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August Lutgens 16 Dezember 1897 in Lubeck 1 August 1933 in Altona Elbe war ein Opfer der NS Justiz Er wurde als Beteiligter des Altonaer Blutsonntags hingerichtet im November 1992 wurde das Urteil aufgehoben Inhaltsverzeichnis 1 Biografisches 2 Vom Kriegsfreiwilligen zum Roten Matrosen 3 Emigrant in der Sowjetunion 4 Der Blutsonntag und der Sondergerichtsprozess in Altona 5 Nach 60 Jahren Rehabilitation 6 Gedenken 7 Literatur 8 WeblinksBiografisches BearbeitenDer aus einer Arbeiterfamilie stammende August Lutgens seine Mutter arbeitete als Wascherin wurde nach seiner Schulzeit ab 1911 Seemann mit 16 Jahren trat er der Gewerkschaft und etwas spater der SPD bei Im Ersten Weltkrieg diente er in der kaiserlichen Marine 1916 17 verurteilte ihn ein Feldgericht aus bisher nicht naher bekannten Grunden zu einer Haftstrafe 1918 gehorte er zu den Matrosen die sich in Wilhelmshaven an der Novemberrevolution beteiligten Im Mai 1919 zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt gelang ihm 1919 oder 1920 die Flucht und er lebte die folgenden Jahre in Petrograd in der Sowjetunion Eine Amnestie ermoglichte ihm 1930 oder 1931 die Ruckkehr nach Deutschland hier wurde der im Exil der KPD beigetretene Lutgens ein leitender Funktionar des Rotfrontkampferbundes in Hamburg August Lutgens war verheiratet und hatte zwei Kinder Vom Kriegsfreiwilligen zum Roten Matrosen BearbeitenNach Abschluss der Volksschule konnte er sich seinen sehnlichsten Wunsch erfullen Er heuerte als Schiffsjunge auf einer Bark an Die Reisen mit dem Segler und spater als Matrose auf anderen Schiffen fuhrten ihn in viele Lander Dabei lernte er auch die sozialen Probleme der Seeleute kennen Als 16 Jahriger entschloss er sich daher Mitglied der Seeleute Gewerkschaft zu werden und trat spater auch der SPD bei Zu Beginn des Ersten Weltkrieges meldete er sich wie viele junge sozialdemokratisch orientierte Seeleute als Freiwilliger zur Kaiserlichen Marine Nach kurzer Ausbildung kam er auf das Linienschiff SMS Westfalen Bereits 1916 mit 18 Jahren wurde er das erste Mal von einem Kriegsgericht zu Militarhaft verurteilt und nach deren Verbussung ins 1 Matrosenregiment an die Westfront nach Flandern strafversetzt Knapp drei Jahre spater im Mai 1919 wurde August Lutgens inzwischen Mitglied der KPD wegen seiner aktiven Teilnahme an der Novemberrevolution 1918 19 und an den politischen Auseinandersetzungen der Nachkriegskrise in Deutschland von einem Ausserordentlichen Kriegsgericht zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt und inhaftiert Mit dieser Verurteilung sollte ein Exempel statuiert werden um einem Eskalieren der politischen Situation in Deutschland entgegenzuwirken Mit Hilfe von Genossen gelang ihm jedoch nach einem Monat die Flucht aus dem Gefangnis uber Danemark kam er nach Petrograd heute St Petersburg in Russland Emigrant in der Sowjetunion BearbeitenAugust Lutgens bekam Asyl konnte arbeiten und sich qualifizieren und lernte seine kunftige Frau Lisa kennen Lisa Fiedler Kind einer Hamburger Arbeiterfamilie war mit ihren Eltern und weiteren vier Geschwistern dem Aufruf Facharbeiter helfen Russland gefolgt und zunachst ebenfalls in Petrograd gelandet 1922 heirateten Lisa und August im gleichen Jahr wurde Sohn Franz geboren drei Jahre spater Tochter Elsa August Lutgens bestand die Prufung zum Schiffsfuhrer und ging wieder als Seemann an Bord Der Blutsonntag und der Sondergerichtsprozess in Altona BearbeitenAb 1930 verscharften sich die sozialen Spannungen in Deutschland die Arbeitslosigkeit wuchs infolge der Weltwirtschaftskrise auf die Rekordhohe von uber 6 Millionen Das fuhrte zu einer Polarisierung der politischen Krafte Die NSDAP und ihre Gliederungen erhielten immer mehr Zulauf und der von ihnen ausgehende Strassenterror gegen demokratische Krafte nahm standig zu In dieser Situation entschloss sich August Lutgens nach Deutschland zuruckzukehren um gegen die heraufziehende nationalsozialistische Gefahr zu kampfen Seine Familie liess er in Moskau zuruck er sollte sie nicht wiedersehen Nach dem Uberfall Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion wurden Lisa und die Kinder evakuiert sie haben den Krieg nicht uberlebt Die Umstande ihres Todes sind unklar August Lutgens fuhr uber Stettin und Lubeck nach Altona damals noch eine selbststandige Stadt Bereits zu Beginn der Weltwirtschaftskrise versuchten die Nazis ihren Einfluss in den Arbeitervierteln Altonas zu vergrossern Als sie damit keinen Erfolg hatten griffen sie auch zu den Mitteln des Terrors Am Sonntag dem 17 Juli 1932 kam es zu einer gross angelegten und langfristig vorbereiteten Provokation Etwa 7000 Nationalsozialisten aus dem ganzen Land versammelten sich zu einer wie sie es offiziell nannten Strafexpedition und marschierten polizeigeschutzt durch die Strassen der uberwiegend links und antifaschistisch eingestellten Altonaer Arbeiterviertel Es herrschte eine regelrechte Burgerkriegsstimmung bis in den Abend hinein hielten die Unruhen an Zum Schluss eroffnete die Polizei das Feuer auf Demonstranten und Bevolkerung Die Schreckensbilanz 18 Tote und fast 80 Schwerverletzte Einer anderen Version der Geschehnisse zufolge wurden zuerst zwei Demonstrationsteilnehmer erschossen danach die Demonstration aufgelost und hinterher von der Polizei das Arbeiterviertel gesturmt Wahllos wurden Passanten und Einwohner verhaftet Waffen wurden bei keinem gefunden Blutsonntag in Altona lautete die Schlagzeile der kommunistischen Hamburger Volkszeitung am 18 Juli 1932 Auch August Lutgens und weitere seiner Genossen wurden Opfer der Verhaftungswelle und vor Gericht gestellt Am 22 Februar 1933 drei Wochen nach der Machtubernahme der Nazis musste der 4 Strafsenat das Verfahren gegen Lutgens und andere wegen Mangels an Beweisen einstellen es ergab sich keinerlei Belastungsmaterial gegen die Angeklagten sie wurden jedoch nicht freigelassen Die Nationalsozialisten begannen im ganzen Reichsgebiet Prozesse gegen Antifaschisten vorzubereiten Durch einen Erlass Hitlers wurden dazu Sondergerichte gebildet Am 2 Juni 1933 verurteilte das Sondergericht Altona auf der Grundlage gefalschter Beweisstucke und manipulierter Zeugen August Lutgens Bruno Tesch Karl Wolff und Walter Moller zum Tode Im Falle des Hauptangeklagten August Lutgens hiess es im Urteil sogar wortlich Es ist nicht erwiesen dass der Angeklagte Lutgens sich selbst am Nachmittag des 17 Juli 1932 an Gewalttatigkeiten gegen den SA Umzug beteiligt hat Am 1 August wurden die Verurteilten im Innenhof des heutigen Amtsgerichtes in der Max Brauer Allee mit dem Handbeil enthauptet Der Hauptangeklagte August Lutgens wurde nur 35 Jahre alt Der jungste Bruno Tesch war gerade 20 Jahre alt Arnold Zweig verarbeitete diese Bluttat in seinem Roman Das Beil von Wandsbek Nach 60 Jahren Rehabilitation Bearbeiten nbsp Gedenktafel am Ort der Hinrichtung hinter dem heutigen Amtsgericht Altona nbsp August Lutgens im Ehrenhain auf dem Friedhof Ohlsdorf nbsp Stolperstein Max Brauer Allee 89Seit 1945 bemuhten sich Hamburger Antifaschisten Angehorige der Opfer und auslandische Freunde der Ermordeten um die Rehabilitierung der zu Unrecht Verurteilten In mindestens 14 Fallen wurden Antrage auf Aufhebung der Blutsonntagsurteile von den Hamburger Staatsanwalten und Richtern ignoriert bzw abgelehnt immer wieder die Urteile als rechtmassig bestatigt und die Rechtsstaatlichkeit der NS Sondergerichte hervorgehoben Erst die unermudlichen und akribischen Recherchen des franzosischen Wissenschaftlers Leon Schirmann machten den Justizskandal erneut offentlich und die Hamburger Justiz wurde nun in Schwung gebracht Nach jahrzehntelanger Verzogerung konnte ein Wiederaufnahmeverfahren erreicht werden Eine Strafkammer des Landgerichts Hamburg entschied im November 1992 die Terrorurteile wegen erwiesener Justizmanipulationen aufzuheben und die Angeklagten Lutgens Tesch Moller und Wolff freizusprechen Das Hamburger Abendblatt titelte am 29 Dezember 1992 Hamburger Gericht hob Todesurteile von 1933 auf Nazi Opfer nach sechs Jahrzehnten endlich rehabilitiert Gedenken BearbeitenDie Leichen der Ermordeten wurden 1933 nach Berlin gebracht und verbrannt Erst 1935 vergruben die Nazis die vier Urnen heimlich in einer Ecke des Friedhofes Marzahn 1947 wurden sie nach Hamburg uberfuhrt und auf dem Ohlsdorfer Friedhof im Ehrenhain fur die Opfer des Faschismus beigesetzt der Kissenstein fur August Lutgens befindet sich in der vierten Reihe von links elfter Stein In Hamburg Altona wurden vor dem Eingang des Amtsgerichts in der Max Brauer Allee 89 vier im Quadrat angeordnete Stolpersteine verlegt fur August Lutgens Karl Wolff Walter Moller und Bruno Tesch In Hamburg gibt es heute einen August Lutgens Park einen Walter Moller Park einen Bruno Tesch Platz nachdem die Bruno Tesch Schule geschlossen wurde und eine Karl Wolff Strasse Auch Rostock wurdigte August Lutgens Die Aus und Weiterbildungsstatte der Deutschen Seereederei Rostock erhielt 1980 seinen Namen ein Gedenkstein stand im Innenhof der Berufsschule im Krischanweg Die Lehrlinge und Mitarbeiter an der Betriebsschule Flotte der DSR im Krischanweg trugen am Armel ihrer dunkelblauen Seemannsuniform den goldenen Schriftzug BS Flotte August Lutgens und konnten damit von den Studenten an der Ingenieurhochschule fur Seefahrt Warnemunde Wustrow unterschieden werden die an ihrem Armel der dunkelblauen Seemannsuniform den goldfarbenen Schriftzug Ingenieurhochschul trugen Das Medaillon mit dem Portrat Lutgens schuf der Rostocker Kunstler Wolfgang Eckardt Im Jahre 2001 zerstorten Unbekannte den Gedenkstein Das Kulturamt der Hansestadt hat wiederholt versichert dass im Zuge der Bebauung des Krischanwegs eine geeignete Wiedererrichtung des Denkmals und ein offentlicher Zugang gewahrleistet werden sollen In der DDR trug die zentrale maritime Ausbildungsstatte der GST Gesellschaft fur Sport und Technik fur angehende Zeit und Berufssoldaten der Volksmarine sowie Seeleute der DDR Handelsflotte den Namen August Lutgens siehe GST Marineschule August Lutgens Diese lag in Greifswald Wieck Im Gelande zwischen Schulgebaude und Werkstatten befand sich auch ein entsprechender August Lutgens Gedenkstein Er war anlasslich der Namensverleihung der damaligen GST Seesportschule Greifswald Wieck am 26 Juni 1970 feierlich eingeweiht worden Ein entsprechendes Relief aus Metall Roter Matrose fur den Stein schuf der Greifswalder Kunstler Helmut Maletzke Wahrend der Wendezeit in der DDR wurde das steinerne Ehrenmal 1990 abgebaut Von 1964 bis zu seiner Ausserdienststellung am 1 Oktober 1990 trug ein Raketenschnellboot der Volksmarine den Namen August Lutgens Literatur BearbeitenHeinrich Breloer Horst Konigstein Blutgeld Materialien zu einer deutschen Geschichte 1982 Geschichtskommission der Industriekreisleitung der SED Seeverkehr und Hafenwirtschaft August Lutgens Seemann Kommunist Widerstandskampfer Rostock 1988 Eintrag im digitalen Geschichtsspeicher bei stadtteilgeschichten net Josef Schneider August Lutgens ein roter Frontkampfer Verlagsgenossenschaft auslandischer Arbeiter in der UdSSR Moskau und Leningrad 1934 Online Luise Kraushaar et al Deutsche Widerstandskampfer 1933 1945 Biographien und Briefe Dietz Verlag Berlin 1970 Band 1 S 609 611 Lutz Mohr Zwischen Ryck und Ruden Der sozialistische Aufbau unserer Heimat am Beispiel des KKW Bruno Leuschner der GST Marineschule August Lutgens und des Friedrich Loffler Instituts Insel Riems Neue Greifswalder Museumshefte Nr 3 Greifswald 1978 Weblinks BearbeitenBirgit Gewehr Die vier Hinrichtungsopfer des Altonaer Blutsonntags August Lutgens In Stolpersteine Hamburg September 2015 Nachlass BArch NY 4508Normdaten Person GND 128653809 lobid OGND AKS VIAF 72449896 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Lutgens AugustKURZBESCHREIBUNG deutscher KPD Funktionar NS JustizopferGEBURTSDATUM 16 Dezember 1897GEBURTSORT LubeckSTERBEDATUM 1 August 1933STERBEORT Altona Elbe Abgerufen von https de wikipedia org w index php title August Lutgens amp oldid 238986154