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Weinsaure auch als 2 3 Dihydroxybernsteinsaure oder 2 3 Dihydroxybutandisaure oder Weinsteinsaure im Lateinischen als Acidum tartaricum und im Englischen mit tartaric acid bezeichnet vom griechischen tartaros Holle aufgrund der atzenden brennenden Wirkung StrukturformelStrukturformel ohne StereochemieAllgemeinesName WeinsaureAndere Namen 2 3 Dihydroxybernsteinsaure 2 3 Dihydroxybutandisaure Threarsaure Tartarsaure veraltet 1 Traubensaure Rac 2 Vogesensaure Rac veraltet 2 Paraweinsaure Rac veraltet 2 Racemsaure Rac veraltet 2 Mesoweinsaure meso Form Erythrarsaure meso Form Antiweinsaure meso Form veraltet 3 E 334 4 Summenformel C4H6O6Kurzbeschreibung farb und geruchloser Feststoff 5 mit sauerlichem GeschmackExterne Identifikatoren DatenbankenCAS Nummer 526 83 0 unspez EG Nummer Listennummer 610 885 0ECHA InfoCard 100 121 903PubChem 875ChemSpider 852Wikidata Q194322EigenschaftenMolare Masse 150 09 g mol 1Aggregatzustand festDichte 1 76 g cm 3 optisch aktive Formen 6 1 666 g cm 3 meso Form 6 1 788 g cm 3 Racemat 6 Schmelzpunkt 168 170 C optisch aktive Formen 7 140 C meso Form 7 206 C Racemat 7 pKS Wert pKs1 2 98 8 pKs2 4 34 8 Loslichkeit gut loslich in Wasser 1394 g l 1 bei 20 C 5 Methanol Ethanol 1 Propanol und Glycerol 8 schlecht in Diethylether und unloslich in Chloroform 8 SicherheitshinweiseGHS Gefahrstoffkennzeichnung 9 GefahrH und P Satze H 318P 280 305 351 338 310 9 Toxikologische Daten 7500 mg kg 1 LDLo Ratte oral L Weinsaure 10 Soweit moglich und gebrauchlich werden SI Einheiten verwendet Wenn nicht anders vermerkt gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen Es ist eine Dicarbonsaure in der Gruppe der a Hydroxycarbonsaure Sie gehort zu den Zuckerdicarbonsauren Aldarsauren ihre Salze und Ester heissen Tartrate L Weinsaure tritt beispielsweise in Weintrauben auf und ist in der EU als Lebensmittelzusatzstoff E 334 zugelassen In Deutschland wird auch der Gesamtsauregehalt von Weinen berechnet als Weinsaure angegeben obgleich im Wein noch eine Anzahl anderer Sauren vor allem Apfelsaure vorkommt Traubensaure bezeichnet das Racemat der Weinsaure Durch intermolekulare Wasserabspaltung entsteht die polymere Metaweinsaure die unter der Bezeichnung E 353 ebenfalls als Lebensmittelzusatzstoff verwendet wird Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Vorkommen 3 Herstellung 4 Eigenschaften 5 Verwendung 5 1 Verwendung als Lebensmittelzusatzstoff 5 2 Technische Verwendungsmoglichkeiten 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenVor der Entdeckung der Weinsaure wurde ihr Salz Kaliumhydrogentartrat der Weinstein fur eine Saure gehalten da es durch seine schlechte Wasserloslichkeit im Wein leicht ausfallt und daher fur die Chemiker einfacher erkennbar war als die gut losliche Weinsaure Damals war der auch heute noch volkstumlich verwendete Begriff Weingeist fur den reinen Alkohol ublich 1732 wurde Weinstein von Boerhaave als feste Saure angefuhrt 1764 wurde von Marggraf ein Alkalimetall im Weinstein nachgewiesen woraufhin er diesen mit Calcium zu Calciumtartrat zersetzte das er jedoch nicht genauer untersuchte Erst 1769 zersetzte Scheele der gemeinhin als Entdecker der Weinsaure gilt Calciumtartrat mit Schwefelsaure und bezeichnete die abgeschiedene kristalline Saure als Weinsteinsaure Der Weinstein wurde kurz darauf als saures Kalisalz dieser Saure erkannt nbsp Weinstein Kaliumsalz der Weinsaure in Weisswein1819 wurde die Traubensaure Vogesensaure vom Fabrikanten Karl Kestner als Nebenprodukt der Weinsaureherstellung entdeckt 11 Die Isomerie der Weinsaure wurde 1826 von Gay Lussac festgestellt und von Pasteur detaillierter untersucht wobei damals nur die optisch aktive rechtsdrehende Weinsaure also die L Weinsaure und die Traubensaure als racemische Saure bezeichnet bekannt waren Pasteur stellte das Natriumammoniumsalz dieser Sauren her und entdeckte dabei die Chiralitat Mit Lupe und Pinzette trennte Pasteur die Kristalle in linksdrehende und rechtsdrehende Exemplare Die so aus dem Racemat getrennten enantiomeren Natriumammoniumtartrate brachte Pasteur wieder in Losung und untersuchte ihren Drehwert im Polarimeter Dabei stellte er fest dass beide Losungen der aus der optisch inaktiven Traubensaure gewonnenen Salze optisch aktiv waren und dieselbe spezifische Drehung wie aus L Weinsaure gewonnenes Natriumammoniumsalz aufwiesen jedoch mit entgegengesetztem Vorzeichen Daraus folgerte Pasteur dass Traubensaure kein Reinstoff sondern ein gleichteiliges Gemisch aus rechts und linksdrehender Weinsaure also ein Racemat ist Der Begriff Racemat fur eine Mischung zweier Enantiomere zu gleichen Teilen leitet sich aus der lateinischen Bezeichnung fur Traubensaure Acidum racemicum ab Die Deutungen von Pasteurs Experiment erschopfen sich allerdings nicht darin dass Traubensaure ein Racemat aus L und D Weinsaure ist Zwar erkannte Pasteur dass die optische Aktivitat eine Folge einer Eigenschaft des Weinsauremolekuls selbst sein musste Doch erst 1874 konnten Le Bel und van t Hoff der in der Folge zum ersten Chemie Nobelpreistrager wurde dies unabhangig voneinander anhand der Molekulstruktur erklaren Im Wissen dass vier unterschiedliche Objekte auf zwei verschiedene Weisen in den Ecken eines Tetraeders angeordnet werden konnen und dass sich diese Anordnungen zueinander wie Bild und Spiegelbild verhalten die nicht zur Deckung zu bringen sind 12 stellten sie die Hypothese auf dass die vier an ein Kohlenstoffatom gebundenen Reste tetraedrisch angeordnet sind Davon ausgehend vermuteten sie dass optisch aktive Molekule mindestens ein Kohlenstoffatom mit vier verschiedenen Resten also ein asymmetrisches Kohlenstoffatom enthalten Optisch inaktive organische Substanzen enthalten demnach entweder kein asymmetrisches Kohlenstoffatom oder sie sind Gemische aus gleichen Teilen zweier Enantiomerer 12 Van t Hoff und Le Bel erkannten damit zum einen die tetraedrische Geometrie des Kohlenstoffatoms und gaben zum anderen eine schlussige Erklarung fur die optische Aktivitat organischer Stoffe Nur die meso Verbindungen liessen sich durch ihre Definition nicht abdecken erst sehr viel spater wurde die Struktur der meso Weinsaure entdeckt Lange unbekannt blieb auch welches Enantiomer der Weinsaure nun die Polarisationsebene des Lichts nach rechts und welches sie nach links dreht Erst 1951 konnte Bijvoet mit einer speziellen Rontgenmethode anhand des Natriumrubidiumtartrats klaren dass es sich bei L Weinsaure um das rechtsdrehende Enantiomer und bei D Weinsaure um das linksdrehende Enantiomer handelt Durch Umwandlung von Weinsaure in andere chemische Verbindungen konnte dies ebenfalls fur viele andere Enantiomerenpaare geklart werden Vorkommen BearbeitenBesonders die L Weinsaure sowie deren Calcium Kalium und Magnesiumsalze finden sich reichlich in den Reben Trauben und Blattern des Weinstocks sowie im Lowenzahn in Zuckerruben in Tamarinden in unreifen Vogelbeeren in den Samen des Spindelbaums in den Blattern der Agaven in schwarzem Pfeffer in der Ananas und in vielen weiteren Fruchten Bei der Weinherstellung scheiden sich schwerlosliche Salze der Weinsaure als Weinstein am Boden von Weinfassern oder Weinflaschen ab Die D Weinsaure nicht ganz korrekt unnaturliche Weinsaure genannt findet sich nur in den Blattern des westafrikanischen Orchideenbaums Bauhinia reticulata 8 Die meso Form existiert in der Natur nicht Herstellung BearbeitenDie Herstellung von Weinsaure aus Weinstein gelingt nach der Umwandlung in Calciumtartrat Aus diesem kann mit Schwefelsaure die Weinsaure freigesetzt werden als Nebenprodukt entsteht Gips Die meso Form lasst sich durch Oxidation von Fumarsaure oder Maleinsaureanhydrid mit Wasserstoffperoxid Kaliumpermanganat oder anderen Persauren herstellen Reine D Weinsaure kann durch den Abbau mit Pinselschimmel Penicillium glaucum aus dem Racemat erhalten werden da Penicillium glaucum nur die L Weinsaure abbaut Eigenschaften BearbeitenDie zwei Kohlenstoffatome die die beiden Hydroxygruppen im Molekul der Weinsaure tragen sind Stereozentren Je nach der Konfiguration dieser Zentren liegt D Weinsaure Synonym 2S 3S Weinsaure L Weinsaure Synonym 2R 3R Weinsaure oder die optisch inaktive meso Weinsaure vor In der meso Form ist eines der Stereozentren R das andere S konfiguriert In der Natur kommt meist die rechtsdrehende L Form vor Die beiden Enantiomeren der Weinsaure L Weinsaure und D Weinsaure unterscheiden sich nicht in ihren physikalischen und chemischen Eigenschaften nur im Drehwert gegen linear polarisiertes Licht Der Drehwert a betragt bei L Weinsaure 12 7 bei D Weinsaure 12 7 13 bei gleichen Messbedingungen Der Drehwert der meso Weinsaure betragt wie bei allen meso Verbindungen 0 Die physiologischen Eigenschaften aller drei Stereoisomere der Weinsaure sind verschieden Isomere der WeinsaureName D Weinsaure L Weinsaure meso WeinsaureAndere Namen 2S 3S Weinsaure 2R 3R WeinsaureStrukturformel nbsp nbsp nbsp Gestrichelte Linie SpiegelebeneCAS Nummer 147 71 7 87 69 4 147 73 9133 37 9 DL Gemisch 526 83 0 unspez EG Nummer 205 695 6 201 766 0 205 696 1205 105 7 DL Gemisch 610 885 0 unspez ECHA Infocard 100 005 178 100 001 606 100 005 179100 004 642 DL Gemisch 100 121 903 unspez PubChem 439655 444305 440015875 unspez Wikidata Q23034947 Q18226455 Q12447642Q4111665 DL Gemisch Q411237 unspez Die Alkalisalze der Weinsaure vermogen in alkalischer Losung Kupfer II Ionen zu komplexieren zu binden und dadurch in Losung zu halten Fehlingsche Losung Als zweibasische verhaltnismassig starke Saure konnen auch Hydrogentartrate gebildet werden Eine Mischung gleicher Mengen von L und D Weinsaure Racemat wird als Traubensaure bezeichnet Schmelzpunkt 205 206 C Diese Mischung wird manchmal auch racemische Weinsaure genannt Eine Mischung der drei Stereoisomere der Weinsaure mit variablen Anteilen L D und meso Weinsaure wird als Isomerengemisch der Weinsaure gehandelt Verwendung BearbeitenIn grosserem Massstab findet nur die L Weinsaure Verwendung da sie das Produkt der meisten Syntheseverfahren von Weinsaure darstellt 50 der produzierten L Weinsaure gehen in die Lebensmittelindustrie und Pharmazie die andere Halfte in technische Anwendungsgebiete Weinsaure wird als Ingredienz von Desinfektionsmitteln verwendet Dabei wird in der Regel nicht ausgewiesen ob es sich um L oder D Weinsaure die racemisch gemischte Weinsaure oder ein anderes Mischungsverhaltnis handelt Verwendung als Lebensmittelzusatzstoff Bearbeiten Der offensichtlichste Anwendungsbereich der Weinsaure liegt in ihrer Verwendung als Lebensmittelzusatzstoff Die in diesem Bereich als E 334 bezeichnete L Weinsaure findet sich nicht nur naturlich in vielen Lebensmitteln sondern wird aufgrund ihrer geschmacklichen und konservierenden Eigenschaften auch vielen Lebensmittel Mischprodukten zugesetzt Weinsaure wird bei der Bereitung von Speiseeis Kunsthonig Obst Limonaden und Erfrischungsgetranken Gelee Weingummis und Konditorwaren z B zur Stabilisierung von Cremes und Schaumen und bei der Sauerung saurearmer Weine verwendet In Backbuchern wird auch falschlicherweise die Bezeichnung Weinsteinsaure verwendet Die orale Toxizitat der L Weinsaure war im Tierversuch mit Ratten ausserst gering die LDLo lag fur Ratten bei oraler Gabe bei 7500 mg kg Korpergewicht 10 Die als Lacton polymere Metaweinsaure E 353 wird hauptsachlich zur Weinsteinstabilisierung verwendet als Schutzkolloid verhindert sie die Kristallisation von Weinstein im Wein 14 Technische Verwendungsmoglichkeiten Bearbeiten Weiterhin findet Weinsaure auch in vielen technischen Bereichen Verwendung unter anderem beim Griffigmachen und Glatten von Seide Bedeutsam ist die Fahigkeit der Weinsaure mit Metallen Komplexe zu bilden Bei diesen Komplexen wird das Metall Kation durch die Weinsaure fester gebunden als bei den meisten anderen organischen Sauren Dadurch ergeben sich zahlreiche Anwendungsmoglichkeiten Kaliumnatriumtartrat wird beispielsweise als Komplexbildner in Fehlingscher Losung eingesetzt Weinsaure zur Oberflachenbehandlung von Kupfer und Messingartikeln Letztere kann ebenfalls zur Reinigung schwermetallkontaminierter Boden verwendet werden da sie hier giftige Schwermetalle bindet aber selbst biologisch abbaubar ist Setzt man sie Zement und Gips zu verzogert sie deren Abbinden durch Komplexieren der Calciumionen und verlangert damit die Bearbeitungs und Verformbarkeitszeit Weiterhin dient sie als Reduktionsmittel und zur Racematspaltung organischer Basen In der modernen organischen Synthese sind LiAlH4 Weinsaurederivate wie TADDOL wichtige chirale Reagenzien oder Katalysatoren zur enantioselektiven Reduktion von Ketonen sowie anderen stereoselektiven Syntheseverfahren 15 16 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Weinsaure Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wiktionary Weinsaure Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten Alfred Henry Allen Commercial Organic Analysis Vol I 2nd Edition J amp A Churchill 1885 S 435 online auf babel hathitrust org abgerufen am 13 November 2017 a b c d Rudolf Wagner Die Chemie 6 Auflage Wiegand 1873 S 515 Hans Meyer Lehrbuch der Organisch Chemischen Methodik Zweiter Band Springer 1933 ISBN 978 3 662 37141 1 Reprint S 161 Eintrag zu E 334 Tartaric acid L in der Europaischen Datenbank fur Lebensmittelzusatzstoffe abgerufen am 27 Juni 2020 a b Datenblatt D Weinsaure PDF bei Carl Roth abgerufen am 7 August 2010 a b c K Peter C Vollhardt Organische Chemie 1 korrigierter Nachdruck der 1 Auflage VCH Weinheim 1990 ISBN 3 527 26912 6 S 166 a b c The Merck Index An Encyclopaedia of Chemicals Drugs and Biologicals 14 Auflage 2006 ISBN 978 0 911910 00 1 S 1557 1558 a b c d e Eintrag zu Weinsaure In Rompp Online Georg Thieme Verlag abgerufen am 12 November 2014 a b Eintrag zu Weinsaure in der GESTIS Stoffdatenbank des IFA abgerufen am 10 Januar 2017 JavaScript erforderlich a b Eintrag zu Tartaric acid in der ChemIDplus Datenbank der United States National Library of Medicine NLM abgerufen am 25 Marz 2021 Seite nicht mehr abrufbar Inhalt nun verfugbar via PubChem ID 875 Johann Christian Poggendorff Biographisch literarisches Handworterbuch 1 Band A L Barth 1863 S 1251 a b H Hart L E Crane D J Hart Organische Chemie 2 Auflage WILEY VCH Verlag Weinheim 2002 ISBN 978 3 527 30379 3 S 193 Eberhard Breitmaier Gunther Jung Organische Chemie 4 Auflage Thieme Verlag 2001 ISBN 978 3 13 541504 8 S Gortges Metaweinsaure zur Weinsteinstabilisierung Memento vom 15 August 2016 im Internet Archive PDF In Schweiz Z Obst Weinbau Nr 1 2002 S 8 9 D Seebach A K Beck und A Heckel TADDOLs Their Derivatives and TADDOL Analogues Versatile Chiral Auxiliaries In Angewandte Chemie International Edition 40 2001 S 92 138 PMID 11169693 M Aoki und D Seebach Preparation of TADOOH a Hydroperoxide from TADDOL and Use in Highly Enantioface and Enantiomer Differentiating Oxidations In Helvetica Chimica Acta 84 2001 S 187 207 doi 10 1002 1522 2675 20010131 84 1 lt 187 AID HLCA187 gt 3 0 CO 2 O Normdaten Sachbegriff GND 4189476 5 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Weinsaure amp oldid 237301827