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Bruno Kurzweil 13 Janner 1891 in Josefstadt Bohmen Osterreich Ungarn 9 September 1942 in Auschwitz war ein osterreichischer Rechtsanwalt judischer Herkunft der wahrend der Zeit des Nationalsozialismus im KZ Auschwitz ermordet wurde Bekanntheit erlangten er und seine Familie insbesondere Tochter Adele ab 1990 durch einen Kofferfund an ihrem letzten Zufluchtsort Auvillar Stolperstein in Graz Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Ausbildung und Beruf 1 2 Privatleben 1 3 Flucht und Ermordung 2 Rezeption 3 Literatur 4 Weblinks 5 Anmerkung 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenBruno Kurzweil kam 1891 im bohmischen Josefstadt als eines von vier Kindern des k k Stabsarztes Leo Kurzweil 1843 1918 und seiner Frau Adele 1940 zur Welt Noch vor der Jahrhundertwende zog die judische aber nicht religiose Familie nach Graz in die Steiermark 1912 trat Kurzweil im Alter von 21 Jahren aus der israelitischen Kultusgemeinde aus Er liess sich katholisch auf den Namen Bruno Franz Paul taufen trat zehn Jahre spater aber auch aus der Kirche wieder aus 1 A 1 Ausbildung und Beruf Bearbeiten Nach Ablegen der Reifeprufung am I k u k Staatsgymnasium Graz im Sommer 1909 studierte er Rechtswissenschaft an der juridischen Fakultat der Karl Franzens Universitat Zu seinen Lehrern gehorten unter anderem Gustav Hanausek Anton Rintelen und Joseph Schumpeter Wie aus einer von Muriel Buttinger verfassten Kurzbiografie fur einen US Visaantrag hervorgeht engagierte sich Kurzweil bereits wahrend seines Studiums in politischen Organisationen So war er etwa in der studentischen Demokratiebewegung tatig die sich gegen den nationalistischen und pangermanistischen Zeitgeist an den osterreichischen Hochschulen richtete 2 Am 6 Mai 1914 promovierte er zum Doktor der Rechte 3 Wahrend des Ersten Weltkriegs trat er laut Buttinger der Sozialdemokratischen Partei bei um seinen Widerstand gegen die Kriegspolitik der alten Monarchie und ihre Allianz mit dem deutschen Imperialismus auszudrucken 2 Zur selben Zeit begann er als Konzipient in der Anwaltskanzlei von Arnold Eisler zu arbeiten Aufgrund der haufigen Abwesenheit Eislers ubernahm Kurzweil zunehmend dessen Tatigkeit als Parteianwalt Nachdem Eisler 1925 nach Wien gegangen war bestritten die beiden noch einige grosse Falle fur die Partei und einzelne Mitglieder die sie uber die Landesgrenzen der Steiermark hinaus bekannt machten und ins Visier der NSDAP brachten 1927 erstatteten sie im Auftrag der Partei wegen mehrerer Tatbestande Anzeige gegen Walter Pfrimer Leiter des Steirischen Heimatschutzes Im Marz 1933 verteidigten Kurzweil und Eisler einen Funktionar der Sozialistischen Jungfront dem vorgeworfen wurde einen SA Mann ermordet zu haben Mit ihrer Argumentation erwirkten sie ein mildes Urteil was bei den Nationalsozialisten fur Proteste sorgte Danach verteidigte Kurzweil der auch in der Mietervereinigung aktiv war weitere Jungfrontangehorige sowie Kommunisten im Kampf gegen Heimwehr und die Regierung Dollfuss 4 Nach dem Verbot der Sozialdemokratischen Partei wurde Kurzweil im Februar 1934 erstmals vorsorglich inhaftiert 4 Privatleben Bearbeiten nbsp Haus Schrottergasse 7 in Graz Geidorf 2020 Am 28 November 1922 ehelichte Bruno Kurzweil die aus Schlesien stammende Gisela Trammer Die einzige Tochter Adele wurde am 31 Janner 1925 geboren Wie bereits funf Jahre zuvor der Vater traten Mutter und Tochter Kurzweil Mitte des Jahres 1926 aus der israelitischen Kultusgemeinde aus Nach der Hochzeit lebte die Familie in der Grazer Kirchengasse 15 heute Schrottergasse 7 neben dem Architekten und spateren Widerstandskampfer Herbert Eichholzer der 1938 wie die Kurzweils nach Frankreich emigrierte 5 Gemeinsam mit der Familie von Moritz Robinson dem Chefredakteur der sozialdemokratischen Parteizeitung Arbeiterwille besassen die Kurzweils eine als Garten genutzte Bauparzelle in der Strauchergasse Nach Februar 1935 liessen die Behorden den Garten umgraben da sie ein Waffenversteck des Republikanischen Schutzbundes vermuteten 6 Erhaltene Fotos aus den Krisenjahren 1929 bis 1933 lassen auf einen gewissen Wohlstand der Familie Kurzweil schliessen und zeigen Bruno mit seinem Auto sowie Familienurlaube in Barcelona Cetinje Korfu Losinj und Malta 7 Im Verzeichnis uber das Vermogen von Juden nach dem Stand vom 27 April 1938 gab Bruno Kurzweil an neben der Gartenparzelle uber Wertpapiere Spareinlagen und Versicherungspolicen zu verfugen 8 Diese finanziellen Sicherheiten hatte er sich mit wiederkehrenden zahlungskraftigen Klienten wie der Freien Gewerkschaft Steiermark und der Grazer Stadtverwaltung verdient 7 Samtliche Vermogenswerte wurden nach Deportation und Ermordung der Familie im Zuge der Arisierung judischen Vermogens der Reichsfinanzverwaltung einverleibt 9 Flucht und Ermordung Bearbeiten Am 11 Juni 1938 drei Monate nach dem Anschluss erhielt der durch seine Verbindungen zur Sozialdemokratie in Ungnade gefallene Kurzweil ein Schreiben der Anwaltskammer in dem ihm ein vorlaufiges Berufsverbot erteilt wurde 7 Er erkannte die drohende Gefahr und plante eine Auswanderung nach Australien entschied sich schliesslich aber wie die meisten seiner Parteifreunde fur Frankreich 8 Am 1 Oktober verliess die Familie Kurzweil das Deutsche Reich und wanderte uber Zurich nach Paris aus wo sie sich in der Rue de Compans 55 niederliess Der Familienvater schloss sich dem Auslandsburo der osterreichischen Sozialdemokratie um Otto Bauer an und schrieb Fachartikel uber das Recht im Nationalsozialismus fur die von der Auslandsvertretung osterreichischer Sozialisten herausgegebene Zeitschrift Sozialistischer Kampf Wahrend er sich als Horer bei der Alliance francaise einschrieb absolvierte seine Frau Gisela eine Ausbildung zur Diplommasseurin die sie im Sommer 1939 abschloss 10 Nachdem alle aus Osterreich Gefluchteten als feindliche Auslander eingestuft worden waren wurde Bruno Kurzweil vorubergehend in einem Lager in Meslay du Maine interniert Nach seiner Entlassung im Februar 1940 wurde er in der Zentralvereinigung osterreichischer Emigranten tatig In Folge des Uberfalls auf die Niederlande und Belgien im Mai setzte sich die Auslandsvertretung der Sozialdemokraten auf Anraten des franzosischen Premiers Leon Blum nach Sudfrankreich ab Am 17 Juni liess sich die Familie Kurzweil als Fluchtlinge aus Paris in Montauban registrieren Von dort aus wanderten fuhrende Parteifunktionare in die USA aus woraufhin Bruno Kurzweil die SDAP Verlassenschaft ubernahm Gemeinsam mit Joseph Buttinger und dessen Ehefrau organisierte er Ausreisevisa fur die USA und Mexiko fur in Montauban gestrandete Genossen und Mitfluchtlinge 11 Mit dem Ziel der Endlosung der Judenfrage griffen die deutschen Behorden in Frankreich scharfer durch und spurten letztlich auch die Familie Kurzweil auf Am 26 August 1942 wurden Bruno Gisela und Adele Kurzweil in Auvillar nahe Montauban zusammen mit 170 weiteren Personen verhaftet und im Camp de Septfonds festgesetzt Anfang September erfolgte der Weitertransport in das Sammellager Drancy Mit Transport Nummer 30 wurde die Familie am 9 September nach Auschwitz deportiert und sofort nach der Ankunft ermordet 12 Rezeption BearbeitenBruno Kurzweil und vor allem Tochter Adele ruckten ab 1990 an ihrem langjahrigen Lebensmittelpunkt Graz sowie an ihrem letzten Wohn und Zufluchtsort in Sudfrankreich in das Bewusstsein der Offentlichkeit Mehrere in einem Depot der Polizeistation von Auvillar gefundene Koffer spater als Koffer der Adele Kurzweil zusammengefasst wurden zum Ausgangspunkt einer grenzuberschreitenden Projektarbeit franzosischer und Grazer Schuler die unter anderem den Lebensweg der Familie nachzeichnete 13 Der Historiker Heimo Halbrainer der sich parallel dazu mit dem Fall beschaftigte ausserte die Vermutung Bruno Kurzweil habe sich unter dem Vichy Regime in Sicherheit gewahnt was erklaren wurde warum er sich und seine Familie 1941 als Juden hatte registrieren lassen anstatt in die Illegalitat unterzutauchen Halbrainers Einschatzungen zufolge ware Adele Kurzweil mit einem Visum rechtzeitig zu retten gewesen ihr Vater bestand aber wohl darauf die Familie zusammenzuhalten 14 Im Andenken an Bruno Kurzweil wurde am 4 Juli 2014 ein Stolperstein an seiner Grazer Wohnadresse heute Schrottergasse 7 verlegt Literatur BearbeitenChristian Ehetreiber Heimo Halbrainer und Bettina Ramp Hrsg mit der ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus Der Koffer der Adele Kurzweil Auf den Spuren einer Grazer judischen Familie in der Emigration CLIO Graz 2001 ISBN 3 9500971 2 0 132 S Christian Ehetreiber Bettina Ramp und Sarah Ulrych Hrsg und Adele Kurzweil und Fluchtgeschichte n 1938 bis 2008 CLIO Graz 2009 ISBN 978 3 902542 19 9 Weblinks BearbeitenBiografie beim Verein fur GedenkkulturAnmerkung Bearbeiten Der biographische Text von Heimo Halbrainer stutzt sich auf verschiedene Akte aus dem Nachlass von Muriel Morris Buttinger Diese sind im Dokumentationsarchiv des osterreichischen Widerstandes unter den Nummern 18 882 18 884 und 18 886 archiviert Weitere Quellen waren das Archiv der Israelitischen Kultusgemeinde Graz sowie Dokumente der Familie Kurzweil die sich in den Koffern befanden und im Musee de la resistance et de la deportation in Montauban archiviert wurden Einzelnachweise Bearbeiten Heimo Halbrainer Graz Paris Montauban Auschwitz Stationen eines kurzen Lebens Biographische Skizzen zur Familie Bruno Gisela und Adele Kurzweil In Christian Ehetreiber Heimo Halbrainer und Bettina Ramp Hrsg mit der ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus Der Koffer der Adele Kurzweil Auf den Spuren einer Grazer judischen Familie in der Emigration CLIO Graz 2001 ISBN 3 9500971 2 0 S 21 a b Heimo Halbrainer S 22 Promotionsprotokoll 4892 72 Staatsprufungen Semesterprufungen Archiv der Karl Franzens Universitat Graz a b Heimo Halbrainer S 23 ff Heimo Halbrainer S 26 Heimo Halbrainer S 26 f a b c Heimo Halbrainer S 28 a b Heimo Halbrainer S 32 Heimo Halbrainer S 38 Heimo Halbrainer S 33 Heimo Halbrainer S 34 Heimo Halbrainer S 37 Bettina Ramp amp Sarah Ulrych Der Jugend ein Gedachtnis geben Das Projekt Der Koffer der Adele Kurzweil In Christian Ehetreiber Bettina Ramp und Sarah Ulrych Hrsg und Adele Kurzweil und Fluchtgeschichte n 1938 bis 2008 CLIO Graz 2009 ISBN 978 3 902542 19 9 S 65 Heimo Halbrainer S 36 Normdaten Person GND 1131747674 lobid OGND AKS VIAF 5570149489162793810006 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Kurzweil BrunoKURZBESCHREIBUNG osterreichischer Rechtsanwalt und HolocaustopferGEBURTSDATUM 13 Januar 1891GEBURTSORT Josefstadt BohmenSTERBEDATUM 9 September 1942STERBEORT KZ Auschwitz Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bruno Kurzweil amp oldid 239475924