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Joseph Muller 19 August 1894 in Salmunster in Hessen 11 September 1944 in Brandenburg an der Havel war ein deutscher katholischer Priester Seelsorger und entschiedener Kritiker des Nationalsozialismus Wegen eines politischen Witzes wurde er 1944 durch den Volksgerichtshof in Berlin zum Tode verurteilt Er wurde im Zuchthaus Brandenburg Gorden hingerichtet Joseph MullerJoseph Muller gilt als christlicher Martyrer des 20 Jahrhunderts Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Stationen des Studiums der Ausbildung und der Seelsorge 1 2 Seelsorgerisches Wirken 1 3 Konflikte mit den Nationalsozialisten 1 4 Verhaftung Verurteilung und Hinrichtung 2 Nach seiner Hinrichtung 3 Andenken und Ehrungen 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenJoseph Muller war das jungste der sieben Kinder des Salmunsterer Kantors und Lehrers Damian Muller und seiner Ehefrau Augusta Er besuchte das Gymnasium und legte das Abitur ab Als Freiwilliger nahm er am Ersten Weltkrieg teil und zog sich an der Front eine schwere Verwundung zu Im Februar 1919 entschloss sich Joseph Muller wie zwei seiner Bruder katholischer Priester zu werden Da es damals in seinem Heimatbistum Fulda mehr Priesteramtsbewerber als freie Seelsorgerstellen gab bewarb er sich gemeinsam mit seinem Bruder Oskar Muller beim Bistum Hildesheim das wegen der Diasporasituation der dortigen Katholiken einen erhohten Priesterbedarf hatte Stationen des Studiums der Ausbildung und der Seelsorge Bearbeiten Sein Theologiestudium absolvierte Joseph Muller an der Westfalischen Wilhelms Universitat in Munster Ab dem 1 Marz 1921 war er Seminarist im Hildesheimer Priesterseminar Am 11 Marz 1922 empfingen er und sein Bruder im Hildesheimer Dom durch den dortigen Diozesanbischof Joseph Ernst die Priesterweihe Anschliessend begann Joseph Muller seine seelsorgerische Arbeit als Kaplan in Duderstadt Da er den Wunsch hatte als Ordenspriester zu leben trat er im April 1924 in das Franziskaner Kloster Frauenberg in Fulda ein jedoch musste er wegen seiner schwachen Gesundheit bereits im Herbst 1924 den Orden wieder verlassen Daraufhin kehrte er als Diozesanpriester in das Bistum Hildesheim zuruck und ubernahm Kaplanstellen in Gehrden bei Hannover Hann Munden Celle und Wolfenbuttel Im Mai 1925 wurde er Kaplan in Blumenthal bei Bremen Ab August 1926 war er Kaplan in Wolfenbuttel 1931 ubernahm er seine erste Stelle als Pfarrer in der Pfarrgemeinde St Benno Bad Lauterberg im Harz mit Zustandigkeit auch fur die Seelsorge in Sankt Andreasberg und Braunlage 1934 wurde er Pfarrer in St Bonifatius in Supplingen im Oktober 1937 in St Peter und Paul in Heiningen Nach einer schweren Operation wurde Joseph Muller am 1 August 1943 auf eigenen Wunsch zum Pfarrer der kleineren katholischen Pfarrgemeinde St Cosmas und Damian in Gross Dungen bei Hildesheim ernannt Seelsorgerisches Wirken Bearbeiten Joseph Muller war infolge seiner Kriegsverletzung und chronischer Krankheiten in seiner korperlichen Leistungsfahigkeit erheblich eingeschrankt dennoch galt er als ein tatkraftiger und mutiger Seelsorger Er war in seinen jeweiligen Gemeinden als ein aufruttelnder Prediger des christlichen Glaubens geschatzt der auch nicht regelmassige Gottesdienstbesucher mit seinen Argumenten erreichen konnte In seinen Predigten und bei Gemeindeveranstaltungen wahrend der Weimarer Zeit setzte er sich kritisch mit sozialdemokratischer Politik auseinander und warnte dringend vor dem zunehmenden Aufkommen des Nationalsozialismus In seinen jeweiligen Pfarrgemeinden war der Seelsorger auch wegen seiner menschlichen Warme die er allen entgegenbrachte beliebt Bereits wahrend seiner Zeit als Kaplan hatte er sich in den verschiedenen Pfarrgemeinden ganz besonders der Jugendarbeit gewidmet Als Pfarrer in Bad Lauterberg veranlasste er die dortige Ordensgemeinschaft der Vinzentinerinnen dazu einen Teil der Liegehalle ihres Sanatoriums St Benno Stift zu einem Jugendraum umbauen zu lassen Ein weiterer Schwerpunkt seiner Tatigkeit war die Seelsorge fur Handwerksgesellen im Sinne von Adolph Kolping Konflikte mit den Nationalsozialisten Bearbeiten Nach der Machtubernahme der Nationalsozialisten war Joseph Muller als Pfarrer den immer starker werdenden Repressionen gegen die katholische Kirche ausgesetzt er ruckte aber nicht von seiner bisherigen Linie ab Insbesondere die Jugend wollte er vor den ideologischen Einflussen der neuen Machthaber bewahren Als Pfarrer in Heiningen organisierte er den Widerstand von Familien gegen die Schliessung der ortlichen Schule Wegen seiner Gegnerschaft wurde er standig von der Gestapo beschattet und von ortlichen Nationalsozialisten angefeindet und bespitzelt Alle seine Aktivitaten auch seine Gottesdienste und Predigten wurden uberwacht Verhaftung Verurteilung und Hinrichtung Bearbeiten Kurze Zeit nachdem er sein Amt als Pfarrer in Gross Dungen angetreten hatte ausserte Joseph Muller Anfang August 1943 gegenuber dem NSDAP Ortsgruppenleiter offen seine Besorgnis uber die herrschenden politischen Verhaltnisse Als er wenige Tage spater bei dessen Vater einen Krankenbesuch machte erzahlte Joseph Muller folgenden politischen Witz Ein Verwundeter liegt im Sterben und will wissen wofur er stirbt Er lasst die Krankenschwester rufen und sagt ihr Ich sterbe als Soldat und mochte wissen fur wen ich sterbe Die Schwester antwortet Sie sterben fur Fuhrer und Volk Der Soldat fragt dann Kann dann nicht der Fuhrer an mein Sterbebett kommen Die Schwester antwortet Nein das geht nicht aber ich bringe Ihnen ein Bild des Fuhrers Der Soldat bittet dann dass ihm das Bild zur Rechten gelegt wird Weiter sagt er dann Ich gehore der Luftwaffe an Da bringt ihm die Schwester das Bild von Reichsmarschall Goring und legt es zur Linken Daraufhin sagt der Soldat Jetzt sterbe ich wie Christus Das Erzahlen dieses Witzes bot Anlass den missliebigen Priester bei der Polizei anzuzeigen und festnehmen zu lassen Am 17 August 1943 wurde Muller bei der Hildesheimer Gestapo verhort und erstmals am 6 September 1943 in Haft genommen Man hielt ihm vor er habe Hitler und Goring mit den beiden Schachern verglichen die an der Seite Jesu gekreuzigt wurden Wegen seiner angeschlagenen Gesundheit wurde er allerdings zunachst wieder freigelassen Auf Veranlassung der NSDAP Ortsgruppe von Gross Dungen die sich an den Volksgerichtshof in Berlin gewandt hatte erfolgten am 11 Mai 1944 seine erneute Verhaftung und weitere Vernehmungen Joseph Muller wurde schliesslich am 15 Mai 1944 zu weiteren Verhoren in das Untersuchungsgefangnis des Volksgerichtshofes nach Berlin Moabit gebracht Er weigerte sich standhaft den Namen desjenigen zu nennen der ihm den Witz erzahlt hatte Joseph Muller war sich seiner Lage sehr wohl bewusst und er wollte sich ihr mutig stellen Aus der Haft schrieb er seinem Bischof Ich kann jetzt vorerst nicht mehr seelsorglich arbeiten aber ich werde nun mit Christus den Weg gehen der auch seelsorglich wertvoll ist den des Leidens und des Betens Noch kenne ich meinen Weg nicht den Gott mich in Zukunft fuhren will aber ganz gleich wie und wo das sein wird er wird keine Jammergestalt antreffen Aber auch ich brauche vor allen Dingen den Beistand von oben Er bleibt und das weiss ich mir nicht aus Seine Bruder und sein Diozesanbischof Joseph Godehard Machens die Joseph Muller nur zwei Wochen spater im Gefangnis besuchten berichteten dass sie ihn dort als einen armen Untersuchungshaftling in geflickter Gefangniskleidung in einem seelisch gebrochenen zermurbt aufgelosten Zustande angetroffen hatten Am 28 Juli 1944 wurde Joseph Muller vor dem Volksgerichtshof der Schauprozess gemacht Der Volksgerichtshofsprasident Roland Freisler warf Joseph Muller vor er habe als Jugendseelsorger die Arbeit der Staatsjugend erschwert oder vereitelt Es sei Hochverrat Sabotage und Untergrabung der Staatsautoritat wenn ein Pfaffe die Jugend dem Fuhrer entfremde Joseph Muller wurde wegen Wehrkraftzersetzung gemass 5 der damals geltenden Kriegssonderstrafrechtsverordnung zum Tode verurteilt Entlastungszeugen aus Gross Dungen waren im Prozess nicht angehort worden Muller wurde am 11 September 1944 auf dem Schafott im Zuchthaus Brandenburg Gorden hingerichtet Nach seiner Hinrichtung Bearbeiten nbsp Das Grab von Joseph Muller in Gross DungenEntgegen dem ortlichen Brauch war in Gross Dungen das Lauten der Totenglocke fur den hingerichteten Ortspfarrer Muller durch die Machthaber untersagt Wie eine Zeitzeugin in einer ARD Dokumentation uber den Witz im Dritten Reich erzahlt wurde nach Ende der NS Zeit als erste Handlung im Ort die Glocke gelautet Nachdem die Urne mit der Asche von Joseph Muller zunachst auf dem Stadtfriedhof in Brandenburg beigesetzt worden war konnte sie im November 1945 nach Gross Dungen uberfuhrt werden Dies entsprach einem ausdrucklichen Wunsch des Hingerichteten Ich wunsche ausdrucklich dass ich dort begraben werde wohin mich meines Bischofs Ruf zuletzt als Priester und Seelsorger bestellt hat Ruhen mochte ich bis zum Tage meiner Auferstehung unter einem Kreuz mit einem Heiland daran Das Kreuz war im Leben mein Begleiter Es soll auch uber meiner sterblichen Hulle stehen Credo in vitam aeternam An dem Todesurteil des Volksgerichtshofes hatte auch der Richter Hans Joachim Rehse mitgewirkt der sich 1968 in einem Verfahren vor dem Landgericht Berlin dafur verantworten musste und von den Berliner Richtern vom Vorwurf der Rechtsbeugung freigesprochen wurde Die Richter pruften im Zuge der Urteilsfindung das angeblich strafwurdige Vergehen Mullers und sechs weiterer wegen ahnlicher Handlungen zum Tode Verurteilter erneut und wesentlich grundlicher als Freisler dies in seinen Urteilsbegrundungen getan hatte Sie gelangten zu dem Schluss die Verurteilung habe dem damals geltenden NS Recht entsprochen nur das Strafmass sei unverhaltnismassig ausgefallen 1 Erst im Juni 2014 hob die Staatsanwaltschaft Berlin das NS Urteil in Anwendung des NS Unrechtsurteileaufhebungsgesetzes auf nachdem ein Pensionar dies beantragt hatte An einer Gedenkfeier zu 70 Todestag Mullers nahmen rund 300 Menschen teil 2 Mullers Niederschriften und Briefe aus dem Gefangnis nach der Verurteilung vor seiner Hinrichtung werden als eindrucksvolles christliches Zeugnis geschatzt Andenken und Ehrungen Bearbeiten nbsp Strassenschild der Joseph Muller Strasse in Gross DungenJoseph Muller wurde im Jahr 1999 bereits in die erste Auflage des im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz herausgegebenen Deutschen Martyrologiums des 20 Jahrhunderts aufgenommen ein Sammelwerk mit Lebensbildern von Personen die wegen ihres Glaubensbekenntnisses einen gewaltsamen Tod erlitten In Gross Dungen dem Ort der Denunziation von Joseph Muller erinnert seit Ende der nationalsozialistischen Herrschaft die katholische Pfarrgemeinde jeweils am 11 September um 13 Uhr durch das Lauten der Totenglocke ihrer Kirche an die Hinrichtung ihres fruheren Pfarrers Das Pfarrheim in Gross Dungen tragt seit der letzten Umgestaltung den Namen Joseph Muller Haus 3 Die Stadt Bad Salzdetfurth hat in ihrem Ortsteil Gross Dungen die Joseph Muller Strasse sowie die Joseph Muller Grundschule nach ihm benannt Bad Soden Salmunster hat die Joseph Muller Strasse nach dem Sohn ihrer Stadt benannt und das Pfarrheim in Salmunster tragt ebenfalls seinen Namen In der katholischen Pfarrkirche von Salmunster befindet sich eine Gedenktafel und jeweils am 11 September um 13 Uhr lauten die Glocken zur Erinnerung an Joseph Muller Des Weiteren wurde im Jahr 2015 ein Stolperstein fur ihn verlegt Die Stadt Hildesheim hat die Joseph Muller Strasse nach dem Priester und Martyrer des Bistums Hildesheim benannt In Salzgitter Thiede wo Joseph Muller ab 1926 als Kaplan von Wolfenbuttel aus gewirkt hat 4 wurde das im gleichen Jahr erworbene ehemalige Inspektorenhaus des Kalibergwerks Thiederhall in dem damals die katholische Kapelle eingerichtet wurde 1946 in Joseph Muller Haus benannt In Bad Lauterberg tragt das Pfarrheim der Katholischen Pfarrgemeinde St Benno den Namen Joseph Muller Haus 5 Ein Gedenkstein im Vorgarten des Pfarrheims erinnert an den fruheren Pfarrer der Pfarrei In Tiftlingerode einem Ortsteil von Duderstadt wurde die Kaplan Muller Strasse nach dem fruheren Ortskaplan benannt Auch ein am 11 September 1983 geweihtes Wegekreuz erinnert an sein Wirken In Delligsen tragt das Pfarrheim der Katholischen Kirche St Joseph seit dem Bau 1958 den Namen Joseph Mullers Eine Gedenktafel am Eingang erinnert an Muller Literatur BearbeitenOskar Muller Ein Priesterleben in und fur Christus Leben Wirken Leiden und Opfertod des Pfarrers Joseph Muller Gross Dungen Celle 1948 Franz Kloidt Verrater oder Martyrer Dokumente Katholische Blutzeugen des nationalsozialistischen Kirchenverfolgung geben Antwort Dusseldorf 1962 Josef Homeyer Joseph Muller In Wolfgang Burr Hrsg UNITAS Handbuch Band 1 Bonn 1995 S 279 283 Ekkart Sauser Joseph Muller Priester In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon BBKL Band 14 Bautz Herzberg 1998 ISBN 3 88309 073 5 Sp 1298 1300 Artikel Artikelanfang im Internet 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