Unterschiedliche religiose Glaubensinhalte durften keinen Einfluss auf die burgerlichen und politischen Rechte haben Im Ubrigen trat von Linde fur den gleichen Zugang zum offentlichen Dienst und fur das Ende der Bevorzugung des Adels ein Neben seiner Parlamentstatigkeit gehorte von Linde zu den juristischen Beratern des Reichsverweser Erzherzog Johann Linde wurde wegen seiner juristischen Kenntnisse von vielen Parlamentariern anerkannt Seine politischen Haltungen stiessen allerdings auch auf Kritik Zwar stimmte seine konservative Grundhaltung mit dem Fuhrer der nationalkonservativen Rechten von Joseph von Radowitz vielfach uberein Linde blieb aber ein staatskonservativer Verteidiger der alten Bundesverfassung und einer starken Stellung Osterreichs Dies brachte ihm auch die Kritik von dem Liberalen Heinrich von Gagern ein Zeitweilig galt Linde als einer der starksten Gegner des Prasidenten der Nationalversammlung Mitglied im Bundestag 1850 1866 BearbeitenLinde gehorte der Nationalversammlung bis Mai 1849 an als die preussische Regierung rechtswidrig erklart hatte die Mandate aus Preussen seien erloschen Nach der Revolution gehorte er als Vertreter des Wahlkreises Arnsberg dem Erfurter Parlament an Bei der Schliessung des Erfurter Parlaments wurde von Linde von der osterreichischen Regierung eingeladen an der Wiedereroffnung des Bundestags in Frankfurt teilzunehmen Linde wurde in den osterreichischen Staatsdienst aufgenommen und 1850 zum Gesandten beim Bundestag bestellt Dort war er als furstlich Liechtensteinischer Gesandter und bevollmachtigter Minister tatig Er war auch beteiligt an den Verhandlungen uber eine Verfassung fur Liechtenstein Spater wurde er Berater der osterreichischen Gesandtschaft Er vertrat daneben auch Hessen Homburg das Furstentum Reuss altere Linie sowie Schaumburg Lippe Linde war der Einzige der dem Bundestag von 1850 bis zum Ende 1866 durchgehend angehorte Am 10 Mai 1859 wurde er in den liechtensteinischen Freiherrnstand erhoben mit der Namensmehrung von Linden zu Dreyss Seit 1859 waren er und die Mitglieder seiner Familie liechtensteinische Staatsburger und seit 1869 Burger der Gemeinde Schellenberg 3 In dieser Zeit versuchte Linde im Dienste Osterreichs einen Kontrapunkt zum starker werdenden Preussen zu setzen So stritt er fur eine Starkung des Bundestages unter Fuhrung von Osterreich Er war der juristische und intellektuelle Kopf hinter den osterreichischen Gesandten die mehrmals ausgewechselt wurden Im Jahr 1866 war seine Stimme entscheidend fur die Mobilisierung der Bundestruppen gegen Preussen Nach dem Sieg Preussens im preussisch osterreichischen Krieg zog sich von Linde auf sein Gut zuruck Nur wenige Monate vor seinem Tod wurde er schliesslich am 23 Mai 1870 in den osterreichischen Freiherrnstand jedoch ohne Pradikat erhoben Schriften Auswahl BearbeitenDe successione Germanica Diss Bonn 1828 Lehrbuch des deutschen gemeinen Civilprozesses 4 Aufl Bonn 1835 Gleichberechtigung der Augsburgischen Confession mit der Katholischen Religion in Deutschland nach den Grundsatzen des Reichs des Rheinbundes und deutschen Bundes nebst Beleuchtung der Schrift Die Katholische Religionsubung in Mecklenburg Schwerin Geschichtlich und rechtlich Mainz 1853 Ueber gemeinnuetzige Anordnungen nach Grundsaetzen des deutschen Bundesrechts in besonderer Anwendung auf gemeinsame Gesetze und Delegierten Versammlung Giessen 1863 Sekundarliteratur BearbeitenLutz Trautmann Ein lithographisches Portrat des Universitatskanzlers Justin von Linde 1797 1870 im Universitatsarchiv Giessen und seine Datierung in Mitteilungen des Oberhessischen Geschichtsvereins Band 107 2022 S 283 288 Klaus Dieter Rack Bernd Vielsmeier Hessische Abgeordnete 1820 1933 Biografische Nachweise fur die Erste und Zweite Kammer der Landstande des Grossherzogtums Hessen 1820 1918 und den Landtag des Volksstaats Hessen 1919 1933 Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen Bd 19 Arbeiten der Hessischen Historischen Kommission NF Bd 29 Hessische Historische Kommission Darmstadt 2008 ISBN 978 3 88443 052 1 S 589 591 Patrick Sensburg Die grossen Juristen des Sauerlandes 22 Biographien herausragender Rechtsgelehrter 1 Auflage F W Becker Arnsberg 2002 ISBN 978 3 930264 45 2 276 S Jochen Lengemann Das Deutsche Parlament Frankfurter Unionsparlament von 1850 Ein Handbuch Mitglieder Amtstrager Lebensdaten Fraktionen Munchen 2000 ISBN 3 437 31128 X S 201f Helge Dvorak Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft Band I Politiker Teilband 3 I L Winter Heidelberg 1999 ISBN 3 8253 0865 0 S 292 294 Jochen Lengemann MdL Hessen 1808 1996 Biographischer Index Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen Bd 14 Veroffentlichungen der Historischen Kommission fur Hessen Bd 48 7 Elwert Marburg 1996 ISBN 3 7708 1071 6 S 243 244 Eva Marie Felschow Emil Heuser Bearb Universitat und Ministerium im Vormarz Justus Liebigs Briefwechsel mit Justin von Linde Giessen 1992 ISBN 3 927835 19 6 Genealogisches Handbuch des Adels Adelslexikon Band VII Band 97 der Gesamtreihe C A Starke Verlag Limburg Lahn 1989 ISSN 0435 2408 Hugo Stumm Staatsrat Justin Freiherr von Linde Ein Beitrag zur Geschichte des Staatskirchentums im Vormarz In Jahrbuch fur das Bistum Mainz Jg 6 1951 1954 S 62 81 Hans Korner Linde Justinus Freiherr von In Neue Deutsche Biographie NDB Band 14 Duncker amp Humblot Berlin 1985 ISBN 3 428 00195 8 S 576 f Digitalisat Johann Friedrich von Schulte Linde Justinus Freiherr von In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 18 Duncker amp Humblot Leipzig 1883 S 665 672 Gothaisches genealogisches Taschenbuch der freiherrlichen Hauser 1893 S 656Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Justin von Linde im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Werke von und uber Justin von Linde in der Deutschen Digitalen Bibliothek Linde Justin Justus Thimotheus Balthasar Freiherr von Hessische Biografie Stand 29 Oktober 2019 In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Linde Justin von im Frankfurter Personenlexikon Justin von Linde im Internet Archive Nachlass BArch N 1759Einzelnachweise Bearbeiten Peter Kaupp Burschenschafter in der Paulskirche Ernennungen in Beziehung auf den Landtag In Grossherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr 1 vom 4 Januar 1848 S 6 Cornelius Goop Reiche und beruhmte Schellenberger In Schellenberg Mein Magazin Schellenberg Juli 2020 S 34 37 gmgnet li Normdaten Person GND 119095645 lobid OGND AKS LCCN nr95002165 VIAF 74655753 Wikipedia Personensuche Landtagsabgeordnete der Kurie Landesuniversitat Giessen in der Ersten Kammer der Landstande des Grossherzogtums Hessen Franz Joseph von Arens 1820 1833 Justin von Linde 1834 1847 Michael Franz Birnbaum 1847 1849 August Streng 1873 1875 Hermann Wasserschleben 1875 1883 Karl von Gareis 1884 1888 August Streng 1889 1895 Paul Jors 1895 1896 Otto Behaghel 1896 Arthur Benno Schmidt 1897 1913 Alexander Leist 1913 1917 Gustav Kruger 1917 1918 Alexander Koch Ingenieur 1911 1918 PersonendatenNAME Linde Justin vonALTERNATIVNAMEN Linde Justin Linden zu Dreyss Justin von Linde Justin Timotheus Balthasar vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG hessischer Jurist und Politiker osterreichischer DiplomatGEBURTSDATUM 7 August 1797GEBURTSORT BrilonSTERBEDATUM 9 Juni 1870STERBEORT Bonn Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Justin von Linde amp oldid 233655709