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Der Grundtyp ist ein Konzept das im Rahmen einer Schopfungsbiologie genannten dem Kreationismus zugerechneten Theorie dazu dienen soll den biblischen Schopfungsbericht mit einer historischen biologischen Wissenschaft in Einklang zu bringen Anhanger dieser Schopfungsbiologie glauben dass die Grundtypen durch Gott geschaffen wurden und sich anschliessend durch naturliche Entwicklung in jeweils eine Reihe von verschiedenen Arten weiterentwickelt haben Sie grenzen sich damit von anderen Kreationisten ab die eine Evolution generell fur unmoglich halten und fur die jede Art von Gott separat geschaffen wurde Innerhalb der Evolutionsbiologie des Teilbereichs der Biologie der sich mit der Evolution der Lebewesen befasst wird das Konzept der Grundtypen als unwissenschaftlich abgelehnt und verworfen der Begriff wird hier also nicht verwendet Inhaltsverzeichnis 1 Ursprung des Begriffs 1 1 Verhaltnis zu anderen kreationistischen Konzepten 2 Definition 3 Beispiele 4 Artbildung im Grundtypkonzept 5 Verhaltnis zur Evolutionsbiologie 6 Literatur 7 Einzelnachweise 8 WeblinksUrsprung des Begriffs BearbeitenDer Begriff Grundtyp englisch basic type wurde durch den Mikrobiologen und Evolutionskritiker Siegfried Scherer im Jahr 1993 gepragt 1 Er wird seitdem vor allem durch Reinhard Junker und andere Vertreter der Studiengemeinschaft Wort und Wissen propagiert wahrend andere Kreationisten bei ahnlichen Uberzeugungen teilweise andere Begriffe bevorzugen In der Schopfungsgeschichte der sog Priesterschrift einer der beiden Schopfungsgeschichten der Tora die als Altes Testament Teil der Bibel geworden ist schuf Gott die Lebewesen jedes nach seiner Art Fur kreationistische Autoren ist dieser Bericht von Gott selbst geoffenbart worden und damit fraglos richtig Sie raumen aber ein dass es zwar unmoglich ist dass Gott irren kann dass aber der Mensch bei seiner Interpretation des gottlichen Wortes Irrtumer begehen kann was sich schon daran zeige dass so viele ernsthafte und glaubige Christen des Text so verschieden auslegen wurden Dadurch ergeben sich innerhalb gewisser Grenzen Interpretationsspielraume fur eine Naturwissenschaft sofern sie nicht dem Wortlaut der Heiligen Schrift klar widerspricht 2 Sie nehmen nun an dass die Art hebraisch min nicht der biologischen Definition einer Art entspricht sondern dass es sich dabei um eine ubergeordnete Einheit handelt die jeweils aus mehreren bis vielen Arten bestehen kann Diese Arten hatten sich seit der Schopfung durch naturliche Entwicklung aus den Grundtypen entwickelt Die Grundtypen seien direkt von Gott geschaffen Sie seien daher weder untereinander verwandt noch gebe es Ubergange zwischen ihnen 1 Im Rahmen des Konzepts wird also die Existenz einer naturlichen Evolution innerhalb der Grundtypen anerkannt von den Befurwortern Mikroevolution genannt Eine Evolution der Grundtypen selbst sei hingegen nie erfolgt und auch unmoglich dafur verwenden sie den von der Evolutionsbiologie selbst auch verwendeten aber hier anders definierten Ausdruck Makroevolution 3 Verhaltnis zu anderen kreationistischen Konzepten Bearbeiten Der amerikanische Kreationist Frank Lewis Marsh pragte 1941 in seinem Buch Fundamental Biology aus den hebraischen Ausdrucken min Art Sorte und bara erschaffen das Kunstwort baramin fur die im biblischen Schopfungsbericht erwahnten Arten Danach wird vor allem im amerikanischen Sprachraum die sich selbst als wissenschaftlich verstehende Beschaftigung mit den erschaffenen Arten Baraminologie genannt Fur Kreationisten problematisch ist allerdings dass Marsh seinen neuen Begriff nie prazise definierte und seine Beschreibung in verschiedenen Werken untereinander im Widerspruch sind 4 Zunachst stand fur ihn im Zentrum die Fortpflanzung demnach waren baramin dadurch definiert dass es zwischen ihnen keine Hybridisierung gabe Spater modifizierte er seine Ansicht dahin dass es vor allem auf die Verschmelzung der Keimzellen bei der Befruchtung ankame auch wenn der entstehende Keim oder Embryo nicht lebensfahig sei Noch spater anderte er seine Meinung erneut jetzt kam es ihm vor allem auf morphologische Unterschiede an wahrend die Hybridisierung nur das Kriterium fur die Unterscheidung bilden solle Da nun Definition und das dafur verwendete Kriterium ubereinstimmen wurde seine Definition dadurch allerdings tautologisch Scherers basic kind war nun ein Versuch durch eine neue Definition diese Probleme zu losen Kritiker aus den Reihen der Kreationisten wiesen allerdings auf zahlreiche Probleme mit Scherers Definition hin die von Scherer freimutig eingeraumt wurden Eine Hybridisierung kann neben erfolgreich es gibt lebensfahige Nachkommen und erfolglos es konnen keine Nachkommen gebildet werden zahlreiche Zwischenstadien von mehr oder weniger vitalen Nachkommen umfassen so dass alle moglichen graduellen Ubergange zu berucksichtigen sind Die Bildung von hybridem Nachwuchs kann an mehr oder weniger ausserlichen Grunden scheitern obwohl sie prinzipiell moglich ware Ausserdem ware es logisch nicht einsichtig in welchem Zusammenhang Individuen mit morphologischen Ahnlichkeiten bzw Unterschieden die jeweils entweder hybridisieren konnen oder nicht zueinander standen Dadurch sei es unmoglich durch die Untersuchung realer Lebewesen die geschaffenen baramin oder Grundtypen in Scherers Terminologie tatsachlich zu erkennen Die meisten der amerikanischen Kreationisten haben daher Scherers Begriff verworfen und stattdessen ein modifiziertes Konzept der baramin definiert dass von Scherers Definition abweicht 4 Definition BearbeitenWichtigstes Kriterium fur Scherer ist die Moglichkeit der zwischenartlichen Kreuzung Zwei Arten die durch zwischenartliche Kreuzungen miteinander verbunden sind gehoren zu einem Grundtyp Scherer wandelt hier wie andere vor ihm das Konzept der Biospezies des Biologen Ernst Mayr ab Da die Kreuzbarkeit zwischen Arten oft schwer erforschbar und fur zahlreiche Arten unbekannt ist erkennt Scherer auch einen indirekten Nachweis dafur uber eine dritte Art an Zwei Arten welche mit der gleichen dritten Art durch Kreuzungen verbunden sind gehoren zum gleichen Grundtyp So seien in der Familie der Habichtartigen Accipitridae zwar nur zwischen wenigen Arten tatsachlich Hybride nachgewiesen diese lagen aber zum Teil zwischen Arten aus unterschiedlichen Unterfamilien vor so dass vermutet werden konne dass alle Habichtartigen einen Grundtyp bildeten Aufgrund der Beobachtung dass es auch bei zwischenartlichen Kreuzungen Ubergange im Grad der Vitalitat der Embryonen gibt so dass die Verschmelzung der Keimzellen allein als Nachweis einer Hybridisierung wie zeitweise von Marsh angenommen riskant ist wird ein drittes Kriterium vorgeschlagen Wenn eine Zygote aus Keimzellen zweier Arten nach der maternalen Phase der Entwicklung die Embryogenese unter koordinierter Auspragung des paternalen und maternalen Erbgutes fortsetzt gehoren die Eltern zum gleichen Grundtyp 1 Beispiele BearbeitenKreationisten haben eine Reihe von Kandidaten fur Grundtypen vorgeschlagen fur die einige Kreuzbarkeiten aus der Literatur belegt sind der Mensch Kreationisten weisen die Auffassung zuruck der Mensch und der Affe hatten einen gemeinsamen Vorfahren Die Kreationistin Sigrid Hartwig Scherer meint dass Homo erectus der Neandertaler und der moderne Mensch Homo sapiens zu demselben Grundtyp Mensch gehoren wahrend die Australopithecinen zu einem anderen Grundtyp gehoren und mit dem Menschen nicht verwandt seien die Canidae Hunde Ahnlich wie bei den Katzen lassen sich alle Hundearten auf einen gemeinsamen Urahnen zuruckverfolgen s Hesperocyon Die Kreuzbarkeit ist z B nachgewiesen fur Rotfuchs x Eisfuchs Alopex Rotfuchs x Graufuchs Urocyon sowie zwischen Haushund und Wolf die Camelidae Kamelartige Hier ist von den Kamelen und den Lamas bekannt dass sie sich miteinander kreuzen lassen Sie gelten in der Biologie als verschiedene Gattungen Crocodylia Krokodile einschliesslich aller Arten der Alligatoren Krokodile und Ghariale Diese sind allerdings nicht miteinander kreuzbar Elefant Der Afrikanische Loxodonta africana und der Indische Elefant Elephas maximus sind normalerweise nicht miteinander kreuzbar es ist ein einziger im Zoo gezeugter Hybrid verburgt Motty genannt der aber nur wenige Tage uberlebte Sie werden als zwei Arten derselben Familie Elephantidae gefuhrt Entenvogel Anatidae 126 der 149 Arten der Anatidae sind direkt oder indirekt durch Kreuzungen verbunden Weizenartige Tribus Triticeae Uber 300 Biospezies viele hundert Art und Gattungskreuzungen Gut erforscht Kernobstgewachse 24 Gattungen mit uber 200 Arten die Bastarde sind vital Gezielte systematische Kreuzungen wurden bisher noch nicht durchgefuhrt Ein Grundtyp umfasst also mehr als das populationsgenetische Artkonzept der Biologie Die Biologie kennt verschiedene Artkonzepte Das Kriterium beim Grundtyp ist ob Nachkommen erzeugt werden konnen Der Grundtyp befindet sich daher oft auf der Ebene der biologischen Familie Vgl auch den gut verstandlichen Artbegriff von Ernst Mayr Artbildung im Grundtypkonzept Bearbeiten nbsp Entstehung der Rassen aus Grundtypen durch Verarmung des Genpools Kreationistischer Stammbaum von Oben Im Grundtypkonzept ist eine Aufspaltung eines Grundtyps in mehrere Arten in vielen Fallen gegeben siehe Grafik so dass die Zahl der Grundtypen vermutlich viel geringer sei als diejenige der Arten Scherer geht dabei davon aus dass die Grundtypen von Gott schon mit einer merklichen Variabilitat geschaffen worden seien Diese ursprunglich recht geringen Unterschiede hatten sich dann uber naturliche Mikro Evolution verstarkt So soll das Grundtypen Konzept die Funde von Fossilien ausgestorbener Arten erklaren die in ihrer Morphologie von den lebenden Arten abweichen Die Mikroevolution von Arten innerhalb der Grundtypen kann dabei vollig entsprechend zur biologischen Artbildung durch Isolation von Populationen mit Unterbrechung des Genflusses zwischen ihnen ablaufen hierzu macht das Konzept des Grundtyps keine besonderen Aussagen Schopfungswissenschaftler betonen gegenuber Evolutionsbiologen aber dass der Grundtyp mit seinem spezifischen Bauplan durch das Wirken der Evolution nicht verandert werden kann Artbildung erfolge eher uber kleinteilige Optimierung durch Adaptation an bestimmte Umweltfaktoren also eher Variation gegebener Formen als die Entstehung vollig neuer 3 Verhaltnis zur Evolutionsbiologie BearbeitenDas Konzept der Grundtypen ist keine wissenschaftliche Theorie und spielt in der Evolutionsbiologie keine Rolle Seine Rechtfertigung liegt nicht in wissenschaftlichem Erkenntnisgewinn sondern im Rahmen eines Schopfungs Paradigmas in dem Versuch wissenschaftliches Denken und Forschen mit einem wortinspirierten christlichen Glauben irgendwie vereinbar zu machen Reinhard Junker druckt das wie viele andere Kreationisten in ahnlicher Weise so aus Fur eine bibelorientierte Wissenschaft gilt auch angesichts enormer Probleme dass die Aussagen der Heiligen Schrift Vorrang vor empirisch begrundeten Theorien haben auch wenn diese gut durch Daten gestutzt zu sein scheinen 5 Zwar konne im Rahmen der schopfungsorientierten Wissenschaft angeblich auch die Natur erklart werden 6 aber in Zweifelsfallen gilt immer das Primat der offenbarten Heiligen Schrift gegenuber der fehlbaren Vernunft Im Gegensatz zu kreationistischen Ansatzen wie Intelligent Design beruht das Grundtypen Konzept aber offen und klar auf der christlichen Lehre Vor der Evolutionstheorie Darwins wurden den Grundtypen ahnliche Konzepte auch innerhalb der Wissenschaft vertreten Durch den Naturforscher Georges Cuvier Le regne animal distribue d apres son organisation 1817 wurde etwa die Tierwelt nach ihrer Morphologie in vier grundlegende Bauplane eingeteilt Wirbeltiere Weichtiere Strahlentiere Gliedertiere Eine Evolution zwischen den Bauplanen war seiner Ansicht nach unmoglich wodurch er in eine erbitterte Kontroverse mit seinem Landsmann Etienne Geoffroy Saint Hilaire geriet der das Gegenteil annahm die Kontroverse ist in der Wissenschaftsgeschichte als Pariser Akademiestreit beruhmt geworden Erst mit der Entwicklung der Evolutionstheorie wurden solche Vorstellung in den Naturwissenschaften verworfen Die Evolutionsbiologie hat anders als von der Schopfungswissenschaft unterstellt trotz mannigfaltiger Probleme im Detail keine prinzipiellen Schwierigkeiten eine Makroevolution zu erklaren 7 Auch aus Sicht der Evolutionsbiologie ist die evolutive Konstanz zahlreicher grundlegender Bauplane bei gleichzeitiger Variabilitat vieler anderer Merkmale ein wissenschaftliches Problem 8 9 die Forscher sind aber zuversichtlich es im Rahmen des methodischen Naturalismus losen zu konnen Literatur BearbeitenSiegfried Scherer Hrsg Typen des Lebens Pascal Verlag Berlin 1993 Reinhard Junker Siegfried Scherer Evolution Ein kritisches Lehrbuch Giessen ISBN 3 921046 10 6 James S Monroe Basic Created Kinds and the Fossil Record of Perissodactyls In Creation Evolution Band 5 Heft 2 National Center for Science Education 1985 Reinhard Junker Grundtypen und Polyvalenz PDF 2 3 MB Wissenschaft im Rahmen des Schopfungsparadigmas 13 September 2005 Martin Neukamm Die kreationistische Grundtypenbiologie in der Kritik In Skeptiker Band 18 Heft 4 2005 S 144 150 Reinhard Junker Die Grundtypenbiologie in der Kritik PDF 240 kB In genesisnet 14 Marz 2006 Martin Neukamm Erlauterungen zum Grundtypmodell Ist die Kritik an der Grundtypenbiologie verfehlt 14 Januar 2015 25 August 2021 Ulrich Kutschera Evolutionsbiologie 3 Auflage Verlag Eugen Ulmer Stuttgart 2008 Einzelnachweise Bearbeiten a b c Siegfried Scherer Basic Types of Life In Siegfried Scherer Herausgeber Typen des Lebens Pascal Verlag Berlin 1993 ISBN 3 927390 12 7 Seite 11 30 mit dt Zusammenfassung Typen des Lebens S 26 28 Alvin Plantinga 1991 When Faith and Reason Clash Evolution and the Bible Christian Scholar s Review 21 1 8 33 a b Reinhard Junker 2006 Zur Abgrenzung von Mikroevolution und Makroevolution Genesisnet info PDF Genesisnet Info Portal zu Kreationismus Intelligent Design Schopfungslehre und Evolution Kooperationsprojekt von Studiengemeinschaft Wort und Wissen Evangeliums Netz cid christlicher internet dienst GmbH a b Todd Charles Wood Kurt P Wise Roger Sanders N Doran A refined Baramin Concept Occasional Papers of the Creation Biology Society 3 1 14 Reinhard Junker Wissenschaft im Rahmen des Schopfungsparadigmas PDF download von www wort und wissen de Stand 13 September 2005 Schopfung Schopfungslehre und Wissenschaft In Reinhard Junker Siegfried Scherer Herausgeber Evolution ein kritisches Lehrbuch 7 vollstandig uberarbeitete Ausgabe ab November 2013 online Version www wort und wissen de Francisco J Ayala 2007 Darwin s greatest discovery Design without designer PNAS Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA 104 Supplement 1 8567 8573 doi 10 1073pnas 0701072104 Brian K Hall 1996 Bauplane phylotypic stages and constraint Why are there so few types of animals Evolutionary Biology 29 215 261 Katherine E Willmore 2012 The Body Plan Concept and Its Centrality in Evo Devo Evolution Education and Outreach 5 2 219 230 Weblinks BearbeitenAG EvoBio Evolution in Biologie Kultur und Gesellschaft Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Grundtyp amp oldid 236073441