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Als Estnischen Freiheitskrieg auch Estnischer Selbstandigkeitskrieg oder Estnischer Unabhangigkeitskrieg estnisch Vabadussoda bezeichnet man den Kampf der Republik Estland fur ihre staatliche Unabhangigkeit gegen Sowjetrussland und die unter deutschem Kommando stehende Baltische Landeswehr von 1918 bis 1920 Denkmal fur den Estnischen Freiheitskrieg in Tallinn Inhaltsverzeichnis 1 Ausgangslage 2 Estnische Unabhangigkeit 3 Kriegsbeginn 4 Estnische Gegenoffensive 5 Landeswehr 6 Eingreifen der Entente Machte 7 Frieden von Tartu 8 Opferzahlen 9 Siehe auch 10 Weblinks 11 Einzelnachweise 12 LiteraturAusgangslage BearbeitenNach dem Frieden von Nystad 1721 gehorten Estland und Livland zu Russland Bis 1918 blieben die Gebiete Teil des russischen Reichs Estnische Unabhangigkeit Bearbeiten nbsp Bruder schnell zu den Volkstruppen Mobilisierungsplakat fur die estnischen Streitkrafte 1918 Mit der zunehmenden Auflosung des Russischen Reiches im Zuge der Februarrevolution 1917 und des Ersten Weltkriegs sowie der Oktoberrevolution der Bolschewiki erklarte sich am 28 November 1917 der im Fruhjahr desselben Jahres gewahlte estnische Landtag Maapaev zur hochsten Instanz des Landes Nur eine konstituierende Versammlung Estlands konne uber die Zukunft Estlands entscheiden so der Maapaev 1 Kurz danach losten allerdings die Bolschewiki den Landtag auf In geheimen Gesprachen fuhrender estnischer Politiker mit Ausnahme der Kommunisten kam man im Januar 1918 jedoch uberein weiter auf die Ausrufung der estnischen Selbstandigkeit hinzuarbeiten Am 18 Februar 1918 leitete die kaiserliche deutsche Armee nach dem Scheitern der Friedensverhandlungen von Brest Litowsk eine neue Grossoffensive gegen Russland ein die sogenannte Operation Faustschlag Bereits einen Tag spater am 19 Februar 1918 setzte der Altestenrat des Landtags das aus Konstantin Konik Konstantin Pats und Juri Vilms bestehende Rettungskomitee Estlands ein 2 Zwei Tage spater wurde das zuvor von einer Kommission erstellte Manifest an alle Volker Estlands verabschiedet das die Grundlage fur die Unabhangigkeit bilden sollte Als sich die russischen Truppen vor der heranruckenden deutschen Armee zuruckgezogen hatten wollte das Rettungskomitee das bestehende Machtvakuum nutzen und in Haapsalu die selbststandige Republik Estland ausrufen musste wegen der vorruckenden deutschen Truppen aber nach Parnu ausweichen wo das Manifest am 23 Februar zum ersten Mal vorgelesen wurde Am 24 Februar 1918 erfolgte die Bildung einer Provisorischen Regierung Estlands mit Konstantin Pats als Vorsitzenden des Ministerrats und die erneute Ausrufung der selbststandigen Republik Estland in Tallinn Bereits einen Tag spater marschierten deutsche Truppen in Tallinn ein und ubernahm de facto die Macht im Land Deutschland lehnte eine estnische Selbststandigkeit und einen unabhangigen estnischen Staat strikt ab Die Mitglieder der estnischen Regierung konnten ihre Tatigkeit daher nur verdeckt weiterfuhren Konstantin Pats wurde von den deutschen Truppen interniert sein Stellvertreter Juri Vilms unter bis heute nicht ganz geklarten Umstanden in Helsinki hingerichtet 3 Die Besetzung Estlands durch deutsche Truppen endete erst im November 1918 mit der endgultigen Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg Unmittelbar danach ubernahm am 12 November 1918 die Provisorische Regierung Estlands die Staatsgewalt Deutsche Truppen blieben aufgrund 12 des Waffenstillstands von Compiegne auch nach der Kapitulation im Land Kriegsbeginn Bearbeiten nbsp Wichtigste Truppenbewegungen im Estnischen FreiheitskriegAm 13 November 1918 annullierte 4 Sowjetrussland den Frieden von Brest Litowsk und die Rote Armee begann mit einer militarischen Offensive zur Eroberung des Baltikums Mit dem grossen Angriff russischer Truppen auf die ostestnische Stadt Narva am 22 und erneut am 28 November 1918 begann der Estnische Freiheitskrieg Die Bolschewiki waren dabei am 22 noch deutschen Truppenteilen unterlegen stiessen nach deren Abzug aber am 28 November nur noch auf schwache estnische Einheiten 5 Am 29 November fielen Narva und Narva Joesuu in die Hande der Roten Armee Diese ruckte unmittelbar weiter nach Westen vor Anfang Januar 1919 stand die Rote Armee noch ca 34 km von Tallinn entfernt In den von der Roten Armee zuruckeroberten Gebieten riefen die Bolschewiki die Sowjetmacht aus Bereits am 29 November 1918 bildete der estnische Kommunist Jaan Anvelt in Narva die Regierung der Arbeiterkommune Estlands Eesti Toorahva Kommuun Mit Zwangskollektivierungen sowjetrussischen Gewaltakten und der Ablehnung der Idee der nationalen Selbstandigkeit Estlands wuchsen in der estnischen Bevolkerung die Widerstande gegen die Bolschewiki In Sudestland und Lettland verhinderten deutsche Truppen zunachst die Aufstellung estnischer und lettischer Verbande Die Stadte Voru Valga und Tartu wurden daher kampflos durch sowjetrussische Einheiten besetzt Erst im Januar 1919 nahmen deutsche Einheiten unter dem General Rudiger von der Goltz den Kampf gegen die Rote Armee vor allem in Lettland auf 6 Die kommunistische Herrschaft um die Jahreswende 1918 19 war von Racheakten und Massakern in Rakvere und Tartu gepragt Ihnen fielen im Januar 1919 unter anderem der russisch orthodoxe Bischof von Tallinn Platon und die lutherischen Pastoren Walther Paucker Traugott Hahn und Moritz Wilhelm Paul Schwartz zum Opfer 7 Estnische Gegenoffensive Bearbeiten nbsp Johan Laidoner nbsp Rudiger von der GoltzAm 6 Januar 1919 begannen estnische Truppen mit einer Gegenoffensive gegen die Rote Armee Bis zum 1 Februar eroberten sie die durch die Rote Armee besetzten estnischen Gebiete zuruck Johan Laidoner wurde zum Oberbefehlshaber der estnischen Truppen ernannt Er liess Zwangsrekrutierungen durchfuhren und requirierte zahlreiche Guter zur Kriegsfuhrung Ab Dezember 1918 wurde das estnische Militar durch ein Geschwader der britischen Kriegsflotte unterstutzt die in den russischen Burgerkrieg gegen die Bolschewiki eingreifen sollte Auch viele skandinavische Kriegsfreiwillige besonders aus Finnland meldeten sich zum Kampfeinsatz auf estnischer Seite Ein aus ansassigen Deutsch Balten bestehendes Baltenregiment war an der Narva Front eingesetzt Bis zum Fruhjahr 1919 kam es zu einer Vielzahl von Gefechten in Livland und am Peipussee Im Mai 1919 erfolgte der Durchbruch auf estnischer Seite als estnische Truppen mit dem verbundeten Nordkorps der russischen Weissen Garde die Rote Armee in Richtung Petrograd vertreiben konnte Die Bolschewiki zogen sich an den Fluss Welikaja zuruck 8 Landeswehr BearbeitenGleichzeitig operierte im Baltikum die aus deutschen und deutschbaltischen Freiwilligen bestehende Landeswehr Sie setzte sich im Verbund mit einigen lettischen und russischen Einheiten fur eine Wiederherstellung des kaiserlichen Russland und ein Bundnis mit Deutschland ein Nachdem Lettland am 18 November 1918 unter deutscher Besetzung seine staatliche Unabhangigkeit erklart hatte sturzten Einheiten der Landeswehr zunachst die pro britische lettische Regierung unter Karlis Ulmanis Im Mai 1919 wurde stattdessen eine deutschfreundliche Marionettenregierung unter Andrievs Niedra eingesetzt Diese verlangte nach der Ruckeroberung von Riga den Abzug der estnischen Truppen aus Nord Lettland Vom 19 bis 23 Juni 1919 kam es bei Cesis deutsch Wenden estnisch Vonnu zu schweren Kampfen zwischen der Landeswehr einerseits sowie lettischen und estnischen Truppen andererseits Letztere gingen siegreich aus der Schlacht hervor und warfen die Landeswehr bis fast nach Riga zuruck Am 3 Juli 1919 musste die Landeswehr einen Waffenstillstand in Strasdenhof bei Riga schliessen Der 23 Juni ist heute in Erinnerung an die Schlacht von Cesis als Siegestag staatlicher estnischer Feiertag Von Juli bis Oktober 1919 herrschte an der Front des Estnischen Freiheitskriegs relative Ruhe Estnischen Truppen war es gelungen Estland frei von fremder Besetzung zu halten Gemeinsam mit der Nordwestarmee der Weissen Garde kampfte Estland allerdings auf dem Territorium Russlands weiter Eingreifen der Entente Machte BearbeitenAuch Grossbritannien und Frankreich begannen sich immer mehr im Baltikum militarisch zu engagieren Die Entente Machte sahen hier eine Moglichkeit den Bolschewismus in Russland zu sturzen Vordergrundig unterstutzte Estland die Plane der Entente zum Sturz der Bolschewiki furchtete aber gleichzeitig ein Sieg der Weissen im russischen Burgerkrieg konnte erneut das Ende der estnischen Selbstandigkeit bedeuten Bereits im September 1919 hatte Sowjetrussland die Aussichten auf einen Frieden mit den baltischen Staaten sondiert Diese sahen sich jedoch noch gezwungen mit Rucksicht auf die Entente Machte das Angebot abzulehnen solange in Russland die Bolschewiki an der Macht waren Am 28 September 1919 begannen britische und franzosische Marineeinheiten gemeinsam mit der russischen Nordwestarmee der Weissen und der estnischen Marine Seeoperationen die eine Eroberung Petrograds zum Ziel hatten Eine Gegenoffensive der Bolschewiki brachte den Vorstoss jedoch zum Erliegen Mitte November 1919 konnte die Rote Armee erneut bis vor Narva vorrucken Vor der Stadt gelang es jedoch den Vormarsch der Bolschewiki zu stoppen Am 31 Dezember 1919 stellte die weitgehend ausgezehrte Rote Armee ihre Offensive gegen Estland endgultig ein Am 3 Januar 1920 trat zwischen Sowjetrussland und Estland ein Waffenstillstand in Kraft Frieden von Tartu BearbeitenAm 2 Februar 1920 unterzeichneten Estland und Sowjetrussland den Friedensvertrag von Tartu Adolf Joffe leitete die Verhandlungsdelegation auf sowjetrussischer Seite Jaan Poska auf estnischer Am 30 Marz 1920 trat mit dem in Moskau erfolgten Austausch der Ratifikationsurkunden der Friedensvertrag in Kraft Mit dem Frieden von Tartu erkannte Sowjetrussland de jure Estland als selbstandigen Staat an Sowjetrussland erklarte fur immer auf alle Rechte zu verzichten die es auf Estland jemals gehabt hatte Der Grenzverlauf war fur Estland gunstig es erhielt strategisch wichtige Gebiete am Ostufer des Narva Flusses und das Gebiet um die Stadt Petschory deutsch Petschur estnisch Petseri Alle Esten die in Russland lebten durften nach Estland ausreisen Die sowjetrussische Regierung verpflichtete sich alle estnischen kommunistischen Truppen aufzulosen Estland wurde von der Tilgung fur die Schulden der zaristischen Regierung befreit Ein Teil des russischen Goldbestands wurde Estland ausgezahlt Ausserdem sollten alle wahrend des Ersten Weltkriegs aus Estland nach Russland verbrachten Kunst und Kulturguter an Estland zuruckgegeben werden Opferzahlen BearbeitenIm Estnischen Freiheitskrieg kamen auf estnischer Seite etwa 5 000 Menschen ums Leben 9 Circa 15 000 wurden verwundet 667 gerieten in Gefangenschaft Die Opferzahlen auf sowjetrussischer Seite sind unbekannt Zahlreiche Denkmaler erinnern heute in Estland an die Gefallenen des Krieges Siehe auch BearbeitenGeschichte Estlands Manifest an alle Volker Estlands Schlacht von Paju Freiheitskreuz Estland Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Estnischer Freiheitskrieg Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien estnisch Liste aller Opfer des FreiheitskriegesEinzelnachweise Bearbeiten Henn Juri Uibopuu Die Entwicklung des Freistaates Estland in Boris Meissner Hg Die baltischen Nationen Estland Lettland Litauen Koln Markus Verlag 1990 S 52 Cornelius Hasselblatt Van IJstijd tot Skype Korte geschiedenis van Estland Met redactionele medewerking van Marianne Vogel Antwerpen Apeldoorn Garant 2012 S 133 Seppo Zetterberg Juri Vilmsin kuolema Viron varapaaministerin teloitus Helsingissa 13 4 1918 Helsinki Otava 1997 Karsten Bruggemann Die Grundung der Republik Estland und das Ende des Einen und unteilbaren Russland Die Petrograder Front des Russischen Burgerkriegs 1918 1920 Wiesbaden Harrassowitz 2002 S 85 Evald Uustalu Die Staatsgrundung Estlands Von den baltischen Provinzen zu den baltischen Staaten I 1917 1918 Hrsg von Jurgen v Hehn et alii Marburg Herder Institut 1971 S 290 August Traksmaa Luhike Vabadussoja ajalugu Tallinn Olion 1992 S 73 89 Zur Frage des roten Terrors mit weiterfuhrenden Quellen siehe Karsten Bruggemann Die Grundung der Republik Estland und das Ende des Einen und unteilbaren Russland Die Petrograder Front des Russischen Burgerkriegs 1918 1920 Wiesbaden Harrassowitz 2002 S 115 Georg von Rauch Geschichte der baltischen Staaten Stuttgart Kohlhammer 1970 S 60 62 Cornelius Hasselblatt Van IJstijd tot Skype Korte geschiedenis van Estland Met redactionele medewerking van Marianne Vogel Antwerpen Apeldoorn Garant 2012 S 139 Literatur BearbeitenOlavi Arens The Estonian Maapaev during 1917 in Stanley V Vardys Romuald Misiunas eds The Baltic States in Peace and War 1917 1945 Pennsylvania London Pennsylvania State University Press 1978 S 19 30 Karsten Bruggemann Die Grundung der Republik Estland und das Ende des Einen und unteilbaren Russland Die Petrograder Front des Russischen Burgerkriegs 1918 1920 Wiesbaden Harrassowitz 2002 514 S Eesti ajalugu V Parisorjuse kaotamisest Vabadussojani Kirjutanud Andres Andresen Ea Jansen Toomas Karjaharm Mart Laar Mati Laur Lea Leppik Aadu Must Tiit Rosenberg Tonu Tannberg Sulev Vahtre Tegevtoimetajad Toomas Karjaharm ja Tiit Rosenberg Peatoimetaja Sulev Vahtre Tartu Ilmamaa 2010 503 S Eesti Vabadussoda 1918 1920 2 Bande Tallinn Vabadussoja Ajaloo Komitee 1937 1939 557 567 S Cornelius Hasselblatt Van IJstijd tot Skype Korte geschiedenis van Estland Met redactionele medewerking van Marianne Vogel Antwerpen Apeldoorn Garant 2012 255 S Eduard Laaman Eesti vabadussoja poliitiline ajalugu Tallinn Kindralstabi VI osakond 1925 183 S Neudruck Tallinn Monokkel 1991 2007 Eduard Laaman Eesti iseseisvuse sund Tartu Loodus 1936 784 S Neudrucke Stockholm Vaba Eesti 1964 752 S Tallinn Faatum 1990 1997 880 S Georg von Rauch Geschichte der baltischen Staaten Stuttgart Kohlhammer 1970 Neuauflagen dtv 1977 1990 Toivo U Raun Estonian Social and Political Thought 1905 February 1917 Die baltischen Provinzen Russlands zwischen den Revolutionen von 1905 und 1917 Hrsg von Andrew Ezergailis und Gert v Pistohlkors Koln Wien Bohlau 1982 S 59 72 Quellen und Studien zur baltischen Geschichte 4 Toivo U Raun Estonia and the Estonians Updated second edition Stanford Hoover Institution Press 2001 366 p August Traksmaa Luhike Vabadussoja ajalugu Tallinn 1939 Neudruck Tallinn Olion 1992 270 S Henn Juri Uibopuu Die Entwicklung des Freistaates Estland in Boris Meissner Hg Die baltischen Nationen Estland Lettland Litauen Koln Markus Verlag 1990 S 52 61 Evald Uustalu Die Staatsgrundung Estlands Von den baltischen Provinzen zu den baltischen Staaten I 1917 1918 Hrsg von Jurgen v Hehn et alii Marburg Herder Institut 1971 S 275 292 August Winnig Am Ausgang der deutschen Ostpolitik Berlin Staatspolitischer Verlag 1921 126 S Seppo Zetterberg Juri Vilmsin kuolema Viron varapaaministerin teloitus Helsingissa 13 4 1918 Helsinki Otava 1997 352 S Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Estnischer Freiheitskrieg amp oldid 226184280