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Eugen Kogon 2 Februar 1903 in Munchen 24 Dezember 1987 in Konigstein im Taunus war ein deutscher Publizist Soziologe und Politikwissenschaftler Wegen seiner christlich motivierten Gegnerschaft zum Nationalsozialismus war er mehrere Jahre im Konzentrationslager Buchenwald interniert Kogon gilt als einer der intellektuellen Vater der Bundesrepublik Deutschland sowie der europaischen Integration Einer grosseren Offentlichkeit wurde er durch sein Werk Der SS Staat bekannt 1 Eugen Kogon bei einer Veranstaltung am 19 Januar 1970 in der Uni Kiel Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Widerstand 1 2 Nach Kriegsende 1 3 Publizistik 1 4 Europapolitiker 1 5 Spatere Jahre 2 Ehrungen 3 Schriften 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben Bearbeiten nbsp Der SS Staat 1946 Eugen Kogon wurde als unehelicher Sohn einer judischen Arztin geboren die bereits zwei Jahre nach seiner Geburt verstarb Das erste Lebensjahrzehnt verbrachte er als Halbwaise zunachst bei Pflegeeltern in Munchen und spater in einem katholischen Internat 2 Nach dem Studium der Nationalokonomie und Soziologie in Munchen Florenz und Wien promovierte Kogon 1927 in Wien mit einer Arbeit Faschismus und Korporativstaat Noch im selben Jahr bekam Kogon eine Anstellung als Redakteur bei der katholischen Zeitschrift Schonere Zukunft in Osterreich und blieb dies bis 1937 Durch seine Arbeit machte er die Bekanntschaft des Soziologen Othmar Spann der ihn an die Zentralkommission der christlichen Gewerkschaften empfahl fur die Kogon einige Jahre als Berater tatig war Im Jahr 1934 nach dem gescheiterten osterreichischen Juliputsch der Nationalsozialisten ubernahm Kogon die Vermogensverwaltung des Hauses Sachsen Coburg Kohary Widerstand Bearbeiten Als bekennender Gegner des Nationalsozialismus wurde Eugen Kogon 1936 und erneut im Marz 1937 in Deutschland von der Gestapo verhaftet die ihm unter anderem die Arbeit fur antinationalsozialistische Krafte ausserhalb des Reichgebiets vorwarf Konkret hatte Kogon politische Fluchtlinge mit Geld unterstutzt 3 Nach dem Anschluss Osterreichs folgte im Marz die dritte Verhaftung und im September 1939 die Deportation in das KZ Buchenwald Mit Unterbrechungen in denen er in ein Wiener Gestapogefangnis transferiert wurde war Kogon hier bis zur Befreiung des Lagers inhaftiert In Buchenwald wurde Kogon auf Hinweis von Otto Kipp und Ferdinand Romhild im Mai 1943 Arztschreiber des KZ Arztes Erwin Ding Schuler der die Fleckfieberversuchsstation im KZ Buchenwald leitete Eigenen Angaben zufolge konnte Kogon durch seine Tatigkeit zu Ding Schuler eine fast vertrauensvolle Beziehung aufbauen Mit der Zeit sollen sich sogar Gesprache uber familiare Belange die politische Lage und den Frontverlauf ergeben haben Laut Kogon rettete sein Einfluss auf Ding Schuler vielen Haftlingen das Leben unter anderem Stephane Hessel 4 Am 5 April 1945 erfuhren Kogon und Arthur Dietzsch leitender Haftlingspfleger der Fleckfieberversuchsstation von Ding Schuler dass sie auf einer Liste mit 46 namentlich genannten Haftlingen standen welche die SS kurz vor der Befreiung des Lagers noch exekutieren wollte Ding Schuler rettete Kogon am 8 April das Leben indem er ihn in einer Kiste aus Buchenwald herausschmuggelte und zu seinem Haus bringen liess 5 Nach Kriegsende Bearbeiten nbsp Kogon bei seiner Zeugenaussage am 16 April 1947 beim Buchenwald HauptprozessKogon wurde zunachst Berater der Psychological Warfare Division der US Armee die ihren Sitz in Bad Homburg nahm Bald wurde er auch wieder publizistisch tatig Er war als freiwilliger Chronist fur die US Army im Camp King tatig und begann im selben Jahr auch sein Buch Der SS Staat Das System der deutschen Konzentrationslager das 1946 veroffentlicht wurde und noch heute als Standardwerk uber die NS Verbrechen gilt Das Buch wurde in mehrere Sprachen ubersetzt und allein in deutscher Sprache uber 500 000 mal verkauft Kogon sagte als Zeuge der Anklage Anfang Januar 1947 im Nurnberger Arzteprozess 6 und Ende April 1947 im Prozess gegen die Verantwortlichen des Wirtschafts und Verwaltungshauptamtes der SS 7 aus Anfang April 1947 war er Zeuge der Anklage im Buchenwald Hauptprozess der im Rahmen der Dachauer Prozesse stattfand 8 Trotz dieser intensiven Auseinandersetzung mit der Vergangenheit richtete Kogon seinen Blick in erster Linie nach vorn um am Aufbau einer neuen Gesellschaft mitzuwirken einer Gesellschaft die nach Kogons Uberzeugung Christentum und Sozialismus verbinden sollte Uber diese Idee hatte er schon im KZ Buchenwald mit Kurt Schumacher gesprochen Doch der schnelle Aufbau der SPD verhinderte die geplante Vereinigung von rechter Sozialdemokratie und Zentrum zu einer Partei der Arbeit nach dem Vorbild der britischen Labour Partei Publizistik Bearbeiten Im September 1945 verfasste Kogon gemeinsam mit weiteren Personlichkeiten unter ihnen auch der Publizist und spatere Freund und Wegbegleiter Kogons Walter Dirks die Frankfurter Leitsatze In diesem Programm der Volkspartei forderten sie einen wirtschaftlichen Sozialismus auf demokratischer Grundlage und legten damit eine wichtige Grundlage fur das christlich sozialistische Grundungsprogramm der hessischen CDU und damit auch fur die Ende 1946 beschlossene hessische Landesverfassung die die Verstaatlichung von Schlusselindustrien vorsah Im Jahr 1946 grundeten Kogon und Dirks die Frankfurter Hefte eine linkskatholisch gepragte Zeitschrift fur Kultur und Politik Die Frankfurter Hefte erreichten schnell eine fur damalige Verhaltnisse sehr hohe Auflage von bis zu 75 000 Exemplaren und waren bis 1984 eine der einflussreichsten gesellschafts und kulturpolitischen Zeitschriften der Nachkriegszeit In der Gesellschaft Imshausen beteiligte sich Kogon an der Suche nach einem Dritten Weg bei der Erneuerung Deutschlands Kogon wandte sich schnell von der CDU Konrad Adenauers ab die von Gemeineigentum und Verstaatlichung der Schlusselindustrien nicht mehr viel wissen wollte und setzte sich in zahlreichen Essays kritisch mit der Adenauer Regierung auseinander Er wandte sich unter anderem gegen Wiederbewaffnung Atomwaffen und den Irrsinn der Uberrustung Europapolitiker Bearbeiten Als eine Lehre aus dem Nationalsozialismus forderte Kogon auch fruh eine Abkehr vom klassischen Nationalstaat und setzte sich fur den Aufbau einer europaischen Republik ein Er engagierte sich unter anderem in der Union Europaischer Foderalisten UEF und in der Europa Union Deutschland deren erster Prasident er von 1949 bis 1954 war In dieser Zeit initiierte Kogon die 1950 erfolgreich durchgefuhrten Probe Volksabstimmungen in Breisach am Rhein und Castrop Rauxel fur ein Bekenntnis zu einem politisch geeinten Europa 9 Von 1951 bis 1953 war Kogon auch Prasident des Deutschen Rates der Europaischen Bewegung 10 Alfred Grosser zahlte ihn zusammen mit Henri Frenay und Altiero Spinelli zu den drei eigentlichen Schopfern von Europa 11 Spatere Jahre Bearbeiten Im Jahr 1951 wurde Kogon auf den erstmals eingerichteten Lehrstuhl fur Politikwissenschaft an der Technischen Hochschule Darmstadt zum Professor berufen Er lehrte dort bis zu seiner Emeritierung 1968 Spater bescheinigte ihm der Hochschulprasident Johann Dietrich Worner Er hat das moralische Gewissen der Universitat bis heute gepragt Von Januar 1964 bis Januar 1965 war Kogon Leiter des ARD Politmagazins Panorama seit Marz 1964 zudem dessen Moderator Seit 1950 war er Mitglied der Deutschen Akademie fur Sprache und Dichtung Spater unterstutzte Kogon die Ostpolitik der sozialliberalen Koalition und setzte sich aktiv fur die Aussohnung mit Polen und der Sowjetunion ein Das Land Hessen ehrte Kogon 1982 mit dem neu geschaffenen Hessischen Kulturpreis Die letzten Lebensjahre verbrachte er weitgehend zuruckgezogen in Konigstein im Taunus wo er 1987 an Heiligabend starb Kogon war ab 1927 mit seiner Jugendfreundin Margarethe Lang 1902 1989 verheiratet Aus der Ehe gingen die Kinder Alexius Michael und Cornelia hervor Ehrungen BearbeitenDie Stadt Konigstein hat eine Strasse nach ihm benannt und verleiht seit 2002 den Eugen Kogon Preis Erster Preistrager war der fruhere polnische Aussenminister Wladyslaw Bartoszewski Im Oktober 2013 wurde eine Strasse am Campus Lichtwiese der TU Darmstadt nach Eugen Kogon benannt 12 Schriften BearbeitenDer SS Staat Das System der deutschen Konzentrationslager Verlag Karl Alber Munchen 1946 44 Auflage Heyne Verlag Munchen 2006 ISBN 978 3 453 02978 1 Gesammelte Schriften in 8 Banden Beltz Weinheim 1995 1999 Herausgeber Michael Kogon Gottfried Erb 1 Ideologie und Praxis der Unmenschlichkeit 1995 ISBN 3 88679 261 7 2 Europaische Visionen 1995 ISBN 3 88679 262 5 3 Die restaurative Republik 1996 ISBN 3 88679 263 3 4 Liebe und tu was du willst 1996 ISBN 3 88679 264 1 5 Die reformierte Gesellschaft 1997 ISBN 3 88679 265 X 6 Dieses merkwurdige wichtige Leben 1997 ISBN 3 88679 266 8 7 Bedingungen der Humanitat 1998 ISBN 3 88679 267 6 8 Die Idee des christlichen Standestaats 1999 ISBN 3 88679 268 4 Mitherausgeberschaften Eugen Kogon Wolfgang Abendroth Helmut Ridder Heinrich Hannover Jurgen Seifert Verfasser Der totale Notstandsstaat Stimme Verlag Frankfurt am Main 1965 Kurt Fassmann unter Mitwirkung von Max Bill Hoimar von Ditfurth Walter Jens Robert Jungk Eugen Kogon Hrsg Die Grossen Leben und Leistung der sechshundert bedeutendsten Personlichkeiten unserer Welt Kindler Verlag Zurich 1977 Eugen Kogon Hermann Langbein Adalbert Ruckerl Yitzhak Arad u a Hrsg Nationalsozialistische Massentotungen durch Giftgas Eine Dokumentation Fischer Verlag Frankfurt am Main 1986 ISBN 3 596 24353 X Literatur BearbeitenHubert Habicht Hrsg Eugen Kogon ein politischer Publizist in Hessen Essays Aufsatze und Reden zwischen 1946 und 1982 Insel Verlag Frankfurt am Main 1982 ISBN 3 458 14046 8 Gerhard Beier Arbeiterbewegung in Hessen Zur Geschichte der hessischen Arbeiterbewegung durch einhundertfunfzig Jahre 1834 1984 Insel Frankfurt am Main 1984 ISBN 3 458 14213 4 S 470 Karl Prumm Walter Dirks und Eugen Kogon als katholische Publizisten der Weimarer Republik Catholic Press Heidelberg 1984 ISBN 3 533 03549 2 Ansgar Lange Eugen Kogon als christlicher Publizist In Die Neue Ordnung Jg 58 2004 Heft 3 Juni Jurgen Mittag Vom Honoratiorenkreis zum Europanetzwerk Sechs Jahrzehnte Europaische Bewegung Deutschland In 60 Jahre Europaische Bewegung Deutschland Berlin 2009 S 12 28 Online Memento vom 18 Januar 2012 im Internet Archive Michael Kogon Lieber Vati Wie ist das Wetter bei Dir Erinnerungen an meinen Vater Eugen Kogon Briefe aus dem KZ Buchenwald Pattloch Munchen 2014 ISBN 978 3 629 13054 9 13 Gabriel Rolfes Der Ort der neuen Anfange so sagte ich werde die Zeitschrift sein mussen Eugen Kogon und Walter Dirks als Herausgeber der Frankfurter Hefte in der fruhen Bundesrepublik In Alexander Gallus Sebastian Liebold Frank Schale Hrsg Vermessungen einer Intellectual History der fruhen Bundesrepublik Gottingen 2020 S 333 350 ISBN 978 3 8353 3472 4 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Eugen Kogon Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Literatur von und uber Eugen Kogon im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Werke von und uber Eugen Kogon in der Deutschen Digitalen Bibliothek Zeitungsartikel uber Eugen Kogon in den Historischen Pressearchiven der ZBW Christian Linder Unbequemer Mahner und Menschenfreund In Deutschlandradio Kultur 24 Dezember 2012 Kogon Eugen Hessische Biografie Stand 9 November 2020 In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Bjorn Hofer Eugen Kogon in NDB online Einzelnachweise Bearbeiten Gestorben Eugen Kogon In Der Spiegel Nr 1 1988 online Er nutzte die Ungunst der Stunde Der Tagesspiegel 12 Dezember 2014 abgerufen am 18 Mai 2018 Widerstandler der ersten Stunde Deutschlandfunk Kultur 24 Januar 2015 abgerufen am 18 Mai 2018 Eugen Kogon Der SS Staat Das System der deutschen Konzentrationslager 1974 S 318 ff Eugen Kogon Der SS Staat Das System der deutschen Konzentrationslager 1974 S 338 f Liste der Zeugen im Arzteprozess Memento vom 7 Juli 2007 im Internet Archive auf www nuremberg law harvard edu Introduction to NMT Case 4 U S A v Pohl et al Memento vom 9 Juli 2010 im Internet Archive auf www nuremberg law harvard edu Eugen Kogon abgerufen am 8 Marz 2022 Vgl Volker Kempf Einfuhrung In Ders Rudolf Stettin Hrsg Die Europaische Union Perspektiven mit Zukunft Bad Schussenried 2012 S 11 13 hier S 11 f Jurgen Mittag Vom Honoratiorenkreis zum Europanetzwerk Sechs Jahrzehnte Europaische Bewegung Deutschland In 60 Jahre Europaische Bewegung Deutschland Berlin 2009 S 12 28 hier S 16 Online Memento vom 18 Januar 2012 im Internet Archive Ernst Otto Czempiel Demokrat und Europaer Zum hundertsten Geburtstag des Publizisten Eugen Kogon In Neue Zurcher Zeitung 1 Februar 2003 Von Behnisch bis Weiss Ab 15 Oktober gelten neue Strassennamen auf dem Campus Lichtwiese Nicht mehr online verfugbar 18 September 2013 archiviert vom Original am 22 Juni 2019 abgerufen am 31 Oktober 2020 nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www intern tu darmstadt de Andreas Wang Buchbesprechung FAZ net 3 November 2014 Prasidenten der Europaischen Bewegung Deutschland Paul Lobe 1949 1951 Eugen Kogon 1951 1953 Ernst Friedlaender 1954 1958 Hans Furler 1958 1966 Ernst Majonica 1966 1976 Horst Seefeld 1976 1980 Walter Scheel 1980 1985 Philipp Jenninger 1985 1990 Annemarie Renger 1990 1992 Hans Dietrich Genscher 1992 1994 Rita Sussmuth 1994 1998 Wolfgang Thierse 1998 2000 Monika Wulf Mathies 2000 2006 Dieter Spori 2006 2012 Rainer Wend 2012 2018 Linn Selle seit 2018 Prasidenten der Europa Union Deutschland Eugen Kogon 1949 1954 Paul Leverkuehn 1954 Ernst Friedlaender 1954 1957 Friedrich Carl von Oppenheim 1957 1973 Theo M Loch 1973 1980 Walter Scheel 1980 1989 Egon Klepsch 1989 1997 Hans Gert Pottering 1997 1999 Elmar Brok 1999 2006 Peter Altmaier 2006 2011 Rainer Wieland seit 2011 Normdaten Person GND 118713566 lobid OGND AKS LCCN n50042956 NDL 00848028 VIAF 56612025 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Kogon EugenKURZBESCHREIBUNG deutscher Publizist Soziologe und PolitikwissenschaftlerGEBURTSDATUM 2 Februar 1903GEBURTSORT MunchenSTERBEDATUM 24 Dezember 1987STERBEORT Konigstein im Taunus Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Eugen Kogon amp oldid 238109507