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Das Awarische Furstentum auch Awaren Khaganat war ein Stammesfurstentum christlicher Awarenherrscher unter frankischer Oberhoheit innerhalb der frankischen Awarenmark Es umfasste einen Siedlungsraum zwischen Carnuntum und Sabaria ein Gebiet im heutigen Sudosten Niederosterreichs dem Burgenland und Westen Ungarns und bestand zwischen 805 und 828 Die Bernsteinstrasse bei Sabaria hier als sudlichster Punkt des Awarischen Furstentums Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 2 Siedlungsgebiet 3 Die awarischen Fursten 4 Auflosung 5 EinzelnachweiseEntstehung BearbeitenEnde des 8 Jahrhunderts fuhrte der frankische Konig Karl der Grosse in der letzten Phase der frankischen Expansion eine Reihe von Eroberungskriegen gegen das Reich der heidnischen Awaren in deren Folge die zuvor einheitliche awarische Fuhrungsschicht unter dem Grosskhan Chagan auseinanderbrach und sich verschiedene Gruppen unter eigenen awarischen Fuhrungspersonlichkeiten bildeten die sich gegenseitig bekampften 796 wurde mit dem Hring das ehemalige awarische Zentrum endgultig zerstort womit das Awarenreich fur die Franken als erobert galt Trotz Unterwerfung verschiedener awarischer Fuhrer flammten aber bis in das Jahr 803 immer wieder neue Kampfe zwischen Awaren und Franken auf Da er mit seinen Leuten von feindlichen und in den historischen Quellen nicht naher genannten Slawen die vermutlich von Suden her gegen die Awaren vorstiessen 1 aus seinem ehemaligen Siedlungsgebiet verdrangt wurde ersuchte der bereits als Christ bezeichnete Khapkan Theodor Karl den Grossen um die Zuweisung eines Gebietes das er selbst ausgewahlt hatte Karl entliess den Khapkan reich beschenkt und anerkannte das awarische Tributarfurstentum unter frankischer Oberhoheit wie von Theodor gewunscht zwischen Carnuntum und Sabaria Der Khapkan liess sich nun in diesem Raum Pannoniens nieder 2 Siedlungsgebiet BearbeitenZu Beginn des 9 Jahrhunderts war die vormals nomadisch lebende awarische Bevolkerung bereits langere Zeit sesshaft und als Landbauern tatig Auch wenn die germanische Berichterstattung des 9 und 10 Jahrhunderts die Awaren noch immer regelmassig mit den Hunnen verwechselte 3 so zeugt sie doch detailreich uber die Vorgange auf awarischem Boden wie die Annales regni Francorum uber das Jahr 805 Das neue Siedlungsgebiet wird darin als inter Sabariam et Carnuntum bezeichnet Dieses in spatawarischer Zeit noch ziemlich dicht bevolkerte Gebiet wurde infolge der Kriege mit den Franken vermutlich ziemlich entvolkert und bot dem Khapkan und seinem Volk ausreichend Lebensraum Die beiden in romischer Zeit bedeutenden Stadte Carnuntum und Sabaria an der Bernsteinstrasse bildeten den nordlichen und sudlichen Endpunkt des Gebietes Aus den Quellen geht nicht hervor ob die Bernsteinstrasse die Achse oder eine Grenze des Khaganates markierte Die Mehrheit der Historiker setzt das Gebiet des Vasallenfurstentums beidseits der Bernsteinstrasse an das somit etwa durch den Wienerwald im Westen und durch die Raab im Osten und Sudosten begrenzt wurde 4 Doch auch der Raum westlich davon bis zur Enns wo in Lorch eine Zollstelle fur den Grenzhandel bestand galt als provincia Avarorum 5 Die awarischen Fursten Bearbeiten nbsp Teil 2 Artikel VII des Diedenhofener Kapitulars Karls des Grossen vom 24 Dezember 805 verbot die Ausfuhr von Waffen ins Gebiet der Awaren 6 Khapkan Theodor starb noch im selben Jahr Der von den benachbarten Bulgaren entlehnte awarische Khapkan Titel kommt nur einmal in den Annalen vor 7 Es konnte sich dabei um einen neuen prestigetrachtigen und noch nicht vorbelasteten Titel handeln 8 Theodors Nachfolger als Furst wurde Khagan Abraham der sich am 21 September 805 an der Fischa hatte taufen lassen Abraham bat Kaiser Karl die Chagan Wurde zu erneuern Abraham und seine Nachfolger wurden damit als Fursten fur alle Awaren zustandig und als Partner der frankischen Politik anerkannt Auch der awarische Wurdentrager Tudun musste den Vorrang Abrahams anerkennen Abraham ist seit dem Auftauchen der Awaren in Europa im Jahr 558 nach Baian erst der zweite namentlich bekannte awarische Khagan 7 Das Awaren Khaganat stand in einer Reihe abhangiger Furstentumer entlang der frankischen Reichsgrenzen die sich vor allem auf ehemals awarischem Reichsgebiet bildeten und entsandte regelmassig Vertreter zu den frankischen Reichstagen 5 Es bildete eine Pufferzone zwischen dem Frankenreich und dem Bulgarischen Reich Militarisch war das Khaganat allerdings seit den Kriegen mit Karl dem Grossen geschwacht und wurde durch das Verbot des Waffenhandels mit den Awaren und Slawen eingefuhrt vom Kaiser im Diedenhofener Kapitular von 805 noch weiter beschrankt 9 Politisch unterstand das Khaganat dem Prafekten des bairischen Ostlandes Dieses Amt erfullten zwischen 805 und 811 nacheinander die Grafen Werner I Albrih und Gotafrid von 811 bis 828 Graf Gerold II Aufgrund seiner vorwiegend heidnischen Bewohner stand das Awarenreich bereits seit den ersten Awarenfeldzugen Karls des Grossen in den 790er Jahren im Fokus der kirchlichen Bemuhungen um die Christianisierung 10 Nach dem Ende der Kriege wurde 805 die Bistumsgrenze von Karl dem Grossen bis zur Raab vorgezogen 11 Fur die christliche Mission der Awaren waren fur das Gebiet zwischen Enns und Raab das Bistum Passau und fur das Gebiet um den Plattensee sowie zwischen Raab Donau und Drau der Erzbischof von Salzburg zustandig 12 Der ungarische Historiker Istvan Bona hielt es fur moglich dass der Cundpald Kelch aus dem Grab eines Chorbischofs Theoderich der im Awaren Khaganat tatig war stammen konnte Das Missionszentrum konnte demnach in der Nahe des heutigen Petohaza gelegen sein wo moglicherweise spater auch Khagan Abraham seinen Hauptsitz errichtet hat Archaologisch gibt es allerdings nur sehr wenige Spuren die auf eine Missionstatigkeit hinweisen Die heidnischen awarischen Graberfelder wurden weiterhin belegt und mit Ausnahme des Cundpald Kelches fehlen Funde christlichen Lebens im Awaren Khaganat Im Herrschaftsgebiet der awarischen Fursten bestanden zu jener Zeit noch romische Stadte und Befestigungen mit renovierbaren Ruinen wie Sabaria Scarbantia und Keszthely Fenekpuszta die aber mit Ausnahme vielleicht der civitas Sabaria nicht zu weltlichen oder kirchlichen Zentren ausgebaut wurden 9 Nach 803 sind keine Kampfe mehr zwischen Awaren und Franken bekannt Danach durften die Slawen die grossten Feinde der Awaren geworden sein mit denen es in den folgenden Jahren abermals zu Kampfen kam 11 811 zogen drei frankische Heere zum Schutz der Awaren nach Pannonien um die Kriege zu beenden Die awarischen Fursten Canizauci Gross Khan der in den Annalen ab 811 als alleiniger princeps bezeichnet wird 8 und dessen Titel ebenfalls von den Bulgaren geliehen ist 7 der Tudun und weitere awarische Grosse wurden daraufhin gemeinsam mit slawischen Fursten dem Kaiser in Aachen vorgeladen 2 Die Oberherrschaft des frankischen Kaisers und den Umstand dass dieser uber Land der Awaren verfugen konnte zeigt unter anderem die Urkunde Karls des Grossen vom 26 November 811 worin er dem Kloster Niederaltaich seinen Besitz an der Pielachmundung bei Melk in Avaria bestatigte 5 In der Ordinatio imperii des Jahres 817 teilte Kaiser Ludwig der Fromme neben anderen Landereien im Osten Baierns auch das Awaren Khaganat seinem Sohn Ludwig dem Deutschen als Konig von Baiern zu der die Herrschaft in Baiern aber erst 825 wirklich antrat 13 und danach wahrscheinlich kaum mehr mit hohen awarischen Wurdentragern zu tun hatte Auflosung Bearbeiten822 kundigte sich ein Machtwechsel im Bereich des Awaren Khaganats an In diesem Jahr erschienen die Awaren zum letzten Mal die slawischen Mahrer hingegen das erste Mal auf einem Reichstag in Frankfurt 14 Mit der Annahme des Christentums und damit dem Verlust ihrer sakralen Tradition wurde die awarische Elite wohl politisch geschwacht 5 Eine Klimaverschlechterung die fur das Jahr 822 belegt ist durfte Mitgrund fur das Ende der awarischen Aristokratie und Kriegerkaste gewesen sein Es gibt Hinweise dass die Leute verhungert und teilweise bei Kampfhandlungen ums Leben gekommen sind 15 Teile durften auch in das benachbarte Bulgarenreich unter Khan Omurtag abgewandert sein 3 Die letzten Nachrichten awarischer Grenzen stammen von 826 827 als die Bulgaren das frankische Reich angriffen und versuchten in Pannonien eigene Fuhrungsstrukturen zu errichten Die Bulgaren trafen dabei keine awarischen Wurdentrager an Diese waren bereits durch slawische Fursten verdrangt worden 828 wurde das Awaren Khaganat im Zuge einer administrativen Neuordnung des bairischen Ostlandes aufgelost 10 Damit endete die fast 250 Jahre andauernde politische Existenz der Awaren des einst wichtigsten Machtfaktors zwischen dem Frankenreich und dem Byzantinischen Reich endgultig Im Vertrag von Verdun 843 wurden nur mehr zinspflichtige awarische Bauern erwahnt 16 Die Herrschaft uber das Gebiet des Awarenkhaganats ubernahmen im Norden ab ca 830 die Mahrer im Suden vielleicht schon um 825 der frankische Graf Rihheri als Leiter der Grafschaft Steinamanger und im Sudosten ab ca 838 Pribina als Furst des Plattensee Furstentums Dass die awarische Kultur aber nicht schlagartig zu Ende ging zeigen beispielsweise Ausgrabungen bei Zalavar die awarische Bestattungsriten uber die Zeit des Awarischen Furstentums hinaus belegen 17 In Niederosterreich z B Funde bei Sommerein 11 im Gebiet zwischen Donau und Theiss unter ungarischer Herrschaft und weiter ostlich unter der Oberhoheit der Bulgaren konnten sich die Awaren noch bis ins 10 Jahrhundert halten 18 Die russische Nestorchronik des Hochmittelalters kommentierte das Ende der einst so gefurchteten Awaren Die Awaren waren gross an Korper und stolzen Sinnes und Gott vertilgte sie und sie alle starben und nicht ein einziger Aware ist geblieben Und es gibt ein Sprichwort in Russland bis auf diesen Tag Sie sind verschwunden wie der Obor Awar von dem es weder Nachkommen noch Erben gibt 5 Einzelnachweise Bearbeiten Franz Reiner Erkens Hrsg Karl der Grosse und das Erbe der Kulturen Akademie Verlag Berlin 2001 ISBN 3 05 003581 1 S 160 ff a b Herwig Wolfram Osterreichische Geschichte 378 907 Ueberreuter Verlag Wien 1995 ISBN 3 8000 3524 3 a b Franz Altheim Geschichte der Hunnen Funfter Band Niedergang und Nachfolge Verlag de Gruyter Wien 1962 Bela Miklos Szoke Die Donau und die letzten Tage des Awarischen Khaganats in TEN THOUSAND YEARS ALONG MIDDLE DANUBE Varia Archaeologica Hungarica XXVI Archaeolingua Budapest 2011 a b c d e Walter Pohl Die Awaren Ein Steppenvolk in Mitteleuropa Munchen 1988 forchheim com Das Diedenhofener Kapitular Memento vom 1 Januar 2011 im Internet Archive a b c Dieter Geuenich Hrsg Nomen et Gens Reallexikon der germanischen Altertumskunde Erganzungsband Verlag de Gruyter Berlin 1997 ISBN 3 11 015809 4 S 84 ff a b Emanuel Beiser Karl der Grosse und die Awaren GRIN Verlag Norderstedt 2011 ISBN 978 3 656 14334 5 S 9 ff a b Uta von Freeden Herwig Friesinger Egon Wamers Hrsg Glaube Kult und Herrschaft Phanomene des Religiosen Kolloquien zur Vor und Fruhgeschichte Band 12 Romisch Germanische Kommission des Deutschen Archaologischen Instituts Frankfurt am Main 2009 ISBN 978 3 7749 3663 8 S 400 ff a b Herwig Wolfram Salzburg Bayern Osterreich Die Conversio Bagoarium et Carantanorum und die Quellen ihrer Zeit Verlag Oldenbourg Wien Munchen Oldenbourg 1996 a b c Max Spindler Handbuch der bayerischen Geschichte Das alte Bayern Band I Verlag C H Beck Munchen 1981 ISBN 3 406 07322 0 S 254 ff Andreas Schwarzc Pannonien In Lexikon des Mittelalters LexMA Band 6 Artemis amp Winkler Munchen Zurich 1993 ISBN 3 7608 8906 9 Sp 1655 1657 Josef Fleckenstein Ordinatio imperii von 817 In Lexikon des Mittelalters LexMA Band 6 Artemis amp Winkler Munchen Zurich 1993 ISBN 3 7608 8906 9 Sp 1434 f Reinhold Gau Hrsg Quellen zur Karolingischen Reichsgeschichte 3 Darmstadt 1975 Awarengraber nahe Sigless bezeugen Ende einer Kultur auf der Website http www krone at Heinrich Georg Pertz Hrsg Erchanbert Breviarium regum Francorum MGH SS2 Hannover 1829 Bela Miklos Szoke ANTAEUS 31 32 Communicationes ex Instituto Archaeologico Academiae Scientiarum Hungaricae Budapest 2010 Heinz Dopsch Steppenvolker im mittelalterlichen Osteuropa Hunnen Awaren Ungarn und Mongolen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Awarisches Furstentum amp oldid 239021873