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Agathias Beiname Scholastikos um 531 532 1 in Myrina in Kleinasien um 582 in Konstantinopel war ein ostromischer Historiker und Dichter Der Anfang von Agathias Historien in der lateinischen Ubersetzung von Cristoforo Persona im Widmungsexemplar fur Papst Sixtus IV der Handschrift Biblioteca Apostolica Vaticana Vat lat 2004 fol 2r 15 Jahrhundert Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werke 2 1 Dichtungen 2 2 Historien 2 2 1 Inhalt Abfassungszeit Stil 2 2 2 Exkurse Quellen 3 Uberlieferung und Editionen 4 Literatur 5 Weblinks 6 AnmerkungenLeben BearbeitenAgathias war ein Sohn des Rhetors Memnonios aus der Polis Myrina in Aolien Die meisten Informationen uber sein Leben lassen sich seinen eigenen Werken entnehmen Seine Mutter Perikleia starb wie er selbst berichtet als er erst drei Jahre alt war in Konstantinopel 2 Wahrscheinlich war seine Familie zuvor dorthin umgesiedelt und wohnte vielleicht im Vorort Sosthenion 551 studierte Agathias gerade in Alexandria in Agypten Rhetorik als ein starkes Erdbeben Berytus Beirut zerstorte Bald darauf nach Konstantinopel zuruckgekehrt widmete er sich dort dem Studium der Rechtswissenschaften Mit drei Studienkollegen setzte er im vierten Jahr seines Jurastudiums Widmungsverse unter ein Votivbild des Erzengels Michael Nach dem Abschluss seiner juristischen Ausbildung praktizierte er als Rechtsanwalt Scholastikos in Konstantinopel 1 Diesem Beruf ging er weniger aus Interesse als zum Erwerb seines Lebensunterhalts nach In der Hauptstadt des ostromischen Reichs wurde er Zeuge einer weiteren Naturkatastrophe des Erdbebens von 557 3 Er war spater wohl als pater civitatis in Smyrna fur den Bau offentlicher Toiletten zustandig 4 Aus Hinweisen aus seinem Geschichtswerk wird gefolgert dass er um 582 starb Seine Heimatstadt Myrina hatte ihm zu Ehren eine Statue errichtet auf deren Inschrift zwar seine Redekunst und Poesie hervorgehoben werden nicht jedoch seine Historien 4 Werke BearbeitenDichtungen Bearbeiten Agathias der offenbar Christ war 5 ist als Autor eines Daphniaka betitelten Werks bekannt das in Hexametern verfasste kurze erotische Mythen enthielt Es war in neun Bucher eingeteilt und wurde noch zu Lebzeiten des Kaisers Justinian 527 bis 565 publiziert ist aber bis auf wenige Verse verloren gegangen Als weiteres dichterisches Werk veroffentlichte Agathias um 567 den sieben Bucher umfassenden sogenannten Kyklos der neuen Epigramme der eine Reihe eigener Epigramme sowie solche von mehreren seiner Freunde enthielt Durch die spatere Aufnahme in die Anthologia Graeca sind hiervon uber 100 Epigramme des Agathias erhalten geblieben 6 Diese werden gemeinhin zu den besten Werken der spatantiken Lyrik gezahlt Historien Bearbeiten Inhalt Abfassungszeit Stil Bearbeiten Auf den Rat seiner Freunde verfasste Agathias auch ein erhaltenes allerdings unvollendetes Geschichtswerk das unter dem Titel Historien bekannt ist Es behandelt die Regierungszeit des Kaisers Justinian fur die Jahre 552 bis 559 in funf Buchern Es schliesst bewusst an das weitaus bedeutendere Werk des Prokopios von Caesarea an und ist zu den letzten Werken der spatantiken Geschichtsschreibung zu zahlen Bei der Erstellung seiner Historien schenkte Agathias jedoch der Chronologie wenig Beachtung und vermerkte in seinem Werk nur selten Jahresangaben Das erste Buch sowie der Anfang des zweiten berichten uber den Einfall der Franken und Alamannen in Italien nach dem im Oktober 552 erfolgten Tod des Ostgotenkonigs Teja sowie uber die Auseinandersetzungen des ostromischen Generals Narses mit den Franken und Goten bis zum Ableben des merowingischen Herrschers Theudebald November Dezember 555 Im weiteren Verlauf des zweiten Buchs folgt die Darstellung des Erdbebens von 551 das Berytos zerstorte sowie die Hinwendung zum ostlichen Kriegsschauplatz von Lazika Nach einer ausfuhrlichen Ubersicht uber die persische Religion am Ende des zweiten Buches werden im dritten und vierten hauptsachlich die Kampfe der Ostromer und Lazen gegen die Sassaniden die Ermordung des Lazenkonigs Gubazes II durch zwei ostromische Befehlshaber sowie der darauffolgende Prozess gegen die Attentater und schliesslich die ostromisch persischen Friedensgesprache des Jahres 557 behandelt Das funfte Buch schildert vornehmlich das 557 in Konstantinopel aufgetretene Erdbeben die dadurch bewirkte Zerstorung und daraufhin vorgenommene Wiedererrichtung der Hagia Sophia sowie den Ausbruch der Pest in der ostromischen Hauptstadt im Jahr 558 Es endet abrupt mit dem Bericht uber die im Folgejahr errungenen Abwehrerfolge Belisars gegen eine Attacke der Kutriguren die Konstantinopel bedrohten 7 Im Vorwort zu seinem Geschichtswerk gibt Agathias an dass er es erst nach dem Tod Kaiser Justinians 565 abzufassen begann Er beklagt dass ihn die Berufsgeschafte derart viel Zeit kosteten dass die Niederschrift der Historien nur langsam voranschritt Da Agathias noch den Tod des Perserkonigs Chosrau I 579 erwahnt zugleich aber noch nichts von der Kaisererhebung des Maurikios 582 zu wissen scheint durfte der Autor bis um 580 an seinem Werk gearbeitet haben Wahrscheinlich hatte Agathias geplant die Historien mindestens bis in die 560er Jahre fortzusetzen worauf die Anspielung auf nicht mehr dargestellte Ereignisse z B auf den Tod des ostromischen Heerfuhrers Justinos im Jahr 566 8 hindeutet Der Tod des Autors durfte die Fertigstellung des Werks verhindert haben 9 Fortgesetzt wurde Agathias dann von Menander Protektor dessen Werk aber nur fragmentarisch erhalten ist sowie vielleicht auch von Theophanes von Byzanz Agathias schrieb wie auch Prokopios noch ein recht gutes attisches Altgriechisch auch wenn bei ihm einiges bereits auf das Mittelgriechische vorausweist und stand damit ganz in der Tradition der alteren griechischen Literatur Die sehr starke Betonung seiner klassischen Bildung Paideia fuhrt aber teils zu einer sehr gespreizten und umstandlichen Ausdrucksweise Exkurse Quellen Bearbeiten Wie oben ausgefuhrt widmete Agathias dem Sassanidenreich relativ viel Aufmerksamkeit und ging in zwei Exkursen auf Persien ein 10 Der bedeutende Sassanidenkonig Chosrau I wird in diesem Zusammenhang von Agathias charakterisiert Agathias ging zudem auf die bekannte Episode des Weggangs von sieben heidnischen Philosophen nach Persien ein nachdem Justinian 529 die Platonische Akademie in Athen hatte schliessen lassen siehe Damaskios und Simplikios 11 Von Bedeutung ist dass Agathias nach eigenen Angaben auch zu persischen Quellen jener Zeit Zugang hatte wie den sassanidischen Reichsannalen die ihm ein Bekannter der Ubersetzer Sergios zusammengefasst und ubersetzt haben soll 12 Ob er tatsachlich Zugriff auf eine griechische Ubersetzung der Reichsannalen hatte ist allerdings angesichts zahlreicher Fehler und Irrtumer zumindest zweifelhaft 13 Agathias ging auch auf die Ereignisse im Westen ein wo in dieser Zeit langsam die fruhmittelalterliche Welt Konturen annahm Er konnte sich sicherlich auf schriftliche Quellen stutzen zumal er selbst nur wenig aus eigener Erfahrung beisteuern konnte und nie in den Westen gereist war In einem langen Exkurs uber die Franken schildert er ihre Sitten und Geschichte seit Chlodwigs Tod 511 und entwirft dabei von ihnen ein idealisiertes Bild 14 Wegen ihrer Konversion zum romischen Christentum hielt Agathias sie fur potentielle Alliierte des ostromischen Reichs gegen die arianischen Langobarden Dieses positive Portrat kontrastiert mit den abschatzigen Bemerkungen des Prokopios uber die Franken Allerdings wurde dieses Volk in Konstantinopel in den 570er Jahren zum Zeitpunkt der Niederschrift von Agathias Werk im Allgemeinen positiver gesehen als zu jener Zeit als Prokopios seine Geschichtsdarstellung verfasste denn mittlerweile galten die Franken als mogliche Helfer bei der Neuetablierung der byzantinischen Herrschaft in Italien 9 Trotz grosser Loyalitat gegenuber Kaiser Justinian ubte Agathias bisweilen Kritik an manchen Aspekten von dessen Regierung etwa am schlechten Zustand der Befestigungswerke Konstantinopels und an der Vergeudung von Geldern zur Besanftigung barbarischer Volker sowie zugunsten von Dirnen und Funktionaren der Demen 15 Obwohl er seinem Vorbild Prokopios als Historiker allein schon aufgrund seiner mangelnden Autopsie unterlegen ist so ist Agathias doch ein weitgehend zuverlassiger und wichtiger Berichterstatter fur die von ihm dargestellte Phase der ausgehenden Spatantike auch sein vorhin erwahnter Bericht uber das Merowingerreich und andere ethnographische Exkurse sind bedeutsam Uberlieferung und Editionen BearbeitenEintrag in Clavis Historicorum Antiquitatis Posterioris CHAP 16 Istoriai auch Perἱ tῆs Ioystinanoy basileias Historiae Historien nach 579 n Chr Kriege Justinians Kyklos tῶn neῶn ἐpigrammatῶn Corona Sammlung der neuen Epigramme um 567 Dafniaka Sammlung mythologischer erotischer Gedichte Es existiert eine Handschrift Vaticanus gr 151 aus dem 10 11 Jahrhundert Von den erotischen Gedichten ist nur der Prolog in der Anthologia Palatina 6 80 uberliefert Den griechischen Text der Historien mit einer lateinischen Ubersetzung veroffentlichte Bonaventura Vulcanius 1594 in Leiden Die erste kritische Ausgabe aller uberlieferten Werke von Agathias gab Barthold Georg Niebuhr im dritten Band des Corpus Scriptorum Historiae Byzantinae 1828 in Bonn heraus Alexandros Alexakis Hrsg Aga8ioy Ἱstoriai Keimena Byzantinhs Istoriografias 18 Editions KANAKH Athen 2008 ISBN 960 6736 02 4 Agathias Historiarium The Histories Ubersetzt von Joseph D Frendo Berlin 1975 englische Ubersetzung Corpus Fontium Historiae Byzantinae Series Berolinensis Bd 2a Otto Veh Historiae Griechisch Deutsch In Prokop Werke Bd 2 Munchen 1966 nur Auszuge Literatur BearbeitenUbersichtsdarstellungen John Robert Martindale Agathias In The Prosopography of the Later Roman Empire PLRE Band 3A Cambridge University Press Cambridge 1992 ISBN 0 521 20160 8 S 23 25 Peter Bell Agathias In The Oxford Dictionary of Late Antiquity Band 1 2018 S 33 Herbert Hunger Handbuch der Altertumswissenschaft XII 5 Die hochsprachliche profane Literatur der Byzantiner Bd 1 Philosophie Rhetorik Epistolographie Geschichtsschreibung Geographie 1978 S 303 309 Ludo Moritz Hartmann Richard Reitzenstein Agathias 2 In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Band I 1 Stuttgart 1893 Sp 743 745 veraltet Steven D Smith Agathias In The Oxford Classical Dictionary Online 5 Auflage doi 10 1093 acrefore 9780199381135 013 180 Elzbieta Szabat Agathias In Pawel Janiszewski Krystyna Stebnicka Elzbieta Szabat Prosopography of Greek Rhetors and Sophists of the Roman Empire Oxford University Press Oxford 2015 ISBN 978 0 19 871340 1 S 7 f Warren Treadgold The early Byzantine Historians Palgrave Macmillan Basingstoke 2007 ISBN 978 0 230 24367 5 S 279 290 Gesamtdarstellungen und Untersuchungen Dariusz Brodka Die Geschichtsphilosophie in der spatantiken Historiographie Studien zu Prokopios von Kaisareia Agathias von Myrina und Theophylaktos Simokattes Studien und Texte zur Byzantinistik Band 5 Lang Frankfurt am Main u a 2004 ISBN 3 631 52528 1 S 152ff zugleich Krakow Uniwersytet Jagiellonski Habilitationsschrift Averil Cameron Agathias Clarendon Press Oxford 1970 ISBN 0 19 814352 4 Averil Cameron Agathias on the Sassanians In Dumbarton Oaks Papers 23 24 1969 1970 S 67 183 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Agathias Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wikisource Agathias Quellen und Volltexte Literatur von und uber Agathias im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Agathias and the Persians aus dem Sasanika Projekt englisch PDF Agathias in der Bibliotheca AugustanaAnmerkungen Bearbeiten a b Herbert Hunger Die hochsprachliche profane Literatur der Byzantiner Bd 1 S 304 Anthologia Palatina 7 552 Agathias Historien V 3 ff a b Peter Bell Agathias In The Oxford Dictionary of Late Antiquity Band 1 2018 S 33 Es wurde zwar die These aufgestellt Agathias sei wie angeblich auch Prokopios von Caesarea in Wahrheit ein heimlicher Heide gewesen vgl A Kaldellis The historical and religious views of Agathias A reinterpretation in Byzantion 69 1999 S 206ff Diese Minderheitenposition hat sich in der Forschung jedoch nicht durchgesetzt Herbert Hunger Die hochsprachliche profane Literatur der Byzantiner Bd 1 S 305 Herbert Hunger Die hochsprachliche profane Literatur der Byzantiner Bd 1 S 305 f Vgl Agathias Historien IV 22 9 a b Herbert Hunger Die hochsprachliche profane Literatur der Byzantiner Bd 1 S 306 Agathias Historien II 25 ff zur persischen Religion und IV 24 ff zur Geschichte der Sassaniden vgl dazu Cameron Agathias on the Sassanians S 74ff bzw 112ff Text mit englischer Ubersetzung und Kommentar Agathias Historien II 28 ff Siehe dazu Cameron Agathias on the Sassanians S 164ff und H Borm Prokop und die Perser Stuttgart 2007 S 277 ff Agathias Historien IV 30 Vgl aber Cameron Agathias on the Sassanians S 162 f Agathias Historien IV 30 Agathias Historien V 13 ff Histories auf late antique historiography ugent be abgerufen am 23 Oktober 2020Normdaten Person GND 118647237 lobid OGND AKS LCCN n50043676 VIAF 97611338 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME AgathiasKURZBESCHREIBUNG ostromischer Historiker und DichterGEBURTSDATUM um 531 532GEBURTSORT Myrina KleinasienSTERBEDATUM um 582STERBEORT Konstantinopel Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Agathias amp oldid 231052596