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Als Religion der Bajuwaren werden die in der Ubergangsphase von der Spatantike zum fruhen Mittelalter unter den Bajuwaren verbreiteten Glaubensvorstellungen bezeichnet Inhaltsverzeichnis 1 Schriftliche Quellen 2 Archaologische Quellen 3 Religiose Traditionen 4 Forschungsstand 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseSchriftliche Quellen Bearbeiten nbsp Die wenigen Quellen uber die Bajuwaren aus dieser Zeit stammen von christlichen AutorenUber die spater von den Bajuwaren besiedelten Regionen des heutigen Nieder und Oberbayerns dem Salzburger Land und dem westlichen Oberosterreich gibt die Vita des heiligen Severin von Noricum aus dem 5 Jahrhundert umfangreiche Auskunft Severin von Noricum ein christlicher Romer missionierte in spaterer Zeit in Noricum und ubernahm wichtige organisatorische Aufgaben da die Verwaltung dem Verfall preisgegeben war Nach seinem Tod in Favianis dem heutigen Mautern in Niederosterreich schrieb Eugippius ein umfassendes Werk uber das Wirken des Heiligen Severin das einen umfassenden Einblick in die Situation der Provinz Noricum zu dieser Zeit liefert Die Vita Sancti Severini berichtet dass die romanisierten Noriker im 5 Jahrhundert bereits durchwegs Christen waren wie auch die unter den Romanen lebenden Germanen Von den Germanen jenseits der Donau die spater der massgebliche Teil der bajuwarischen Bevolkerungen werden sollten erfahrt man lediglich uber die Rugier Genaueres Nach dem heiligen Severin bricht jedoch die schriftliche Uberlieferung komplett ab und es gibt erst wieder aus der Mitte des 6 Jahrhunderts Informationen uber diese Region die jedoch sehr sporadisch sind und von Durchreisenden wie dem heiligen Venantius Fortunatus stammen Erst durch die Mission schottischer Monche im fruhen 8 Jahrhundert bluht die Erstellung von Texten in der bajuwarischen Region wieder auf Diese Texte aus dem 8 Jahrhundert wurden durchwegs von christlichen Monchen geschrieben und beinhalten praktisch keine Information uber die Glaubensvorstellungen der Bajuwaren aus der Zeit davor Dadurch gibt es uber diese zeitliche Lucke von 200 Jahren sehr wenige schriftliche Quellen insbesondere nicht uber die Religion der Bajuwaren eher noch uber politische Ereignisse Archaologische Quellen Bearbeiten nbsp Hemdfibeln als Grabbeigabe einer bajuwarischen Frau aus dem Reihengraberfeld in Waging am SeeEine wesentliche Quelle fur praktizierte Religiositat sind Grabbeigaben 1 Anhand von Grabfunden und deren Beigaben lasst sich feststellen dass die Vorfahren der Bajuwaren Vorstellungen von einem wie auch immer gearteten Leben nach dem Tod hatten Die meisten Funde stammen aus dem 6 bis 7 Jahrhundert nbsp Wertvolle Grabbeigaben wie diese bajuwarische Bugelfibel aus Waging am See wurden bis ins 7 Jahrhundert den Toten mitgegeben Es fanden sich fur Manner Waffen Rangabzeichen sowie Frauenschmuck als Statussymbol Erganzend waren Gegenstande des alltaglichen Gebrauchs wie Kruge und Werkzeuge vorhanden Weiter sind Goldblattkreuze zu erwahnen die als Schmuckbeigaben in ihrer Form variierten Auch wurden Charonsmunzen als mitgegebene Glaubenssymbole gefunden Der Archaologe Roland Knochlein erkennt spatestens am Reihengraberfeld von Waging das Ende einer vorher moglicherweise praktizierten germanische Religiositat 2 Vereinzelte Beigaben sind noch im 9 11 Jahrhundert festzustellen Sie wurden jedoch mit dem Ersatz der Reihenfeldgraber durch die Friedhofe bei den neu errichteten oder schon bestehenden Kirchbauten abgelost 1 Wichtige Funde auf denen die archaologischen Erkenntnisse zur Glaubenswelt der Bajuwaren aufbauen wurden unter anderem an folgenden Orten gefunden nbsp Wichtige Fundorte bajuwarischer Reihengraberfelder aus dem 6 und 7 JahrhundertWaging am See Landkreis Traunstein Petting am Waginger See Heining bei Laufen an der Salzach Emmering Landkreis Furstenfeldbruck Staubing bei Kelheim im Altmuhltal Kemathen bei Kipfenberg im Altmuhltal Altenerding Moosinning bei Erding Steinhoring Landkreis Ebersberg Ergolding Landkreis Landshut Alburg bei Straubing Niedertraubling Landkreis Regensburg Pocking Schlupfing bei Passau Wels in Oberosterreich Grabungen beim Bahnhof Rudelsdorf bei Horsching Bezirk Linz Land Linz Zizlau Schwanenstadt Pausinger Villa Bezirk VocklabruckReligiose Traditionen BearbeitenDie romanische Bevolkerung im ehemaligen Noricum Ripense und der Raetia Secunda war schon seit dem 4 Jahrhundert weitgehend christlich Die schriftliche Uberlieferung aus altbairischen Quellen und lateinischen Manuskripten aus dieser Region berichten sehr wenig von einer vorchristlichen Religion der Bajuwaren Die einzige Informationsquelle ist deshalb die Archaologie Beim Ubergang von der Antike zum Mittelalter handelt es sich um eine Epoche in der sich der Stamm der Bajuwaren zu formieren begann Bereits damals gab es ein Nebeneinander von Glaubensvorstellungen die im Gefolge der Romer ins Land gekommen waren wie Judentum und Arianismus Von den Goten verbreitete sich die arianische Variante des Christentums rasch auf benachbarte Stamme und auf die Gruppen aus denen im 6 Jahrhundert die Bajuwaren entstanden waren Umstritten ist jedoch die Frage wie weit verbreitet diese Form des Christentums unter den Bajuwaren war Archaologische Befunde geben auf diese Frage keine klare Antwort So wird von manchen Forschern die Existenz von Grabbeigaben als heidnische Sitte interpretiert die auf die Existenz einer germanischen Religion hindeutet wahrend andere die Abkehr von der Verbrennung der Toten zu einer Erdbestattung bereits einem christlichen Einfluss zuschreiben Die Missionierung der Goten durch die Wulfilabibel fallt mit deren Aufgabe der Brandbestattung zeitlich zusammen Vorstellbar ist auch die Entstehung einer synkretistischen Glaubensvorstellung 3 aus germanischen und griechisch christlichen Elementen Dafur spricht bei den bajuwarischen Graberfeldern auch die Beigabe von eindeutig christlichen Gegenstanden wie den ab dem 7 Jahrhundert aus dem langobardischen Italien ubernommenen Brauch den Toten Goldblattkreuze mit ins Grab zu legen 4 Vor allem in den grosseren ehemaligen romischen Stadten und Kastellen wie Iuvavum Salzburg Lauriacum Enns Boiotro Passau Castra Regina Regensburg Augusta Vindelicorum Augsburg und in den Tiroler und Salzburger Alpentalern existierte trotz der Wirren der Volkerwanderung teilweise noch eine romanische Bevolkerung Diese im bajuwarischen Siedlungsraum verbliebenen Romanen waren durchwegs katholische Christen wie auch aus der Vita Sancti Severini hervorgeht Sie verehrten weiterhin lokale christliche Heilige wie Florian von Lorch und Afra von Augsburg und lebten oft direkt neben den neu eingewanderten Germanen Schmuckstucke aus Grabern die in der Zeit um 500 angelegt worden waren lassen bereits fur diese Zeit auf eine christlich gepragte Einwohnerschaft schliessen Deutlich bekannte sie sich bereits zum Christentum Bei Fundstucken aus Grabungen in Unterhaching entschlusselten Archaologen den Unterhaching Code die christliche Bildsprache des Fruhen Mittelalters 5 In bajuwarischen Reihengraberfeldern findet man romanische Graber neben moglicherweise germanischen Die ab 615 beginnende Missionierung durch iro schottische Monche fuhrte dann in grosserem Umfang zur Konversion der Bajuwaren zur katholischen Variante des Christentums Dabei waren vor allem die heiligen Eustasius Agilus und Emmeram von Regensburg von Bedeutung Doch erst durch politischen Druck von Seiten der machtigeren Franken konnte der Katholizismus auch unter den germanischen Bajuwaren starker Fuss fassen wobei die heiligen Korbinian und Rupert eine wichtige Rolle spielten So wurden um das Jahr 700 katholische Bistumer im bajuwarischen Herzogtum eingerichtet das alteste davon Salzburg 696 spater Regensburg um 700 Freising 716 Passau 739 und Eichstatt Mitte 2 Halfte 8 Jh 6 Endgultig wurden die letzten Anhanger des Arianismus aber wahrscheinlich erst nach dem Sieg der Franken uber die mit den Bajuwaren eng verbundenen Langobarden im Jahr 774 zur Konversion bewegt Die Niederwerfung der ebenfalls arianischen Langobarden durch die bereits katholischen Franken bedeutete das endgultige Ende des Arianismus in Europa Eine christlich synodale Tatigkeit seit den Bistumsgrundungen im Jahr 739 geht mit bajuwarischen Landessynoden unter Herzog Tassilo in Dingolfing um 770 n Chr und Neuching 772 einher Bischof Arn von Salzburg ladt zu einem Konzil ein welches im Jahr 799 in Reisbach gehalten wird einem im Fruhmittelalter bedeutenden Ort der Bajuwaren 7 Dies war die erste zeitlich und ortlich uberlieferte bairische Metropoliten Bischofssynode Bischofe Abte Priester Erzpriester und Diakone aus ganz Baiern waren auf fruhmittelalterlichen Strassen und Wegen unterwegs um sich in Reisbach zu versammeln Das katholische Christentum hat sich bei den Bajuwaren also langsam durchgesetzt durch kulturellen Austausch mit den Romanen seit der Endphase des Westromischen Reiches bis zur endgultigen Integration Baierns in das Frankenreich im Jahr 788 Inwieweit germanische Riten oder auch keltische und heidnisch romische Relikte bei der romanischen Bevolkerung der Alpenregion tatsachlich tradiert wurden ist nicht belegt Die germanophile Volkskunde des 19 und fruhen 20 Jahrhundert behauptete eine Kontinuitat aus vorchristlicher Zeit bis zum heutigen Brauchtum eine Sichtweise die heute jedoch stark kritisiert und angezweifelt wird In jungster Zeit ist das Interesse fur die alpenlandischen Kelten stark gestiegen und so wird gelegentlich eine verborgene Kontinuitat keltischer Riten uber die spater bajuwarisierte keltoromanische Restbevolkerung bis ins heutige Brauchtum behauptet eine These die auf einer schwachen wissenschaftlichen Basis steht Daneben wird fur die spater von den Bajuwaren besiedelten ostlichen Regionen in Niederosterreich der Steiermark und in Karnten ein slawischer Ursprung mancher Brauche vermutet Alle diese Theorien sind jedoch nicht belegt nbsp Kombikarte Fuhrungskarte zur Ausstellung 19 Mai 6 November 1988Forschungsstand Bearbeiten1987 88 wurde das umfangreiche Reihengraberfeld in Waging am See gefunden und archaologisch erschlossen Aus diesem Anlass veranstalteten Rosenheim und die Salzburger Gemeinde Mattsee 1988 gemeinsam eine Bajuwarenausstellung unter dem Titel Die Bajuwaren Von Severin bis Tassilo 488 bis 788 Seitdem wurden durch Bauprojekte neue archaologische Zufallsfunde aus der Zeit des 6 und 7 Jahrhunderts getatigt wodurch sich der Wissensstand weiter vermehrte So wurde erst 1990 in Kemathen bei Kipfenberg eines der altesten als bajuwarisch identifizierten Graber entdeckt 1991 fand man in Petting am Waginger See ein weiteres fruhmittelalterliches Graberfeld Die Kampagne am Graberfeld in Schwanenstadt in Oberosterreich wurde 1996 abgeschlossen und auf das Graberfeld in Wels wurde man erst 2005 durch Umbauten am dortigen Bahnhofsareal aufmerksam Dieser letzte Fund bietet besonders interessante Erkenntnisse da es dort eine kontinuierliche Grablege vom 4 bis in das 8 Jahrhundert gibt 8 Literatur BearbeitenMarion Bertram Die fruhmittelalterlichen Graberfelder von Pocking Inzing und Bad Reichenhall Kirchberg Rekonstruktion zweier Altgrabungen Museum fur Vor und Fruhgeschichte Berlin 2002 399 S ISBN 3 88609 201 1 Thomas Fischer Das bajuwarische Reihengraberfeld von Staubing Studien zur Fruhgeschichte im bayerischen Donauraum Lassleben Kallmunz 1993 ISBN 3 7847 5126 1 Ronald Knochlein Das Reihengraberfeld von Waging am See Schriftenreihe des Bajuwarenmuseums Nr 1 Liliom Verlag Waging am See 2000 ISBN 3 927966 75 4 Hans Losert Andrej Pleterski Altenerding in Oberbayern Struktur des fruhmittelalterlichen Graberfeldes und Ethnogenese der Bajuwaren sripvaz Verl Berlin u a 2003 499 S ISBN 3 931278 07 7 Ludwig Pauli Heidnische und christliche Brauche In Hermann Dannheimer Die Bajuwaren Von Severin bis Tassilo 488 bis 788 Freistaat Bayern Munchen 1988 S 274 280 Knut Schaferdiek Winrich Alfried Lohr Hanns Christof Brennecke Schwellenzeit Beitrage zur Geschichte des Christentums in Spatantike und Fruhmittelalter Kapitel Gab es eine gotisch arianische Mission im suddeutschen Raum Seite 203ff Walter de Gruyter Verlag 1996 546 Seiten ISBN 3110149680 im Volltext bei Google Books Rudolf Simek Religion und Mythologie der Germanen Darmstadt Wissenschaftliche Buchgesellschaft Theiss Verlag 2003 ISBN 3 8062 1821 8 Tovornik Vlasta Das bajuwarische Graberfeld von Schwanenstadt Oberosterreich Monographien zur Fruhgeschichte und Mittelalterarchaologie Band 9 2002 152 S ISBN 3 7030 0372 3Weblinks BearbeitenDieter Dorfler Die Bajuwaren vom Waginger See Ein Besuch im Bajuwaren Museum erinnert an das Leben unserer Vorfahren Karl Heinz Rieder Kemathen Der erste echte Bajuware Germanisches Kriegergrab im Altmuhltal offenbart ein Stuck Geschichte unserer Vorfahren Grosses Graberfeld in Wels entdeckt Website des ORF Oberosterreich Meldung vom 12 August 2005 Einzelnachweise Bearbeiten a b Maria Barbara von Stritzki Art Grabbeigabe In Reallexikon fur Antike und Christentum Bd 12 Stuttgart 1983 Sp 429 445 Helmut Geisslinger Eckardt Meineke Giesela Schiller Art Grab und Grabbrauch In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Bd 12 S 491 515 Kurt Reindel Grabbeigaben und die Kirche In Zeitschrift fur bayerische Landesgeschichte Nr 58 S 141f Vgl Ronald Knochlein Das Reihengraberfeld von Waging am See S 70 Zitat Eine regelrecht organisierte Form germanischer Religiositat mit Heiligtumern und Priestern war fur die hinter den Reihengrabern stehende Bevolkerung bereits Teil einer fremden Welt geworden Ronald Knochlein Das Reihengraberfeld von Waging am See Seite 66 Zitat Entsprechend bildete die auf den ersten Blick reichhaltige Ausstattung der Waging Mannergraber 66 und 77 in der Zeit etwa zwischen 610 und 640 in den augen der Zeitgenossen keinen Widerspruch zu christlichen Emblemen in Form von Goldblattkreuzen Ronald Knochlein Das Reihengraberfeld von Waging am See Seite 60 Zitat Es handelt sich um einen aus dem langobardischen Italien ubernommenen Totenbrauch Die Kreuze bestehen aus sehr dunnem einer praktischen Verwendung nicht gewachsenem folienartigem Goldblech und wurden den Verstorbenen vor der Grablegung aufs Gewand genaht Archaologische Staatssammlung Bayern Karfunkelstein und Seide 2010 Fruhmittelalter Merowingerzeit Website des Archaologischen Vereins im Landkreis Freising e V Abgerufen am 12 Oktober 2012 http www unser vilstal de index php cat 59 amp subcat 81 Grosses Graberfeld in Wels entdeckt Website des ORF Oberosterreich 12 August 2005 Abgerufen am 12 Oktober 2012 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Religion der Bajuwaren amp oldid 183792900