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Otto Reckstat 11 September 1898 auf Gut Ramberg Ostpreussen 22 Juni 1983 in Bremen war ein deutscher Industriearbeiter und Gewerkschaftsfunktionar Wahrend der Arbeitererhebung am 17 Juni 1953 in der DDR war er Streikfuhrer in der mitteldeutschen Stadt Nordhausen und wurde zur dortigen Symbolfigur des Arbeiteraufstandes Otto Reckstat als Bootsmann der Kriegsmarine im Zweiten Weltkrieg Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Herkunft Erster Weltkrieg Gewerkschafter 1 2 Stadtverordneter NS Verfolgter Zweiter Weltkrieg 1 3 Industriearbeiter und Gewerkschafter in der DDR Streikfuhrer Haftzeit 1 4 Flucht aus der DDR Leben in der Bundesrepublik Deutschland 2 Gedenken 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenHerkunft Erster Weltkrieg Gewerkschafter Bearbeiten Otto Reckstat wurde als Sohn des Kutschers Wilhelm Reckstat 1 auf dem Gut Ramberg in Ostpreussen geboren und besuchte die Schule in Berlin Oberschoneweide Nach seiner Schulzeit ging er als Schiffsjunge zur Seefahrt und trat 1913 als Berufssoldat in die Kaiserliche Marine ein Er nahm am Ersten Weltkrieg teil und wurde 1919 im Rang eines Torpedo Bootsmannsmaats entlassen Danach arbeitete er zunachst als Kabelloter im thuringischen Sondershausen und wurde Betriebsrat 1928 wurde er hauptamtlicher Gewerkschaftssekretar im benachbarten Nordhausen und wirkte dort bis 1933 als Bezirksleiter der Transportgewerkschaft Stadtverordneter NS Verfolgter Zweiter Weltkrieg Bearbeiten Reckstat war seit 1921 Mitglied der SPD gehorte seit 1923 dem Reichsbanner Schwarz Rot Gold an und war seit 1931 Mitglied der Eisernen Front Anfang 1933 wurde Reckstat sozialdemokratischer Stadtverordneter in Nordhausen In der Zeit des Nationalsozialismus wurde Reckstat aufgrund seiner politischen Funktionen als Kreisleiter des Reichsbanners und der Eisernen Front von den Nationalsozialisten verfolgt Der NSDAP Politiker Stadtverordnetenvorsteher ab Marz 1933 und spatere Oberburgermeister ab Juli 1933 von Nordhausen Heinz Sting 1904 1976 forderte Reckstat auf sich der weiteren Ausubung des Mandats als Stadtverordneter zu enthalten da dies eine Gefahrdung der offentlichen Sicherheit darstelle 2 Kurz nach der Machtergreifung wurde Reckstat von den Nationalsozialisten im Marz 1933 in sogenannte Schutzhaft genommen Nach kurzer Haftunterbrechung wurde er am 26 Juni 1933 erneut festgenommen und war bis Dezember 1933 im Konzentrationslager Esterwegen im Emsland inhaftiert wo er Zwangsarbeit leisten musste Er gehorte zu denjenigen Haftlingen die aufgrund einer Amnestie anlasslich der Novemberwahlen zu Weihnachten 1933 entlassen wurden Nach seiner Entlassung aus der Schutzhaft musste Reckstat auf Anordnung der Geheimen Staatspolizei Gestapo Nordhausen verlassen Er war zunachst einige Zeit erwerbslos und fand dann eine Anstellung als Inspektor bei der Herold Versicherungsgruppe Spater arbeitete Reckstat bei einer Elektrofirma wo er 1940 die Meisterprufung ablegte Wahrend des Zweiten Weltkriegs wurde er am 3 August 1940 zur Wehrmacht einberufen und diente bei der Kriegsmarine 1944 geriet er in britische Kriegsgefangenschaft aus der er zwei Jahre nach Kriegsende 1945 im Mai 1947 freikam Industriearbeiter und Gewerkschafter in der DDR Streikfuhrer Haftzeit Bearbeiten Seit 1947 lebte Reckstat wieder in Nordhausen 1947 war er Mitbegrunder einer Elektrofirma in Nordhausen 3 die allerdings wenig spater in Konkurs geriet und aufgelost wurde 4 Ende der 1940er Jahre trat er der SED bei wurde jedoch im Juli 1950 wegen Nichtunterzeichnung zur Achtung der Atombombe und als Feind der sozialistischen Sowjetunion ausgeschlossen Eine Anerkennung als Verfolgter des Naziregimes wurde ihm daraufhin verwehrt nbsp Niederschlagung des Arbeiteraufstands im Juni 1953 in der DDR durch sowjetische Panzer hier in Leipzig Seit 1952 war er Gewerkschaftsvertrauensmann beim VEB ABUS Maschinenbau Nordhausen wo er als Hilfsschlosser arbeitete Das Nordhauser Unternehmen gehorte in dieser Zeit zur VVB ABUS Arbeitsmittel fur Bergbau und Schwerindustrie in Halle Saale und stellte u a Krane her 5 Wahrend des Arbeiteraufstandes im Juni 1953 in der DDR wurde Nordhausen zu einem Zentrum der Unruhen im Bezirk Erfurt Bereits Anfang Juni 1953 erfolgten erste Streikaktionen gegen die verfugten Arbeitsnormerhohungen 6 Am 17 Juni gab es Streiks in vielen Betrieben in Nordhausen so unter anderem im VEB IFA Schlepperwerk im Schachtbau und Bohrbetrieb und auch an Reckstats Arbeitsstatte dem VEB ABUS Maschinenbau Nordhausen Die Losungen der Streikenden wurden bald politisch und richteten sich sowohl gegen die amtierende DDR Regierung als auch gegen den von der Sowjetarmee verhangten Ausnahmezustand Zudem sprachen die Streikenden sich fur freie Wahlen aus Die Streiks und Unruhen hielten auch noch am 18 Juni an dann besetzten unter dem Schutz der Sowjetarmee Volkspolizei Einheiten die Betriebe 7 8 Reckstat war als uberzeugend auftretender und umsichtiger Streikleiter zur Symbolfigur und zum Wortfuhrer der Arbeiter in seinem Betrieb geworden 9 Am 8 Juli 1953 legte er ein 16 Punkte Programm 10 vor und brachte es zur Abstimmung Indes wollte die SED jegliche offene Diskussion unterbinden und hatte bereits unmittelbar nach der Arbeitererhebung damit begonnen die Ursachen bewusst zu vertuschen und den Aufstand als faschistischen und konterrevolutionaren Putschversuch zu deklarieren So wurde auch im Fall Reckstat bei einer am 17 Juli einberufenen Belegschaftsversammlung auf Druck der SED Kreisleitung beschlossen Reckstat als Feind aus dem FDGB auszuschliessen und aus dem Betrieb zu entlassen 11 Im Anschluss wurde er von Mitarbeitern des Ministeriums fur Staatssicherheit MfS in seiner Wohnung verhaftet 12 Noch am selben Tag berichtete das SED Zentralorgan Neues Deutschland ausfuhrlich uber den Provokateur Reckstat und seine Taten zudem wurde Reckstat als Renegat und Mann Kurt Schumachers bezeichnet der die Arbeiterklasse in den Dienst des faschistischen Putsches stellen wolle 13 Das Bezirksgericht Erfurt verurteilte Reckstat im Oktober 1953 als imperialistischen Agenten wegen Kriegs und Boykotthetze zu acht Jahren Zuchthaus sowie zu funf Jahren Suhnemassnahmen nach der Kontrollratsdirektive Nr 38 Auf Gesuch seiner in Grossbritannien lebenden Tochter Herta Simpson an Staatsprasident Wilhelm Pieck wurde er nach vier Jahren am 21 Dezember 1956 aus der Strafjustizvollzugsanstalt Grafentonna vorzeitig entlassen und die Reststrafe zur Bewahrung ausgesetzt Ausserdem wurde ihm zur Auflage gemacht Nordhausen nicht zu verlassen Anfang Februar 1957 fand er eine Anstellung als Elektriker im VEB Werkzeugstielfabrik Nordhausen Nachdem er seinen pflegebedurftigen Vater zu seiner Schwester nach Ost Berlin gebracht hatte wurde er vom MfS verstarkt uberwacht ein Antrag auf Erteilung eines Interzonenpasses wurde abgelehnt Flucht aus der DDR Leben in der Bundesrepublik Deutschland Bearbeiten Als an seiner Arbeitsstatte ein Elektromotor ausbrannte wodurch die Arbeit in seiner Abteilung zum Stillstand kam befurchtete Reckstat der Sabotage angeklagt zu werden und fluchtete am 30 November 1957 zusammen mit seiner Frau uber West Berlin nach Westdeutschland wo er im Januar 1958 in Bremen bei der Klocknerhutte sowohl eine Wohnung als auch eine Anstellung als Elektriker fand 2 Einige Jahre war er dort Vorsitzender der Betriebsgruppe der SPD 1971 erhielt Reckstat eine Ehrenurkunde fur seine 50 jahrige Mitgliedschaft in der SPD 1963 ging er in den Ruhestand Reckstat war seit 1921 mit Anna Rosa Kretschmann 1946 verheiratet beide hatten zwei Kinder Im Marz 1949 heiratete er Berta Bollmann 1975 Gedenken Bearbeiten nbsp Gedenktafel an der Otto Reckstat Brucke in Nordhausen1998 wurde in Nordhausen die zwischen der Halleschen Strasse und der Barbarossastrasse gelegene Strassenbrucke uber die Zorge nach ihm benannt und erhielt den Namen Otto Reckstat Brucke Am Bruckengelander wurden beidseitig zwei gleiche Gedenktafeln angebracht die folgende Inschrift zum Gedenken an Otto Reckstat tragen 14 Literatur BearbeitenRainer Hellberg Fritz Schmalz Der 17 Juni 1953 in Nordhausen Die Ereignisse im Landkreis Nordhausen vor wahrend und nach den Unruhen Uberarbeitete und erweiterte Fassung vom Juni 2003 le Petit Nordhausen 2007 ISBN 978 3 9812078 0 4 Hans Jurgen Gronke u a Stadtarchiv Nordhausen Hrsg Nordhauser Personlichkeiten aus elf Jahrhunderten Schriftenreihe heimatgeschichtlicher Forschungen des Stadtarchivs Nordhausen Harz Nr 10 1 Auflage Geiger Horb am Neckar 2009 ISBN 978 3 86595 336 0 S 258 online Gedenktafel fur Otto Reckstat In Anna Kaminsky Hrsg Orte des Erinnerns Gedenkzeichen Gedenkstatten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR Bundeszentrale fur Politische Bildung Schriftenreihe Band 428 Bundeszentrale fur Politische Bildung Bonn 2004 ISBN 3 89331 528 4 S 483 Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands Hrsg Der Freiheit verpflichtet Gedenkbuch der deutschen Sozialdemokratie im 20 Jahrhundert 2 Auflage Vorwarts Buch Bonn 2013 ISBN 978 3 86602 250 8 S 263 388 Gerbergasse 18 Thuringer Vierteljahresschrift fur Zeitgeschichte und Politik Hrsg Geschichtswerkstatt Jena e V in Zusarb mit dem Landesbeauftragten Thuringen fur die Stasi Unterlagen Forum fur Geschichte und Kultur Heft 29 Ausgabe II Jena 2003 ISSN 1431 1607 DNB 018375545 OCLC 643902458 OCLC 313714127 ZDB ID 1335339 1 S 24 Ilse Spittmann Karl Wilhelm Fricke Hrsg 17 Juni 1953 Arbeiteraufstand in der DDR Edition Deutschland Archiv Verlag Wissenschaft und Politik Berend von Nottbeck Koln 1982 ISBN 3 8046 0318 1 S 47 Petra Weber Justiz und Diktatur Justizverwaltung und politische Strafjustiz in Thuringen 1945 1961 Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte Bd 46 Veroffentlichungen zur SBZ DDR Forschung im Institut fur Zeitgeschichte Oldenbourg Munchen 2000 ISBN 3 486 56463 3 S 389 Franz Walter Tobias Durr Klaus Schmidtke Die SPD in Sachsen und Thuringen zwischen Hochburg und Diaspora Untersuchungen auf lokaler Ebene vom Kaiserreich bis zur Gegenwart Veroffentlichungen des Instituts fur Sozialgeschichte e V Braunschweig Bonn Dietz Bonn 1993 ISBN 3 8012 4039 8 S 280 f Beatrix Bouvier Ausgeschaltet Sozialdemokraten in der sowjetischen Besatzungszone und in der DDR 1945 1953 Forschungsinstitut der Friedrich Ebert Stiftung Reihe Politik und Gesellschaftsgeschichte Bd 45 Dietz Bonn 1996 ISBN 3 8012 4075 4 S 299 f Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Otto Reckstat Sammlung von Bildern Biografie beim NordhausenWiki 17 Juni Menschen sind aufgestanden haben Ruckgrat gezeigt Beitrag auf der Website der Stadt Nordhausen vom 17 Juni 2003 Otto Reckstat Brucke bei Structurae Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur Themen 17 Juni 1953 Eine Dokumentation Online Datenbank 2 3 4 5 Einzelnachweise Bearbeiten Hans Jurgen Gronke u a Stadtarchiv Nordhausen Hrsg Nordhauser Personlichkeiten aus elf Jahrhunderten Horb am Neckar Geiger 2009 ISBN 978 3 86595 336 0 S 258 online a b Hans Jurgen Gronke u a Stadtarchiv Nordhausen Hrsg Nordhauser Personlichkeiten aus elf Jahrhunderten Horb am Neckar Geiger 2009 ISBN 978 3 86595 336 0 S 259 online Amtsblatt 1949 In Ministerium des Innern Thuringen Hrsg Regierungsblatt fur das Land Thuringen Teil II ausgegeben in Weimar am 26 Oktober 1949 Nr 26 Landesverlag Thuringen 1949 DNB 550234004 OCLC 705260907 ZDB ID 563500 7 S 249 1 abgerufen am 4 August 2023 Otto Reckstat und ein Geschaftspartner ubernahmen gemeinsam die vormalige Georg Wienholtz Elektrounternehmung Nordhausen und fuhrten diese ab dem 25 Marz 1947 als offene Handelsgesellschaft fort Rainer Hellberg Fritz Schmalz Der 17 Juni 1953 in Nordhausen le Petit Nordhausen 2007 S 78 Vgl Bestand GP Gunter Papenburg AG NOBAS HBM Betriebsteil Nordhausen Archivbestands Ubersicht des Thuringer Wirtschaftsarchivs TWA online auf dem Archivportal Thuringen www archive in thueringen de Stand 9 Februar 2015 abgerufen am 17 Februar 2015 Hubertus Knabe 17 Juni 1953 ein deutscher Aufstand Ullstein Verlag Berlin 2004 ISBN 3 548 36664 3 S 91 92 Geheimbericht der Bezirksbehorde der Volkspolizei uber den 17 Juni 1953 29 Juni 1953 Der Schrei nach Freiheit 17 Juni 1953 in Thuringen Katalog zur Ausstellung der Stiftung Ettersberg zum 50 Jahrestag des 17 Juni 1953 Zuletzt gezeigt im Juni 2012 im Thuringer Landtag Rainer Hellberg Fritz Schmalz Der 17 Juni 1953 in Nordhausen le Petit Nordhausen 2007 S 79 16 Punkte Forderungskatalog von Otto Reckstat Auf NordhausenWiki Stand 27 Marz 2013 Quelle gemass dortigen Angaben Hauptstaatsarchiv Weimar BDVP Aktenzugangs Nr 20 066 Blatt 00367 abgerufen am 29 Januar 2015 Rainer Hellberg Fritz Schmalz Der 17 Juni 1953 in Nordhausen le Petit Nordhausen 2007 S 81 Peter Kuhlbrodt Hrsg Chronik der Stadt Nordhausen 1802 bis 1989 Geiger Horb am Neckar 2003 ISBN 3 89570 883 6 S 453 Rainer Hellberg Fritz Schmalz Der 17 Juni 1953 in Nordhausen le Petit Nordhausen 2007 S 89 Gedenktafel fur Otto Reckstat In Anna Kaminsky Hrsg Orte des Erinnerns Gedenkzeichen Gedenkstatten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR Bundeszentrale fur Politische Bildung Bonn 2004 S 483 Auszug bei Google Books Normdaten Person GND 1159968926 lobid OGND AKS VIAF 8158152744547827850009 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Reckstat OttoKURZBESCHREIBUNG deutscher Industriearbeiter und GewerkschaftsfunktionarGEBURTSDATUM 11 September 1898GEBURTSORT Gut Ramberg OstpreussenSTERBEDATUM 22 Juni 1983STERBEORT Bremen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Otto Reckstat amp oldid 236107107