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Die Verordnung uber das Sonderstrafrecht im Kriege und bei besonderem Einsatz kurz Kriegssonderstrafrechtsverordnung KSSVO wurde am 17 August 1938 vom Chef des Oberkommandos der Wehrmacht OKW Wilhelm Keitel und dem Fuhrer und Reichskanzler Adolf Hitler erlassen und war ein Element der Kriegsvorbereitungen des NS Staates Die Verordnung wurde erst am 26 August 1939 im Reichsgesetzblatt bekanntgegeben und trat damit in Kraft BasisdatenTitel Verordnung uber das Sonderstrafrecht im Kriege und bei besonderem EinsatzKurztitel KriegssonderstrafrechtsverordnungAbkurzung KSSVOArt VerordnungGeltungsbereich Deutsches ReichRechtsmaterie StrafrechtErlassen am 17 August 1938RGBl 1939 Teil I S 1455 57Inkrafttreten am 26 August 1939Ausserkrafttreten 4 Februar 1946Kontrollratsgesetz Nr 11Weblink Verordnung auf WikisourceBitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten Inhaltsverzeichnis 1 Zustandekommen 2 Inhalt 3 Erganzungsverordnungen 4 Aufhebung der Verordnung 5 Aufhebung der Urteile 6 Deutungen 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseZustandekommen BearbeitenGemass Artikel 106 der Weimarer Verfassung war 1920 zwar die Militargerichtsbarkeit in Friedenszeiten und jenseits der Bordgerichte der Kriegsmarine abgeschafft worden 1 2 Die Gerichtsbarkeit gegen Reichswehrangehorige war an die ordentliche Gerichtsbarkeit ubergegangen Noch vor der Wiedereinfuhrung der allgemeinen Wehrpflicht 1935 3 fuhrten die Nationalsozialisten 1933 die Militargerichtsbarkeit wieder ein 4 und schufen 1936 als hochste Instanz das Reichskriegsgericht 5 Das Militarstrafgesetzbuch MilStGB galt in der Fassung vom 1 August 1926 weiter 6 Bereits im Mai 1934 lag ein Referentenentwurf fur eine Kriegssonderstrafrechtsverordnung vor die einige im MilStGB nicht geregelte Sondertatbestande wie die Zersetzung der Wehrkraft Spionage oder Freischarlerei einfuhren und mit dem Tode bestrafen sollte Unterschiedliche Auffassungen der an einer grossen Strafrechtsreform des NS Regimes Beteiligten verzogerten eine rasche Einigung Wahrend der Sudetenkrise 1938 arbeitete die Wehrmachtrechtsabteilung eine als Notbehelf angesehene Kriegssonderstrafrechtsverordnung mitsamt einer Kriegsstrafverfahrensordnung KStVO aus die Adolf Hitler und der Chef des OKW Wilhelm Keitel bereits am 17 August 1938 unterzeichnetet hatten jedoch erst mit der Generalmobilmachung am 26 August 1939 durch Bekanntgabe im Reichsgesetzblatt in Kraft traten 7 1940 wurde das MilStGB neu gefasst 8 Inhalt BearbeitenDie Kriegssonderstrafrechtsverordnung formulierte neue Straftatbestande die mit dem Tode bestarft wurden oder Strafscharfungen gegenuber dem MilStGB enthielten Die KSSVO umfasste elf Paragraphen Ihr sachlicher Kern waren die so genannten Sondertatbestande welche in den Paragraphen 2 bis 8 definiert waren 2 Spionage 3 Freischarlerei 4 Zuwiderhandlungen gegen die von den Befehlshabern im besetzten auslandischen Gebiet erlassenen Verordnungen 5 Zersetzung der Wehrkraft 6 Unerlaubte Entfernung und Fahnenflucht 7 Einschrankung der Dienstentlassung 8 DisziplinarubertretungenErganzungsverordnungen BearbeitenMehrere Erganzungen durch einen eingefugten 5 a verscharften die Strafen und erweiterten den Ermessensspielraum der Richter Die Erste Verordnung zur Erganzung der Kriegssonderstrafrechtsverordnung vom 1 November 1939 RGBl I S 2131 gestattete die Uberschreitung des regelmassigen Strafrahmens und ermoglichte ein Todesurteil wenn es die Aufrechterhaltung der Mannszucht oder die Sicherheit der Truppe erfordert Mit der Vierten Verordnung vom 4 November 1939 RGBl I S 2132 wurde erstmals der Begriff Standgericht definiert bei dem unter bestimmten Bedingungen die Befugnisse des Gerichtsherren auf den nachsterreichbaren Kommandeur eines Regiments ubergingen Durch die Vierte Erganzungsverordnung vom 31 Marz 1943 RGBl I S 261 wurden ruckwirkend auch Beschuldigte einbezogen wenn der Tater einen besonders schweren Nachteil fur die Kriegsfuhrung oder die Sicherheit des Reiches verschuldet hatte es wurde ins richterliche Ermessen gestellt den regelmassigen Strafrahmen zu uberschreiten wenn dieser nach gesundem Volksempfinden zur Suhne nicht ausreiche In einer Funften Verordnung zur Erganzung der Kriegssonderstrafrechtsverordnung vom 5 Mai 1944 RGBl I S 115 wurde dies auch bei fahrlassigen Handlungen zulassig wenn ein besonders schwerer Nachteil die Folge sei Aufhebung der Verordnung BearbeitenMit dem Kontrollratsgesetz Nr 11 vom 30 Januar 1946 wurde mit zahlreichen weiteren Strafbestimmungen der nationalsozialistischen Zeit auch die KSSVO aufgehoben 9 Aufhebung der Urteile BearbeitenIm Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege NS AufhG vom 25 August 1998 BGBl I S 2501 10 wird Bezug auf die Kriegssonderstrafrechtsverordnung genommen Verurteilende strafgerichtliche Entscheidungen die unter Verstoss gegen elementare Gedanken der Gerechtigkeit ergangen sind wurden damit aufgehoben Alle Urteile des Volksgerichtshofs sowie der 1945 in den Reichsverteidigungsbezirken eingerichteten Standgerichten waren damit aufgehoben worden ausserdem alle Verurteilungen die auf Gesetzen und Verordnungen beruhen die in der dem Gesetz beigegebenen Liste enthalten sind Im Jahre 2009 wurden mit dem Zweiten Gesetz zur Anderung des NS AufhG BGBl I S 3150 auch alle Urteile wegen Kriegsverrat aufgehoben Deutungen BearbeitenMehrere Autoren weisen explizit auf die Formulierung zur Wehrkraftzersetzung in 5 1 Ziffer eins hin die mit Todesstrafe bedroht wer offentlich dazu auffordert oder anreizt die Erfullung der Dienstpflicht in der deutschen oder einer verbundeten Wehrmacht zu verweigern oder sonst offentlich den Willen des deutschen oder verbundeten Volkes zur wehrhaften Selbstbehauptung zu lahmen oder zu zersetzen sucht Im Anschluss an drei grundlegende Urteile des Reichskriegsgerichts von 1940 11 legte der Volksgerichtshof unter Roland Freisler den Begriff der Offentlichkeit extensiv aus Reichsjustizminister Thierack beanstandete nicht alles was im Privatkreis politisch geredet werde solle grundsatzlich als offentlich gesagt angesehen werden Freisler rechtfertigte seine Auffassung mit dem Sicherheitsbedurfnis des Reiches sowie dem gesunden Volksempfinden und bot an kunftig eine Bestrafungsmoglichkeit wegen Feindbegunstigung in Betracht zu ziehen 12 Manfred Messerschmidt verweist darauf dass sich das Delikt der Wehrkraftzersetzung auf das Trauma des verlorenen Ersten Weltkriegs und der Revolution von 1918 bezog Die Strafdrohung sollte moglicher Kriegsmudigkeit und Defatismus sowie Auflosungserscheinungen entgegenwirken und letztlich revolutionare Entwicklungen schon im Ansatz verhindern Gemeinsam mit der Kriegsstrafverfahrensordnung diente die KSSVO zu den militarischen Mobilmachungsvorbereitungen auf dem Gebiet des Strafrechts 13 14 Die Verfahren wurden unter anderem damit beschleunigt dass sowohl die Berufungs als auch die Revisionsinstanz in der Wehrmachtjustiz entfielen Auch das Recht auf einen Verteidiger wurde weitestgehend zur Kann Vorschrift so dass die Rechte der Angeklagten bzw Verurteilten massiv eingeschrankt waren Ingo Muller sieht im 5 der Kriegssonderstrafverordnung durch die mildere Strafen nach den Bestimmungen des Heimtuckegesetzes und der Greuelhetze nach 90f des Strafgesetzbuches verscharft werden konnten ein geradezu universelles Mittel zur Unterdruckung jeder oppositionellen Regung 15 Literatur BearbeitenManfred Messerschmidt Die Wehrmachtjustiz 1933 1945 Paderborn Munchen Wien Zurich 2005 ISBN 3 506 71349 3 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Kriegssonderstrafrechtsverordnung Quellen und Volltexte nbsp Wikisource NS Aufhebungsgesetz Quellen und VolltexteEinzelnachweise Bearbeiten Gesetz betreffend Aufhebung der Militargerichtsbarkeit vom 17 August 1920 RGBl 1579 Heinrich Dietz Zur Aufhebung der Militargerichtsbarkeit Gesetz vom 7 August 1920 RGBl S 1579 ff ZStW 1921 S 78 ff Wehrgesetz vom 21 Mai 1935 verfassungen de abegrufen am 25 Oktober 2023 Gesetz uber die Wiedereinfuhrung der Militargerichtsbarkeit vom 12 Mai 1933 RGBl I S 264 Gesetz uber die Wiedereinrichtung eines Obersten Gerichtshofs der Wehrmacht vom 26 Juni 1936 RGBl I S 517 Bekanntmachung des Textes des Militarstrafgesetzbuchs und des Einfuhrungsgesetzes dazu RGBl I S 275 Manfred Messerschmidt Die Wehrmachtjustiz 1933 1945 Paderborn 2005 ISBN 3 506 71349 3 S 70 71 Verordnung uber die Neufassung des Militarstrafgesetzbuchs vom 10 Oktober 1940 RGBl I S 1347 Kontrollratsgesetz Nr 11 Aufhebung einzelner Bestimmungen des deutschen Strafrechts auf verfassungen de aufgerufen am 23 Juni 2023 NS AufhG PDF 37 kB vom 25 August 1998 Fassung von 2002 Entscheidungen des RKG Bd 2 Nrn 22 24 S 60 ff Beide Schreiben vom 11 September 1943 und 28 September 1943 in Bundesminister der Justiz Hrsg Im Namen des Deutschen Volkes Justiz und Nationalsozialismus Berlin 1989 ISBN 3 8046 8731 8 S 213 Gesetzdienst fur die Wehrmachtgerichte Sonderheft Rechtsgrundsatze des Reichskriegsgerichts zu 5 KSSVO Berlin 1941 S 1 und Fritz Grau u a Deutsches Strafrecht 2 Aufl Berlin 1943 Manfred Messerschmidt Die Wehrmachtjustiz 1933 1945 Paderborn 2005 ISBN 3 506 71349 3 S 73 Ingo Muller Furchtbare Juristen Die unbewaltigte Vergangenheit unserer Justiz Munchen 1987 ISBN 3 463 40038 3 S 151 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kriegssonderstrafrechtsverordnung amp oldid 238492053