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Paranthropus robustus ist eine Art der ausgestorbenen Gattung Paranthropus aus der Entwicklungslinie der Hominini die vor rund 1 5 Millionen Jahren 1 im Suden von Afrika vorkam Die Korperform der Art ahnelt derjenigen von Australopithecus africanus jedoch besass Paranthropus robustus einen grosseren kraftigeren Schadel sowie massivere Zahne und wird daher gelegentlich auch robuster Australopithecus genannt Die Abgrenzung der Gattung Paranthropus von Australopithecus ist umstritten weswegen die Fossilien von einigen Forschern als Australopithecus robustus bezeichnet werden Paranthropus robustusSchadel SK 48 von Paranthropus robustusZeitliches AuftretenOberes Pliozan bis Pleistozan1 8 bis 1 2 Mio JahreFundorteSudafrika TansaniaSystematikMenschenartige Hominoidea Menschenaffen Hominidae HomininaeHomininiParanthropusParanthropus robustusWissenschaftlicher NameParanthropus robustus Broom 1938 Die Arten der Gattung Paranthropus werden in der Familie der Menschenaffen zur Gruppe der Australopithecina gerechnet und stellen vermutlich eine evolutionare Seitenlinie zur Gattung Homo dar Inhaltsverzeichnis 1 Namensgebung 2 Erstbeschreibung 3 Weitere Funde 4 Aussehen 5 Verhalten 6 Siehe auch 7 Literatur 8 Weblinks 9 BelegeNamensgebung BearbeitenDie Bezeichnung der Gattung Paranthropus leitet sich ab von altgriechisch ἄn8rwpos anthropos deutsch Mensch und para para deutsch neben abweichend von Das Epitheton robustus spielt auf den robusten Korperbau an Paranthropus robustus bedeutet demnach robuster Nebenmensch im Sinne von im Stammbaum neben der Gattung des Menschen angeordnet Erstbeschreibung Bearbeiten nbsp Holotypus TM 1517 von Paranthropus robustusHolotypus von Paranthropus robustus ist ein erstmals im August 1938 von Robert Broom beschriebener teilweise erhaltener Schadel Sammlungsnummer TM 1517 dessen Uberreste zwei Monate zuvor in der Nahe von Sterkfontein entdeckt worden waren 2 Entdecker der Schadel Fragmente war ein Schuljunge Gert Terblanche der Teile des Schadels abseits der Hohlen von Sterkfontein auf einem Hugel aus dem Boden hatte herausragen sehen Robert Broom der die Fossilfunde der Region wissenschaftlich betreute erkannte deren Bedeutung und schrieb die Neufunde noch im selben Jahr der neu eingefuhrten Gattung und deren Typusart Paranthropus robustus zu 2 Broom stellte die Funde damit bewusst nicht zu den Vormenschen der Gattung Australopithecus Nach Sauberung der Fragmente liessen sie sich zu einem nahezu vollstandigen Gaumenknochen mit fast allen Zahnen des Oberkiefers und der linken Halfte des Schadels zusammen fugen ferner wurde die rechte Halfte des Unterkiefers geborgen Anhand dieser Funde liess sich laut Erstbeschreibung die ursprungliche Grosse des Schadels abschatzen die Broom zufolge grosser war als bei der Mehrzahl heute lebender mannlicher Schimpansen und fast so gross war wie bei den meisten heute lebenden weiblichen Gorillas Insgesamt sei der Bau des Schadels aber stark abweichend von den heute lebenden grossen Menschenaffen und er weiche zudem auch von allen Merkmalen anderer bislang beschriebener Fossilien Gattungen ab Das Gesicht sei sehr flach gewesen und wesentlich kurzer als bei den Gorillas Das Gehirnvolumen des Typusexemplars konnte Broom zufolge rund 600 cm betragen haben 1948 entdeckte Broom in der Hohle von Swartkrans die nur etwa 1 2 Kilometer entfernt von Sterkfontein liegt das Fossil SK 6 bestehend aus dem Teil eines Unterkiefers sowie einigen Zahnen die er zunachst Paranthropus crassidens nannte von lateinisch crassus dick und dens Zahn 3 Diese zusatzliche Artbezeichnung hat sich jedoch nicht durchgesetzt da es sich offensichtlich ebenfalls um Paranthropus robustus handelt 4 SK 6 wird heute als zweites Typusexemplar fur Paranthropus robustus angesehen Weitere Funde Bearbeiten nbsp Hypothese zur Evolution der Australopithecinen wie sie aufgrund der gegenwartigen Fundlage beispielsweise von Friedemann Schrenk vertreten wird In den folgenden beiden Jahren wurden in der Hohle von Swartkrans auch vollstandige Schadel gefunden zuerst im Jahre 1949 das Fossil mit der Bezeichnung SK 79 das allerdings stark vom Sediment zerdruckt und daher wissenschaftlich nur bedingt aussagefahig war 5 Am 30 Juni 1950 wurde bei Sprengarbeiten in der Hohle die dem kommerziellen Abbau von Kalkstein diente ein relativ vollstandig erhaltener Schadel mit der Fossilbezeichnung SK 48 freigelegt siehe Abbildung in der Taxobox Dieser enthielt im Oberkiefer noch einen Eckzahn zwei Pramolaren und insgesamt funf Molaren Der Schadel war mit seinem Scheitelkamm den kraftigen Jochbeinbogen und dem vertieften Nasenbereich wichtig fur die charakteristische Morphologie der robusten Australopithecinen Broom hielt dieses Individuum fur ein Weibchen Seine anatomische Beschreibung die er im Jahre 1951 abschloss erschien posthum in einer umfangreichen Monographie 6 Ein besonders gut erhaltener Schadel DNH 7 wurde 1994 in den Karsthohlen von Drimolen Sudafrika gefunden 7 Weitere bedeutende Fundplatze sind Coopers Cave 8 nahe Swartkrans und Gondolin Cave 9 in der Nordwest Provinz Die Fundplatze der zu Paranthropus robustusgestellten Fossilien konnten bislang nicht absolut datiert werden die Altersangaben 1 8 bis 1 2 Millionen Jahre beruhen auf hilfsweise herangezogenen biostratigraphischen Datierungen 10 Aussehen BearbeitenParanthropus robustus wurde eine Korpergrosse von 1 10 bis 1 30 m und ein Gewicht von 40 bis 80 kg zugeschrieben 11 Das massive Gesicht ist flach ohne Stirn und hat grosse Augenbrauenwulste Er hatte relativ kleine Schneidezahne und Eckzahne aber massive Mahlzahne in einem grossen Unterkiefer Die meisten Exemplare haben einen Scheitelkamm Diese Merkmale deuten darauf hin dass seine Kost uberwiegend aus grober zaher Nahrung bestanden haben durfte die viel Kauen erforderte Es wurde nachgewiesen dass er sich ahnlich wie die fruhestens Vertreter der Gattung Homo und wie Australopithecus africanus zu mehr als 50 Prozent seiner taglichen Zufuhr an Nahrungsenergie von C3 Pflanzen und zu einem weiteren erheblichen Anteil von C4 Pflanzen ernahrte 12 Bei fast jedem zweiten Milchmolar nicht jedoch bei Schneidezahnen und Eckzahnen wurden zahlreiche Vertiefungen im Zahnschmelz festgestellt die diesen Zahnen ein Golfball artiges Aussehen verleihen 13 ein Schadbild das dem der Amelogenesis imperfecta beim Menschen ahnelt 14 Die Gene die beim Menschen in Zusammenhang mit dieser Erkrankung stehen wirken mit an der Produktion von dickem dichtgelagertem Zahnschmelz daher wurde in einer 2019 publizierten Studie gemutmasst die zahlreichen kraterformigen Zahnschmelz Defekte seien bei Paranthropus robustus eine Nebenerscheinung des Erwerbs von besonders dickem dichtgelagertem Zahnschmelz im Verlauf der Evolution und keine Folge der individuellen Nahrungsaufnahme in Kindheit und Jugend Die durchschnittliche Gehirngrosse liegt bei zirka 515 cm und ist damit rund 100 cm grosser als die eines heute lebenden Schimpansen 15 Knochen die mit Paranthropus robustus Skeletten ausgegraben wurden deuten darauf hin dass sie vielleicht als Grabstocke verwendet wurden Es gibt zwar nur wenige erhaltene Knochen aus dem Bereich unterhalb des Kopfes die vorhandenen Fragmente aus Huftgelenk und Kniegelenk wurden aber dahingehend interpretiert dass Paranthropus robustus sehr wahrscheinlich zumindest zeitweise zweibeinig laufen konnte 16 Eines der altesten menschenahnlichen anatomischen Merkmale ist die Gestalt des Ambosses im Mittelohr die bereits fur Australopithecus africanus und Paranthropus robustus beim Fossil SKW 18 aus Swartkrans belegt ist und sich vermutlich schon bei deren letztem gemeinsamen Vorfahren von der Gestalt des Ambosses bei den Schimpansen unterschied 17 Verhalten Bearbeiten nbsp Retzius Streifen am Querschnitt eines Molaren des Fossils SKX 21841 von Paranthropus robustusWahrscheinlich lebte Paranthropus robustus in den Savannen und konnte dort auch grobes und zahfaseriges Pflanzenmaterial verwerten Einige Skelettfunde lassen auch darauf schliessen dass er regelmassig oder hin und wieder grosseren Raubtieren zum Opfer fiel Eine genaue Untersuchung von Zahnen eines Oberkiefers aus der Swartkrans Hohle mit Hilfe der Laserablation ergab dass dieses Individuum jahreszeitlich wechselnde Nahrung zu sich genommen haben muss zeitweise relativ weiche Blatter von Laubbaumen und zeitweise relativ harte Samen und andere Pflanzenteile von Grasern vergleichbar mit den heute lebenden Steppenpavianen 18 Auch die Zahne von drei anderen Individuen 19 erbrachten Hinweise auf eine weit weniger spezialisierte und zumindest zeitweise weichere Kost als ihnen aufgrund der massiven Backenzahne bis dahin zugeschrieben worden war 20 2007 analysierte eine Forschergruppe die Korrelation von Schadelgrosse und Verlust von Zahnhartsubstanz bei 19 Schadeln und 16 Unterkiefern bei denen jeweils der Molar M3 Weisheitszahn bereits durchgebrochen war Berichtet wurde dass junge mannliche Erwachsene identifizierbar aufgrund des geringen Verlusts an Zahnhartsubstanz signifikant kleinere Schadel hatten als altere mannliche Erwachsene identifizierbar aufgrund des hohen Verlusts an Zahnhartsubstanz Daraus wurde geschlossen dass der Grossenzuwachs beim mannlichen Paranthropus robustus bis weit nach der Geschlechtsreife andauerte 21 Interpretiert wurde diese Beobachtung unter Verweis auf rezente Primaten als Folge einer hohen sozialen Konkurrenz unter den Mannchen die bei rezenten Arten wiederum haufig dann zu beobachten ist wenn ein Mannchen eine Gruppe von Weibchen Harem dominiert und andere Mannchen von dieser Gruppe fernzuhalten versucht 22 Anhand der Retzius Streifen an mehreren Zahnen konnte nachvollzogen werden dass die Zahnschmelz Bildung bei Paranthropus robustus rascher vonstattenging als beim anatomisch modernen Menschen 23 Die mannlichen Individuen waren einer 2011 publizierten Studie zufolge von Geburt an weitgehend ortstreu wahrend die weiblichen aus anderen Populationen zuwanderten was als Hinweis auf Exogamie interpretiert wurde weibliche Exogamie und mannliche Ortstreue gibt es auch bei den Schimpansen wahrend bei den Gorillas mannliche und weibliche Individuen nach der Geschlechtsreife gleichermassen in andere Populationen abwandern 24 Siehe auch Bearbeiten Grazile und robuste Australopithecus Arten Stammesgeschichte des Menschen Liste homininer FossilienLiteratur BearbeitenJose Braga Bernard Wood et al Hominin fossils from Kromdraai and Drimolen inform Paranthropus robustus craniofacial ontogeny In Science Advances Band 9 Nr 18 2023 doi 10 1126 sciadv ade7165 Palesa P Madupe et al Enamel proteins reveal biological sex and genetic variability within southern African Paranthropus Auf bioRxiv vom 3 Juli 2023 doi 10 1101 2023 07 03 547326 Hintergrundinformationen englisch Zusammenfassung auf spektrum de deutsch Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Paranthropus robustus Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienBelege Bearbeiten Paranthropus robustus Auf humanorigins si edu zuletzt abgerufen am 31 Marz 2022 a b Robert Broom The Pleistocene Anthropoid Apes of South Africa In Nature Band 142 Nr 3591 1938 S 377 379 doi 10 1038 142377a0 Volltext PDF 3 5 kB Robert Broom Another new type of fossil ape man In Nature Band 163 1949 S 57 doi 10 1038 163057a0 Zu diesem Ergebnis kam 2010 auch ein morphometrischer Vergleich von Fossilien aus Kromdraai und Swartkrans von Zachary Cofran und J Francis Thackeray One or two species A morphometric comparison between robust australopithecines from Kromdraai and Swartkrans In South African Journal of Science Band 106 Nr 1 2 2010 4 Seiten Art 15 doi 10 4102 sajs v106i1 2 15 Volltext PDF 438 kB J T Robinson The dentition of the Australopithecinae In Transvaal Museum Memoir Band 9 Pretoria 1956 ZDB ID 989392 1 Robert Broom Swartkrans Ape Man Paranthropus crassidens In Transvaal Museum Memoir Band 6 Pretoria 1952 ZDB ID 989392 1 Andre W Keyser The Drimolen skull the most complete australopithecine cranium and mandible to date In South African Journal 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Marz 2019 Ian Towle Joel D Irish A probable genetic origin for pitting enamel hypoplasia on the molars of Paranthropus robustus In Journal of Human Evolution Band 129 2019 S 54 61 doi 10 1016 j jhevol 2019 01 002 Gary J Sawyer Viktor Deak Der lange Weg zum Menschen Lebensbilder aus 7 Millionen Jahren Evolution Aus dem Engl ubers von Sebastian Vogel Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2008 ISBN 978 3 8274 1915 6 S 71 Bernard Wood Nicholas Lonergan The hominin fossil record taxa grades and clades In Journal of Anatomy Band 212 Nr 4 2008 S 360 doi 10 1111 j 1469 7580 2008 00871 x Volltext PDF 332 kB Rolf M Quam u a Early hominin auditory ossicles from South Africa In PNAS Band 110 Nr 22 2013 S 8847 8851 doi 10 1073 pnas 1303375110 Matt Sponheimer et al Isotopic Evidence for Dietary Variability in the Early Hominim Paranthropus robustus In Science Band 314 Nr 5801 2006 S 980 982 doi 10 1126 science 1133827 Ann Gibbons Not Just Nuts and Berries for These Hominids Memento vom 11 Marz 2019 im Internet Archive In sciencemag org 9 November 2006 Analysiert wurden Zahne der Individuen SK 24605 SK 24606 SKX 5939 und SKW 6427 Ahnliche Befunde berichteten Robert S Scott et al Dental microwear texture analysis shows within species diet variability in fossil hominins In Nature Band 436 2005 S 693 695 doi 10 1038 nature03822 Ian Towle Joel D Irish und Carolina Loch Paranthropus robustus tooth chipping patterns do not support regular hard food mastication In Journal of Human Evolution Band 158 2021 103044 doi 10 1016 j jhevol 2021 103044 Charles A Lockwood u a Extended Male Growth in a Fossil Hominin Species In Science Band 318 Nr 5855 2007 S 1443 1446 doi 10 1126 science 1149211 Ann Gibbons Hominid Harems Big Males Competed for Small Australopithecine Females In Science Band 318 Nr 5855 2007 S 1363 doi 10 1126 science 318 5855 1363a Rodrigo S Lacruz Fernando Ramirez Rozzi und Timothy G Bromage Variation in enamel development of South African fossil hominids In Journal of 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