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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig Fur den gleichnamigen Literaturwissenschaftler siehe Herbert Kraft Literaturwissenschaftler Herbert Karl Oskar Kraft 30 Mai 1886 in Heidelberg 15 Januar 1946 in Freiburg im Breisgau war ein deutscher Politiker NSDAP Kraft wurde bekannt wegen seiner tatlichen Ubergriffe in seiner Zeit als badischer Landtagsabgeordneter in der Endphase der Weimarer Republik Herbert Kraft Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Badischer Landtagsabgeordneter 1 2 Zeit des Nationalsozialismus 2 Bewertungen 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenDer Sohn eines Realschullehrers legte nach dem Besuch der Volks und Oberrealschule in Heidelberg 1904 sein Abitur ab Nach dem Militardienst im Jagerbataillon 11 nahm er 1905 ein Studium der Germanistik und Romanistik an der Universitat Marburg auf 1906 wechselte er zum Studium nach Paris 1909 an die Universitat Munchen und 1911 an die Universitat Heidelberg Nach dem philologischen Staatsexamen 1913 arbeitete Kraft von Februar bis Juli 1914 als Privatlehrer in England Im August 1914 zum Kriegsdienst einberufen nahm er bis 1918 am Ersten Weltkrieg teil Zunachst bei der Infanterie gehorte Kraft ab 1917 als Fliegerbeobachter den neuaufgestellten Fliegerstaffeln an Nach Kriegsende war er von Februar bis August 1919 als Flieger beim Grenzschutz Ost einem im Osten des deutschen Reiches kampfenden Freikorps Im September 1919 trat er in den badischen Staatsdienst ein und ubernahm im April 1920 die Stelle eines Gymnasialprofessors an der Oberrealschule Pforzheim 1920 heiratete Kraft Auguste Wiebel aus der Ehe ging ein Kind hervor Der NSDAP trat Kraft erstmals im Marz 1923 Mitgliedsnummer 23 447 offiziell bei Angaben zu Krafts fruher politischer Betatigung stutzen sich massgeblich auf einen Brief vom Marz 1940 an Adolf Hitler mit dem Kraft die Verleihung des Blutordens anstrebte 1 In dem Schreiben bezeichnet sich Kraft als einen der altesten Parteigenossen wenn nicht der alteste in Baden Auf Anregung des Freikorpsfuhrers Hermann Ehrhardt habe er 1922 in Pforzheim eine Bund Wiking genannte Gruppe gegrundet die der zu dieser Zeit noch auf Bayern beschrankten SA zuzurechnen sei Ungefahr drei Tage vor dem Hitlerputsch sei er nach Munchen gereist um Hitler und Goring vor dem wurttembergischen General Walther Reinhardt zu warnen der zu einem entschlossenen Vorgehen gegen Putschversuche in Bayern bereit gewesen sei Am 9 November 1923 war Kraft nach Pforzheim zuruckgekehrt und wurde mittags verhaftet eigenen Angaben zufolge als er im Begriff war die Fahrt einer bewaffneten Gruppe nach Munchen zu organisieren Ein Verfahren gegen Kraft wegen eines Vergehens gegen das Republikschutzgesetz wurde aus Mangel an Beweisen eingestellt Kraft erhielt einen Strafbefehl da er im Besitz eines Revolvers gewesen war Kraft trat erneut am 1 Juni 1928 der NSDAP Mitgliedsnummer 90 659 bei drei Jahre nach der Wiederzulassung der Partei die nach dem Hitlerputsch verboten worden war Er ubernahm die Leitung der Pforzheimer NSDAP Ortsgruppe und trat als Versammlungsredner auf Im Oktober 1929 wurde Kraft als einer von sechs NSDAP Vertretern in den Badischen Landtag gewahlt Krafts politische Aktivitaten hatten disziplinarrechtliche Konsequenzen Bereits im Dezember 1928 wurde er vorubergehend entlassen spater folgten Gehaltskurzungen sowie 1929 eine Strafversetzung nach Mannheim Im Juli 1930 wurde Kraft vom badischen Kultusminister Adam Remmele suspendiert da die NSDAP als staatsfeindliche Partei einzustufen sei Krafts Landtagsmandat allein sei kein Grund zur Suspendierung des Lehrers wohl aber seine agitatorische Betatigung im Sinne der NSDAP die mit dem Treueverhaltnis eines Beamten nicht vereinbar sei so Remmele 2 Badischer Landtagsabgeordneter Bearbeiten Als Landesparlamentarier war Kraft ab 1929 Mitglied in drei Ausschussen Dem Vertrauensmanner dem Geschaftsordnungsausschuss sowie einem Ausschuss fur Leibesubungen und Jugendpflege Ab Februar 1932 gehorte er zudem dem Petitionsausschuss an Krafts Reden im Plenum kennzeichneten b eissende Ironie Schlagfertigkeit und wortgewandte Rededuelle 3 Seinen Ruf als enfant terrible des Badischen Landtags dies die Einschatzung des Zentrumsabgeordneten Anton Hilbert 4 erwarb sich Kraft insbesondere durch seine Beteiligung an zwei tatlichen Auseinandersetzungen im Plenum Im Februar 1930 kam es nach einem Zwischenruf Krafts in dem er den Wahrheitsgehalt von Angaben der Regierung bezweifelte zu Tumulten im Landtag die sich aus Sicht des Beobachters der nationalliberalen Badischen Presse so darstellten Die Sitznachbarn der Nationalsozialisten das Zentrum drangte lebhaft gestikulierend auf den Abg Kraft ein der Zentrumsabgeordnete Kuhn packte den Nationalsozialisten an der Brust und der Schlag zu dem der Abgeordnete Amann ausholte war das Signal zur allgemeinen Keilerei Der Zentrumsabgeordnete Heurich erhielt von Kraft eine Ohrfeige und quittierte mit Zinsen 5 Im Februar 1932 ohrfeigte Kraft den Zentrumsabgeordneten Anton Hilbert im Plenum Hilbert hatte Hitler als osterreichischen Deserteur bezeichnet und Kraft der Unzurechnungsfahigkeit bezichtigt Insgesamt erhielt Kraft in der Legislaturperiode von 1929 bis 1933 knapp ein Dutzend Ordnungsrufe und wurde viermal von Landtagssitzungen ausgeschlossen davon zweimal fur 60 Tage 6 Drei Gerichtsverfahren wurden gegen Kraft eingeleitet der Landtag beschloss entgegen dem vorherigen Votum des zustandigen Ausschusses die Aufhebung von Krafts Immunitat nachdem dieser seine Ausserungen im Plenum bekraftigt hatte Wenn wir Frontsoldaten seinerzeit geahnt hatten was fur ein Gesindel sich in den deutschen Parlamenten herumtreibt dann hatten wir nicht langer auf Franzosen und Englander geschossen wir hatten die Gewehre umgedreht 7 Nach der Machtubertragung an die Nationalsozialisten beschloss die NSDAP Landtagsfraktion im Juli 1933 in Anwendung des Gesetzes uber die Aufhebung der im Kampf fur die nationale Erhebung erlittenen Dienststrafen und sonstigen Massregelungen Kraft Aufwandsentschadigungen in Hohe von 1350 RM nachzuzahlen die ihm auf Grund der Sitzungsausschlusse entgangen waren Am 16 Mai 1933 wurde Kraft zum Prasidenten des mittlerweile gleichgeschalteten Badischen Landtages gewahlt In seiner Antrittsrede kundigte er an das geistige Niveau des Badischen Landtages das in den letzten Jahren erschreckend tief war und in dauernden personlichen Angriffen und gehassigen Heruntersetzungen und in end und zwecklosen Reden zum Ausdruck kam zu heben Ich burge dafur dass solche Szenen wie sie sich hier in diesem Rondell in den letzten Jahren abgespielt haben hervorgerufen infolge der Vergewaltigung einer kleinen Minderheit durch eine erdruckende Mehrheit in Zukunft sich in diesem schonen Saale nicht mehr abspielen werden 8 Nach einer letzten Sitzung im Juni wurde der badische Landtag im Oktober 1933 aufgelost Im Juni 1934 ruckte Kraft fur den verstorbenen Josef Wasmer in den Reichstag nach Dem in der Zeit des Nationalsozialismus funktionslosen Parlament gehorte Kraft bis zum Kriegsende an Zeit des Nationalsozialismus Bearbeiten Im April 1933 ubernahm Kraft als Ministerialrat die Leitung der Abteilung Hohere Schulen im Badischen Ministerium des Kultus und Unterrichts Nach der Aufhebung der als Folge des Versailler Vertrages bestehenden entmilitarisierten Zone an der Grenze zu Frankreich die weite Teile Badens umfasste war Kraft 1935 massgeblich an der Einfuhrung der vormilitarischen Luftsportausbildung an badischen Schulen beteiligt Dem fur die entsprechende Lehrerausbildung zustandigen Deutschen Luftsportverband DLV gehorte er ab 1933 als Fliegersturmfuhrer im Fliegersturm Karlsruhe an Im Nationalsozialistischen Fliegerkorps NSFK 1937 aus dem DLV hervorgegangen hatte er den Rang eines Standartenfuhrers inne Im Dezember 1935 ubernahm Kraft das Amt des Gaufuhrers fur Baden im Reichsbund fur Leibesubungen Zudem leitete er den Badischen Schachverband und organisierte die Schachweltmeisterschaft 1934 9 Kurz vor Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde Kraft zur Luftwaffe eingezogen aus der er im Januar 1940 als Hauptmann der Reserve entlassen wurde Nach der deutschen Besetzung Frankreichs wurde der badische Gauleiter Robert Wagner Chef der Zivilverwaltung CdZ fur das Elsass Kraft wurde im Juli 1940 zusatzlich Ministerialrat in der CdZ Abteilung fur Erziehung Unterricht und Volksbildung Zum 1 Januar 1942 trat Kraft der Allgemeinen SS Mitgliedsnummer 422 526 bei Fur die Aufnahme in die SS fur die seit Kriegsanfang ein Aufnahmestopp bestand hatte sich der Fuhrer des SS Oberabschnittes Sudwest Kurt Kaul eingesetzt da Kraft fur die Weiterentwicklung der Aufbauarbeiten im Elsass fur die SS von besonderer Bedeutung 10 sei Mit offenbar hohem Zeitaufwand betrieb Kraft als Beauftragter fur Ruckfuhrungsangelegenheiten ab 1940 die Wiederauffindung von Kultur und Archivgutern die vor der deutschen Besetzung aus dem Elsass abtransportiert worden waren Die Ruckfuhrung erfolgte nach Auseinandersetzungen mit der franzosischen Vichy Regierung und der deutschen Botschaft in Paris kurz nach der alliierten Landung in der Normandie im Juni 1944 11 Nach Kriegsende wurde Kraft von den franzosischen Militarbehorden interniert Der wegen seiner Haltung zum Nationalsozialismus umstrittene Freiburger Erzbischof Conrad Grober setzte sich Ende 1945 fur Krafts Freilassung ein Grober der angab Kraft nicht personlich zu kennen bescheinigte diesem sich von den extremen Seiten der NSDAP freigehalten sie abgelehnt und unter ihnen gelitten zu haben Von seinem Amt und der Partei sei Kraft nicht losgekommen ohne sich und seine Familie zu ruinieren so Grober 12 Kraft starb Anfang 1946 in der Internierungshaft Bewertungen BearbeitenZu Kraft erschienen 1990 und 1997 zwei biographische Skizzen die teils unterschiedliche Bewertungen seiner Person enthalten Der Politologe Hans Georg Merz kam 1990 zu dem Schluss dass Kraft mit seinem Einzug in den Landtag seine vorherigen ausserparlamentarischen Methoden und Verhaltensweisen fortgesetzt habe Bei Kraft habe es keinerlei Erkenntnis zu den verfassungsmassigen Aufgaben eines Abgeordneten gegeben er habe sein Mandat fur rucksichtslose Agitation und Propaganda benutzt Fur die Zeit nach der Machtergreifung 1933 konstatiert Merz einen nur partiellen Gesinnungswandel bei Kraft von dem Untergebene wie der spatere badische Staatsprasident Leo Wohleb profitierten Diese Untergebenen hatten Kraft eine halbwegs gesicherte berufliche Existenz zu verdanken gehabt auch bei offensichtlicher Distanz zum nationalsozialistischen Regime oder bei Konflikten mit der Partei so Merz 13 Fur Alexander Mohr stehen Krafts burgerliche Herkunft und der sich aus Berichten seiner Schuler ergebende Eindruck eines fahigen und korrekten Padagogen im Widerspruch zu seinem Verhalten im badischen Landtag Anhand der Landtagsprotokolle ergebe sich eher das Bild Krafts als eines kultivierten und gebildeten Nationalsozialisten 14 gegen den sich die demokratischen Parteien mit einer bemerkenswerten Energie zur Wehr setzte n 14 Die Reaktion Krafts erinnere an die eines in seiner Ehre verletzten Reserveoffiziers fur den das Ohrfeigen eines Beleidigers die klassische Eroffnung der Duellforderung 15 war Krafts Lust am Wortgefecht war allerdings mit einer Rucksichtslosigkeit verbunden die die Grenzen des guten Geschmacks muhelos uberwand 15 Dass Kraft sich nach 1933 schutzend vor fahige aber nicht systemkonforme Mitarbeiter 16 gestellt habe ist fur Mohr eine Legende Krafts Verhalten gegenuber Leo Wohleb sei eher durch eine eigentumliche Korrektheit 16 Krafts zu erklaren Der Historiker Joey Rauschenberger der sich ebenfalls mit Krafts Biographie beschaftigte und 2017 mehrere Veroffentlichungen vorlegte konnte durch Zeitzeugenbefragungen zeigen dass zwischen den Familien Kraft und Wohleb eine enge freundschaftliche Verbindung bestand und pladiert vor diesem Hintergrund dafur Krafts Einsatz fur seinen Freund Wohleb zu entpolitisieren 17 Literatur BearbeitenJoachim Lilla Martin Doring Andreas Schulz Statisten in Uniform Die Mitglieder des Reichstags 1933 1945 Ein biographisches Handbuch Unter Einbeziehung der volkischen und nationalsozialistischen Reichstagsabgeordneten ab Mai 1924 Droste Dusseldorf 2004 ISBN 3 7700 5254 4 S 333 334 Hans Georg Merz Kraft Herbert Karl Oskar NS Politiker im Erziehungs und Unterrichtsbereich MdL In Badische Biographien Neue Folge Band III Kohlhammer Stuttgart 1990 ISBN 3 17 009958 2 S 157 159 online Alexander Mohr Ein gebildet sein wollender Mensch Herbert Kraft Prasident des Badischen Landtages In Michael Kissener Joachim Scholtyseck Hrsg Die Fuhrer der Provinz NS Biographien aus Baden und Wurttemberg Karlsruher Beitrage zur Geschichte des Nationalsozialismus Band 2 Universitatsverlag Konstanz 1997 ISBN 3 87940 566 2 S 311 332 Joey Rauschenberger Herbert Kraft Mitarbeit am Werk unseres Fuhrers in Wolfgang Proske Hrsg Tater Helfer Trittbrettfahrer Bd 7 NS Belastete aus Nordbaden Nordschwarzwald Gerstetten 2017 ISBN 978 3 945893 08 1 S 170 197 Joey Rauschenberger Der Ministerialrat Herbert Kraft und das franzosische Auto Verwaltungspraxis in Karlsruhe und Strassburg zwischen totalem Krieg und profaner Klungelei Online Portal Geschichte der Landesministerien in Baden und Wurttemberg in der Zeit des Nationalsozialismus 2 August 2017 Joey Rauschenberger Mitarbeit am Werk unseres Fuhrers Eine Biographie Herbert Krafts als Puzzleteil zum Verstandnis der nationalsozialistischen Herrschaft 2017 Online Portal Geschichte der Landesministerien in Baden und Wurttemberg in der Zeit des Nationalsozialismus 3 August 2017 Weblinks BearbeitenHerbert Kraft in der Datenbank der Reichstagsabgeordneten Redebeitrage von Herbert Kraft im Badischen Landtag in den Digitalen Sammlungen der Badischen Landesbibliothek Herbert Kraft bei leo bw dem landeskundlichen Informationssystem Baden WurttembergEinzelnachweise Bearbeiten Mohr Mensch S 312 ff Stellungnahme Remmeles an das Staatsministerium vom 19 Juli 1930 zitiert bei Mohr Mensch S 317 Diese Einschatzung bei Mohr Mensch S 318 Hilbert in der Landtagssitzung vom 17 Februar 1932 siehe Mohr Mensch S 323 Badische Presse vom 19 Februar 1930 zitiert bei Mohr Mensch S 322 Zahlenangaben bei Merz Kraft S 158 Landtagsprotokoll zitiert bei Ernst Otto Braunche Die Entwicklung der NSDAP in Baden bis 1932 33 In Zeitschrift fur die Geschichte des Oberrheins 125 Band NF 86 Band 1977 S 331 375 Hier S 357 Landtagsprotokoll vom 16 Mai 1933 zitiert bei Mohr Mensch S 327 Deutsche Schachblatter Ausgabe 02 1934 S 27 Schreiben Kauls an den Reichsfuhrer SS von 1941 zitiert bei Mohr Mensch S 329 Mohr Mensch S 330 Merz Kraft S 158 f Mohr Mensch S 330 Merz Kraft S 159 Merz Kraft S 158f a b Mohr Mensch S 318 a b Mohr Mensch S 319 a b Mohr Mensch S 328 Joey Rauschenberger Mitarbeit am Werk unseres Fuhrers Eine Biographie Herbert Krafts als Puzzleteil zum Verstandnis der nationalsozialistischen Herrschaft S 75f In Online Portal Geschichte der Landesministerien in Baden und Wurttemberg in der Zeit des Nationalsozialismus 3 August 2017 abgerufen am 27 November 2020 Normdaten Person GND 130508829 lobid OGND AKS VIAF 3582409 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Kraft HerbertALTERNATIVNAMEN Kraft Herbert Karl Oskar vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher Politiker NSDAP MdL MdRGEBURTSDATUM 30 Mai 1886GEBURTSORT HeidelbergSTERBEDATUM 15 Januar 1946STERBEORT Freiburg im Breisgau Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Herbert Kraft amp oldid 232876901