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Fjodor Iwanowitsch Tolstoi mit dem Spitznamen Amerikaner russisch Fyodor Iva novich Tolsto j Amerika nec 6 Februarjul 17 Februar 1782greg 24 Oktoberjul 5 November 1846greg nach anderen Quellen 24 Dezember 1846jul 5 Januar 1847greg 1 in Moskau war ein russischer Adliger aus dem Geschlecht der Tolstois und ein Onkel zweiten Grades des Schriftstellers Leo Tolstoi Mit seinem ungewohnlichen Temperament seiner ausgepragten Abenteuerlust und seiner Leidenschaft fur Duelle sowie Kartenspiele war er zeit seines Lebens in russischen Aristokratenkreisen beruchtigt und galt als eine ausserst skandaltrachtige Figur der russischen Gesellschaft des fruhen 19 Jahrhunderts Zugleich war er mit mehreren beruhmten Dichtern jener Zeit personlich bekannt und diente einigen von ihnen als Vorlage fur Figuren in ihren Werken Graf Fjodor Tolstoi 1846 Ein Portrat des Malers Philipp Reichel Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Fruhe Jahre 1 2 Die Weltumsegelung 1 3 Kriegsteilnahme 1 4 Leben in Moskau 1 4 1 Kartenspiele und Duelle 1 4 2 Privatleben 1 4 3 Verhaltnis zu Puschkin 1 5 Letzte Jahre 2 Fjodor Tolstoi in der Literatur 3 Belege 3 1 Einzelnachweise 3 2 Literatur 4 WeblinksLeben BearbeitenFruhe Jahre Bearbeiten Geboren wurde Fjodor Tolstoi als eines von sieben Kindern des Grafen Iwan Andrejewitsch Tolstoi nach 1811 und dessen Frau Anna Fjodorowna 1834 die aus dem Kleinadelsgeschlecht der Maikows stammte Der Geburtsort Fjodors ist nicht mehr eindeutig nachweisbar es wird aber vielfach vermutet dass es das elterliche Landgut bei Kologriw in der heutigen Oblast Kostroma war 2 andere Publikationen nennen Moskau als seinen Geburtsort 1 Das Geschlecht der Tolstois war im Russischen Zarenreich zwar altehrwurdig verarmte aber im 18 Jahrhundert nach Konflikten mit der Staatsmacht und einer zeitweiligen Enteignung und Verbannung einiger seiner Vertreter Um ihren Sohnen dennoch eine Karriere zu ermoglichen war es in Familien dieses Geschlechts ublich sie auf eine Militarschule zu schicken Folglich erhielten Fjodor Tolstoi und seine zwei Bruder ihre Schulausbildung auf der Kadettenschule der Kaiserlich Russischen Marine in St Petersburg nbsp Tolstoi in jungen JahrenSchon von Kindheit an zeigte Fjodor viel physische Kraft Geschick und Ausdauer was eine gute Voraussetzung fur eine militarische Karriere darstellte Zugleich fiel er schon damals durch seinen unberechenbaren teils brutalen Charakter auf 3 An der Kadettenschule erwarb er sich seine ausgesprochen hohe Treffsicherheit im Fechten und Schiessen die ihn spater zu einem gefahrlichen Gegner in Duellen werden liess Nach dem Schulabschluss trat er seinen Militardienst allerdings nicht bei der Marine an sondern moglicherweise dank der Unterstutzung einiger einflussreicher Verwandter im elitaren Preobraschenski Regiment das zur Kaiserlichen Garde gehorte Seine damaligen Kameraden darunter der spater als Literaturkritiker bekannt gewordene Faddei Bulgarin 4 erinnerten sich an Tolstoi als guten Schutzen und ungewohnlich tapferen Kampfer Er soll eine sehr temperamentvolle leidenschaftliche Person gewesen sein zugleich aber ausserst kaltblutig und siegessicher in Gefechten agiert haben Sein wilder Charakter lieferte in Verbindung mit der schon damals ausgepragten Leidenschaft fur Frauen und fur Kartenspiele immer wieder Anlass zu Streitigkeiten mit Kameraden und Vorgesetzten die manchmal in Schlagereien und anderen Disziplinverstossen endeten Gleichzeitig galt Tolstoi als ausserst nachtragend und rachsuchtig wenn ihn jemand angegriffen hatte Allgemein war eine ubermassige Risikofreude und gezielte Konfrontation mit der Gefahr in russischen Offizierskreisen des fruhen 19 Jahrhunderts sehr weit verbreitet Das galt nicht nur fur Gefechte an Kriegsschauplatzen sondern durchaus auch fur zivile Situationen etwa bei Wetten Dabei galten gerade Duelle als eine Art Kavaliersdelikt und wurden mitunter ohne Zogern ausgetragen Diese Tatsache in Verbindung mit den speziellen Charaktereigenschaften Tolstois insbesondere seiner bekannten Tollkuhnheit durfte den Ausschlag fur dessen spatere Vorliebe fur Duelle gegeben haben 1799 im Alter von 17 Jahren duellierte Tolstoi sich zum ersten Mal nachdem ein vorgesetzter Offizier ihn wegen eines angeblichen Dienstvergehens schikaniert hatte Wie dieses Duell endete und welche Strafe Tolstoi hierfur verbusste ist nicht uberliefert In einigen Zeitzeugenberichten heisst es Tolstoi habe seinen inzwischen erworbenen Offiziersrang verloren und sei zum Soldaten degradiert worden diesem wird allerdings in anderen Berichten widersprochen 3 Die Weltumsegelung Bearbeiten Im Jahre 1803 startete Tolstoi als Besatzungsmitglied auf dem Segelschiff Nadeschda unter dem Kommando des Kapitans Adam Johann von Krusenstern zur ersten Weltumrundung unter russischer Flagge Wie Tolstoi auf das Schiff gelangte obwohl er nicht zur Marine gehorte ist nicht eindeutig geklart Marja Fjodorowna Kamenskaja Tochter seines Cousins des spater prominent gewordenen Kunstlers Fjodor Petrowitsch Tolstoi behauptet in ihren Aufzeichnungen 5 dass Tolstoi einer abermaligen Bestrafung fur Ungehorsam im Preobraschenski Regiment entgehen wollte Er habe sich demnach der Besatzung anstelle ihres Vaters angeschlossen der ursprunglich als Diplomat mitreisen sollte jedoch stark unter Seekrankheit litt und daher nicht bereit gewesen war die Reise anzutreten Die Expedition startete im August 1803 vom russischen Marinehafen Kronstadt aus mit zwei Segelschiffen Nadeschda und Newa letzteres unter dem Kommando von Juri Lissjanski Neben Erkundungs und Forschungszwecken diente sie vor allem der Aufnahme diplomatischer und wirtschaftlicher Beziehungen zwischen dem Russischen Reich und Japan weswegen an Bord eine grossere Diplomatendelegation unter Leitung des Staatsmanns Nikolai Resanow mitreiste Die Reise verlief zunachst uber die Ostsee und den Atlantik an den Kanaren und der Kuste Brasiliens vorbei bis zum Kap Hoorn und weiter uber den Pazifik zu den Marquesas nach Hawaii und nach Kamtschatka von wo aus Nadeschda weiter nach Nagasaki und Hakodate in Japan und Newa zur damals zu Russisch Amerika gehorenden Insel Sitka segelte Anschliessend wurde die Expedition in China wieder vereinigt und man segelte uber Macau den Indischen Ozean und den Atlantik zuruck in die Ostsee und zur europaischen Kuste Russlands Insgesamt dauerte die Umsegelung etwas uber drei Jahre vom 7 August 1803 bis zum 19 August 1806 nbsp Segelschiff NadeschdaAuch auf dem Schiff erwies sich das Verhalten des von Tatendrang geradezu uberschaumenden Fjodor Tolstoi als ausserst unberechenbar Der Graf provozierte immer wieder Streitigkeiten mit anderen Besatzungsmitgliedern darunter auch mit Kapitan Krusenstern Zudem erlaubte sich Tolstoi entweder um sich an besonders unliebsamen Mitreisenden zu rachen oder schlichtweg aus Langeweile mehrmals skurrile Streiche So soll er einmal den auf der Newa mitreisenden Popen in einem Trinkgelage sturzbetrunken gemacht haben und wahrend dieser bewusstlos am Boden lag dessen langen Bart mit Siegellack an den Fussbodenbrettern festgeklebt haben Folglich musste der Bart nachher vollstandig abgeschnitten werden um den Geistlichen befreien zu konnen Ein anderes Mal soll sich Tolstoi mit dem Liebling der Mannschaft einem zahmen Orang Utan den er wahrend des Zwischenstopps der Nadeschda auf einer der Sudseeinseln gekauft hatte in Abwesenheit des Kapitans in dessen Kabine geschlichen haben Dort holte er die Hefte mit Krusensterns Reiseaufzeichnungen hervor und machte dem Orang Utan vor wie man ein Blatt Papier mit Tinte beschmiert Anschliessend liess er den Affen in der Kabine allein der diese Aktion daraufhin nachzuahmen begann Als der Kapitan zuruckkam waren seine Notizen durch den Orang Utan bereits unbrauchbar gemacht worden 5 Tolstois derartiges Verhalten an Bord fuhrte mehrfach dazu dass er zeitweilig unter Arrest gestellt werden musste Schliesslich liess Krusenstern den unliebsamen Passagier wahrend des Zwischenstopps auf Kamtschatka des Schiffs verweisen Der weitere Verlauf der Reise Tolstois ist nur aus seinen eigenen spateren recht wirren und zum Teil widerspruchlichen Erzahlungen bekannt Von Kamtschatka aus gelangte Tolstoi entweder auf eine der Aleuten Inseln oder nach Sitka und verbrachte dort mehrere Monate unter den Ureinwohnern Alaskas dem Volk der Tlingit Moglicherweise segelte er auf der Newa von Kamtschatka bis Sitka und wurde erst dort von Lissjanski ausgesetzt Entweder aus dieser Zeit oder vom fruheren Aufenthalt der Nadeschda auf den Marquesas stammten auch die zahlreichen Tatowierungen Tolstois die dieser spater stolz zu prasentieren pflegte Der bereits erwahnte Orang Utan der das Schiff zusammen mit Tolstoi verlassen musste und dessen weiteres Schicksal unbekannt ist gab spater Anlass zu wilden Geruchten die in russischen Adelskreisen kursierten Demnach soll die Affendame Tolstoi wahrend seines Aufenthaltes auf Kamtschatka als Lebensgefahrtin gedient haben wohingegen andere Lasterer behaupteten Tolstoi habe den Affen wahrend seiner Insel Robinsonade gegessen 3 Von den nordamerikanischen Inseln aus muss Tolstoi jedenfalls auf einem recht abenteuerlichen Weg dessen Details nur er selbst kannte uber Russisch Fernost Sibirien den Ural und die Wolga Region nach St Petersburg zuruckgekehrt sein Laut seinen eigenen Erzahlungen nahm ihn zunachst ein Handelsschiff bis in den Hafen von Petropawlowsk Kamtschatski mit von wo aus er sich auf den langen Landweg zuruck ins europaische Russland machte teils mit Karren Kutschen und Pferdeschlitten teils auch zu Fuss Eine der wenigen schriftlichen Erwahnungen dieser Reise findet sich in den 1892 veroffentlichten Notizen des Publizisten Filipp Wigel der das Land im Sommer 1805 zwecks Erforschung des russischen Alltags bereist hatte und dabei Tolstoi zufallig in Udmurtien begegnet war An einer der Stationen sahen wir mit Erstaunen einen Offizier in der Uniform des Preobraschenski Regiments hereintreten Das war Graf F I Tolstoi Er hatte eine Weltumrundung mit Krusenstern und Resanow gemacht hat sich dabei mit allen zerstritten hat alle miteinander zerstritten und wurde als gefahrlicher Mensch auf Kamtschatka ausgesetzt und ging auf dem Landweg zuruck nach Petersburg Was uber ihn nicht alles erzahlt wurde 6 Die Reise Tolstois endete mit seiner Ankunft in St Petersburg Anfang August 1805 Durch seine Abenteuer uber die es in russischen Adelskreisen viel Klatsch und Tratsch gab erlangte der Graf eine fast schon legendare Bekanntheit sowie seinen alsbald fest eingeburgerten Spitznamen Amerikaner in Anspielung auf seinen Aufenthalt in Russisch Amerika Kriegsteilnahme Bearbeiten Gleich bei Ankunft in der Hauptstadt erwartete Tolstoi neuer Arger Unmittelbar nach Erreichen der Stadtgrenze wurde er vorubergehend festgenommen und unter Strafarrest gestellt Ausserdem wurde ihm per Sondererlass des Zaren Alexander I ein Einreiseverbot nach St Petersburg erteilt Tolstois bis dahin skandalose Vergangenheit stand auch seiner weiteren Karriere beim Militar im Wege Er wurde vom elitaren Preobraschenski Regiment in die eher unbedeutende Festung Nyslott versetzt wo er von 1805 bis 1808 diente Uber diese fur Tolstoi offenbar nicht sehr befriedigende Zeit schrieb Filipp Wigel Als er von seiner Weltreise zuruckkam wurde er an der Petersburger Stadtgrenze aufgehalten dann nur durch die Hauptstadt gefahren und in die Nyslotter Festung gebracht Per Befehl vom gleichen Tag wurde er vom Preobraschenski Regiment in die dortige Garnison unter dem gleichen Dienstgrad Porutschik versetzt Eine harte Bestrafung fur einen tapferen Kampfer der noch nie ein Gefecht miterlebt hatte und gerade zu der Zeit als in ganz Europa von Ost nach West Krieg entbrannte 6 Nur die Freundschaft mit dem Heerfuhrer Michail Dolgorukow verhalf dem Grafen schliesslich zu einem Posten als dessen Adjutant an einer der Fronten des gerade ausgebrochenen Russisch Schwedischen Krieges Dort fuhlte sich Tolstoi endlich in seinem Element Er beteiligte sich aktiv an den Kampfen darunter an der Schlacht bei Idensalmi am 15 Oktober 1808 in der Dolgorukow fiel Einige Wochen spater leitete Tolstoi eine riskante Aufklarungsaktion an der Kuste des Bottnischen Meerbusens die es dem 3000 Mann starken Korps von General Michael Andreas Barclay de Tolly ermoglichte die vereiste Bucht zu uberqueren und die Stadt Umea einzunehmen Fur diesen Einsatz welcher die russische Armee dem Sieg uber Schweden einen entscheidenden Schritt naher brachte wurde Tolstoi schliesslich rehabilitiert und durfte am 31 Oktober 1808 erneut seinen Dienst als Porutschik im Preobraschenski Regiment antreten Nur wenige Monate spater kam es zu gleich zwei Duellen mit seiner Beteiligung Im Ersten erschoss Tolstoi einen Hauptmann den er offenbar mit der Verbreitung obszoner Geruchte uber dessen Schwester selbst provoziert hatte Wenige Tage spater duellierte er sich mit dem jungen Fahnrich Naryschkin der sich beim Kartenspielen von Tolstoi betrogen fuhlte ihn daraufhin herausforderte und ebenfalls getotet wurde Es folgte fur Tolstoi ein mehrmonatiger Strafarrest in der Festung von Wyborg und die Entlassung aus den Streitkraften am 2 Oktober 1811 Kein Jahr spater zog Tolstoi erneut in den Krieg diesmal als Freiwilliger bei der Verteidigung Moskaus im Krieg gegen Napoleon 1812 In der Schlacht von Borodino kampfte er an der Vorderfront mit und wurde dabei schwer am Bein verwundet Auf Empfehlung des Generals Nikolai Rajewski der in einem Brief an den Feldmarschall Michail Kutusow die Kampfbereitschaft Tolstois gewurdigt hatte 2 erhielt er spater den russischen Orden des Heiligen Georg vierter Klasse Ausserdem wurde er erneut rehabilitiert und zum Oberst befordert Nach Kriegsende quittierte Tolstoi den Militardienst endgultig und liess sich in Moskau nieder Leben in Moskau Bearbeiten Von 1812 bis zu seinem Tod lebte Tolstoi die meiste Zeit in seinem Moskauer Haus in der Siwzew Wraschek Gasse russisch pereulok Sivcev Vrazhek im heutigen Stadtteil Arbat Seine beruchtigte und zuletzt beinahe heldenhafte Vergangenheit machte ihn zu einer wohlbekannten Figur in der besseren Moskauer Gesellschaft ein Umstand den Tolstoi sichtlich genoss Er war regelmassiger Gast und Gastgeber bei festlichen Empfangen und Ballen Auch war er nicht zuletzt dank seiner noch an der Kadettenschule erlangten soliden Allgemeinbildung mit einer Vielzahl damals renommierter Kunstler bekannt und befreundet Zu diesen zahlten Vertreter der Moskauer und Petersburger Boheme wie etwa die Dichter Jewgeni Baratynski Wassili Schukowski Alexander Gribojedow Konstantin Batjuschkow Pjotr Wjasemski oder Denis Dawydow spater auch Nikolai Gogol und Alexander Puschkin Kartenspiele und Duelle Bearbeiten Als begeisterter Kartenspieler erlangte Tolstoi insbesondere in seinen Moskauer Lebensjahren in russischen Adelskreisen eine grossere Bekanntheit Dabei machte er selbst mitunter keinen Hehl daraus dass sein Spiel nicht immer fair war Laut einigen Zeitzeugenerinnerungen mochte es Tolstoi nicht sich auf sein Gluck zu verlassen und zog es daher vor durch gelegentliches Falschspielen auf Nummer sicher zu gehen denn nur Dummkopfe spielen auf Gluck wie er selbst zu sagen pflegte 3 So kam es dass Tolstoi haufig grosse Geldsummen gewann die er jedoch meist ebenso schnell und leichtfertig wieder fur sein gesellschaftliches Leben ausgab Manchmal wurde Tolstoi aber auch selbst Betrugsopfer im Kartenspiel und verlor hohe Geldsummen Besonders beruchtigt war Tolstoi aber durch seine zahlreichen Duelle fur die die haufigen Konfliktsituationen im Kartenspiel denn auch genugend Anlasse boten Es ist nicht bekannt an wie vielen Duellen Tolstoi insgesamt teilgenommen hat Eindeutig uberliefert ist jedoch dass er dabei insgesamt elf Personen getotet hat 5 Offenbar waren Duelle fur Tolstoi nicht nur ein Mittel die eigene Ehre zu verteidigen wie es damals in russischen Offizierskreisen ublich war sondern eine Form der Unterhaltung und ein Weg zur personlichen Erfullung In einem Fall sollte Tolstoi ursprunglich nur als Sekundant fur einen engen Freund fungieren Da er sich offenbar um dessen Leben Sorgen machte beschloss er es auf seine Weise zu retten Er forderte den Gegner kurzfristig selbst zum Duell heraus und totete ihn dabei Diese Anekdote wurde spater von Tolstois Neffen zweiten Grades dem Schriftsteller Leo Tolstoi der in jungen Jahren seinen exzentrischen Verwandten personlich gekannt hatte mundlich uberliefert 3 Privatleben Bearbeiten nbsp Tolstois Tochter Sarra 1821 1838 Portrat von Pjotr Sokolow um 1835In den ersten Jahren seines Moskauer Lebens bot Tolstoi auch durch seine haufig wechselnden Liebesbeziehungen reichlich Anlass zu Spekulationen und Geruchten in sensationsgierigen Gesellschaftskreisen Nachdem er mehrere Jahre mit Awdotja Maximowna Tugajewa zusammengelebt hatte einer Tanzerin aus einem der damals in Russland weit verbreiteten Zigeunerchore heiratete er sie schliesslich am 10 Januar 1821 Uber die Grunde warum er nach Jahren unverheirateten Zusammenlebens diese damals als nicht standesgemass geltende Verbindung einging berichtet Marja Kamenskaja in ihren Erinnerungen Einmal verlor er im Kartenspiel einen hohen Geldbetrag im Moskauer Englischen Club und sollte wegen Zahlungsverzug auf dem schwarzen Brett verzeichnet werden Er wollte diese Schande nicht erleben und beschloss sich zu erschiessen Seine Zigeunerin merkte seinen aufgeregten Zustand und fing an ihn auszufragen Was willst du von mir sagte F I wie willst du mir noch helfen Man wird mich auf dem schwarzen Brett ausstellen und ich werde das nicht ertragen konnen Verschwinde Awdotja Maximowna gab nicht nach erfuhr von ihm wie viel Geld er brauchte und brachte am nachsten Morgen die benotigte Summe Wo hast du das Geld her fragte Fjodor Iwanowitsch uberrascht Von dir selbst Du hast mir die ganze Zeit so viel geschenkt ich habe immer alles versteckt Nimm das jetzt das ist dein Geld F I war sichtlich geruhrt und liess sich daraufhin mit seiner Zigeunerin trauen 5 Die Ehe hatte bis zu Tolstois Tod Bestand Tugajewa gebar ihm insgesamt zwolf Kinder von denen aber nur eines die 1887 verstorbene Tochter Praskowja Fjodorowna das Erwachsenenalter erreichte Tolstois alteste Tochter Sarra die von Kindheit an eine dichterische Begabung aufwies aber als physisch und psychisch ausserst labil galt starb mit nur 17 Jahren an Schwindsucht Alle ubrigen zehn Kinder wurden tot geboren oder starben noch im Sauglingsalter Verhaltnis zu Puschkin Bearbeiten Eine der bekanntesten Episoden im Moskauer Leben Tolstois stellte sein nicht immer freundschaftliches Verhaltnis zu dem beruhmten Dichter Alexander Puschkin dar Erstmals personlich getroffen hatten sich die beiden im Fruhjahr 1819 nbsp Tolstoi auf einer Zeichnung PuschkinsDer Streit zwischen ihnen fing an nachdem Puschkin im Jahre 1820 aufgrund seiner politischen Gedichte in Ungnade gefallen war und zunachst nach Jekaterinoslaw heute Dnipro dann in den Kaukasus auf die Krim und nach Bessarabien in Verbannung gehen musste Zu dieser Zeit verbreitete Fjodor Tolstoi in der Moskauer Gesellschaft ob absichtlich oder nicht ist nicht bekannt ein falsches Gerucht wonach Puschkin vor der Verbannung von der Polizei gezuchtigt worden sei 7 Diesen Klatsch empfand der temperamentvolle und sensible Dichter offenbar als derart beleidigend dass er sich sogleich schwor mit Tolstoi sofort nach seiner Ruckkehr durch ein Duell abzurechnen Noch in der Verbannung bereitete sich Puschkin darauf vor indem er sich intensiv im Schiessen ubte Am 8 September 1826 keinen Tag nach seiner Ruckkehr nach Moskau liess er dem Grafen die Duellforderung uberbringen Nur die zufallige Abwesenheit Tolstois in der Stadt an jenem Tag verhinderte das sofortige Duell Dem bekannten Bibliografen und Puschkin Freund Sergei Sobolewski gelang es in der Folge jedoch die beiden Streithahne miteinander zu versohnen Moglicherweise war der sonst extrem nachtragende Tolstoi diesmal selbst an einer Aussohnung interessiert da ein von ihm verschuldeter Tod des schon damals beliebten Dichters seine Freundschaft mit einer Reihe anderer Kunstler hatte gefahrden konnen Im Laufe der nachsten Jahre wurden Tolstoi und Puschkin sogar Freunde So liess Puschkin 1829 Tolstoi einen Brief an seine zukunftige Schwiegermutter Natalja Nikolajewna Gontscharowa ubermitteln mit der Tolstoi personlich bekannt war In diesem Brief bat er sie erstmals um die Hand ihrer 17 jahrigen Tochter Natalja Obgleich Gontscharowa auf diese erste Bitte keine entschlossene Antwort zu geben vermochte kam es im Jahre 1831 doch noch zur Hochzeit Puschkins mit ihrer Tochter Letzte Jahre Bearbeiten Den Tod seiner Kinder insbesondere der 17 jahrigen Sarra konnte der sonst so robuste Tolstoi nur schwer verkraften Einige seiner Freunde berichteten spater dass Tolstoi in den letzten Jahren seines Lebens zunehmend glaubig geworden sei und den fruhen Tod von elf seiner zwolf Kinder als Gottes Strafe fur die ebenfalls elf von ihm in Duellen getoteten Menschen empfunden habe Seit den spateren 1830er Jahren soll Tolstoi sich nicht mehr duelliert und nur noch selten Karten gespielt haben Stattdessen soll er sich immer mehr in Lekture und Gebet zuruckgezogen haben Gelegentlich reiste er aber auch ins Ausland zur Kur so soll er zu dieser Zeit in Deutschland und mehreren anderen europaischen Landern gewesen sein nbsp Das bis heute erhaltene Haus von Alexander Herzen der es in den Jahren 1843 1847 bewohnte stand schrag gegenuber dem Haus Tolstois das in den 1950er Jahren zerstort wurde Einer der prominentesten Zeitzeugen die Tolstoi damals personlich kannten war der revolutionare Philosoph und Publizist Alexander Herzen der ein Jahrzehnt spater seine Erinnerungen an Tolstoi in seinem autobiografischen Buch Erlebtes und Gedachtes festhielt Dort heisst es unter anderem Ich kannte Tolstoi personlich so auch zu der Zeit im Jahr 1838 als er seine alteste Tochter Sarra verloren hatte ein aussergewohnliches Madchen mit einer hohen dichterischen Begabung Ein Blick auf das Aussere dieses alten Mannes auf seine von grauen Locken bedeckte Stirn auf seine glanzenden Augen und den athletischen Korper zeigte wie viel Energie und Kraft ihm von Natur aus gegeben war Er hatte nur wilde Leidenschaften entwickelt nur schlechte Gewohnheiten und das ist nicht verwunderlich Allem Lasterhaften lasst man bei uns lange Zeit ungehindert freien Lauf wahrend man fur menschliche Leidenschaften sogleich in die Garnison oder nach Sibirien verbannt wird 8 Am 5 November 1846 anderen Publikationen zufolge am 5 Januar 1847 1 starb Tolstoi nach kurzer Krankheit im Alter von 64 Jahren in seinem Moskauer Haus im Beisein seiner Frau und der einzigen uberlebenden Tochter Praskowja Laut Erinnerungen eines Freundes bestellte er kurz vor seinem Tod einen Geistlichen zu sich und beichtete ihm mehrere Stunden lang Beigesetzt wurde Tolstoi auf dem Wagankowoer Friedhof in Moskau wo sein Grab bis heute zu finden ist Seine Frau Awdotja uberlebte ihn um 15 Jahre und starb eines gewaltsamen Todes Sie wurde 1861 von ihrem eigenen Koch unter Beihilfe von dessen Geliebter einer der Dienerinnen Awdotjas erstochen und ausgeraubt Das ehemalige Haus Tolstois das nur einen Hauserblock weit von der beruhmten Arbat Strasse gestanden hatte ist nicht mehr erhalten In den 1950er Jahren musste es einem Regierungskrankenhaus weichen Fjodor Tolstoi in der Literatur BearbeitenDie seinerzeit beruchtigte Personlichkeit Tolstois aber auch seine Bekanntschaft mit zahlreichen Autoren des fruhen 19 Jahrhunderts fuhrten dazu dass er einigen von ihnen als Vorlage fur ihre Werke gedient hat Der beruhmteste dieser Autoren war wiederum Alexander Puschkin der sich auch nach der Versohnung mit Tolstoi gerne von dessen vormals wildem Treiben inspirieren liess Im Versroman Eugen Onegin 1823 1831 ist Fjodor Tolstoi Vorlage fur Sarezki einen begeisterten Duellanten der unter anderem als Sekundant der Romanfigur Lenski bei dessen Duell mit Onegin auftritt In der einleitenden Beschreibung Sarezkis heisst es Wohlan Ganz nah bei Lenskis Gute Verbringt seit langem brav und schlicht Als Eremit von altem Schlage Nachbar Sarezki seine Tage In jungern Jahren zwar bekannt Als Raufbold Spieler Duellant Wirtshaustribun und arger Sunder Doch langst dem wusten Treiben feind Als biedrer Dorfler treuer Freund Und led ger Vater vieler Kinder Kurzum als rechter Ehrenmann Ja wie die Zeit doch lautern kann 9 Diesen Versen ist zu entnehmen dass sich Puschkin mit Tolstoi bereits versohnt hatte als er sie schrieb da er ihn dort als rechter Ehrenmann auftreten lasst der langst kein arger Sunder mehr sei sondern ein led ger Vater letzteres ist offenbar eine Anspielung auf die lange Zeit uneheliche Beziehung Tolstois zu Awdotja Tugajewa Etwas spater lasst Puschkin in der Person der Titelfigur denn auch sein freundschaftliches Verhaltnis zu Tolstoi anklingen Er war gescheit und welterfahren Drum lud Eugen dem uberdies Sein Geist und Witz willkommen waren Zumal er Schwachen gelten liess Den Nachbar dessen Ton ihm passte Sehr oft und gern zu sich zu Gaste 9 Ein anderer bedeutender Dichter jener Zeit der die eigenartige Personlichkeit Tolstois in seinem Werk zu verarbeiten wusste war Alexander Gribojedow mit seinem bekanntesten Buch dem Versdrama Verstand schafft Leiden auch Wehe dem Verstand 1816 1824 An Tolstoi erinnert dort der folgende Auszug aus Repetilows Monolog Doch unser Oberhaupt ich brauch ihn nicht zu nennen Den Einzigen Du kannst ihn am Portrait erkennen Ein nacht ger Raufbold Duellant Verbannt einmal kam er zuruck als Kamtschadale Nicht grade reinlich feine Hand Je nun Spitzbuben sind die klugen Leute alle Doch redet er vor uns der Ehrlichkeit zum Preis Als ob ein Gott ihn inspirier Die Augen rot das Antlitz heiss So weint er selbst so schluchzen wir 10 nbsp Grabstein Tolstois in Moskau Wagankowoer Friedhof Feld 13 Anders als die Beschreibung Sarezkis bei Puschkin enthalten diese Verse zum Teil unrichtige Angaben uber Tolstoi Insbesondere wurde dieser nie in Verbannung geschickt was er nach dem Erscheinen des Stucks mehrmals betonte und nachtraglich berichtigt wissen wollte Zudem warf Tolstoi Gribojedow einmal im Gesprach vor die Zeile nicht grade reinlich feine Hand konne dahingehend missverstanden werden Tolstoi sei ein Dieb und kassiere Schmiergelder Als Gribojedow daraufhin konterte Tolstoi spiele ja nicht reinlich soll dieser gesagt haben Und das ist alles Na dann hattest du das doch auch so schreiben sollen 3 Dass Tolstoi den moglichen Vorwurf der Bestechlichkeit nicht auf sich sitzen lassen wollte und dabei auch Humor bewies zeigt die folgende Anekdote Bei einer der ersten Auffuhrungen von Verstand schafft Leiden war Tolstoi anwesend und zog erwartungsgemass die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich Nach dem Monolog Repetilows stand Tolstoi auf und sagte zum aufmerksam lauschenden Publikum laut Ich schwore ich habe keine Schmiergelder kassiert denn ich war nie im Staatsdienst woraufhin das Publikum applaudiert haben soll 2 Einzelne Charaktereigenschaften Tolstois verarbeitete ferner Iwan Turgenew in zwei seiner Erzahlungen Der Duellant und Drei Portrats Auch dem beruhmten Verwandten des Grafen Leo Tolstoi dienten personliche Eigenschaften Fjodor Tolstois als Vorlage In der Erzahlung Zwei Husaren taucht ein Graf Turbin auf der dort als leidenschaftlicher Kartenspieler Duellant und Verfuhrer beschrieben wird In seinem bedeutendsten Werk dem historischen Roman Krieg und Frieden konnte die Figur des Fursten Dolochow die ebenfalls mit einer Vorliebe fur Duelle Kampfe und Kartenspiele aber auch mit einer ausgepragten Kaltblutigkeit und Brutalitat ausgestattet ist teilweise in Anlehnung an Fjodor Tolstoi geschaffen worden sein Der 1828 geborene Leo Tolstoi kannte seinen Onkel zweiten Grades in jungen Jahren personlich und hielt auch nach dessen Tod lange Zeit Kontakt zur Witwe und zur Tochter des Grafen Die dabei entstandenen Eindrucke verarbeitete er spater in seinen Memoiren Dort heisst es unter anderem Ich erinnere mich wie er mit einem Postwagen kam ins Arbeitszimmer meines Vaters eintrat und verfugte dass man ihm das besondere franzosische trockene Brot brachte er ass kein anderes Ich erinnere mich an sein schones Gesicht ein bronzenes rasiertes mit massiven weissen Koteletten bis hinunter zu den Mundwinkeln und ebensolche weisse lockige Haare Viel wurde man gerne erzahlen uber diesen aussergewohnlichen verbrecherischen und anziehenden Menschen 11 Somit muss Leo Tolstoi nicht nur negative Eindrucke von seinem beruchtigten Verwandten gehabt haben wohlwissend um dessen nicht immer ruhmlichen Lebensweg Belege BearbeitenEinzelnachweise Bearbeiten a b c T N Archangelʹskaja Na svete nravstvennom zagadka F I Tolstoj Amerikanec stranicy zizni Tula 2010 a b c Stadtwebsite kologriv com abgerufen am 8 Marz 2008 a b c d e f Sergej L vovic Tolstoj 1926 Faddei Bulgarin Erinnerungen Band 5 St Petersburg 1848 a b c d Memoiren von Marja Kamenskaja 1894 a b Filipp Wigel Notizen Moskau 1892 Immanuil Levin Arbat Odin kilometr Rossii Verlag Galart 2 Auflage Moskau 1997 ISBN 5 269 00928 5 S 96 Alexander Herzen Werke Genf 1879 a b Alexander Puschkin Samtliche Werke in sechs Banden zweiter Band Ubersetzung von Th Commichau Georg Muller Verlag Munchen und Leipzig 1916 Aleksandr S Griboedov Weh dem Klugen Ubersetzung von O A Ellissen Ehlers Verlag Einbeck 1899 Pavel Birjukov L N Tolstoj Biografija Berlin 1921Literatur Bearbeiten Aleksej Mitrofanov Aleksej Mitrofanov Progulki po staroj Moskve Arbat Progulki po staroj Moskve Arbat Verlag Kljuc S Moskau 2006 ISBN 5 93136 022 0 S 208 217 Sergej L vovic Tolstoj Sergej Lvovich Tolstoj Fedor Tolstoj Amerikanec Memento vom 13 Februar 2012 imInternet Archive Fyodor Tolstoj Amerikanec Staatliche Akademie der Kunstwissenschaften Moskau 1926 Vladimir Vladmeli Vladimir Vladmeli F I Tolstoj Amerikanec F I Tolstoj Amerikanec in Slovo Nr 43 44 2004Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Fjodor Iwanowitsch Tolstoi Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien The New York Times Six Centuries of Tolstoys englisch Ausfuhrliche Biografie Tolstois auf peoples ru mit einem Artikel der Nowaja Gaseta russisch Artikel uber Graf Fjodor Tolstoi auf shkolazhizni ru russisch Artikel auf subscribe ru russisch nbsp Dieser Artikel wurde am 27 April 2008 in dieser Version in die Liste der exzellenten Artikel aufgenommen Normdaten Person GND 132745313 lobid OGND AKS LCCN n85029045 VIAF 65175946 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Tolstoi Fjodor IwanowitschALTERNATIVNAMEN Fyodor Ivanovich TolstojKURZBESCHREIBUNG russischer Adliger aus dem Tolstoi GeschlechtGEBURTSDATUM 17 Februar 1782STERBEDATUM 5 November 1846 oder 5 Januar 1847STERBEORT Moskau Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Fjodor Iwanowitsch Tolstoi amp oldid 237517129