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Josef Fleckenstein 18 Februar 1919 in Kammeritz bei Querfurt 4 November 2004 in Gottingen war ein deutscher Historiker der die Geschichte des fruhen und hohen Mittelalters erforschte Nach Professuren in Frankfurt 1962 1965 und Freiburg 1965 1971 leitete er von 1971 bis 1987 das Gottinger Max Planck Institut fur Geschichte Seine 1959 66 erschienene zweibandige Arbeit uber die Hofkapelle der deutschen Konige wurde zum Standardwerk in der Mittelalterforschung Jahrzehntelang beschaftigte er sich mit der historischen Entwicklung des Rittertums Josef Fleckenstein undatierte Aufnahme Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 2 Schriften 3 Literatur 4 Weblinks 5 AnmerkungenLeben und Wirken BearbeitenJosef Fleckenstein legte 1939 das Abitur in Mainz ab Er studierte Geschichte 1940 41 in Leipzig bei Hermann Heimpel und in Halle bei Martin Lintzel Wahrend des Studiums war er im Reichsarbeitsdienst und in der deutschen Luftwaffe tatig In Nordafrika geriet er 1943 fur mehrere Jahre in Kriegsgefangenschaft Das Studium der Geschichte Germanistik Kunstgeschichte und lateinischen Philologie konnte er erst im Sommersemester 1948 in Mainz und seit 1949 in Freiburg wieder aufnehmen Heimpel und Gerd Tellenbach waren seine wichtigsten akademischen Lehrer In Freiburg wurde er 1952 mit einer Arbeit uber die Bildungsreform Karls des Grossen bei Tellenbach promoviert In den funfziger Jahren beteiligte er sich an den Forschungen seines Lehrers Tellenbach im Freiburger Arbeitskreis uber den fruhmittelalterlichen Adel 1 1958 folgte in Freiburg die Habilitation uber Die Hofkapelle der deutschen Konige 2 1960 ging er fur ein Jahr als Lehrstuhlvertretung an die Georg August Universitat Gottingen 1962 erhielt Fleckenstein einen Ruf auf eine ordentliche Professur nach Frankfurt 1965 als Nachfolger Tellenbachs nach Freiburg Von 1971 bis 1987 stand er in der Nachfolge Heimpels als Direktor der Mittelalterabteilung des Max Planck Instituts fur Geschichte in Gottingen vor In dieser Zeit konnte er bedeutende Forschungsprojekte zur Erforschung der Sozialgeschichte vor allem des Rittertums und der hofischen Kultur anstossen 3 Von 1971 bis 1987 hatte er auch eine Honorarprofessur an der Philosophischen Fakultat der Universitat innehatte Seine bedeutendsten akademischen Schuler waren Lutz Fenske Werner Rosener und Thomas Zotz Nach seiner Emeritierung 1987 lehrte Fleckenstein im Wintersemester 1988 89 als Gastprofessor in Zurich Nach langer Krankheit starb Fleckenstein nur wenige Monate nach seiner Frau am 4 November 2004 in Gottingen Sein zentrales Forschungsgebiet war das Mittelalter Ihm ging es vor allem um das Mittelalter als das Zeitalter des europaischen Beginns um die Grundlegung Europas seine innere Differenzierung und die wechselvolle Spannung die sich aus dem Mit und Gegeneinander der in ihm angelegten gesamteuropaischen und nationalen Krafte ergibt 4 Fleckensteins Forschungsschwerpunkte waren die Karolingerzeit die mittelalterliche Reichskirche und das Rittertum In seiner Dissertation befasste er sich mit der karolingischen Bildungsreform Fruhe Arbeiten widmeten sich dem Hof Karls des Grossen In der Fachwelt verschaffte ihm das aus seiner Habilitation hervorgegangene und in der Tradition der prosopographischen Forschungen Tellenbachs stehende zweibandige Werk Die Hofkapelle der deutschen Konige 1959 1966 hohes Ansehen Die Darstellung untersuchte die Rolle dieser Institution in der ottonisch salischen Reichskirche bis 1056 Fleckenstein postulierte ein Modell einer hierarchisch gestuften Kanzlei mit einem Erzkanzler an der Spitze Nach Fleckenstein wurde die Hofkapelle unter Otto I zur Zentrale der Reichspolitik und zu einem Zentrum der Reichskirche ausgebaut 5 Die Annahme eines ottonisch salischen Reichskirchensystems wurde durch den Aufstieg zahlreicher Mitglieder aus der Kanzlei ab den 950er Jahren zu Bischofen bestarkt Als Prototyp des ottonischen Reichsbischofs wurde dabei Brun der Bruder Ottos des Grossen angesehen Diese Forschungen fuhrten zu zahlreichen allgemeineren Darstellungen Kritik an der Vorstellung eines Reichskirchensystems ausserte 1982 Timothy Reuter 6 Die Vorstellung eines ottonisch salisches Reichskirchensystems wird in der heutigen Forschung deutlich kritischer beurteilt Seine 1962 veroffentlichte Monographie uber Karl den Grossen wurde in das Hollandische und Italienische ubersetzt Seine Abhandlung Grundlagen und Beginn der deutschen Geschichte 1974 erschien auch in englischer Ubersetzung Im klassischen Handbuch der deutschen Geschichte dem Gebhardt verfasste er ausserdem den Abschnitt uber die Ottonenzeit im dritten Band der Neuauflage von 1970 Seine Darstellung war noch von der Lehre des 19 Jahrhunderts gepragt Alle Aktivitaten des Konigs waren in Fleckensteins Sicht darauf ausgerichtet die eigene Macht gegenuber Adel und Kirche zu starken 7 In Gottingen widmete sich Fleckenstein hauptsachlich der Rittertumsforschung Aus dieser Beschaftigung gingen zahlreiche Einzelstudien und die Sammelbande Herrschaft und Stand Das ritterliche Turnier im Mittelalter und Curialitas hervor Fleckenstein wurde durch seine Studien zum fuhrenden Experten der ritterlich hofischen Kultur und pragte die deutsche und internationale Forschung nachhaltig 8 Er legte 2002 unterstutzt von Thomas Zotz eine Zusammenfassung des Wissenstandes zum Rittertum vor 9 Eine umfassende Darstellung zur Geschichte des Rittertums im Mittelalter konnte er aber nicht mehr anfertigen Ausserdem verfasste er zahlreiche Lebensbilder bedeutender Historiker des 20 Jahrhunderts Fleckenstein war vielfach in der Wissenschaftsorganisation tatig Er war von 1978 bis 1980 und von 1982 bis 1984 Vizeprasident sowie von 1980 bis 1982 und wieder von 1984 bis 1986 Prasident der Akademie der Wissenschaften zu Gottingen Im Konstanzer Arbeitskreis fur mittelalterliche Geschichte war Fleckenstein seit 1965 Mitglied und von 1968 bis 1971 Vorstandsvorsitzender sowie bis 1993 im Vorstand des Arbeitskreises tatig Er war Mitglied im Senat und Hauptausschuss der Deutschen Forschungsgemeinschaft sowie Mitglied und zeitweise Vorsitzender in der Uberleitungskommission beim Kultusministerium des Landes Mecklenburg Vorpommern Fleckenstein war Mitglied der Grundungskommission fur das Lehrfach Geschichte an der Universitat Rostock Zahlreiche wissenschaftliche Mitgliedschaften und vielfaltige Ehrungen unterstreichen seine wissenschaftliche Reputation in der Fachwelt Er war ab 1958 Mitglied in der Kommission fur geschichtliche Landeskunde in Baden Wurttemberg Er wurde Mitglied der Zentraldirektion der Monumenta Germaniae Historica 1968 der British Academy 1971 der Akademie der Wissenschaften zu Gottingen ordentliches Mitglied 1973 der Historischen Kommission fur Niedersachsen und Bremen 1977 korrespondierendes Mitglied der Hollandsche Maatschappij der Wetenschappen 1980 korrespondierendes Mitglied der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften 1982 sowie auswartiges Mitglied der Akademie gemeinnutziger Wissenschaften zu Erfurt 1995 Ihm wurde 1987 das Bundesverdienstkreuz 1 Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik verliehen Im Jahr 1994 erhielt Fleckenstein die Carl Friedrich Gauss Medaille der Braunschweigischen Wissenschaftlichen Gesellschaft 10 Zum 65 Geburtstag wurde ihm eine Festschrift und aus Anlass seines 70 Geburtstages eine Aufsatzsammlung gewidmet Schriften BearbeitenEin Verzeichnis der Veroffentlichungen bis 1983 in Lutz Fenske Werner Rosener Thomas Zotz Hrsg Institutionen Kultur und Gesellschaft im Mittelalter Festschrift fur Josef Fleckenstein Thorbecke Sigmaringen 1984 S 747 752 Ein Verzeichnis der Schriften bis 1988 enthalt Josef Fleckenstein Ordnungen und formende Krafte des Mittelalters Ausgewahlte Beitrage Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1989 ISBN 3 525 36221 8 S 547 587 Monographien Die Bildungsreform Karls des Grossen als Verwirklichung der Norma rectitudinis Josefs Druck Bigge Ruhr 1953 Zugleich Freiburg Breisgau Universitat Dissertation 1952 Die Hofkapelle der deutschen Konige Schriften der Monumenta Germaniae Historica Bd 16 1 2 ISSN 0080 6951 2 Bande Hiersemann Stuttgart 1959 1966 Band 1 Grundlegung Die karolingische Hofkapelle Band 2 Die Hofkapelle im Rahmen der ottonisch salischen Reichskirche Karl der Grosse Personlichkeit und Geschichte Bd 28 ZDB ID 528992 0 Musterschmidt Verlag Gottingen u a 1962 Grundlagen und Beginn der deutschen Geschichte Deutsche Geschichte Bd 1 Kleine Vandenhoeck Reihe 1397 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1974 ISBN 3 525 33361 7 Rittertum und ritterliche Welt Unter Mitwirkung von Thomas Zotz Siedler Berlin 2002 ISBN 3 88680 733 9 Herausgeberschaften Herrschaft und Stand Untersuchungen zur Sozialgeschichte im 13 Jahrhundert Veroffentlichungen des Max Planck Instituts fur Geschichte Bd 51 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1977 ISBN 3 525 35364 2 mit Manfred Hellmann Die geistlichen Ritterorden Europas Konstanzer Arbeitskreis fur mittelalterliche Geschichte Vortrage und Forschungen Bd 26 Thorbecke Sigmaringen 1980 ISBN 3 7995 6626 0 Das ritterliche Turnier im Mittelalter Beitrage zu einer vergleichenden Formen und Verhaltensgeschichte des Rittertums Veroffentlichungen des Max Planck Instituts fur Geschichte Bd 80 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1985 ISBN 3 525 35396 0 Curialitas Studien zu Grundfragen der hofisch ritterlichen Kultur Veroffentlichungen des Max Planck Instituts fur Geschichte Bd 100 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1990 ISBN 3 525 35637 4 Literatur BearbeitenMichael Borgolte Keine Geschichte ohne Not und Sehnsucht Auf der Suche nach den Idealen die unsere Welt verandert haben Zum Tod des Mittelalterhistorikers Josef Fleckenstein In Frankfurter Allgemeine Zeitung 11 November 2004 Nr 264 S 35 Joachim Ehlers Laudatio anlasslich der Verleihung der Carl Friedrich Gauss Medaille an Josef Fleckenstein am 10 Juni 1994 In Braunschweigische Wissenschaftliche Gesellschaft Jahrbuch 1994 1995 S 149 155 Lutz Fenske Werner Rosener Thomas Zotz Hrsg Institutionen Kultur und Gesellschaft im Mittelalter Festschrift fur Josef Fleckenstein zu seinem 65 Geburtstag Thorbecke Sigmaringen 1984 ISBN 3 7995 7024 1 Josef Fleckenstein In Jurgen Petersohn Hrsg Veroffentlichungen des Konstanzer Arbeitskreises fur Mittelalterliche Geschichte aus Anlass seines funfzigjahrigen Bestehens 1951 2001 Band 2 Die Mitglieder und ihr Werk Eine bio bibliographische Dokumentation Thorbecke Stuttgart 2001 ISBN 3 7995 6906 5 S 133 141 online Othmar Hageneder Josef Fleckenstein Nachruf In Almanach der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften 155 Jahrgang 2004 2005 S 541 549 Hagen Keller Vom Hof Karls des Grossen zur hofischen Welt des Rittertums Ein Blick auf das Werk von Josef Fleckenstein aus Anlass seines 70 Geburtstages In Fruhmittelalterliche Studien 24 1990 S 23 35 Otto Gerhard Oexle Nachruf Josef Fleckenstein 18 Februar 1919 4 November 2005 In Jahrbuch der Akademie der Wissenschaften zu Gottingen Gottingen 2005 S 323 325 Otto Gerhard Oexle Nachruf auf Josef Fleckenstein In Max Planck Gesellschaft Jahrbuch 2005 S 103 105 Otto Gerhard Oexle Hrsg Erinnern Bewahren Erinnerung fruchtbar machen Zum Gedenken an Josef Fleckenstein Vandenhoeck und Ruprecht Gottingen 2007 ISBN 978 3 525 35808 5 online Otto Gerhard Oexle Doppelgestirn uber Gottingen Zum achtzigsten Geburtstag des Historikers Josef Fleckenstein In Frankfurter Allgemeine Zeitung 18 Februar 1999 Nr 41 S 43 Rudolf Schieffer Josef Fleckenstein Nachruf In Deutsches Archiv fur Erforschung des Mittelalters 61 2005 S 433 434 online Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Josef Fleckenstein im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Veroffentlichungen von Josef Fleckenstein im Opac der Regesta ImperiiAnmerkungen Bearbeiten Karl Schmid Der Freiburger Arbeitskreis Gerd Tellenbach zum 70 Geburtstag In Zeitschrift fur die Geschichte des Oberrheins 122 1974 S 331 347 Vgl dazu die Besprechung von Heinrich Appelt in Archivalische Zeitschrift 63 1967 S 217 218 Werner Rosener Das Max Planck Institut fur Geschichte 1956 2006 Funfzig Jahre Geschichtsforschung Gottingen 2014 S 58 ff Zitiert nach Otto Gerhard Oexle Nachruf auf Josef Fleckenstein In Max Planck Gesellschaft Jahrbuch 2005 S 103 105 hier S 104 Josef Fleckenstein Die Hofkapelle der deutschen Konige Band 2 Die Hofkapelle im Rahmen der ottonisch salischen Reichskirche Stuttgart 1966 S 17 Timothy Reuter The Imperial Church System of the Orronian and Salian Rulers A Reconsideration In Journal of Ecclastiastical History 33 1982 S 347 374 Vgl Gerd Althoff Memoria Schriftlichkeit symbolische Kommunikation Zur Neubewertung des 10 Jahrhunderts In Christoph Dartmann Thomas Scharff Christoph Friedrich Weber Hrsg Zwischen Pragmatik und Performanz Dimensionen mittelalterlicher Schriftkultur Turnhout 2011 S 85 101 hier S 89 ff Vgl Werner Hechberger Adel Ministerialitat und Rittertum im Mittelalter 2 Auflage Munchen 2010 S 100 Vgl dazu die Besprechung von Oliver Auge in Historische Zeitschrift 278 2004 S 745 746 Joachim Ehlers Laudatio anlasslich der Verleihung der Carl Friedrich Gauss Medaille an Josef Fleckenstein am 10 Juni 1994 In Braunschweigische Wissenschaftliche Gesellschaft Jahrbuch 1994 1995 S 149 155 Normdaten Person GND 11869166X lobid OGND AKS LCCN n80125261 VIAF 46775669 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Fleckenstein JosefKURZBESCHREIBUNG deutscher HistorikerGEBURTSDATUM 18 Februar 1919GEBURTSORT KammeritzSTERBEDATUM 4 November 2004STERBEORT Gottingen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Josef Fleckenstein amp oldid 238408727