www.wikidata.de-de.nina.az
Panduri seltener fanduri georgisch ფანდური ist eine dreisaitige gezupfte Schalenlanghalslaute die im Osten Georgiens uberwiegend zur Begleitung von Liedern und Tanzen gespielt wird Durch ihren aus einem Holzblock gefertigten Korpus unterscheidet sie sich von der etwas grosseren viersaitigen Laute tschonguri deren Korpus aus Spanen verleimt ist Panduri Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft und Verbreitung 2 Bauform 3 Spielweise 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseHerkunft und Verbreitung BearbeitenDer Name geht zuruck auf die sumerische Bezeichnung fur Langhalslauten pandur Die altesten Abbildungen fur Langhalslauten in Mesopotamien stammen aus dem 2 Jahrtausend v Chr oder moglicherweise fruher Zwei oder drei Saiten waren ohne Wirbel am Halsende festgeknupft und wurden mit einem Plektrum gezupft 1 Langhalslauten haben sich mit ahnlichen Schreibweisen aber in unterschiedlichen Formen im Vorderen Orient Sudasien und Europa weit verbreitet Unter dem Begriff pandura auch pandaura pandouris 2 war in griechischer und romischer Zeit eine Langhalslaute mit einem kleinen Korpus bekannt Nach Leiern mit schalen und kastenformigem Korpus und dreieckigen Harfen trigonum aus dem ostlichen Mittelmeerraum burgerte sich als spatestes der altorientalischen Saiteninstrumente auch die pandura in Griechenland und im antiken Rom ein Die pandora oder bandora war eine europaische Kastenhalslaute des 16 und 17 Jahrhunderts Eine kurzere Form war die pandurina aus der sich im 17 Jahrhundert die Mandoline entwickelte Curt Sachs leitete die fruhneuzeitlichen Lautenbezeichnungen von fandur nach pandura bandura mandura und mandora ab 3 Der arabische Gelehrte al Farabi um 870 950 beschrieb in seiner Abhandlung uber Musik Kitab al Musiqa al kabir eine Laute mit Bunden aus vorislamischer Zeit ṭunbur mizani arabisch gemessene Tunbur oder ṭunbur al Baġdadi Bagdad Tunbur auf der wie er sich ausdruckte eine heidnische Tonleiter in einer Vierteltonskala gespielt wurde Auf Persisch hiess die Langhalslaute tanbur 4 In der mittelalterlichen iranischen Musik war ṭanbur synonym mit setar Heute ist die tambur ein Instrument der turkischen Kunstmusik deren Form Ende des 17 Jahrhunderts entwickelt wurde 5 Bei den Kurden in der Turkei und im Iran heisst die heutige Langhalslaute tembur In Syrien und Iraq wird die tanbur gespielt ebenso in der religiosen Musik der Ahl e Haqq Form und sprachverwandt sind ferner die auf dem Balkan bekannte tambura und das indische Borduninstrument tanpura Die georgische polyphone Musikkultur wurde ungefahr seit dem 17 Jahrhundert von der andersgearteten monodisch modalen persischen Musik beeinflusst Aus wesentlich alterer Zeit stammen aus der persischen Sprache die Namen einiger georgischer Musikinstrumente Im Epos Der Recke im Tigerfell des georgischen Nationaldichters Schota Rustaweli im 12 Jahrhundert werden unter anderem die georgische Winkelharfe tschangsa heute tschangi von persisch tschang die Laute barbitsa von persisch barbat und die Trommel dabdabi heute doli von persisch dabdab erwahnt 6 Die seltene georgische Langhalslaute tari mit einem tiefbauchigen Korpus ist eine Ubernahme der persischen tar Die tari blieb vom 17 bis in die erste Halfte des 20 Jahrhunderts in der persischen stadtischen Musikkultur zusammen mit der ebenfalls aus Persien stammenden Doppeltrommel diplipito das Begleitinstrument der Dichtersanger aschugi oder sasandari Die seit dem 10 Jahrhundert namentlich bekannte panduri 7 steht etymologisch in direkter Verbindung mit den persischen und mit den europaischen Instrumenten Im nordlichen Nachbarland Tschetschenien wird die detschig pondur kyrillisch dechig pondur kurz pondur gespielt eine dreisaitige rechteckige Schalenhalslaute mit etwa 16 Bunden Der Zusatz detschig kommt vom Adjektiv detschka dechka und bedeutet holzern Die pandura gehorte in Armenien zusammen mit Zimbeln fruher zu Begleitung epischer Lieder Weiter verbreitet in der Kaukasusregion als dreisaitige Lauten sind die aus der Kultur der zentralasiatischen Nomaden stammenden zweisaitigen Instrumente zu denen die dombra der Kasachen die komuz der Kirgisen die tamur in Dagestan und die Spiessgeige adchonku pondur in Tschetschenien gehoren Im georgisch orthodoxen Christentum das im 4 Jahrhundert zur Staatsreligion erklart wurde haben sich heidnische magische Vorstellungen und Rituale erhalten in denen der Glauben an boswillige Geister eine Rolle spielt Der alte Brauch wertvolle den Machten der Totenwelt zugeeignete Opfergaben an versteckten heiligen Orten zu deponieren blieb in christlicher Zeit durch mythische Legenden in Erinnerung Eine handelt von der Aktion des heiligen Georg aus Khakhmati der eine Armee von Engeln um sich scharte die in die Unterwelt vordrangen um ein von den bosen Machten kajis bewachtes Depot an sich zu bringen Von dort brachten die Engel in die Welt der Lebenden etwa die folgenden heiligen Dinge zuruck eine Glocke ein Flaschchen ein schwerer Amboss ein Rinderhorn ein goldenes Sieb und eine goldene panduri die nach manchen Uberlieferungen neun Saiten besitzt 8 Bauform Bearbeiten nbsp Drei regionale Panduri FormenKorpus und Hals der 70 bis 80 Zentimeter langen panduri werden aus einem Stuck Holz gefertigt Der dunnwandig herausgeschalte Korpus ist trapezformig er besitzt einen geraden Abschluss an der Unterseite und markante Knickstellen im oberen Drittel von wo sich die Form in einer leichten Rundung zum Hals verjungt Der Boden ist flach oder leicht gerundet Regionale Varianten konnen spatenformig sein Die Decke aus hellem Tannenholz wird aufgeleimt Die drei Saiten verlaufen vom Boden uber einen flachen mittig auf der Decke aufgesetzten Steg bis zu den seitenstandigen Holzwirbeln Die meist sieben Bunde aus eingelegten Holzstreifen teilen die Oktave in sieben Tonstufen von annahernd gleichen Abstanden Dadurch entstehen abweichend von europaischen Akkorden enge Sekundenintervalle vergrosserte Mollterzen und Quarten wie sie fur die nichttemperierte Harmonik der georgischen Musik typisch sind die heute noch auf dem Land gepflegt wird Daneben werden vermehrt moderne Instrumente hergestellt mit denen wie bei der westlichen Gitarre temperierte chromatische Tonstufen spielbar sind Neben g a c1 oder e b a1 gibt es weitere Stimmungen Die Saiten werden zur Akkordbegleitung wie bei der Gitarre in beiden Richtungen mit den Fingern angeschlagen englisch strumming seltener gezupft Die ubliche dreisaitige panduri kommt in ganz Ostgeorgien von der zentralen Region Kartlien bis in das Berggebiet Tuschetiens vor In Westgeorgien ist sie nur selten in Imeretien und Ratscha anzutreffen In der entlegenen Region Chewsuretien in den Hochlagen des Kaukasus uberlebt noch eine zweisaitige panduri mit einem langgestreckten spatenformigen Korpus deren Saiten d c1 gestimmt sind 9 Spielweise BearbeitenHauptsachlich wird die panduri zur rhythmischen Liedbegleitung von mehrstimmigen Choren und Solosangern beiderlei Geschlechts und in der Tanzmusik eingesetzt ein solistisches Spiel ist selten Grundlage der georgischen sakralen Musik und der Volkslieder bildet der zwei bis vierstimmige polyphone Gesang Die unterste meist als Bordun der Melodie unterlegte Stimme heisst bani wortlich Flachdach Die Ableitung des Wortes von bma dabma fur verbinden zusammenbringen verweist auf die Funktion der Bassstimme innerhalb der Komposition Daruber hinaus steht bani in einem allgemeineren Sinn fur jede gesungene oder instrumentale Begleitung Der panduri kommt eine ausschmuckende Rolle zu denn bani verziert das Lied gemass einem Volksliedvers wie ein roter Apfel den Garten 10 Die panduri gehort als wesentliches Element zur Begleitung humorvoller Volkspoesiewettbewerbe bei denen das klassische Quartett Versmass shairi geubt wird Weitere Volksliedkategorien sind lyrische Liebeslieder und Erntelieder naduri Wiegenlieder nana werden dagegen nur manchmal von panduri tschonguri oder der Streichlaute tschianuri begleitet Bei Wiegenliedern folgt die panduri den harmonischen Vorgaben der Melodielinie haufig verdoppelt sie diese exakt oder steuert geringe Variationen bei Grundsatzlich werden eine festgelegte rhythmische Struktur und eine einfache modale Tonfolge eingehalten 11 In instrumentalen Zwischenspielen kann die Schnabelflote salamuri fur die Melodielinie sorgen Eine Besonderheit ist die Gruppe Tetnuldi aus Swanetien die mit acht panduris und einer salamuri auftrat 12 In Swanetien spielen nur Manner panduri uberwiegend Frauen die Harfe tschangi Wie die westgeorgische tschonguri wird auch die panduri zunehmend von der Gitarre verdrangt die sich zusammen mit anderen westlichen Instrumenten seit Anfang des 19 Jahrhunderts in der stadtischen Unterhaltungsmusik verbreitet 13 Allgemein spielen bevorzugt Manner die panduri Frauen eher die tschonguri 14 In Chewsuretien haben sich alte Vokalformen erhalten die meist monodisch sind und solo oder mit der panduri vorgetragen werden Durch den russischen Einfluss im hohen Norden Georgiens wird das Begleitinstrument panduri vermehrt durch eine Balalaika ersetzt Im Vordergrund der chewsuretischen Musik steht die hoch entwickelte Dichtkunst die einfachen Melodien in denen Abwartsprogressionen von der Oktave Septime oder Sexte bis zum Grundton variiert werden sind von zweitrangiger Bedeutung Die Schafhirten der ostlich angrenzenden musikologisch mit Chewsuretien verwandten Bergregion Tuschetien verbringen einen Teil des Jahres in Tschetschenien oder Dagestan Einflusse beider Gebiete finden sich in der Musik Die Lieder handeln von der Geschichte der Viehzucht oder gehoren zu Ritualen Einige werden von der panduri oder einem Akkordeon garmoni begleitet das meist von Frauen gespielt wird Die absteigenden Tonfolgen des mit einer Solostimme alternierenden Unisono Chores sind komplizierter als in Chewsuretien Die dortige Ethnie Pschaw Pshav kennt einen besonderen polyphonen Gesang bei dem die Stimmen zweier Solosanger vom Bassbordun eines Chors unterlegt werden Zusammen mit den Chevsur pflegen die Pschaw die am hochsten entwickelte mundliche Dichtkunst Georgiens die sie haufig bei Gedichtwettbewerben kapiaoba in improvisierter Form zum Besten geben Ein beliebtes Begleitinstrument ist die panduri 15 Literatur BearbeitenLeah Dolidze Christian Hannick u a Georgia In Stanley Sadie Hrsg The New Grove Dictionary of Music and Musicians Vol 2 Macmillan Publishers London 2001 Joseph Jordania Georgia In Thimothy Rice James Porter Chris Goertzen Hrsg Garland Encyclopedia of World Music Volume 8 Europe Routledge New York London 2000 Susanne Ziegler Georgien In Ludwig Finscher Hrsg Musik in Geschichte und Gegenwart MGG Sachteil 3 1995Weblinks BearbeitenAnanuri Eg saxe Youtube VideoEinzelnachweise Bearbeiten Wilhelm Stauder Die Musik der Sumer Babylonier und Assyrer In Bertold Spuler Hrsg Handbuch der Orientalistik 1 Abt Der Nahe und der Mittlere Osten Erganzungsband IV Orientalische Musik E J Brill Leiden Koln 1970 S 195 Nikolaos Ioannidis Ancient Greek Instruments Kurt Reinhard Mandola Mandora In Friedrich Blume Hrsg Musik in Geschichte und Gegenwart 1 Auflage 1949 1986 Band 8 Sp 1574 Henry George Farmer Islam Heinrich Besseler Max Schneider Hrsg Musikgeschichte in Bildern Band III Musik des Altertums Lieferung 2 Deutscher Verlag fur Musik Leipzig 1966 S 10 Cumhur Erkut Tero Tolonen Matti Karlajainen Vesa Valimaki Acustical Analysis of Tanbur a Turkish Long Necked Lute International Institute of Acoustics and Vibration IIAV Auburn USA 1999 Farshid Delshad Georgica et Irano Semitica Studien zu den iranischen und semitischen Lehnwortern im georgischen Nationalepos Der Recke im Pantherfell Ars poetica Schriften zur Literaturwissenschaft 7 Deutscher Wissenschaftsverlag Baden Baden 2009 S 124 284 ISBN 978 3 86888 004 5 Jordania in Garland Encyclopedia S 838 Nino Abakelia Hoard as a Symbol in Georgian Culture In Civilization Researches No 5 Memento vom 4 Marz 2016 im Internet Archive Tbilisi State University 2007 S 73 Musical Instruments International Research Center for Traditional Polyphony of Tbilisi State Conservatory Tamaz Gabisonia Joseph Jordania Terms for Georgian Traditional and Medieval Professional Polyphonic Singing in Alphabetical Order Forschungszentrum fur europaische Mehrstimmigkeit Universitat fur Musik und Darstellende Kunst Wien Nino Kalandadze Makharadze The Multipart Lyrical Cradle Song in Georgia Memento vom 20 Dezember 2015 im Internet Archive PDF polyphony ge 2010 S 188 Jordania in Garland Encyclopedia S 833 Ziegler MGG Sp 1277 Dolidze Hannik u a New Grove S 667 Dolidze Hannik u a New Grove S 670 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Panduri amp oldid 229183024