www.wikidata.de-de.nina.az
Johann Christoph Woellner ab 1786 von Woellner 19 Mai 1732 in Doberitz 10 September 1800 in Gross Rietz bei Beeskow war ein preussischer Pastor Gutspachter und Staatsmann unter Friedrich Wilhelm II Johann Christoph von WoellnerGrabstatte in Gross Rietz Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Gutspachter und Landwirtschaftsreformer 1 2 Freimaurerei 1 3 Staat Wirtschaft und Religion 1 4 Politische Karriere 2 Werke 3 Literatur 4 Weblinks 5 Anmerkungen 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenJohann Christoph Woellner 1 1 war der Sohn des Pastors Johann Christof Wollner Seine Mutter Dorothea Rosina Cuno war eine Nichte von Christoph von Katsch dem ersten preussischen Justizminister 1 Die erste Bildung erhielt er durch Privatunterricht Nach dem Besuch der Spandauer Stadtschule begann er 1749 mit dem Studium der Theologie an der Universitat Halle wo Alexander Gottlieb Baumgarten und Christian Wolff lehrten die besonderen Einfluss auf ihn hatten 1752 beendete er sein Studium und bekam eine Anstellung als Hauslehrer bei General August Friedrich von Itzenplitz auf Gut Behnitz Dieser ernannte ihn 1754 zum Pastor der Gemeinde Gross Behnitz bei Berlin deren Kirchenpatron er war Da Woellner das fur den Antritt einer Pfarrstelle erforderliche Mindestalter von 25 Jahren noch nicht erreicht hatte musste ein koniglicher Dispens eingeholt werden 2 Nachdem 1759 General von Itzenplitz an einer Kriegsverletzung gestorben war legte Woellner 1760 auf Grund seiner schwachen Gesundheit sein kirchliches Amt nieder und blieb auf Bitten der Witwe des Generals Charlotte Sophia geb von Viereck 1722 1770 als Gesellschafter seines ehemaligen Schulers Friedrich Wilhelm Gottfried von Itzenplitz Die Pfarrstelle ubernahm sein Vater und nach dessen Tod dessen Bruder 3 1766 kaufte Charlotte Sophia von Itzenplitz ihm eine Kanonikat am Liebfrauenstift in Halberstadt Diese Pfrunde hatte er bis 1794 inne 4 Gutspachter und Landwirtschaftsreformer Bearbeiten 1762 pachtete Woellner gemeinsam mit Friedrich von Itzenplitz 1740 1772 das Gut Behnitz Als Gutspachter bemuhte er sich um die Einfuhrung neuer Methoden um die Ertrage zu verbessern So pflanzte er Obstbaume und legte Maulbeerbaumplantage an und plante eine Seidenraupenzucht Er probierte verschiedene Arten der Dungung aus u a ersetzte er die Brache durch die Pflanzung von Futterkrautern um so den Viehbestand vergrossern zu konnen Ebenfalls fuhrte er die Verkopplung ein und liess Wallhecken zwischen die einzelnen Feldstucke pflanzen 5 Er beschaftigte sich auch theoretisch mit Landwirtschaft und Okonomie In den folgenden Jahren gab er eine kommentierte Ubersetzung von Francis Homes Principles of Agriculture and Vegetation heraus Zudem verfasste er mehrere eigene Schriften zur Landwirtschaft und uber die Verbesserung der Bedingungen der leibeigenen Bauern z B Die Aufhebung der Gemeinheiten in der Mark Brandenburg 1766 Daneben rezensierte er zwischen 1766 und 1781 zahlreiche die Landwirtschaft betreffende Veroffentlichungen fur Friedrich Nicolais Allgemeine deutsche Bibliothek und wurde Mitarbeiter bei Nicolais Bibliothek uber landwirtschaftliche Fragen Mehrmals richtete er seine Vorschlage direkt an Konig Friedrich II Er unterstutzte auch dessen Anliegen den Kartoffelanbau durchzusetzen 1766 heiratete er Charlotte Amalie Elisabeth von Itzenplitz 1742 1801 die einzige Tochter seines ehemaligen Dienstherrn Diese Mesalliance duldete der Konig nicht Nachdem die Eheschliessung nicht mehr verhindert werden konnte wurde die frischverheiratete junge Frau einen Monat lang in Berlin festgehalten wahrend eine Untersuchung uber das Verhaltnis Woellners zu der adligen Familie seiner Braut angestellt wurde Obwohl die Anschuldigungen aus der entfernten Verwandtschaft sich als haltlos erwiesen bekamen sie und ihre Mutter einen Vormund gestellt und ihr Vermogen blieb unter Kuratel Friedrich II lehnte es bis zu seinem Tod am 17 August 1786 kategorisch ab ihr Vermogen wieder freizugeben und Woellner in den Adelstand zu erheben letzteres wohl vor allem weil Woellner keine militarischen Verdienste vorweisen konnte 4 Mehrmals nannte er Woellner einen hinterlistigen und intriganten Pfaffen 6 Trotzdem gehorte Woellner 1768 69 zu einer staatlichen Kommission die untersuchen sollte ob die Verfeurung von Torf Vorteile gegenuber der Verwendung von Brennholz habe Dafur reiste er 1769 fur langere Zeit nach Ostfriesland und untersuchte die Torfabbau in den dortigen Mooren und die Nutzung von Torf als Brennstoff Woellners Hoffnung auf eine dauerhafte staatliche Anstellung erfullte sich aber nicht 6 1770 wurde er jedoch vom Prinzen Heinrich von Preussen zum Rat bei dessen Domanenkammer ernannt Diese Stelle hatte er bis 1786 inne Woellner wurde Mitglied in fast allen europaischen gelehrten und okonomischen Gesellschaften darunter der Gesellschaft Naturforschender Freunde zu Berlin und des Montagsklubs aus dem er 1791 wieder austrat 7 Freimaurerei Bearbeiten 1766 wurde Woellner in der Loge Zur Eintracht einer Tochterloge der von Friedrich II gestifteten Freimaurerloge Zu den Drei Weltkugeln aufgenommen 8 Am 12 April 1768 wurde er zum Ritter der strikten Observanz geschlagen und erhielt hier den Namen Christophorus Eques a Cubo und zur Devise Firmanititur mole Standhaft in Anstrengung 9 1774 verliess Woellner die Loge Zur Eintracht und wurde kurz darauf Grossmeister der Mutterloge Zu den Drei Weltkugeln wo er in Vertretung von Friedrich August von Braunschweig Wolfenbuttel die Geschafte fuhrte 1779 verfugt Friedrich II dass es den Freimaurerlogen untersagt sei Titel zu verleihen Woellner beteiligte sich in den folgenden Jahren immer weniger trat aber erst 1798 aus 4 1778 wandte Woellner sich den Rosenkreuzern zu 1779 rief er einen eigenen Zirkel Heliconus deren Direktor er unter dem Namen Heliconus Solaster Ruwenus Ophiron einem Anagramm seines richtigen Namens wurde ins Leben Zu den Mitgliedern gehorten Kammergerichtsprasident Heinrich Julius Freiherr von Goldbeck und Georg Jacob Decker 4 1781 wurde Kronprinz Friedrich Wilhelm dort Mitglied Schnell gewann Woellner einigen Einfluss auf den Kronprinzen Dieser Einfluss war so gross dass er ihn mit Verweis auf die moralischen Regeln des Rosenkreuzer dazu bringen konnte sich wenn auch nur kurzfristig von seiner Matresse Wilhelmine Enke zu trennen 10 Staat Wirtschaft und Religion Bearbeiten Fur den kunftigen Konig hielt Woellner in den Jahren 1784 bis 1786 mehrere Vorlesungen wohl im Zusammenhang seiner Tatigkeit im Rosenkreuzerorden 4 in denen er ihm seine Ansichten uber fast alle Bereiche des preussischen Staats darlegte So stellte er dem Kronprinzen die Vorteile einer modernen Landwirtschaft und der Grundung von Manufakturen und Fabriken vor Staatliche Monopole lehnte er ab Besonders lag ihm der Bauernstand am Herzen So bezeichnete er die Leibeigenschaft ausdrucklich als Hindernis fur den Fortschritt 11 Wahrend Woellner in der Wirtschaft schnell bereit war uberkommene Traditionen durch neue Methoden zu ersetzen und auch Pastoren und Lehrer dafur einsetzen wollte diese Neuerungen schneller in der Bevolkerung zu verbreiten und durchzusetzen sah er in anderen Bereichen in der Aufklarung eine Gefahr Der Rationalismus der aufgeklarten Prediger wurde Moral und Sitte unterhohlen weil sie dessen Fundament die Bibel als Gottes Wort in Frage stelle 12 Unglaubige Burger seien eine Gefahr fur den Staat 13 Niemand durfe daher den einfachen Christen ihren Glauben an die Bibel als Gottes Wort nehmen Daher musste der Einfluss aufgeklarter Prediger und Lehrer eingeschrankt werden 14 Der Konig musse dem Volk auch im Glaubensleben als Vorbild dienen Mit dieser Forderung kritisierte Woellner indirekt Friedrich II der aufklarerischem Gedankengut zu grossem Einfluss verholfen hatte Woellner pladierte aber auch fur Toleranz fur Andersglaubige 15 Politische Karriere Bearbeiten Am 26 August 1786 wurde er vom neuen Herrscher zum Geheimen Finanz Kriegs und Domanenrat sowie zum Oberhofbau Intendanten ernannt Am 2 Oktober desselben Jahres erhob ihn der Konig anlasslich seiner Huldigung in den Adelsstand 16 und erstattete ihm bzw seiner Frau die enteigneten Guter zuruck Am 30 November 1786 wurde er als ordentliches Mitglied in die Preussische Akademie der Wissenschaften aufgenommen Am 22 Februar 1787 wurde er zum Rat im neuerrichteten Ober Schulkollegium Mit der Zeit entbrannte ein politischer Machtkampf zwischen den einzelnen Ressorts und erreichte am 3 Juli 1788 den Hohepunkt als Woellner den Minister Karl Abraham Freiherr von Zedlitz aus dem Amt drangte An dessen Stelle wurde nun er zum Staats und Justizminister und Chef des geistlichen Departements Sein Einfluss auf den Konig machte das Religionsedikt vom 9 Juli 1788 moglich das dem Einfluss der Aufklarung auf die Religion Einhalt gebieten sollte indem es die Geistlichen strikt auf die Inhalte der Symbolischen Bucher ihrer jeweiligen Konfession verpflichtete Erst nach uber funf Jahren am 27 Dezember 1793 wurde es wieder aufgehoben nun stellte Kritik an den drei Hauptkonfessionen eine Straftat dar und wurde letztendlich mit Amtsentsetzung bedroht Zudem ging das preussische Zensuredikt vom 19 Dezember 1788 auf seinen Einfluss zuruck Von diesen Zensurmassnahmen der Koniglichen Immediatexamenskommission war auch Immanuel Kant betroffen Da Woellner zusammen mit dem Konig in verschiedenen Logen verkehrte konnte er sich dessen Gunst erhalten auch nachdem das Religionsedikt wieder aufgehoben worden war Seine landwirtschaftliche Tatigkeit setzte Woellner fort und kaufte 1790 das Gut Gross Rietz Fur den Unterhalt des Gutes und die Renovierung der baufalligen Dorfkirche Gross Rietz erhielt er 25 000 Reichstaler von Konig 17 Das Geld nutzte er u a um das Gut zu parzellieren und den ehemals leibeigenen Gutsangehorigen Bauernhofe einzurichten die diese auf Pachtbasis bearbeiteten Nach dem Tod Friedrich Wilhelms II am 16 November 1797 war die politische Karriere Woellners zu Ende Am 11 Marz 1798 wurde er von Friedrich Wilhelm III ohne Pension entlassen und lebte nun abwechselnd auf seinen Gutern in Brandenburg u a auf Gross Rietz Dort starb er im Alter von 68 Jahren am 10 September 1800 Seine Frau uberlebte ihn um ein Jahr Die Ehe war kinderlos geblieben Werke BearbeitenJohann Christoph von Woellner Die Aufhebung der Gemeinheiten in der Marck Brandenburg nach ihren grossen Vortheilen okonomisch betrachtet Buchhandlung der Real Schule Berlin 1766 Digitalisat und Volltext im Deutschen TextarchivLiteratur BearbeitenChristian August Ludwig Klaproth Immanuel Karl Wilhelm Cosmar Der koniglich preussische und kurfurstlich brandenburgische wirkliche geheime Staatsrat an seinem 200jahrigen Stiftungstage den 5 Januar 1805 Berlin 1805 S 497 501 Paul Bailleu Woellner Johann Christof v In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 44 Duncker amp Humblot Leipzig 1898 S 148 158 Klaus Gunther Wesseling Woellner Wollner selten Woellner Wellner Johann Christoph Frhr von In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon BBKL Band 27 Bautz Nordhausen 2007 ISBN 978 3 88309 393 2 Sp 1549 1566 Artikel Artikelanfang im Internet Archive Uta Wiggermann Woellner und das Religionsedikt Beitrage zur historischen Theologie Band 150 Tubingen Mohr Siebeck 2010 Dirk Kemper Obskurantismus als Mittel der Politik Johann Christoph von Wollners Politik der Gegenaufklarung am Vorabend der Franzosischen Revolution in Von Obscuranten und Eudamonisten Gegenaufklarerische konservative und antirevolutionare Publizisten im spaten 18 Jahrhundert hg v Christoph Weiss in Zusammenarbeit mit Wolfgang Albrecht Literatur im historischen Kontext Studien und Quellen zur deutschen Literatur und Kulturgeschichte vom 18 Jahrhundert bis zur Gegenwart Band 1 St Ingbert 1997 193 220 Missbrauchte Aufklarung Schriften zum preussischen Religionsedikt vom 9 Juli 1788 118 Schriften im Umfang von 13992 Seiten auf 202 Microfiches Mit einem Begleitband hg von Dirk Kemper Hildesheim Olms Neue Medien 1996 13992 S auf Microfiches 256 S Begleitband Reinhard Markner Woellner Johann Christoph 1732 1800 in Le Monde maconnique au XVIIIe siecle hg v Charles Porset u Cecile Revauger Paris 2013 Bd 3 S 2820 2824 Deutsche Fassung Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Johann Christoph von Woellner Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Werke Woellners im Katalog der Staatsbibliothek zu BerlinAnmerkungen Bearbeiten Als Namensvarianten finden sich Johann Christoph von Wollner und Johann Christian von Woellner Das World Biographical Information System Online hat die biographischen Informationen uber ihn falschlich auf zwei Eintrage verteilt Einzelnachweise Bearbeiten Wiggermann Woellner und das Religionsedikt S 6 Wiggermann Woellner und das Religionsedikt S 8f Wiggermann Woellner und das Religionsedikt S 10 a b c d e Reinhard Markner Johann Christoph Woellner Wiggermann Woellner und das Religionsedikt S 13 a b Paul Bailleu Woellner Johann Christof v In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 44 Duncker amp Humblot Leipzig 1898 S 148 158 Wiggermann Woellner und das Religionsedikt S 19 Eugen Lennhoff Oskar Posner Dieter Binder Internationales Freimaurer Lexikon Herbig Verlag Munchen 2011 Reprint von 1932 ISBN 978 3 7766 5036 5 Lemma Woellner Allgemeines Handbuch der Freimaurerei 1863 I 236 Wiggermann Woellner und das Religionsedikt S 49 51 Wiggermann Woellner und das Religionsedikt S 2 7 Wiggermann Woellner und das Religionsedikt S 26 Wiggermann Woellner und das Religionsedikt S 29 Wiggermann Woellner und das Religionsedikt S 33 Wiggermann Woellner und das Religionsedikt S 30 Maximilian Gritzner Chronologische Matrikel der Brandenburgisch Preussischen Standeserhohungen und Gnadenacte von 1600 1873 Berlin 1874 S 45 Wiggermann Woellner und das Religionsedikt S 14 Normdaten Person GND 117453773 lobid OGND AKS LCCN no91003996 VIAF 74630610 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Woellner Johann Christoph vonALTERNATIVNAMEN Wollner Johann Christoph von Woellner Johann ChristianKURZBESCHREIBUNG preussischer Staatsmann und PastorGEBURTSDATUM 19 Mai 1732GEBURTSORT DoberitzSTERBEDATUM 10 September 1800STERBEORT Gross Rietz bei Beeskow Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Johann Christoph von Woellner amp oldid 228538558