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Paranthropus aethiopicus ist eine Art der ausgestorbenen Gattung Paranthropus aus der Entwicklungslinie der Hominini die vor rund 2 8 bis 2 3 Millionen Jahren in Ostafrika vorkam 1 Die Abgrenzung der Art gegen andere Arten der Gattung Paranthropus sowie zur Gattung Australopithecus ist umstritten Die Fossilien werden daher von einigen Forschern auch als Australopithecus aethiopicus bezeichnet Paranthropus aethiopicusDer Black Skull von Paranthropus aethiopicus Nachbildung Zeitliches AuftretenPliozan2 7 bis 2 3 Mio JahreFundorteAthiopien KeniaSystematikMenschenartige Hominoidea Menschenaffen Hominidae HomininaeHomininiParanthropusParanthropus aethiopicusWissenschaftlicher NameParanthropus aethiopicus Arambourg amp Coppens 1968 Die Arten der Gattung Paranthropus werden in der Familie der Menschenaffen zur Gruppe der Australopithecina gerechnet und stellen vermutlich eine evolutionare Seitenlinie zur Gattung Homo dar Inhaltsverzeichnis 1 Namensgebung 2 Erstbeschreibung 3 Weitere Funde 4 Merkmale 5 Lebensraum 6 Klassifikation 7 Siehe auch 8 Literatur 9 Weblinks 10 BelegeNamensgebung BearbeitenDie Bezeichnung der Gattung Paranthropus ist abgeleitet von altgriechisch ἄn8rwpos anthropos deutsch Mensch und para neben abweichend von das Epitheton aethiopicus verweist auf Athiopien wo 1967 das erste heute zu dieser Art gestellte Fossil entdeckt wurde das zugleich der erste in Athiopien entdeckte Fund eines fossilen Vertreters der Hominini war Paranthropus aethiopicus bedeutet demnach Nebenmensch aus Athiopien im Sinne von im Stammbaum neben der Gattung des Menschen angeordnet Erstbeschreibung BearbeitenHolotypus von Paranthropus aethiopicus ist ein leicht beschadigter Unterkiefer Knochen mit fehlenden Zahnkronen Sammlungsnummer Omo 18 1967 18 der am 7 Juli 1967 von dem franzosischen Forscher Rene Houin in Schicht C der Shungura Formation am Omo Fluss der in den Turkana See mundet entdeckte worden war Bereits am 16 August 1967 wurde dieses Fossil in einer Sitzung der Academie des sciences von Camille Arambourg und Yves Coppens vorgestellt und der von ihnen vorlaufig neu eingefuhrten Art Paraustralopithecus aethiopicus aus Athiopien stammend und von Australopithecus abweichend zugeschrieben 2 Als gultig wurde diese Bezeichnung jedoch erst in einer zweiten Publikation ausgewiesen 3 in dieser erneut nur zwei Druckseiten langen Erstbeschreibung wurde wie bereits zuvor gegenuber der Academie eingeraumt auf den ersten Blick ahnele der Unterkiefer insbesondere Australopithecus africanus jedoch weiche der besonders kraftige aufsteigende Unterkieferast Ramus mandibulae deutlich von Australopithecus und speziell auch von Paranthropus boisei ab Weitere Funde BearbeitenAls Beleg fur eine neue Art blieb das Fragment Omo 18 1967 18 bis 1986 umstritten vor allem aufgrund der fehlenden Zahnkronen denn insbesondere aus dem Bau der Zahne kann bei vielen Saugetier Fossilien die Zugehorigkeit zu einer bestimmten Art abgeleitet werden Aufgrund seines Zustands erwies sich der Unterkiefer Omo 18 1967 18 fur die Klassifikation einer bestimmten Art aber als wenig geeignet 1986 beschrieben dann aber Alan Walker und Richard Leakey in der Fachzeitschrift Nature den 1985 westlich vom Turkana See Kenia entdeckten Black Skull Schwarzer Schadel siehe Abbildung rechts Sammlungsnummer KNM WT 17 000 den sie jedoch der Schwesterart Australopithecus boisei zuschrieben 4 Diese Publikation fuhrte umgehend zu einer Uberprufung diverser Hypothesen zu Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den diversen Arten der Gattungen Australopithecus und Paranthropus sowie der Zuordnung einzelner Funde zu bestimmten Arten 5 Im Ergebnis wurden 1987 der Unterkiefer Omo 18 1967 18 aus Athiopien der vermutlich gleich alte Schwarze Schadel und einige weitere einzeln gefundene Zahne und Schadelfragmente sowie der Unterkiefer KNM WT 16005 als Paranthropus aethiopicus ausgewiesen 6 Diese Zuordnung erfolgte allerdings nicht aufgrund eindeutiger gemeinsamer anatomischer Merkmale der Schwarze Schadel besitzt keinen Unterkiefer zum athiopischen Holotypus existiert kein Oberkiefer sondern einzig aufgrund der als ahnlich angesehenen Korpergrosse des ahnlichen Alters und der nicht allzu grossen geographischen Entfernung der Fundorte Dabei unterstellte man dass zu jedem Zeitpunkt und in einer bestimmten Region nur eine einzige Hominidenart mit einer bestimmten Korpergrosse existierte da aber selbst heute noch in bestimmten Regionen westlich des Rift Valleys drei Hominiden Arten mit teils uberschneidender Korpergrosse nebeneinander leben Gorillas Schimpansen und Menschen wirkt diese Klassifikation die sich auf solche Kriterien stutzt sehr fragwurdig 7 Merkmale Bearbeiten nbsp Der Black Skull in seitlicher AnsichtDie Art Paranthropus aethiopicus wurde anhand des Unterkiefer Fragments Omo 18 1967 18 definiert das schmale Schneidezahne aufweist und dessen linke und rechte Zahnreihe nach vorn relativ spitz zusammenlauft Der Oberkiefer des Schwarzen Schadels besitzt hingegen lange parallele Zahnreihen und der Abstand zwischen linkem und rechtem Eckzahn ist relativ weit woraus auf breite Schneidezahne geschlossen werden kann diese Unterschiede legen die Vermutung nahe dass es sich bei dem Holotypexemplar und dem Schwarzen Schadel um unterschiedliche biologische Arten handelt 8 Die Form der Schneidezahne unterscheidet den Schwarzen Schadel jedoch von allen anderen Paranthropus Arten Hingegen sind die Eckzahne seines Oberkiefers wie bei anderen Paranthropus Arten relativ klein die Backenzahne sind gross und flach abgeschliffen Das Gesicht von Paranthropus aethiopicus ist soweit dies aus dem Schwarzen Schadel abgeleitet werden kann recht flach und hat durch die ausgepragte alveolare Prognathie bei der die Schneidezahnreihen mehr waagerecht als senkrecht in den Kiefer eingelassen sind eine extrem ausgebildete Schnauze und ein konkav eingezogenes Gesicht 9 Zwar weisen auch andere Australopithecinen wie Australopithecus afarensis Prognathie auf sie ist aber bei Paranthropus aethiopicus starker ausgepragt 10 und stellt ein sicheres Erkennungsmerkmal dar Ahnlich den heute lebenden Gorilla Mannern befindet sich oben in der Mitte des Hirnschadels ein auffallig emporragender Scheitelkamm an dem die Kaumuskeln ansetzten Fur den Schwarzen Schadel wurde bereits in seiner ersten Beschreibung ein Gehirnvolumen von 410 cm errechnet was ungefahr dem mittleren Hirnvolumen eines heutigen Schimpansen entspricht Zusammenhangenden Funde von Schadelknochen und von Knochen unterhalb des Schadels wurde bislang nicht entdeckt 11 so dass es uber seinen Korperbau nur Vermutungen gibt Diese Vermutungen stutzen sich auf Skelettknochen die aus gleich alten Fossilien fuhrenden Schichten stammen und eine passende Grosse aufweisen Daraus wurde abgeleitet dass die Besitzer dieser Knochen sich sowohl auf dem Boden fortbewegen als auch auf Baumen klettern konnten sich aber noch nicht nach Art der Menschen gewohnheitsmassig auf zwei Beinen fortbewegten 12 Die Korpergrosse wurde auf ca 1 30 Meter geschatzt das Korpergewicht auf 30 bis 40 kg 13 Lebensraum BearbeitenDie Fundschichten gelten auf Basis von radiometrischer Altersbestimmung und aufgrund palaomagnetischer Analysen als zuverlassig datierbar da es unterhalb und oberhalb der Fossilien fuhrenden Schichten vor rund 2 5 Mio Jahren wiederholt zu Ascheablagerungen durch Vulkanausbruche kam In den gleichen Fundschichten wurden zahlreiche Begleitfunde geborgen so unter anderem Knochen von Lowe Streifenhyane und Wustenluchs von Elefant Giraffe und Nashorn von Moorantilope Menelikia Gnu und Ziege von Pavian Parapapio und Schlankaffe Paracolobus Ferner entdeckte man in diesen Schichten Fossilien die zu einer anderen nicht eindeutig bestimmten Hominiden Art gehoren gleich alte Arten sind Australopithecus garhi und Homo rudolfensis Besonders haufig vertreten sind Riedbock und Wasserbock weswegen vermutet wird dass Paranthropus aethiopicus in Graslandschaften lebte die zumindest zeitweise uberschwemmt waren und in einer Klimazone die der heutigen in Ostafrika ahnlich war Auch die grossen und stark abgenutzten Backenzahne des Schwarzen Schadels und dessen Knochenkamm an dem starke Kaumuskeln ansetzten weisen auf einen Lebensraum hin in dem vor allem harte Pflanzenkost als Nahrung diente Die grossen Schneidezahne haben moglicherweise dazu gedient Rinde von Pflanzenstangeln abzuschalen Fur den Zeitpunkt des erstmaligen Auftretens von Paranthropus aethiopicus vor 2 8 Millionen Jahren wurde auch fur mehrere andere Tierarten eine Veranderung ihrer Bezahnung Verdickung des Zahnschmelzes nachgewiesen ferner Anhaltspunkte fur haufigere Durreperioden im Gebiet des heutigen sudlichen Athiopien 14 Klassifikation Bearbeiten nbsp Hypothese zur Evolution der Australopithecinen wie sie aufgrund der gegenwartigen Fundlage beispielsweise von Friedemann Schrenk vertreten wird Die Einordnung von Paranthropus aethiopicus in den Stammbaum der Hominini ist ungeklart Einige Forscher interpretieren diese Art als Vorlauferart der etwas jungeren Arten Paranthropus boisei und Paranthropus robustus 15 Andere Forscher argumentieren dass die Gattung Paranthropus polyphyletisch sei das heisst dass die ihr zugeordneten Arten keinen gemeinsamen Vorfahren haben 16 Als gesichert gilt jedoch dass Paranthropus als Seitenast jener Evolutionslinie anzusehen ist die zur Gattung Homo fuhrte 17 Moglicherweise gehort auch das Fossil BOU VP 12 130 das Typusexemplar von Australopithecus garhi zum gleichen Formenkreis wie die zu Paranthropus aethiopicus gestellten Fossilien hierauf weisen gemeinsame Merkmale der entdeckten Unterkiefer hin Sollte dies der Fall sein mussten die als Australopithecus garhi ausgewiesenen Fossilien umbenannt und als Paranthropus aethiopicus bezeichnet werden 11 Siehe auch Bearbeiten Grazile und robuste Australopithecus Arten Liste homininer FossilienLiteratur BearbeitenEnquye W Negash Zeresenay Alemseged Rene Bobe et al Dietary trends in herbivores from the Shungura Formation southwestern Ethiopia In PNAS Band 117 Nr 36 2020 S 21921 21927 doi 10 1073 pnas 2006982117 Jonathan G Wynn Zeresenay Alemseged Rene Bobe et al Isotopic evidence for the timing of the dietary shift toward C4 foods in eastern African Paranthropus In PNAS Band 117 Nr 36 2020 S 21978 21984 doi 10 1073 pnas 2006221117 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Paranthropus aethiopicus Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienBelege Bearbeiten Alice Roberts Evolution The Human History Dorling Kindersley London 2011 S 92 ISBN 978 1 4053 6165 1 Camille Arambourg und Yves Coppens Sur la decouverte dans le Pleistocene inferieur de la vallee de l Omo Ethiopie d une mandibule d Australopithecien In Comptes rendus hebdomadaires des seances de l Academie des Sciences Serie D Band 265 August 1967 S 589 590 in Druck erschienen 1968 Camille Arambourg und Yves Coppens Decouverte d un Australopithecien nouveau dans les gisements de l Omo Ethiopia In South African Journal of Science Band 64 1968 S 58 59 Alan Walker Richard E Leakey John M Harris und Francis H Brown 2 5 Myr Australopithecus boisei from west of Lake Turkana Kenya In Nature Band 322 1986 S 517 522 doi 10 1038 322517a0 Eric Delson Human phylogeny revised again In Nature Band 322 1986 S 496 497 doi 10 1038 322496b0 Volltext PDF Memento vom 20 August 2008 im Internet Archive Francis Clark Howell Paul Haesaerts und Jean de Heinzelin Depositional environments archaeological occurrences and hominid from Members E and F of the Shungura Formation Omo basin Ethiopia In Journal of Human Evolution Band 16 1987 S 665 700 doi 10 1016 0047 2484 87 90019 4 Gary J Sawyer Viktor Deak Der lange Weg zum Menschen Lebensbilder aus 7 Millionen Jahren Evolution Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2008 S 51 Gary J Sawyer Viktor Deak Der lange Weg zum Menschen S 51 William H Kimbel und Tim White ermittelten the prognathism in KNM WT 17000 Walker et al 1986 at 45 based on the craniogram made available by Alan Walker F Grine Hrsg Evolutionary History of the robust 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